für Buntes, gegen Rechts

25. Januar 2024

Nach der beeindruckenden „Nie wieder ist jetzt!“-Großdemonstration am vergangenen Samstag in Lingen engagiert sich die Region weiter für Buntes und gegen Rechts und damit gegen die bekannt gewordenen Vertreibungs- und Deportationspläne der deutschen Rechten.

Knapp 5.000 Menschen auf dem Marktplatz in Meppen demonstrierten gestern Abend gegen Rechts (Foto); die Polizei zählte 4.000 Demonstrierende. Ein wenig irritierte dabei der Redebeitrag des Meppener Pastors Ralf Krüger. Er prangerte zwar die Massenausweisungen der politischen Rechte an, kritisierte dann aber die etablierten Parteien und die Ampel: „Wir brauchen eine Alternative zur aktuellen Politik. Diese dürften nicht mehr den Eindruck vermitteln, den Kontakt zur Bevölkerung verloren zu haben.“ Der Verdruss darüber stärke Extremisten. Ein kopfschüttelnder Kommentar zu Krügers Beitrag lautete anschließend: „Es mag Gründe geben, die Ampel zu kritisieren und anzugreifen – aber nicht bei dieser Gelegenheit und zu diesem Zeitpunkt. Denn es geht um den Schulterschluss aller Demokraten gegen Rechts.“ Großen Beifall erhielten die jungen Organisatoren Marcel Fahrtmann und Nina Nakonetzki. Sie zeigten sich sehr zufrieden mit der Resonanz.

Am Freitag steht dann ab 18 Uhr die Grafschaft auf dem Marktplatz in Nordhorn; nach der Auftaktkundgebung führt ein Demonstrationszug durch die Innenstadt. Erwartet werden dazu mehr als 5.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Auch die Nordhorner Organisator*innen reagieren so auf die Enthüllungen des Recherchenetzwerkes Correctiv, das das Treffen von Rechtsextremen, AfD-Vertretern, Werteunion, Neonazis und anderen Unterstützern in Potsdam aufgedeckt hat.“Die menschenverachtenden Plänen einer Massendeportation sorgen auch bei uns in der Grafschaft einerseits für Entsetzen und zeigen andererseits klar und deutlich: Nie wieder ist jetzt! Aus diesem Grund zeigen wir Haltung für unsere Demokratie und stellen uns entschieden gegen rechtsextremistische Bestrebungen. Es ist Zeit, die Demokratie zu verteidigen und sich schützend vor diejenigen zu stellen, die direkt oder indirekt von solchen Plänen betroffen wären.“

Um 19 Uhr am Samstagabend, dem Internationalen Holocaust-Gedenktag, findet in Lingen (Ems) mit der  „Solidaritäts- und Friedenswache“  am Lingener Theater die zweite Demonstration gegen Rechts binnen einer Woche statt. Veranstaltet wird sie durch das Lingener Kinder- und Jugendparlament KiJupa, den Stadtjugendring sowie das Forum Juden Christen Altkreis Lingen eV.  Sie findet am Internationalen Holocaust-Gedenktag statt, den Bundespräsident Herzog für Deutschland zum jährlichen Gedenktag an die Opfer der Shoah (Holocaust). Am 27. Januar 1945 befreiten Soldaten der Roten Armee das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, das beispielhaft für alle Nazi-Mordstätten steht.

Am Dienstag, den 30. Januar, demonstriert dann Rheine: „Wir rufen alle Rheinenserinnen und Rheinenser zu einer Kundgebung gegen Rassismus, insbesondere gegen Antisemitismus, gegen Ausländer- und Demokratiefeindlichkeit, für ein friedliches Miteinander, für Toleranz und für ein buntes Rheine auf“, wird dazu die Initiative zitiert. Unterschrieben wurde der Aufruf gegen Rechts von 13 Personen aus Rheine, darunter auch die ehemalige Bürgermeisterin der Stadt, Angelika Kordfelder (SPD).

