Die Stadtführungen „Hebammen, Hexen und Stadträtinnen“ werden 2024 fortgeführt. Die Besucher/innen lernen dabei die weibliche Perspektive der Geschichte Lingens kennen und begegnen, dank der Theatergruppe Weibblick des TPZ Lingen, der einen oder anderen historischen Frau „live“ und vor Ort. Dabei warten verschiedene Überraschungen am Wegesrand sowie eine kleine kulinarische Pause. Der erste Stadtrundgang 2024 findet am Sonntag, 28. April ab 11 Uhr statt. Treffpunkt ist das Historische Rathaus.
(Foto: Stadt Lingen)

Weitere Termine in diesem Jahr sind am Sonntag, 26. Mai, 9. Juni, 25. August und 15. September, jeweils 11 Uhr. Der Stadtrundgang dauert ca. 2,5 Stunden (inklusive Pause mit Imbiss und Getränk). Tickets sind in der Tourist-Info im Rathaus erhältlich. Die Stadtführung erfolgt in Kooperation mit dem Gleichstellungsbüro Lingen und dem LWT.

In der allgemeinen Geschichtsschreibung finden Alltagsrealität und Lebenswerk von Frauen bislang immer noch wenig Erwähnung. Das öffentliche Leben schloss Frauen über Jahrhunderte hinweg weitgehend aus und beschränkte ihre gesellschaftliche Wirkmacht auf Haushalt und Kindererziehung, womit die Arbeitsleistung und Perspektive von Frauen aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwanden. 

Diese Stadtführung stellt nun Frauen in den Mittelpunkt, die die Geschichte Lingens mitgeprägt und gestaltet haben. Darunter die Königin von Hannover oder die erste „Ehrenratsherrin“ des Lingener Stadtrates. Vor allem aber auch diejenigen, die eher im Verborgenen agierten und sich durch alle Epochen und gegen alle Hürden hinweg einmischten und mitbestimmten – ihr Handeln und Wirken reicht bis in heutige Tage. Grundlage für die Erarbeitung dieser Stadtführung ist die gründliche Recherche des Stadtarchivs Lingen und das daraus entstandene Booklet: Frauen der Lingener Geschichte – ein Stadtrundgang.

Jungfer-Hotze-Sektion

11. April 2024

Vielleicht der wohl älteste Schützenverein in Niedersachsen zeigt der noch älteren De Burgerzoons Schötterij Lingen, auch bekannt als „Die Kivelinge“, was da auch hier in Lingen kommen wird und kommen muss: Die Gleichberechtigung.

Wie in Lingen das Kivelingsfest ist im  niedersächsischen Stadthagen, der Kreisstadt des Landkreises Schaumburg-Lippe, das Schützenfest schon sehr, sehr lange eine große Sache: Jährlich wird es im Sommer über gleich fünf Tage hinweg gefeiert, 628 Mal bereits und damit sogar länger als in der benachbarten Landeshauptstadt Hannover, Hauptstadt des größten Schützenfestes der Welt zu sein.

Doch während Frauen beim Schützenfest in Hannover mittlerweile sogar das Amt der Bruchmeisterin bekleiden dürfen, zieht Stadthagen erst jetzt nach, Frauen in den Stadthäger Schützenverein aufzunehmen.

Vor zehn Jahren gab es schon einmal einen Anlauf. Damals hatte Simone Mensching vorgeschlagen, ein Frauenrott auf dem Schützenfest mitmarschieren zu lassen. Die Forderung führte zu erbitterten Debatten: Die städtische Frauenbeauftragte schaltete sich ein ebenso wie der Bürgermeister, der NDR berichtete und auch die taz.

Am Ende gab es damals noch ein einstimmiges Nein der Männer im sechsköpfigen Festkomitee. „Wir haben damals zwar verloren, aber einige Konflikte wegräumen können“, sagt Mensching, die sich aber mittlerweile aus der Debatte herausgezogen hat. Doch ihre Vorarbeit und die ihrer Kolleginnen war erfolgreich. Denn jetzt haben sich tatsächlich sieben Stadthäger Frauen zu einem eigenen Rott zusammengeschlossen. Gleichberechtigt mit den anderen 15 Rotts der Schützen aus Stadthagen nehmen sie im  kommenden Juni am Festprogramm des Volksfestes teil.

