zur Hälfte grün

28. April 2024

Im Test: Balkonkraftwerke

28. April 2024

Besonders aufregend ist der aktuelle Test von Balkonsolaranlagen (aka Balkonkraftwerke) durch die Stiftung Warentest. Denn dabei hat gerade mal eine einzige von acht Anlagen das Qualitätsurteil Gut erhalten. Dass die Noten so schlecht sind, liegt gar nicht an den Ergebnissen für die Stromerzeugung – die waren durchgehend ordentlich bis gut. Nein, es lag an den Wechselrichtern.

Die Stiftung schreibt: „Wir haben acht Kraftwerke geprüft, die vier verschiedene Wechselrichter nutzen. Und alle Wechselrichter im Test haben eine Norm gerissen, weil sie andere Elektrogeräte mehr oder weniger stark stören können. Ergebnis: Ein Wechselrichter hat noch ein Befriedigend bekommen, zwei sind ausreichend und einer – der für drei Balkonkraftwerke verwendet wurde – wurde vorläufig vom Markt genommen.

Jörg Kannegießer von der Bundesnetzagentur sagte jetzt dazu: „Im Jahr 2023 stellten Wechselrichter die viertgrößte Produktgruppe dar, die wir sanktioniert haben.“

Auch das mangelhafte Modell kante die Bundesnetzagentur bereits. Sie hat es zur Überprüfung vom Markt genommen, damit der Hersteller nachbessern kann.

Und weil das so furchteinflößend klingt, hier noch die Einordnung: Wechselrichter verwandeln den produzierten Gleichstrom aus den Solar-Panelen zu Wechselstrom für den Hausstrom. Die bei der elektromagnetischen Verträglichkeit auffälligen Geräte können andere Elektrogeräte stören. Wenn also bei Ihnen (oder bei Ihren Nachbarn!) das Internet ruckelt oder das Radio rauscht, kann es an solchen Geräten liegen. Das auffälligste Modell kann sogar Funknetze von Polizei und Rettungskräften stören. Auswirkungen auf die Gesundheit haben die Geräte nicht.

Wer bereits einen solchen Störenfried-Wechselrichter zu Hause hat, könnte übrigens ein anderes Modell kaufen, um das Balkonkraftwerk weiter laufen zu lassen. Denn das kann sich lohnen.

Mit dem Solarpaket will die Bundesregierung den Ausbau beschleunigen – und mancherorts gibt es Förderung; in Lingen übrigens nicht mehr, nachdem die Stadt angeführt von der CDU/FDP-Gruppe die Fortsetzung des städtischen Programms abgelehnt hat.

Doch nicht alle Balkon-Solaranlagen überzeugen auch.

Stecker rein, Sonnenschein – und schon erzeugt man seinen eigenen Strom und spart Geld: Balkon-Solaranlagen machen das grundsätzlich möglich, unter Umständen sind sie auch eine Option für Mieterinnen und Mieter. Auch im Schatten schwächeln die meisten, zeigt die Untersuchung der Stiftung Warentest („test“ Ausgabe 05/24). Acht Balkonkraftwerke, jeweils bestehend aus zwei Photovoltaik-Modulen und einem Wechselrichter, haben die Warentester im auf 600 Watt gedrosselten Betrieb geprüft. Bei strahlendem Sonnenschein produzieren alle getesteten Anlagen reichlich Strom.

Liegen sie zur Hälfte im Schatten, ist es damit allerdings vorbei. Dann erzeugen alle Anlagen im Test gar keinen Strom mehr. Zu einem Viertel abgedeckt, lieferte selbst die beste Anlage nur etwas mehr als die Hälfte ihrer Leistung.

Verschenktes Potenzial durch Neigungswinkel

Ein weiterer Kritikpunkt: An der Balkonbrüstung zwingt die Halterung einer der geprüften Anlagen die entsprechenden Paneele in eine senkrechte Position. Dadurch wird viel Potenzial verschenkt und die Stromausbeute verringert, so die Tester.