In Lingen (Ems) geht es weiter:

Nach der großartigen „Lingen-bleibt-bunt“-Demonstration am vergangenen Samstag findet aus Anlass des Internationalen Holocaust-Gedenktages am nächsten Samstag, den 27. Januar um 19 Uhr vor dem Theater an der Wilhelmshöhe (TadW), Willy-Brandt-Ring 44, eine gemeinsame Solidaritäts- und Friedenswache statt. Zur Teilnahme rufen auf das Forum Juden-Christen im Altkreis Lingen eV, das Kinder- und Jugendparlament (KiJuPa) und der Stadtjugendring.
Anschließend um 20 Uhr führt das Altonaer Theater Daniel Kehlmanns Stück  „Die Reise der Verlorenen“ im TadW auf.

Die Gestapo – eine effektive Geheimpolizei?
Vortrag von Prof. em. Dr. Gerhard Paul
Lingen (Ems) – Emslandmuseum, Burgstraße 30a
Mittwoch, 22.11.2023, 19:00 Uhr
Der Eintritt ist frei, um eine Spende wird gebeten.

Eines der besonders brutalen Herrschaftsinstrumente der Nazis war die „Geheime Staatspolizei“ (Gestapo). Bis heute lebt das Bild von einer allwissenden, furchteinflößenden und – im Sinne der Naziterroristen – erfolgreichen Geheimpolizei fort.„Manches braucht seine Zeit: beispielsweise die Forschung über die Gestapo (…). Seit knapp zehn Jahren erst wird darüber intensiver geforscht, erstaunlich, angesichts der Fachliteraturgebirge über die Nazizeit. Man ging offenbar einem belastenden Thema aus dem Weg. Man spekulierte lieber, teilte die Welt in Schwarz und Weiß, schrieb über das Böse ganz allgemein. Das war bequem und entlastend zugleich. Man musste nicht das Abgründige in sich wahrnehmen.“

„Mit der Öffnung hin zu den Tätern und ihren Tatorten bekommt das Verbrechen erstmals Namen und Gesicht; der Genozid erscheint nicht länger als anonymer, bürokratischer und industrieller (…) Automatismus ohne beteiligte Menschen. Die Gestapo-Verbrechen werden zumindest wissenschaftlich nicht mehr aus der deutschen Gesellschaft exterritorialisiert, sondern aus dieser selbst abgeleitet und als dieser zugehörig betrachtet.“

Die Polizeiinspektion Emsland/Grafschaft Bentheim und das Forum Juden-Christen Altkreis Lingen e.V. laden zum Vortrag von Prof. Dr. Gerhard Paul  ein. Dr. Paul war an der Universität Flensburg Professor am Institut für Geschichte und ihre Didaktik. Eines seiner Schwerpunktthemen ist das NS-Herrschaftssystem. Gemeinsam mit Klaus-Michael Mallmann verfasste er das grundlegende Buch „Die Gestapo. Mythos und Realität“ (ISBN-10 389678482X.)

 

Forum Juden Christen: Lehrhausgespräch
„Vergiftetes Erbe“
Vortrag von Prof. Dr. Marie-Theres Wacker
Lingen (Ems) – Kreuzkirche, Universitätsplatz 1
Heute, 20. September  –  19.30 Uhr
Eintritt ist frei, um eine Spende wird gebeten.

Das Forum Juden-Christen Altkreis Lingen e.V. und die evangelisch-lutherische Kreuzkirchengemeinde Lingen laden zum heutigen Vortrag von Prof. Dr. Marie-Theres Wacker ein. Marie-Theres Wacker ist emeritierte Professorin für Altes Testament und Theologische Frauenforschung an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Dr. Bernd Wacker hat sie sich intensiv mit antijüdischen Darstellungen im kirchlichen Raum auseinandergesetzt. Die Einladenden, Kreuzkirchenpastor Paul-Gerhard Meißner und Angela Prenger vom Forum Juden-Christen zur Begründung: „Als ‚vergiftetes Erbe‘ durchziehen judenfeindliche Bilder und Skulpturen die Geschichte des Christentums. Bereits in neutestamentlichen Schriften lassen sich antijüdische Darstellungen finden. Sie reichen beispielsweise vom Bild des Juden als Satan bis zur Beschuldigung der Juden als Christusmörder. Mit der Ausbreitung des Christentums geht die Verbreitung judenfeindlicher Bilder im kirchlichen Raum einher. Juden werden verhöhnt, abgewertet und gedemütigt.“

Besonders obszön seien die Judensau-Skulpturen, die nicht nur in Wittenberg, sondern auch an bzw. in den Domen in Köln, Magdeburg und Xanten angebracht wurden. Die in Bamberg, Straßburg oder an der Münsteraner Lamberti-Kirche zu sehende – mit „Blindheit“ geschlagene – Skulptur der „Synagoga“ stehe der triumphierenden „Ecclesia“ gegenüber.