Bisher sei es ja nicht so gewesen, dass Frauen gar nicht am Schützenfest beteiligt waren, sagt Tania Dählmann, die das Frauenrott anführt. „Aber sie waren eben in einer eher passiven Rolle.“ Konkret bedeutete das, so die taz: Für das morgendliche Zusammenkommen der Herren in den Rotts schmierten sie die Mettbrötchen, zapften das Bier, durften auh abends bei den Partys und Festbällen mittanzen. Aber der Zusammenschluss in den Rotts blieb einzig Männern vorbehalten. Das ist jetzt vorbei.

Denn beim aktuellen Anlauf der Stadthäger Frauen gab es in den letzten Monaten kaum kontroverse Diskussionen. Das über die Aufnahme entscheidende Festkomitee führte im Vorfeld Gespräche, holte in einer Abstimmung unter den aktiven Schützen ein Stimmungsbild ein. Die Mehrheit der Männer hatte ihre Vorbehalte aufgegeben, weshalb das Komitee seine Entscheidung von damals revidierte.

„Es ist schön zu sehen, wenn sich etwas tut“, sagt Mensching, die in Stadthagen mit dem Schützenfest aufgewachsen ist. Zur 629. Auflage in diesem Sommer marschiert dann auf dem Stadthäger Marktplatz der „Julianen-Rott“ auf – benannt nach einer Regentin des Fürstentums Schaumburg-Lippe, die als reformorientierte und tolerante Herrscherin galt.

Aktuell dreht sich bei uns in Lingen noch alles um Marketenderinnen, ohne die es beim Kivelingsfest nicht geht. Die Grünen im Lingener Stadtrat haben durchgesetzt, den Platz zwischen Große Straße und Mühlentorstraße als Platz der Marketenderinnen zu benennen. 

Die Rolle der Lingenerinnen beim Kivelingsfest wird sich darüber hinaus nachhaltig ändern. Auch wenn die AD 1372 als Junggesellenverein ins deutsche Vereins- und Soldatenleben eingetretenen Kivelinge gerade ohne Frauen im Verein ihr 650. Jubiläumsjahr gefeiert haben: Die Aufnahme von Frauen in den Verein wird kommen, noch nicht 2024, aber beim nächsten oder übernächsten Fest, also in ein paar Jahren. Vielleicht wird eine weibliche Sektion dann Jungfer-Hotze-Sektion heißen oder anders, wenn jemand einen anderen oder gar besseren Vorschlag hat. 


Quellen: NDR, taz, HAZ, wikipedia

Reihe Mittwochs im Museum
Lingen in Bild und Plan – 1550 bis 1850
Ein Vortrag von Dr. Andreas Eiynck
Lingen (Ems) – Emslandmuseum, Burgstraße 28b,
Mittwoch, 27. März 3. April 2024, 16 Uhr und 19.30 Uhr
Eintritt: 6 €, für Mitglieder des Heimatvereins 5 €

Anmeldungen erforderlich bei Hanni Rickling via j.rickling(at)dg-email.de
oder telefonisch 0591/62500

Der Vortrag von Muesumsdirektor Dr. Andreas Eiynck vermittelt eine Übersicht der Stadt Lingen (Ems) in Bild und Plan über drei Jahrhunderte, also von 1550 bis 1850. Die Reihe der Stadtdarstellungen Lingen ibegann um 1550 mit dem handgemalten Stadtgrundriss des niederländischen Geometers Jakob van Deventer (Foto)  Belagerungsstiche, Festungsgrundrisse und Stadtansichten in den folgenden Jahren liegen zu Lingen in großer Zahl vor. Seltener sind historische Abbildungen einzelner Straßen und Szenen.  Sie stammen größtenteils erst aus dem 19. Jahrhundert , sind aber von großer Bedeutung, weil sie umittelbar an das heutige Stadtbild anknüpfen.

Am kommenden Samstag, 23. März um 15 Uhr lädt das Emslandmuseum Lingen, Burgstraße 28b, Familien und Kinder ab 6 Jahren zu einem kreativen Nachmittag ein. „Eierfärben mit Naturfarben“

Gezeigt wird, wie Ostereier auf unterschiedliche Weise mit Naturfarben eingefärbt und dekoriert werden. Alle Techniken können vor Ort in der Museumswerkstatt ausprobiert werden.