Im Idealfall fangen die Panels das meiste Licht mit einer 30- bis 40-Grad-Neigung zur Waagerechten ein. Die Neigungswinkel, die die übrigen Halterungen im Test am Balkon erlauben, liegen zwischen maximal 15 und 35 Grad.

Auch in puncto Stabilität sahen die Tester nicht nur Licht. Zwar erwiesen sich alle geprüften Anlagen als wasserdicht und hagelsicher. Allerdings können einige Platten brechen, wenn sie mit Schnee bedeckt sind und es stürmt. Bei zwei Testkandidaten war das bei einer Druckbelastung von 5.400 Pascal (rund 540 Kilogramm pro Quadratmeter) der Fall, das PV-Panel eines Anbieters brach schon bei 2.400 Pascal (rund 240 Kilogramm pro Quadratmeter).

Gesamtwertung: wenig Licht, viel Schatten

Insgesamt schneidet nur eine Balkon-Solaranlage „gut“ ab. Und zwar die Günstigste im Test: EPP Solar Balkonkraftwerk 830W (Foto oben). Sie ist laut Stiftung Warentest allerdings ein Auslaufmodell. Drei Balkonkraftwerke bekommen ein „befriedigend“, eines ist „ausreichend“.

Tipp: Wer sich fragt, wie viel Strom und Geld sich mit einem Steckersolargerät am Balkon, an der Hauswand oder auf dem Dach eigentlich einsparen lässt, kann das mit dem „Stecker-Solar-Simulator“ der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft ausrechnen, der im Internet abrufbar ist (solar.htw-berlin.de/rechner/stecker-solar-simulator).

Laut Stiftung Warentest haben sich die Anschaffungskosten für eine Anlage – je nachdem, wie viel Strom erzeugt und verbraucht wird – nach fünf bis acht Jahren amortisiert.

Niedersachsen will mehr Windräder aufstellen. Um die Akzeptanz zu erhöhen, sollen die Betreiber Kommunen und Anwohner finanziell beteiligen. Dazu will Niedersachsen die Genehmigung von Anlagen für erneuerbare Energie an Land neu regeln. Einen 50-seitigen Gesetzentwurf der Landesregierung soll der Landtag in dieser Woche beschließen. Er ist ein Aufbruch ins Neuland, denn künftig soll bei Windkraftanlagen die finanzielle Beteiligung der betroffenen Kommunen und Anwohner verpflichtend werden, um die Akzeptanz zu erhöhen.

Wer im Kartenportal des „Energieatlas Niedersachsen“ des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz das Häkchen bei „Windenergieanlage“ setzt, könnte denken: Schon ganz schön zugebaut, das Land.

Rund 6.300 Anlagen sind in Niedersachsen in Betrieb, mit einer Leistung von 12,7 Gigawatt. Das ist mehr als ein Fünftel der bundesweit installierten Windenergie-Gesamtleistung. Niedersachsen ist damit Spitzenreiter in Deutschland.

Aber das ist erst der Anfang. Der Energiehunger nimmt zu. Zugleich verschärft sich die Klimakrise. Mehr Windenergie soll her, und das schnell. Damit das funktioniert, braucht es mehr Akzeptanz in Kommunen und Bevölkerung.

„Nicht zuletzt geht es um die Demokratisierung der Energiewende“, sagt Marie Kollenrott der taz, Landtagsabgeordnete der Grünen, Fraktionssprecherin für Energie und Klimaschutz. „Und wir legen hier eine Blaupause für die anderen Bundesländer und den Bund vor. Das ist eines der größten Vorhaben unserer Rot-Grün-Legislatur.“ Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, habe auch schon Interesse gezeigt.Kollenrott hat den Gesetzentwurf mitverfasst, der auch den Bau von Freiflächen-Photovol­taikanlagen neu regelt. Der Entwurf legt regionale Teilflächenziele fest, um das Generalziel Niedersachsens zu erreichen, 2,2 Prozent der Landesfläche als Windenergiegebiete auszuweisen. Zudem schreibt er die Aufstellung neuer Raumordnungspläne vor.