Der sich in solchen Darstellungen manifestierende christliche Antijudaismus habe einen Nährboden für antijüdische Vertreibungen und Pogrome gebildet. Die Nazi-Rassenideologie, die im eliminatorischen Antisemitismus der Shoah mündete, habe in christlicher Verachtung von Juden einen Anknüpfungspunkt gefunden. Bis heute sei der christliche Antijudaismus ein Hindernis in jüdisch-christlichen Beziehungen.

Pressegespräch

13. April 2023

Es findet in der causa Lingen im Nationalsozialismus 1933 – 1945 ein Pressegespräch statt. Das habe ich unlängst eher beiläufig erfahren. Das Thema ist die „Aufarbeitung der NS-Zeit in Lingen“ also ein Sachverhalt, den die Rathausspitze seit Jahren -sagen wir- nicht goutiert. Die überfällige Stadtgeschichte 1933 bis 1945 hatte vor mehreren Jahren das Forum Juden Christen im Altkreis Lingen eV vorgeschlagen und anschließend wiederholt angemahnt. Aus der geforderten umfassenden Monographie ist jetzt ein deutlich kleineres Buch mit einzelnen, ausgewählten Kapiteln geworden, dem der Lingener Stadtarchivar zuarbeitet. Der Mann ist weisungsgebunden und derlei ist nie gut für eine unabhängige wissenschaftliche Arbeit; jedenfalls musste er bisweilen schon mitteilen, dass er mit bestimmten Vertretern der Zivilgesellschaft unserer Stadt nicht reden darf.

Das Besondere an dem Buchprojekt war, dass das Forum Juden Christen zu Beginn 50.000 Euro Finanzmittel durch eine Sponsorin beschafft hatte. damit sollte eine umfassende, wissenschaftliche Quellenrecherche bezahlt werden. Das Geld lehnten OB Dieter Krone und Kämmerin Monika Schwegmann ab. Über die heimliche Ablehnung der freigiebigen Zuwendung wurden die Lingener Ratsgremien nicht informiert.

Jetzt also findet am 20. April (ausgerechnet!) ein Pressegespräch statt. Dazu sind neben dem Forum Juden Christen auch Prof. Dr. Dietmar von Reeken (Universität Oldenburg), der die Arbeit verantwortet, die Vorsitzende  des Kulturausschusses Irene Vehring (CDU) und Stellvertreter Peter Altmeppen (FDP) eingeladen. Ein solches Pressegespräch drei Wochen vor der Kulturausschusssitzung, in der ein Zwischenbericht gegeben wird, ist sehr ungewöhnlich. Gern hätte ich an der Zusammenkunft teilgenommen, schon um zu erfahren, weshalb vor der Beratung im Kulturausschuss schon im stillen Kämmerlein die Presse informiert wird und worüber. Das ist, mit Verlaub, zumindest eine Missachtung der gewählten Ratsmitglieder.  Dabei hat es mehr als ein Geschmäckle, dass daran gewählte Ratsmitglieder teilnehmen, bevor in den Gremien berichtet und diskutiert worden ist. Aber mehr Offenheit will die Rathausspitze nicht. Dabei ist das Thema im Anschluss an das unsägliche Verschweigen der gesamten jüdischen Geschichte unserer Stadt beim 1000jährigen Stadtjubiläum 1975 zu wichtig, um damit in Pressegesprächen herumzutricksen.

Über das Pressegespräch hat sich folgender Mailverkehr in dieser Woche zugetragen.