Osterdekoration mit Naturfarben

In einem selbst zubereiteten Sud aus roten Zwiebelschalen erhalten weiße Eier zunächst eine rötliche Färbung. Dann können mit Hilfe von Zitronensaft Muster in die Oberfläche geätzt werden. Wellen, Punkte und Zacken ergeben interessante Muster und Dekorationen.

Färbebad aus Naturfarben

Bei einer anderen Technik werden die Eier zunächst mit Wachsfarben bemalt und dann ein Farbbad aus Kamillenblüten gelegt. Die unbemalten Stellen erhalten dabei eine gelbliche Färbung, von der sich die aufgemalten Muster deutlich abheben.

Kreativität kennt keine Grenzen

Der Kreativität bei der Dekoration sind dabei keine Grenzen gesetzt. Natürlich werden auch Osternester gebastelt, in denen die dekorierten Eier einen sicheren Platz finden. Außerdem gibt es noch eine Überraschungsbastelei, die ebenfalls auf den Frühling und Ostern bezogen ist.

Zu richtigen Ostereiern gehört auch ein Osternest

Karten für 7 Euro (inklusive Material) sind beim Emslandmuseum unter Tel. 0591 47601 zu bestellen.

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Ein Beitrag aus dem Blog des Emslandmuseums Lingen.

Lehrhausabend des Forum Juden Christen
Heiner Schüpp, Kreisarchivar i.R.
„Propaganda, Plätze, Praktiken. Die Lingener Stadtgesellschaft auf dem Weg in die ,NS-Volksgemeinschaft?“
Lingen (Ems) –
Emslandmuseum, Burgstraße 28 B
Mittwoch, 20.03.2024 – 19:30 Uhr

Der ehem. Kreisarchivar Heiner Schüpp hält seinen Voirtrag im Rahmen der stadtgeschichtlichen Reihe „Lingen in der NS-Zeit“.

Zum Stadtjubiläum 2025 soll ein Sammelband mit Beiträgen zur Stadtgeschichte Lingens in der NS-Zeit erscheinen. Darin will Heiner Schüpp im Kapitel  „Kommunikation und Raum“ einen Beitrag verfassen, in dem er den Prozess der Durchsetzung der nationalsozialistischen Herrschaft in der Lingener Stadtgesellschaft nachzeichnet.

Der Abend findet wegen des zu erwartenden Andrangs im Emslandmuseum statt und nicht in der Jüdischen Schule.

Kein Rosemeyer-Museum

6. März 2024

Sie haben die Stadtgesellschaft in den letzten Jahren gespalten wie kaum etwas anderes: Die Pläne für den Bau eines Museums in Erinnerung an den Autorennfahrer und SS-Offizier Bernd Rosemeyer (auf dem Foto lks). Fast 10 Jahre lang hat der Lingener Kaufmann Heinrich Liesen an dem Vorhaben festgehalten. Jetzt ist es vom Tisch. Liesen hat nämlich seine Pläne offiziell beerdigt. Dies meldete heute die Lingener Tagespost (€), nachdem es um das Vorhaben sehr still geworden war und sie deshalb bei Liesen nachgefragt hatte.

Kritiker des Vorhabens zeigten sich heute erleichtert. Paul Haverkamp beispielsweise bemühte gar das Lukas-Evangelium: „Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird (Lk.2,10)“ und Twitter-Nutzer Moaxislaven jubilierte: „Hallelujah“. Deutlich schlichter schrieb Heribert Lange, der  langjährige Vorsitzende des Forum Juden-Christen: „Rosemeyer-Museum ist OUT!“. Die Wählergemeinschaft Die  BürgerNahen meldete auf Twitter (zzt X): „Eine gute Nachricht für Lingen.“

Offenbar sind vor allem Altersgründe für den Schritt von Heinrich Liesen maßgeblich. Er ist inzwischen 75 Jahre alt. Gegenüber der Presse sagte er daher: „Da frage ich mich schon, wie wir das Projekt langfristig absichern können. Auch, wenn ich mich einmal nicht mehr so intensiv darum kümmern kann.“ „Nach dreimonatigen Recherchen“, so Liesen, habe er dann die Entscheidung getroffen, das Museum in das Internet zu verlagern. „Einige lehnen das ab, andere finden die Idee aber auch gut“, sagte Liesen.