Sein Kernstück ist jedoch die Beteiligung von Kommunen und Bevölkerung am wirtschaftlichen Ertrag neuer Windenergieanlagen. Auf Freiwilligkeitsbasis gibt es das schon. Jetzt wird es verbindlich.

Der Anlagenbetreiber muss betroffenen Gemeinden 0,2 Cent pro eingespeister Kilowattstunde als „Akzeptanzabgabe“ zahlen, zudem den Anwohnern innerhalb eines Radius von 2,5 Kilometer 0,1 Cent. Um…

[…weiter bei der taz]


Foto: Windräder, von matthiasboeckel Pixabay-Inhaltslizenz

Atomausstieg

15. April 2024

Heute vor einem Jahr wurde das AKW Emsland abgeschaltet. Für mich war dies ein zutiefst beruhigender, fast beglückender Moment; denn bis dahin lebte unsere Stadt in einem, wie ich es immer genannt habe, faustischen Pakt mit der Atomkraft. Faust wollte mit Mephistos Hilfe zwei Dinge erlangen: Allwissenheit und Allmacht. Was versprach die Atomkraft? Exakt dasselbe. Auch der Preis wäre genau derselbe gewesen: für Faust das Wichtigste, was er im Leben besaß, nämlich seine Seele, für uns Wohlstand und Geld. Es ist gut, dass das AKW im Niederdarmer Sand in Lingen (Ems) seit 366 Tagen Geschichte ist und dass es dort dann doch keinen GAU oder Super-GAU gab wie an anderen Wallfahrtsorten der „friedlichen“ Kernspaltung. Was geblieben ist und was Jahrtausende bleiben wird, ist der Atommüll, von dem niemand weiß, wie damit umzugehen ist. Dieser Teil des faustischen Paktes ist uns geblieben und bleibt uns für ganz lange Zeit.

Ansonsten haben sich keine der Kassandra-Rufe bewahrheitet, mit denen sich im April 2023 die Konservativen und ihre publizistischen Helfershelfer  hervortaten. Das hat wissenschaftlich Bruno Burger verdienstvoll rarbeitet, der einen ewig erscheinenden Streit zu versachlichen sucht – und daran verzweifelt, wie sehr die Fakten verdreht werden (mehr in der SZ (€)). Alles andere hat heute Robert Habeck zusammengefasst – in seiner bekannten, durch nichts aus der Ruhe zu bringenden Klarheit. Schaut mal:

 

 

Mein doppeltes Update zur Brennelementefabrik ANF:

Es hat sich angesichts wachsender öffentlicher Kritik an den ANF-Rosatom-Plänen bereits abgezeichnet: Der russische Atomkonzern Rosatom, so die taz, wird wohl nicht in Lingen einsteigen: Die zuständigen Behörden in Niedersachsen und im Bund müssen vielmehr die Genehmigung zum Ausbau der atomaren Brennelemente-Fabrik in der emsländischen Stadt nach Ansicht der Hamburger Rechtsanwältin Michéle John versagen. Bei einem Einstieg Russlands und der beantragten Lizenzproduktion russischer Brennelemente drohten „Spionage, Sabotage und Desinformation“, sagte die auf Verwaltungs- und Atomrecht spezialisierte Juristin am Montag [dieser Woche]. Die innere und äußere Sicherheit Deutschlands würden dadurch bedroht.

Die Lingener Fabrik gehört Advanced Nuclear Fuels (ANF), einer Tochter des französischen Atomkonzerns Framatome. Sie ist, ebenso wie die Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau, vom deutschen Atomausstieg ausgeklammert. Framatome will dort in Lizenz und unter Mitwirkung des russischen Staatsunternehmens Rosatom künftig auch Brennelemente für Reaktoren russischer Bauart produzieren.