Ich vorgestern:

Sehr geehrte Frau Dezernentin,

am 20. April soll eine inhaltliche Besprechung zum geplanten Buch zur Stadtgeschichte von 1933 bis 1945 stattfinden, an der neben dem Verfasser/Verantwortlichen Prof. Dr. von Reeken (Universität Oldenburg)und der Verwaltung auch das Forum Juden Christen im Altkreis Lingen eV teilnehmen wird. Wir bitten um Mitteilung, wer die weiteren TeilnehmerInnen der Sitzung sind und wer den Teilnehmerkreis festgelegt hat. Jedenfalls möchten wir als Ratsfraktion an der Zusammenkunft ebenfalls zugegen sein und erwarten Ihre kurzfristige Einladung.
Mit freundlichen Grüßen
Die BürgerNahen – Stadtratsfraktion
Robert Koop, Vors.
Antwort Kämmerin Schwegmann gestern:

Sehr geehrter Herr Koop,

bei dem von Ihnen angesprochenen Termin am 20.04.2023 handelt es sich um ein Pressegespräch zum Buchprojekt „Lingen im Nationalsozialismus“. Weitere Teilnehmer*innen neben den von Ihnen genannten sind die Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende des zuständigen Fachausschusses, hier des Kulturausschusses, Frau Irene Vehring und Herr Peter Altmeppen. Die Festlegung des Teilnehmerkreises erfolgte analog zu anderen Pressegesprächen, bei denen auch jeweils Vorsitz und stellv. Vorsitz des zuständigen Fachausschusses als Vertreter des Rates eingeladen wurden. Eine Erweiterung des Teilnehmerkreises ist aus diesem Grund nicht vorgesehen.

Mit freundlichen Grüßen

Monika Schwegmann

Tja, dann wollen wir mal sehen, ob dies so bleibt.


Lingen im Nationalsozialismus, BdM-Aufzug in der Burgstraße, © 31.03.2019 hier im Blog

Beschämend wenig

24. Januar 2023

Bundespräsident Roman Herzog erklärte 1996 den 27. Januar zum Tag des Gedenkens für die Opfer des Nationalsozialismus. Seine Proklamation lautete:

1995 jährte sich zum 50. Mal das Ende des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. In diesem Jahr haben wir uns in besonderer Weise der Opfer des nationalsozialistischen
Rassenwahns und Völkermordes erinnert und der Millionen Menschen gedacht, die durch das nationalsozialistische Regime entrechtet, verfolgt, gequält oder ermordet wurden. Symbolhaft für diesen Terror steht das Konzentrationslager Auschwitz, das am 27. Januar 1945 befreit wurde und in dem vor allem solche Menschen litten, die der Nationalsozialismus planmäßig ermordete oder noch wollte. Die Erinnerung darf nicht enden; sie muß auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Es ist deshalb wichtig, nun eine Form des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft wirkt. Sie soll Trauer über Leid und Verlust ausdrücken, dem Gedenken an die Opfer gewidmet sein und jeder Gefahr der Wiederholung entgegenwirken. Ich erkläre den 27. Januar zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus.

Daran zu erinnern ist und war notwendig.

Denn in diesem Jahr schweigt das verdienstvolle gute Gewissen unserer Stadt, das Forum Juden Christen im Altkreis Lingen, zu dem nationalen Gedenktag. Auf seiner Webseite findet sich ein einziger Satz. Sie können ihn oben nachlesen. In einer E-Mail des Vereinsschriftführers wollte das Forum stattdessen „auf das Theaterstück hinweisen, das Beitrag des Forums zum Internationalen Holocaust Gedenktag“ sei: „Die Kempowski-Saga: Tadellöser & Wolff“. Die Inszenierung des Altonaer Theater Hamburg wird am Freitagabend im Lingener Theater aufgeführt.