Was aus den seit Jahren leerstehenden Räumlichkeiten in der Burgstraße 20 wird -einst Betriebssitz der kultigen „Elektro/Bäckerei“ der Handwerksbetriebe Heinz Spiegelberg und Hans Hollenkamp- war am Mittwoch nicht zu erfahren. Heinrich Liesen hatte das Teileigentum vor  Jahren erworben und später mit dem Umbau begonnen. Doch seit Corona geriet alles arg in’s Stocken. Auch der Historiker Bernd Walter ist schon seit längerem nicht mehr als künftiger Kurator für das Projekt tätig.

Westerbork

4. März 2024

Das Polizeiliche Judendurchgangslager Westerbork war in den deutsch besetzten Niederlanden eines der beiden zentralen Durchgangslager (KZ-Sammellager), von wo aus niederländische oder sich in den Niederlanden aufhaltende deutsche Juden in andere Konzentrationsund Vernichtungslager deportiert wurden. In den Niederlanden ist der Begriff Kamp W. bzw. Concentratiekamp W. verbreitet. Vor der Nutzung als KZ hatten die Niederländer hier in der >Provinz Drenthe aus dem Reich geflüchtete Juden interniert.

Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in die Niederlande am 10. Mai 1940 wurde Kamp Westerbork im Rahmen der Besatzungspolitik weiter genutzt. Soweit sie sich meldeten oder festgenommen wurden, kamen alle in die Niederlande geflohenen jüdischen Deutschen und Österreicher hierher in Haft. Am 1. Juli 1942 wurde dann aus dem bisher niederländisch verwalteten Zentralen Flüchtlingslager Westerbork offiziell das „polizeiliche Judendurchgangslager Kamp Westerbork“ unter direkter deutscher Verwaltung. Kurz danach begannen am 15. Juli die Deportationen aus den gesamten Niederlanden ins Durchgangslager Westerbork, wo die SS fast alle Transporte zusammenstellte, und von dort weiter in die Vernichtungslager. Neben den überwiegend jüdischen Lagerinsassen wurden auch „Zigeuner“ und Widerstandskämpfer im Lager festgehalten. Fast alle wurden mit dem Zug abtransportiert. Anfänglich stiegen die Gefangenen am Bahnhof Hooghalen aus und liefen die sieben Kilometer lange Strecke zum Lager. Ab Oktober 1942 baute Nederlandse Spoorwegen ein Anschlussgleis ins Lager, das dieses mit der  Bahnstrecke Meppel–Groningen verband.

100.000 Juden, Sinti und Roma wurden aus Westerbork in die Konzentrations- und Vernichtungslager in den Osten deportiert. Darunter auch jüdische Mitbürger aus Freren und Umgebung. Für die jüdische Geschichtswerkstatt „Samuel Manne“ organisiert der Kulturkreis impulse eine Fahrt zur Gedenkstätte. Es wird eine Führung angeboten und auch der eigenständige Besuch der Ausstellungen sind geplant.

Busfahrt zur Gedenkstätte Westerbork
Freren – ab: Alte Molkerei
Mittwoch, 13. 03. 2024, Abfahrt: 10 Uhr, Rückkehr: ca. 16 Uhr

Eine Anmeldung ist unbedingt erforderlich: 05902/93920
Mit Hilfe von Sponsoren ist die Busfahrt kostenfrei.


Foto: Denkmal Lager Westerbork, ZikoEigenes Werk, CC BY-SA 3.0

Eine Schande

17. Februar 2024

Anfang der Woche gab es einen TV-Beitrag über ein historisches (Bau-)Denkmal in der Justizvollzugsanstalt Meppen, vormals das Emslandlager IX Versen, das gegen die Pflichten des Denkmalschutzgesetzes nicht erhalten wird sondern aufgegeben ist und verfällt. Geplant war das Emslandlager in den 30er Jahren für 1500 Gefangene. Später vegetierten dort Tausende, vor allem Kriegsgefangene. 1944 wurde das Emslandlager in Versen zum Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme. Über 2.500 Häftlinge dieses KZ, unter ihnen zahlreiche Dänen, wurden im November 1944 ins Emsland gebracht. Die SS verteilte die Männer aus Neuengamme auf die Lager „Versen“ und „Dalum“ (Emslandlager XII), wo sie sinnlose Schanzarbeiten verrichten mussten

Das  benachbarte Emslandlager XI ist heute die JVA „Groß Hesepe“; dort befinden sich nur noch kleinere historische Bauten. Die Ausnahme ist Vor dem heutigen Haupttor der JVA  eine historische Holzbaracke aus den 1930er Jahren. Auch die verfällt aber längst, weil sich die niedersächsische Justiz nicht um die Baracke kümmert und so ihr Ende vorsätzlich herbeiführt. Genau wie in Versen.