Framatome hat dazu mit der Rosatom-Tochter TVEL ein Joint Venture in Frankreich gegründet. Die seit Anfang Januar vom niedersächsischen Umweltministerium ausgelegten Antragsunterlagen für den Ausbau verschweigen nach Angaben von Kritikern allerdings die brisante Rolle des russischen Unternehmens bei dem Vorhaben. Deswegen, so Anwältin John, könne die Genehmigung schon aus formalen Gründen untersagt werden.

Rosatom werde in den Unterlagen „explizit nicht erwähnt“. Die vage Rede sei da nur vom „russischen Lizenzinhaber“ oder „russischem Lizenzgeber“. John zeigte…

[weiter bei der taz]

„Moskau im Emsland“ titelte in dieser Woche auch Jonas Waack in DIE ZEIT und hatte neben ordentlicher Skepsis zu den ANF-Plänen eine überraschende Nachricht (leider hinter der Bezahlschranke):

„Die Franzosen hoffen wohl noch aus einem anderen Grund auf die Risikoscheu der Kraftwerksbetreiber. Das will [Geschäftsführer Andreas] Hoff zwar nicht zugeben. Aber er deutet es im Ratssaal von Lingen an, als ein [Umwelt-]]Ausschussmitglied eine Frage stellt. Ob es Wettbewerber auf dem Brennelemente-Markt gebe, will jemand wissen. „Der zweite große Player ist Westinghouse“, antwortet Hoff. Was er verschweigt: Westinghouse, ein US-Unternehmen, stellt bereits Brennelemente für alte Sowjetreaktoren her. Ganz ohne Rosatom.

Wenn sich die europäischen Kraftwerksbetreiber von Russland lösen wollten, ginge das auch heute schon. „Wir haben die Kapazitäten, das Design, die Genehmigungen, die Fabriken, um zu liefern“, sagt Westinghouse-Vizepräsident Aziz Dag der ZEIT. Seine Brennelemente seien auch schon im Einsatz, etwa im ukrainischen Kernkraftwerk Saporischschja. Betrieben wird ausgerechnet das aber gerade von Rosatom: Am 4. März 2022 besetzten russische Truppen das Gelände.“

Wir erinnern uns an die jüngste Ratssitzung unserer Stadt, in der sich das gewählte Gremium am 6. Februar auf Antrag der Grünen mit den Rosatom-Plänen befasste. Wir erkennen gerade, dass die ANF-Befürworter in dieser Sitzung ganz offenbar die Unwahrheit gesagt haben. Sie behaupteten nämlich, nur das russische Rosatom wisse, wie es mit den sechseckigen Brennelementen geht, die Osteuropa für seine Kernkraftwerke russischer Bauart benötige. Das ist offenbar unwahr. Vorn dabei bei dieser schrägen Ablenkung war CDU-Ratsmitglied Günter Reppien, der ehedem im Kernkraftwerk Emsland der RWE beschäftigt war, Gesamtbetriebsratsvorsitzender wurde und bis in den Aufsichtsrat des Stromerzeugers RWE Power AG aufstieg…

->Die Stromwende zahlt sich aus <-

Auch wenn große Versorger und einige Stadtwerke, darunter leider auch die Stadtwerke Lingen, die Erhöhung der Netzentgelte nutzen, um die Strompreise nicht zu reduzieren sondern in Kürze gar zu erhöhen, beweist der Strom-Markt derzeit etwas anderes:

Auch heute (16. Februar) gab es wieder sehr niedrige Strompreise im Großhandel. Im Tagesschnitt waren es 6,11 ct/kWh; gestern waren es 7,05 ct/kWh. Vor einem Jahr ware es trotz und mit Atomstrom 13,67 ct/kWh – also mehr als doppelt so viel. Man erkennt: Die Erneuerbaren senken den Verbrauch von teuren und schmutzigen Energieträgern.