Der Hinweis auf diese Theatervorstellung im Rahmen des 2021 geplanten städtischen Kulturprogramms des „Abo A“ ist beschämend wenig. Es ist kein Abend des Forum, das sich an die städt. Veranstaltung bloß dranhängt. Auf eine eigene Veranstaltung im Sinne des Auftrags der eigenen Satzung verzichtet der Verein hingegen – wenn ich richtig nachgeschaut habe, zum ersten Mal seit 27 Jahren. Das geschieht unter der Verantwortung des im vergangenen Sommer gerade erst gewählten Vorsitzenden Simon Göhler. Der CDU-Mann taucht offenbar weg, man nimmt ihn nicht wahr, weil er seine Aufgabe nicht lebt. Und das in Zeiten, in denen das Verschweigen des Holocaust und des Gedenkens daran die deutschen Rechten mit der AfD propagieren. Dabei ist die rechte Partei bekanntlich  bei den letzten Wahlen auch in unserer Stadt ein Stück weit  erstarkt.

Gerade angesichts dessen ist das desinteressiert wirkende Schweigen mindestens zweierlei: Gefährlich und geschichtslos.

Update:
Gestern Abend zeigte der TV-Sender 3sat den französischen Film „Blinden Schrittes“. Er handelt von „Schnappschüssen“, die es in sich haben: Dokumentarfilmer Christophe Cognet zeigt Fotos von KZ-Insassen, die sich unter Lebensgefahr ablichteten. Es sind Porträts von ungeahnter Würde.

Die Alltagsszenen aus dem Inneren des Holocaust wurden 2021 erstmals im Forum der Berlinale gezeigt.

Christophe Cognet  wurde 1966 in Marseille geboren und studierte Filmwissenschaft an der Universität Sorbonne Nouvelle in Paris. In seinen Filmen legt er immer ungewöhnliche Schwerpunkte auf künstlerisches Schaffen und Erinnerungsarbeit. Der Vorgängerfilm „Weil ich Künstler war“ von 2013 handelt von Künstlern in KZ-Haft und ihrem Überleben in und mit der Kunst.

Der Film ist noch bis zum 22. Februar in der 3Sat-Mediathek sichtbar. Es ist ein privat-persönliches Veranstaltungsprogramm für den Holocaust-Gedenktag des 27. Januar.

An die Reichspogromnacht vor 84 Jahren wird in dieser Woche in unserem Altkreis mit diesen Veranstaltungen erinnert. 

Lingen (Ems)
9 . November 2022, 18.00 Uhr
 Ökumenischer Gottesdienst  in der St. Bonifatius-Kirche unter Beteiligung von SchülerInnen der BBS Lingen (Agrar und Soziales) mit Schulpastor Gernot Wilke-Ewert.
Um 19.00 Uhr beginntam Gedenkort Jüdische Schule die Gedenkveranstaltung. Neben Reden von Oberbürgermeister Dieter Krone und Simon Göhler sowie Musikbeiträgen von Angelina Dederer (Cello) werden SchülerIinnen einer 6. Klasse des Gymnasium Georgianum die Namen der Schoah-Opfer aus Lingen verlesen. Hintergrund ist, dass die Schüler die Namenssteine aufwändig restauriert haben, die zu Füßen des Familiengedenksteines liegen. Die Aktion fand in der Kunsthalle Lingen statt.

Eine „Musikalische Reise durch das Judentum” findet wiederum in der St. Bonifatiuskirche statt. Das Forum Juden-Christen lädt am Donnerstag, dem 10. November um 19:00 Uhr zu einem hochklassigen Konzert ein.

Es singt Esther Lorenz. Mit ihrer neuen musikalischen „Reise durch das Judentum“ präsentiert die Sängerin israelische und spanisch-jüdische Musikkultur. Auch das Ostjudentum mit seiner reichen lyrischen wie geistlichen Welt findet Raum. Der Poet Abraham Reisen wird oft der „Heinrich Heine der Jiddischen Sprache“ genannt. Sein Gedicht „Vek nisht“ wird als Vertonung von Esther Lorenz im Duett mit Peter Kuhz vorgetragen, der das Konzert an der Gitarre begleitet.

Freren
9. November 2022, 10:15 Uhr Feier am Gedenkstein in der  Grulandstraße zur Erinnerung an die Reichspogromnacht. Leitung: Lothar Kuhrts (Jüdische Geschichtswerkstatt “Samuel Manne”)  Zu Ehren der jüdischen Opfer Frerens und zur Mahnung für die Zukunft findet diese Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der Stadt Freren, der Jüdischen Geschichtswerkstatt Samuel Manne und dem Kulturkreis impulse e.V. statt.