Diesen Umgang der Verantwortlichen mit der eigenen Landesgeschichte, von der SPD-Justizministerin Kathrin Wahlmann bis zum desinteressierten lokalen JVA-Leiter, nenne ich geschichtslos. Es ist eine Schande.

Feuerwehraufstellfläche

29. Januar 2024

Mal wieder Kommunales aus der deutschen Provinz, genauer eine kleine und daher natürlich ärgerliche Sache:

LeserInnen dieses kleinen Blogs wissen es seit Jahren: Lingen und Denkmalschutz ist eine endlos-provinzielle Geschichte, und stets kommt der  Denkmalschutz unter die ökonomischen Räder oder wird einfach nicht so beachtet, wie es notwendig ist. Denn Denkmalschutz dient der Erhaltung historischer Gebäude, Kunstwerke, Anlagen und Orte. Diese Denkmäler sind oft Zeugen vergangener Epochen und tragen dazu bei, die Geschichte und Kultur unserer Region und unseres Volkes zu verstehen und zu bewahren. Sie sind sozusagen greifbare  Verbindungen zu unserer Vergangenheit und bieten Einblicke in die historischen, künstlerischen oder sozialen Kontexte ihrer Zeit.

Und dann gibt es Denkmalschutz á la Lingen. Da steht stets das Kommerzielle vorn und, wenn es „sich nicht rechnet“, ist das Denkmal weg. Oder es gibt die Idee eines Oberbürgermeisters, rote Plastikstelen und -bänke in die Stadt zu pflanzen, egal ob direkt daneben ein 350 Jahre altes Palais mit einem Barock-Tor oder ein 100 Jahre alter, geschützter Klinkerbau steht. Dann kommen irgendwelche x-beliebigen Mülleimer in anthrazit hinzu, die man in rot vergessen hat, und schließlich erscheinen die Technokraten der Stadtverwaltung, die blindwütig Schilder an das Palais kleben bzw. davor stellen – wohl in der Annahme, nun wisse jede/r, wo die Feuerwehr aufzustellen ist, und das sei bedeutsam, notwendig und wichtig. Seht selbst – oben und unten, wie man Nicht-Verhunztes (oben) und Bereits-Verhunztes (unten) noch mehr verhunzen kann (oben und unten).  So viel Denkmalschutzlosigkeit muss eine Stadtverwaltung erst einmal schaffen. Chapeau!

 

Nachtrag:
Im städtischen Planungs- und Bauauschuss dazu befragt, bestritt vergangene Woche die Stadtverwaltung, für die Aufstellung verantwortlich zu sein. Reichlich unglaubhaft, finde ich. Als ob jemand anderes in Lingen Feuerwehraufstellflächenschilderbefestigungsaufstellversuche an historischen Häuser vornimmt oder solche Schilder eingräbt und dabei auch noch Stadt Lingen (Ems) draufdruckt.

Nicht gefragt wurde im Ausschuss übrigens, wo denn am Historischen Rathaus, dem Professorenhaus  oder am Haus Hellmann solch gleichartig-überflüssige Schilder befestigt werden. Doch vielleicht hat die Leserschaft dieses kleinen Blogs dazu besondere Ideen und kann helfen. Ich bitte ggf. um Zuschrift.

9. November

9. November 2023

Wikipedia informiert:

  • „9. November 1938 – Scheitelpunkt der Novemberpogrome (7. bis 13. November 1938):
    Nach dem Mordanschlag auf einen deutschen Diplomaten in Paris inszenieren die Nationalsozialisten die Novemberpogrome (bis in die Gegenwart ist die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 oft auch unter dem euphemistischen Begriff Reichskristallnacht bekannt). In der NS-Propaganda werden die vor allem von SA– und SS-Mitgliedern in Zivilkleidung begangenen Ausschreitungen als Ausdruck des „Volkszorns“ gegen die Juden dargestellt. In ganz Deutschland und Österreich werden jüdische Geschäfte und Einrichtungen demoliert, Synagogen in Brand gesteckt. Hunderte von Juden werden innerhalb weniger Tage ermordet. Diese Ereignisse markieren den Übergang von der sozialen Ausgrenzung und Diskriminierung zur offenen Verfolgung der Juden in der Diktatur des Nationalsozialismus. Während des Zweiten Weltkriegs mündet der nationalsozialistische Antisemitismus in den heute als Holocaust bezeichneten industriell betriebenen Völkermord an etwa sechs Millionen europäischen Juden und weiteren ausgegrenzten Bevölkerungsgruppen in den Vernichtungslagern des NS-Regimes.“

Auch in Lingen wurde die Synagoge im damaligen Gertrudenweg, der heutigen Syngagogenstraße, von Nazis in Brand gesetzt und bis auf die Grundmauern zerstört (Foto).

An diesem Tag gedenken wir bei uns wie in Deutschland dieses Progroms, was angesichts der Ereignisse vom 7. Oktober in Israel und des sich anschließenden Krieges Israel mit der terroristischen Hamas in diesem Jahr eine besondere Bedeutung hat.

Im Altkreis Lingen geschieht dies am heutigen Donnertag bei folgenden Gedenkfeiern:

  • Freren

10:15 Uhr Gedenkfeier am Gedenkstein in der Grulandstraße (gegenüber Gedenkort Jüdisches Bethaus), Freren.

  • Lengerich

10:00 Uhr Gedenkfeier am jüdischen Gedenkstein im Bürgerpark Lengerich

  • Lingen (Ems)

18:00 Uhr Ökumenischer Gottesdienst in der Ev.-ref. Kirche, Kirchstraße 7, 49808 Lingen (Ems).

19:30 Uhr Gedenkfeier und Kranzniederlegung am Lern- und Gedenkort Jüdische Schule, Jakob-Wolff-Straße, Konrad-Adenauer-Ring, Lingen (Ems).

Drei persönliche Anmerkungen gestattet bitte die Leserschaft mir heute:
* In diesem Jahr findet quasi parallel zur Gedenkfeier das Orgelkonzert der Bremer Philharmoniker ab 20 Uhr in der Bonifatius-Kirche statt. Das ist bemerkenswert, weil es eine städtische Veranstaltung des Kulturamtes ist, die sich da in das Gedenken hineindrängelt. Die darin zum Ausdruck kommende Gedankenlosigkeit habe ich zum Anlass eines Schreibens an die Kulturamtsleiterin genommen, kurzerhand die Gedenkfeier eine Viertelstunde oder etwas mehr vorzuziehen. Meine Initiative blieb letztlich erfolglos. Aus Kreisen des Forums wurde sie gar kritisiert. Schade. Immerhin soll das Konzert „einige Minuten später“ beginnen.

* 25 Jahre besteht in diesem Jahr der Gedenkort Jüdische Schule in Lingen. Darüber hat Stadtarchivar Dr. Mirko Crabus eine offizielle Archivalie des Monats geschrieben, die -nun, ja- sehr an dem ausgerichtet ist, was sich an offizieller Lesart in den Akten der Stadt finden lässt. Dass allerdings jeder (!) Schritt des Gedenkens an die Jüdinnen und Juden in unserer Stadt, der politischen Mehrheit und der Stadtverwaltung geradezu abgerungen werden musste, fällt da unverständlicherweise völlig unter den Tisch. Schade.

* 25 Jahre Gedenkort Jüdische Schule sollten Anfang des Monats gefeiert werden. Das ist ausgefallen, und zwar -wie es in einer Nachricht des Forum Juden Christen heißt, „aufgrund der aktuellen politischen Situation in Israel und nach Rücksprache mit Michael Grünberg, Vorsitzender Jüdische Gemeinde Osnabrück, werden wir das Jubiläum zu einem späteren Zeitpunkt im Frühjahr des kommenden Jahres planen.“ Schade.

Darf man diesen Schritt als faktisches Zurückweichen vor schrecklichem Antisemitismus und Judenhass in unserem Land für grundfalsch halten? Ich tue es. Für mich ist das Verschieben ein völlig inakzeptables Signal an die demokratische wie -vor allem- die undemokratische Öffentlichkeit. Gerade die aktuelle Lage in Israel verlangt es doch, jetzt Flagge zu zeigen.