Gleichzeitig fällt der Preis für CO2-Zertifikate. Europaweit geht nämlich die Emission von #CO2 zurück, insbesondere durch den Ausbau der Erneuerbaren. Der Preis fällt kontinuierlich, da zu viele Verschmutzungsrechte im Umlauf sind. Der heutige Auktionspreis lag bei bei 55,12 EUR pro Tonne. Das ist deutlich unter dem Jahresschnitt von 59,43 EUR/t.

Der Verbraucherpreis liegt aktuell bei vielen Stromanbietern deutlich (!) unter dem der lokale Versorger. Für einen Vierpersonenhaushalt berechnen die Stadtwerke Lingen GmbH bei einem Verbrauch von 4250 kw/h mit ihrem Basistarif einen Arbeitspreis von 38,27 ct/kWh (Grundpreis 8,33 €/Monat). Das sind durchschnittlich pro Monat 143,87 €. Zum Vergleich: E.ON Strom Öko verkauft die Kilowattstunde für 29,16 Ct/kWh (Grundpreis:11,39 €/Monat). Vergleicht man beide Tarife  errechnet der Dienstleister Verivox aufs Jahr eine Ersparnis von 600,00 € (genau: 594,42 Euro). Interessanterweise sind andere Anbieter aktuell noch preiswerter, beispielsweise die Ökostromversorger eprimo, Vattenfall oder Licbtblick.

Fazit: Da muss sich bei den Stadtwerken Lingen an der Lingener Waldstraße schnell und viel ändern, wenn man nicht ganz viele Kunden verlieren will…

Brennelemente

14. Februar 2024

Oleg Dudar,früher einer der Cheftechniker im ukrainischen Atomkraftwerk Saporischja,  hält Rosatom für einen der gefährlichsten Konzerne der Welt. Wenn Europa weiterhin Uran aus Russland kaufe, finanziere man damit Putins Krieg, erklärte Oleg im Gespräch mit REPORT MAINZ, das das Magazin gestern Abend ausstrahlte. Bisher gibt es keine Sanktionen gegen Rosatom oder Uran aus Russland. Rosatom macht daher weiter Geschäfte mit russischem Uran in der EU und auch in Deutschland. Mittendrin Lingen und die ANF.

Schon jetzt liefert Rosatom regelmäßig nämlich russisches Uran an die ANF-Brennelementefabrik in unserem Lingen. Nach Recherchen von REPORT MAINZ sind in den nächsten Monaten 70 (!) weitere Uran-Transporte geplant. ANF in Lingen gehört bekanntlich dem französischen Atomkonzern ‚Framatome‘, der schon lange eng mit Rosatom kooperiert. Aktuell läuft ein Genehmigungsverfahren, um die Produktion für russische Brennelemente auszuweiten. Erst vor wenigen Tagen fand der jüngste Transport statt.

Bisher sind Urantransporte aus dem Krieg führenden Russland übrigens nicht durch die EU sanktioniert. Auf Sanktionen gegen Rosatom angesprochen erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes gegenüber dem SWR: „Die Bundesregierung setzt sich im EU-Rahmen weiterhin für Sanktionen gegen den zivil-nuklearen Sektor in Russland ein, auch um russische Staatseinnahmen zu mindern.“ Neue Sanktionen können jedoch nur auf europäischer Ebene verhandelt und müssen einstimmig durch die EU-Mitgliedsstaaten beschlossen werden.

Gegenüber REPORT MAINZ forderten mehrere konservative uEU-Abgeordnete sofortige Sanktionen gegenüber Rosatom und deren Uran-Transporte. Diese würden bisher allerdings durch Ungarn blockiert. Ungarn baut derzeit ein Kernkraftwerk mit finanzieller Unterstützung durch Russland. Laut den EU-Abgeordneten sei das der Grund, warum Ungarn die geforderten Sanktionen gegenüber Russland verhindere.