Lengerich
9. November 2022, 10:00 Uhr Feier am Gedenkstein im Bürgerpark. U.a. wird Simon Göhler sprechen. Wie auch in Freren werden SchülerInnen teilnehmen.

Update:
Am 9. November gab es eine beeindruckende Ems-Vechte-Welle-Radiosendung von Peter Lütje. Hier zum Nachhören

Quelle und Text: Forum Juden – Christen

5783

26. September 2022

Als gestern Abend die Sonne unterging, begann das jüdische Neujahrsfest Rosh haShana und damit das jüdische Jahr 5783. Das hebräische „Rosh haShana“ bedeutet wörtlich übersetzt „Kopf des Jahres“, womit der Beginn des Jahres gemeint ist. Das Neujahrsfest leitet die sogenannten zehn Bußtage ein, die im Festtag Jom Kippur – dem höchsten jüdischen Fest – gipfeln.

Das jüdische Rosh haShana findet immer 163 Tage nach dem ersten Tag des Pessach-Festes statt und da sich Pessach nach dem Mond richtet, hat das jüdische Neujahrsfest keinen festen Tag im Kalender.

Der Beginn des jüdischen neuen Jahres ist immer der erste Tag des Monats „Tischri“. Das kann irgendwann zwischen 5. September und 5. Oktober sein. Letztes Jahr ist der erste Tag des neuen Jahres auf den 7. September gefallen. In diesem Jahr liegt es knapp drei Wochen später am 26. September. Und da die jüdischen Feiertage immer am Vorabend des eigentlichen Festes beginnen, wurde eben schon gestern Abend auf das neue Jahr angestoßen. An Rosh haShana ist es Tradition, beim festlichen Essen ein Stück Apfel in Honig zu tauchen. Das neue Jahr soll schließlich „gut und süß“ sein. Man wünscht sich dann „Rosh ha-Shana tov“, also einen guten Rutsch ins neue Jahr (mehr…).

Aus Anlass der zehn Bußtage lädt das Lingener Forum Juden Christen am kommenden Mittwoch, 28. September, um 17 Uhr zu einer Führung über den Jüdischen Friedhof an der Weidestraße (Foto). Der Vorsitzende des Forums Simon Gähler und Vordtansmitglied Georg Wichmann führen über den Friedhof.


Foto: Jüdischer Friedhof an der Weidestraße in Lingen © Forum Juden Christen im Altkreis Lingen eV

Rechts nachjustiert

9. Juli 2022

Nach der Entscheidung des Rates, die nach dem Rennfahrer und SS-Hauptsturmführer benannte Bernd-Rosemeyer-Straße nicht umzubenennen, hat das Forum Juden Christen für den morgigen Sonntag zu einem Schweigemarsch vom Bahnhof zum Haus des von den Nazis verfolgten und entrechteten Fredy Markreich aufgerufen. Die Veranstaltung beginnt um 15 Uhr am Bahnhof.

Und dann habe ich gestern Abend gemeinsam mit Freunden in der Causa SS-Hauptsturmführer noch rechts nachjustiert:

Kein Beschluss

22. Juni 2022

Die „Umbenennung der Bernd Rosemeyer-Straße “ war gestern der zentrale Punkt der Sitzung des Kulturausschusses der Stadt Lingen (Ems). Der neue Vorsitzende des Forum Juden-Christen Altkreis Lingen e.V., Simon Göhler, hatte dazu im Vorfeld erklärt: „Seit langem tritt das Forum für eine Umbenennung dieser Straße ein. Diese Benennung durch die Nazis 1938 ist eine Ehrung, die dem SS- Hauptsturmführer Rosemeyer als Propagandisten des NS-Regimes in der Demokratie nicht zusteht.“

Göhler verwies auf einen Vorstandsbeschluss des Forum, demzufolge der in der Erinnerungs- und Antirassismusarbeit tätige Verein für die Umbenennung der „Bernd-Rosemeyer-Straße“ in „Fredy-Markreich-Straße“ eintritt. Damit solle anstelle der Ehrung eines Täter-Repräsentanten ein Vertreter der Opfer des Naziterrors geehrt wer­den.

Das Forum setze sich Göhler zufolge im Vorfeld der entscheidenden Ratssitzung am 6. Juli weiter für die Abkehr der Ehrung für einen SS-Offizier ein.

Zur Erinnerung: Vor der Kommunalwahl 2021 hatte die FDP den Antrag gestellt, die Anfang 1939 vom damaligen NS-Bürgermeister Plesse nach dem Führerprinzip beschlossene Umbenennung der Lingener Bahnhofstraße nach dem SS-Offizier Bernd Rosemeyer rückgängig zu machen und künftig nach dem Kaufmann Fredy Markreich zu benennen. Der Lingener Jude Fredy Markreich (Foto) konnte nach brutaler Erniedrigung und Entrechtung nach der Reichspogromnacht mit wochenlanger Haft im KZ Buchenwald zwar in das westafrikanische Liberia flüchten; der Kaufmann starb dort aber nach wenigen Jahren „an einer Seuche“.

Soweit so klar und so nachvollziehbar. Gestern aber setzte die in der Frage offenbar zerstrittene CDU-Fraktion eine Novität durch: Der städtische Kulturausschuss lehnte eine Beschlussfassung ab. Stadtarchivar Dr. Mirko Crabus durfte noch die Biografien von Opfer Markreich und Täter Rosemeyer darstellen; zuvor aber hatte die CDU die anstehende Beschlussfassung zu dem seit Jahren vorbereiteten Thema in einer ausufernden Geschäftsordnungsdebatte strikt abgelehnt.

Bemerkenswert: Der Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion Andreas Kröger stimmte dem CDU-Vorstoß zu und Peter Altmeppen, der die Antrag stellende FDP-Fraktion vertrat, enthielt sich bei dem Geschäftsordnungsantrag der CDU, im Kulturausschuss über die Umbenennung besser nicht zu beschließen. Eine entsprechenden Beschluss stufte die Ausschussvorsitzende Irene Vehring (CDU) dabei übrigens tatsächlich als „arrogant“ ein; man müsse, sagte sie, den Mitgliedern des Rates der Stadt die Gelegenheit geben, nach dem eigenen Gewissen abzustimmen.

Grüne-Ratsfrau Martina Pellny erwiderte, dass dagegen niemand etwas habe, es aber die Pflicht des Ausschusses sei, in der Sache klar Position zu beziehen und abzustimmen. Dann stimme der Rat ab. Für einen Beschluss votierten dann aber mit ihr und Claudia Meinert von den Grünen nur Jens-Uwe Schütte (SPD) sowie der Betreiber dieses kleinen Blogs – also nur vier Ausschussmitglieder. Der FDP-Mann -seine Partei bildet mit der CDU eine sog. Gruppe im Stadtrat- wollte offenbar auch kein Votum über seinen Antrag und enthielt sich;  mit dem irrlichternden Andreas Kröger (SPD) lehnten alle sieben CDU-Vertreter Irene Vehring, Jürgen Herbrüggen, Stefan Heskamp, Florian Niemeyer, Björn Roth, Ulrike Schulte und Manfred Schonhoff eine Beschlussfassung ab – wie gesagt eine Novität, die es in dem Gremium seit Gründung der Bundesrepublik nicht gegeben hat. Man könnte auch sagen: Sie zeigten sich gleichermaßen feige und geschichtslos. Auf die Abstimmung a 6. Juli und darauf, was die CDU sich dazu einfallen lässt, bin ich gespannt. Gemunkelt wurde gestern von einer geheimen Abstimmung.

Spoiler:
Dass die CDU überhaupt trotz ihres Verlustes der absoluten Mehrheitbei der Kommunalwahl im vergangenen September  sieben (von 13) Mitglieder/n im Kulturausschuss stellt, liegt daran, dass fünf Wochen nach der niedersächsischen Kommunalwahl die große Koalition von SPD und CDU im niedersächsischen Landtag ein anderes Auszählverfahren bei der Ausschussbesetzung durchsetzte, das große Ratsfraktionen über Gebühr bevorzugt. Daran darf man sich heute erinnern und für den Tag der Landtagswahl Niedersachsen am 9. Oktober schon mal notieren…