Hier der REPORT MAINZ Beitrag von gestern Abend:

Auch der SPIEGEL hat sich gestern der Sache angenommen. Leider hinter der Paywall. Zugänglich sind  die ersten Zeilen, wo das ehem. Nachrichtenmagazin fragt:
„Macht sich Putins Atomkonzern im Emsland breit? Eine Brennelementefabrik in Niedersachsen soll ausgebaut werden, das russische Atomkonglomerat Rosatom macht mit. Lange sah es so aus, als müssten die deutschen Behörden das Projekt genehmigen. Doch nun ist ein Ausweg in Sicht.“

Hinter dem S+-Zeichen kann man dies lesen:

„Auf seinen Atomkonzern kann Wladimir Putin im Angriffskrieg gegen die Ukraine bauen. Zuverlässig betreibt das Nuklearkonglomerat Rosatom das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja, das russische Truppen zuvor eingenommen hatten. Zudem versucht Rosatom der »Washington Post« zufolge, Russlands Waffenindustrie mit Schlüsselkomponenten und -rohstoffen zu beliefern. Von den etwa 275.000 Rosatom-Beschäftigten arbeiten rund ein Drittel laut dem österreichischen Umweltbundesamt in Abteilungen für Kernwaffen.“… Ohne spezielle Brennelemente aus Russland müssten Atomkraftwerke etwa in der Slowakei, Bulgarien oder Ungarn stillstehen. Diese Meiler russischer Bauart sind nämlich angewiesen auf den Kerntreibstoff von Rosatom: hexagonale, also sechseckige Brennelemente.

Nun sollen auch in Lingen im Emsland solche sechseckigen Brennelemente gebaut werden. ANF, eine Tochter des französischen mehrheitlich staatseigenen Konzerns Framatome, pflegt seit Jahren eine enge Partnerschaft mit Rosatom. Der russische Überfall hat daran offenbar wenig geändert. Die Franzosen wollen ihre Produktion in der Lingener Brennelementefabrik ausbauen, in enger Zusammenarbeit mit Putins Atomkonglomerat. In Deutschland, mitten im russischen Angriffskrieg. „Schon die Gaskrise hat Europas Abhängigkeit von Russland offenbart. Jetzt machen wir den gleichen Fehler mit Atomkraft und Brennelementen. Das ist verrückt“, sagt ein hoher politischer Entscheidungsträger dem SPIEGEL. Obwohl das Projekt in Lingen sowohl Niedersachsens Landesregierung wie auch der Bundesregierung von Anfang an missfiel, sah es lange so aus, als bliebe den zuständigen Behörden rechtlich nichts anderes übrig, als den Antrag von ANF zu genehmigen.

Jetzt aber eröffnet ein bislang unveröffentlichtes Expertengutachten womöglich doch noch einen Ausweg. Verfasst hat es der renommierte Atomrechtler Gerhard Roller, Professor an der Technischen Hochschule Bingen. Beauftragt hat es das Bundesumweltministerium.

„Beim gegenwärtigen Kenntnisstand ist nicht ausgeschlossen“, resümiert Roller in dem 43-seitigen Gutachten, das dem SPIEGEL vorliegt, „dass die Zulassung einer Kooperation einer deutschen Brennelementefabrik mit einem russischen Staatskonzern die innere oder äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden vermag.“ Dies könnte reichen, um das Projekt der Framatome- und Rosatom-Töchter zu verhindern.

Schon seit Jahren versucht Rosatom über seine Tochter TVEL, in das Brennelementewerk in Emsland einzusteigen. Ursprünglich hatten TVEL und Framatome hierfür ein Gemeinschaftsunternehmen in Deutschland geplant, entgegen der Bedenken von Politikern wie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis’90/Die Grünen). Kurz vor Russlands Überfall auf die Ukraine zogen die beiden Unternehmen ihren bei Habecks Ministerium eingereichten Prüfungsantrag jedoch zurück. Einige Monate später gründeten sie ihr Joint Venture stattdessen in Frankreich.

Anschließend reichte ANF beim zuständigen Umweltministerium in Hannover einen Antrag gemäß Paragraf 7 des Atomgesetzes ein. Man wolle in Lingen sechseckige Brennelemente für osteuropäische AKW herstellen. Die Rosatom-Tochter TVEL soll dabei nicht nur die Lizenz erteilen, sondern auch tatkräftig helfen – indem sie die Geräte für die Brennelementfertigung liefert und sogar die Qualitätskontrolle übernimmt.“

DER SPIEGEL informiert: „Die Framatome-Tochter ANF schickte dem SPIEGEL ein allgemein gehaltenes Statement, in dem es heißt: »ein regelmäßiger Zugang von TVEL-Mitarbeitenden [ist] für den Betrieb der Anlage und die Herstellung der Brennelemente weder vorgesehen noch erforderlich«.

Allerdings lässt das Unternehmen offen, wie oft und wie lange diese russischen Fachkräfte in unregelmäßigen Abständen vor Ort sein werden. Konkrete Fragen des SPIEGEL zum Gutachten beantwortete die ANF nicht.

Ihr Genehmigungsantrag liegt noch bis zum 3. März im Lingener Rathaus öffentlich aus; alle Bürgerinnen und Bürger können Einwände und Fragen stellen. Diese werden dem Unternehmen anschließend vorgelegt, damit es Stellung nehmen kann.

Aber was soll da schon passieren? Ratsmitglied Günter Reppien (CDU) wies jedenfalls in der Ratssitzung Dienstag vor einer Woche meinen Vorwurf zurück, die Beziehungen der Stadt zur Partnerstadt Lanivtsi in der Ukraine könne durch die Rosatom-Geschäftspolitik von ANF belastet werden. Reppien statt dessen:  Die Ukraine selbst könne ein Nutznießer sein, wenn es künftig um die Bestellung von Brennelementen gehe.

Ach, wirklich? Putin und seine Kriegskasse werden in erster Linie die Nutznießer. Doch das ist ja kein Beinbruch, weil, wie Chefkommentator Thomas Pertz in der Lingener Tagespost schrieb, es „nach wie vor eine breite politische Mehrheit in Lingen auch für Unternehmen mit sensiblen Produktionen“ (!) gibt. Für den Wirtschaftsstandort Lingen sei das eine gute Nachricht, meint Pertz. Wie für Putin.


Quellen; REPORT MAINZ, SPIEGEL, NOZ

H2 aus dem Klärwerk?

11. Februar 2024

Offiziell zurückgezogen hat die SPD im Lingener Stadtrat einen Antrag zum Etat 2024/25. Nach ihrem Willen sollten immerhin gleich 100.000 € für ein Gutachten bereit gestellt werden für die  „Wasserstoffbereitstellung aus der Kläranlage als Rohstoff für die Wasserstoffherstellung“. Was da etwas quer formuliert daher kam, war auch sonst kein Renner. Skeptisch zeigtn sich die anderen Ratsfraktionen von CDU, Grünen und BürgerNahen (BN) vor allem deshalb, weil in mehreren Städten in Deutschland exakt zum selben Punkt geforscht wurde. Warum also sollte unsere Stadt zu diesen Forschungsvorhaben ihr eigenes hinzufügen? fragten sie de SPD.

Die Skepsis der anderen Fraktionen Rat führte jedenfalls Ende Januar zur Antragsrücknahme der SPD und zwar, wie sich aktuell herausstellte, völlig zu recht. Denn ein entsprechendes Elektrolyseprojekt in einem  Klärwerk in Hannover ist gerade gescheitert. „Doch kein Wasserstoff aus Hannover“, titelt dazu die taz-Nord und erinnert fast ein wenig wehmütig, dass die Produktion dieses sog. grünen Wasserstoff in einem Klärwerk in Hannover ein Leuchtturmprojekt werden sollte. Doch die Stadt Hannover musste es beenden. Die taz:

„Es klang so charmant und hatte schon eine Menge Vorschusslorbeeren eingeheimst: Am Klärwerk in Hannover-Herrenhausen sollte grüner Wasserstoff produziert werden. Doch nun musste die Stadt die Reißleine ziehen, die Kosten explodieren, das Leuchtturmprojekt zerbröselt, noch bevor es gebaut wurde.

Sektorenkopplung heißt das Zauberwort für das, was hier versucht werden sollte. Mit einem Elektrolyseur direkt am Klärwerk sollten gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Der Plan: Das Klärwerk hätte das Wasser geliefert – einfach geklärtes Betriebswasser statt kostbaren Trinkwassers – und den bei der Wasserstoffproduktion übrig bleibenden Sauerstoff direkt weiterverwertet.

Bisher wird bei der Abwasseraufbereitung Luft verwendet, die mit Turboverdichtern aus der Umgebung gewonnen und dann in die Klärbecken gepumpt wird – ein Vorgang, der für einen Großteil des hohen Stromverbrauchs der Anlage verantwortlich ist. Hier hatte man auf ein Einsparpotenzial und eine effizientere Nutzung gehofft.

Mit dem entstehenden Wasserstoff sollten dann unter anderem Wasserstoffbusse des kommunalen Verkehrsunternehmens Üstra betankt werden. Dazu hätte eine Wasserstofftankstelle errichtet werden sollen. Die entstehende Abwärme sollte außerdem in das Fernwärmenetz vom kommunalen Energieversorger Enercity eingespeist werden.

Eine Win-win-Situation in mehrfacher Hinsicht sozusagen. Das sah auch das Land Niedersachsen so, zumindest hat es dieses Investitions- und Forschungsprojekt mit 6,37 Mio. gefördert. Auf 25 Millionen Euro hatte man das Gesamtvolumen des Projekts ursprünglich geschätzt.

Wobei der Bau…“

[weiter bei der taz]


Grafik: Wasserstoff-Molekül – CC gemäß Blog-Beitrag vom 28.02.2021

Geschäfte

10. Februar 2024

Ein Transport mit insgesamt 12 Uranfässern auf drei LKWs hat Donnerstagabend um 22.36 Uhr die Brennelementefabrik Lingen erreicht. Das angereicherte Uran zur Brennelementeproduktion war am Nachmittag im Rotterdamer Hafen mit dem russischen Uranschiff Baltiyskiy 202 an Land gekommen. Der Atomfrachter kam aus St. Petersburg. Atomkraftgegner:innen hatten zunächst die Verladung im Rotterdamer Hafen beobachtet und hielten bei der Ankunft in Lingen eine spontane Mahnwache ab. Sie fordern von der Bundesregierung und der niederländischen Regierung die sofortige Einstellung der Urangeschäfte mit Russland.

„Dies war das erste Mal, dass der gesamte Urantransport aus Russland von Rotterdam nach Lingen verfolgt werden konnte. Wir sind entsetzt, dass auch zwei Jahre nach dem Beginn des brutalen russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im Atombereich „business as usual“ herrscht. Die Betreiberin der Lingener Brennelementefabrik, der französische Konzern Framatome, begibt sich immer weiter in die Abhängigkeit vom Kreml,“ so Alexander Vent vom Lingener Bündnis AgiEL – Atomkraftgegner:innen im Emsland.

„In Lingen will Framatome sogar in Kooperation mit dem russischen Staatskonzern Rosatom in Zukunft Brennelemente für Osteuropa herstellen. Und wer Rosatom mit ins Boot holt, schwimmt sich nicht vom Kreml frei. Deshalb rufen wir bundesweit zu Einwendungen gegen diese gemeinsamen Atompläne auf. Das niedersächsische Umweltministerium legt die Antragsunterlagen bis zum 3. März aus. Es ist jetzt dringend Zeit, die russische Atom-Connection auf allen Ebenen zu beenden,“ ergänzte Peter Bastian vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen. Die Sammeleinwendungen gegen den Einstieg von Rosatom in die Brennelementeproduktion in Lingen finden sich online hier.


Text: PM AgiEL – Atomkraftgegner:innen im Emsland, Elternverein Restrisiko Emsland e.V. und Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen