Ostermärsche ’22

14. April 2022

Ja, man darf noch auf Ostermärsche gehen. Die traditionellen Ostermärsche der Friedensbewegung waren in den vergangenen zwei Jahren wegen der Corona-Pandemie nicht oder nur unter Einschränkungen und meist allein in alternativen Formaten möglich. 2022 soll es aber wieder in 90 deutschen Städten Ostermärsche geben. 

Auch in Städten Niedersachsens, NRW und in Bremen sind in diesem Jahr wieder Ostermärsche geplant. Wie das Netzwerk Friedenskooperative mitteilte, soll es an Karsamstag  in Emden, Nordenham, Oldenburg und Osnabrück sowie am Ostermontag in Wilhelmshaven Protestmärsche geben. In Bremen ist -nach einer Mahnwache auf dem Marktplatz am heutigen Gründonnerstag- ein Ostermarsch ebenfalls für Karsamstag geplant.

Im benachbarten Westfalen gibt es traditionell den Schulterschluss von Anti-Atom- und Friedensbewegung. In Gronau startet am Karfreitag um 13 Uhr eine Fahrraddemonstration am Bahnhof, gegen 14 Uhr beginnt dann die zentrale Kundgebung an der Urananreicherungsanlage Gronau (Röntgenstraße 4). Auch aus Enschede und Ochtrup sind Raddemos nach Gronau angekündigt. In Münster findet die Ostermarschaktion 2022 unter dem Motto „Waffen nieder! Nein zum Krieg! Eskalationsspirale stoppen! statt; sie beginnt amKarfreitag um 13.30 Uhr auf dem Schlossplatz mit dem Rad.

Alle Antikriegsdemonstrationen stehen in diesem Jahr unter dem Eindruck des völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine. Aber auch die geplante Aufrüstung der Bundeswehr soll den Angaben der Veranstalter zufolge kritisch hinterfragt werden. Diese Hochrüstung helfe den Menschen in der Ukraine nicht, sagen die Organisatoren. Insbesondere lehne die Friedensbewegung die vorgesehene Anschaffung von Kampfflugzeugen vom Typ F35 ab.

 

Die Toten Hosen

10. April 2022

„Die Toten Hosen feiern ihren heutigen 40. Bandgeburtstag mit einem späten, offiziellen Video zu einem ihrer Top-Schlager „Wort zum Sonntag“. Gespickt mit Szenen der Bandgeschichte. Ich mochte den Song immer ganz gerne, auch wenn die Herren mittlerweile soweit von der 60 gar nicht mehr weg sein dürften. 70 ist das neue 60. Und danke für „Opel Gang“! Für mich eins der wichtigsten deutschen Alben überhaupt.“ (Ronny Knaak, @das_kfmw)

Im Dezember 1981 haben wir als Band angefangen miteinander zu proben, der genaue Tag verlor sich im Nebel der Zeit. Deshalb ist das Datum unseres ersten Konzertes am 10.4.1982 im Bremer „Schlachthof“ unser offizieller Bandgeburtstag.

ps
Der Bremer Schlachthof, diese grandiose Location, wo Drummer und Kollege Horst Eckelmann damals seine Hochzeit feierte mit den Gästen wie Frontmann Fritz Griepentrog („Now“) und Kämpfer Egon Brinkmann, den gerade der Krebs zerfressen hat.

Hafenbetriebsgesetz

15. Januar 2022

In dieser Woche hat das Bundesverfassungsgericht ein Bremer Gesetz für nichtig erklärt, mit dem der „Umschlag von Kernbrennstoffen“ in Bremerhaven ausgeschlossen wurde. Das Gesetz hatte vor allem politisch-symbolische Bedeutung. Zwar wurden auf seiner Grundlage eine Handvoll Transporte von Kernbrennstoffen verhindert – aber nur in Bremen. Sie kamen dann über andere Nordseehäfen ins Land.

Die Diskussion über den Hafenumschlag von Kernbrennstoffen hatte 2010 begonnen als die damalige schwarz-gelbe Koalition im Bund ohne Not die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängerte und aus dem 2002 zwischen der Schröder/Fischer-Bundesregierung und den Stromkonzernen ausgehandelten und vereinbarten Atomausstieg ihrerseits ausstieg. In der Bremer Bürgerschaft forderten damals die Regierungsfraktionen SPD und Grüne den Senat auf, gegen diese kurzsichtige Politik ein Zeichen zu setzen. Die bremischen Häfen sollten für den Transport von Kernbrennstoffen gesperrt werden.

Zwei Jahre später, 2012, wurde dann tatsächlich das „Bremische Hafenbetriebsgesetz“ ergänzt. „Im Interesse einer grundsätzlich auf Nach­haltigkeit und erneuerbare Energien ausgerichteten Gesamtwirtschaft“ wurde die Verschiffung von Kernbrennstoffen ausgeschlossen.

Die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke war zu diesem Zeitpunkt wegen der Katastrophe von Fukushima allerdings längst vom Tisch, nun ging es um einen beschleunigten Atomausstieg – und doch blieb die Hafenklausel ein wichtiges Symbol.

Diese Symbolgesetzgebung hat das Bundesverfassungsgericht jetzt für verfassungswidrig erklärt. Das Bundesland Bremen habe damit seine Gesetzgebungskompetenz überschritten. Bremen habe keine Gesetzgebungskompetenz gehabt. Denn der Bundestag habe im Atomgesetz bereits die grundsätzliche Zulässigkeit von Atomtransporten beschlossen. Raum für abweichende Landesgesetze sahen das Verfassungsgericht nicht. Der Karlsruher Beschluss kam übrigens mit sechs zu zwei Richterstimmen zustande. Sondervoten wurden keine geschrieben. Rechtsmittel sind nicht mehr möglich.

So weit, so nachvollziehbar. Weshalb ich darüber schreibe?

Gegen das Verschiffungsverbot war die Atomwirtschaft vorgegangen. Sie hat(te) Angst, dass das Bremer Beispiel Schule machen könnte; immerhin gibt es längst auch in Hamburg eine Bürgerinitiative, die für das Hamburger Tor zur Welt dasselbe Ziel hat.  Drei Unternehmen hatten zunächst vergeblich den Bremer Staatsgerichtshof, das Verfassungsgericht des Landes, angerufen, der sich aber vor acht Jahren für unzuständig erklärte (Urt. v. 12.04.2013, Az. St 1/12). Dann beantragten sie beim Bremer Senat Ausnahmegenehmigungen. As sie diese nicht bekamen, zogen sie vor Gericht. Das Bremer Verwaltungsgericht hatte das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob der betreffende § 2 Abs. 3 BremHafenbetrG mit Art. 71, Art. 73 Abs. 1 Nr. 14 GG und dem „Grundsatz der Bundestreue“ unvereinbar sei. Am Ende steht der jetzt bekannt gewordene Beschluss vom 07. Dezember 2021 (Az. 2 BvL 2/15; mehr)

Eines der drei klagenden Unternehmen war der Brennelementehersteller Acvanced Nuclear Fuels „aus Lingen im Emsland“ (taz). Ganz und gar nicht symbolisch rückt damit eine unverantwortbare Industrie unsere Stadt einmal mehr in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. So viel Wasserstoff kann gar nicht produziert werden, wie nötig ist, den so entstehenden Misskredit auszugleichen.


Quellen: LTO, NOZ, taz, PM,

Freispruch

30. Mai 2021

Vor drei Jahren war der sogenannte Bremer Bamf-Skandal das große Thema. Befeuert von schrägen Informationen für Journalisten durch eine gesprächige Staatsanwaltschaft (mehr…) kam es zu einem Wust von Vorwürfen gegen die damalige Leiterin der Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Jetzt sind die Strafverfahren gegen die damals Verdächtigten zu Ende. 121 Fälle waren angeklagt, 14 blieben zunächst übrig, das Verfahren gegen die Bamf-Chefin wurde eingestellt  und es hat in allen asylrechtlichen Vorwürfen Freisprüche gegeben.

In Hildesheim auf der Straße wird Rechtsanwalt Irfan Çakar noch manchmal beschimpft, seit es im Frühjahr 2018 so richtig losgegangen war mit dem vermeintlichen Bamf-Skandal. Angesichts dessen wirken die Sicherheitsvorkehrungen fast ein wenig lax: Die wenigen  Journalist*innen, die zum Abschluss in das Bremer Konzerthaus Glocke gekommen sind, werden am Donnerstag einfach durchgewunken. Kein Detektor, kein Ausweis, hoch in den Kammermusiksaal.

Dort hat das Landgericht am vergangenen Donnerstag das Urteil im Prozess um vermeintliche Missstände an der Bremer Außenstelle des Bundesamtes für ­Migration und Flüchtlinge (Bamf) verkündet. Zusammengefasst lautet es: Es hat sie nicht gegeben.

In allen aufs Asylrecht bezogenen Anklagepunkten gegen ihn – nur sieben von 78 hatte das Gericht als halbwegs begründet überhaupt zur Verhandlung zugelassen – ist Irfan Çakar freigesprochen worden. In keinem dieser Fälle war es der Staatsanwaltschaft gelungen, auch nur annähernd einen Beweis für ihre Unterstellungen zu erbringen.

Und nach der Beweisaufnahme scheint klar: Eine reguläre Ermittlungsarbeit hätte den Verdacht auch ausräumen können. Mittlerweile wird gegen die Ermittler selbst ermittelt. Nur als er der Bremer Bamf-Leiterin Ulrike B. irgendwann im Jahr 2015 angeboten hatte, die Kosten für ihre zwei Hotelübernachtungen à 65 Euro in Hildesheim zu übernehmen, hat es Irfan Çakar mit der Kontaktpflege im Engagement für seine Man­da­t*in­nen etwas übertrieben. Das Verfahren gegen die 61-Jährige war am 20. April gegen eine empfindliche Geldbuße eingestellt worden

Von einer „Grauzone“ hatte auch Çakars Anwalt wegen der teils privaten, teils beruflichen Kontakte der beiden gesprochen. Die Kammer habe in der Gesamtschau eine Unrechtsvereinbarung erkannt, erläuterte die Vorsitzende Richterin Maike Wilkens. Warum man den 42-jährigen Juristen zu einer Gesamtstrafe von 60 Tagessätzen à 100 Euro verurteilt: Für eine wohlwollende Behandlung seiner Anträge gebe es ja Indizien. Vorteilsannahme und -gewährung heißen die Delikte.

Tatsächlich hatte sich der Hildesheimer Jurist selbst belastet, indem er Ulrike B. als seine Mentorin in Asylrechtsfragen bezeichnete. „Ich habe viel von ihr gelernt“, hatte er noch in seinem Schlusswort als Angeklagter betont. Wilkens sah darin den Ausdruck „einer unguten Vermischung von privater und beruflicher Beziehung“. Die Verurteilung bleibe…

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Skandal, vermeintlich

16. April 2021

Großes Theater für Kleinkram, titelt aktuell die taz und berichtet über ein Strafverfahren vor dem Bremrr Landgericht. Das verhandelt im Konzertsaal vüber die Reste des sog. Bamf-Skandals. Zwei Angeklagten werden 22 Vorwürfe zur Last gelegt:

„Gerade einmal fünf Zu­schaue­r*in­nen verteilten sich gestern zum Prozessauftakt auf die 1.400 Plätze, als die Hauptverhandlung im so genannten Bamf-Verfahren begann. Er soll den vermeintlichen Skandal um die Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge aufklären. Sitzungsort ist, coronabedingt, „Die Glocke“. Das ist das Bremer Konzerthaus, ein Meisterwerk expressionistischer Architektur.
Auf dem Podest, wo sonst die Philharmoniker Gustav Mahlers Sinfonien 1 bis 10 aufführen, sitzen nun, den Rücken zum Publikum, die beiden Angeklagten Ulrike Bremermann und Irfan Çakar und ihre drei Verteidiger*innen. Im Hintergrund – wo die Kesselpauke steht – hat die Große Strafkammer Platz genommen. Und verhandelt nun Kleinigkeiten. „Vergehen“ heißt es selbst in der Anklage der Staatsanwaltschaft Bremen und nicht etwa Verbrechen. „Wir sitzen hier wegen Vorwürfen“, fasst die Vorsitzende Richterin Maike Wilkens zusammen, „die in den Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts fallen.“
Das ist der Stoff, mit dem das Hamburger Nachrichtenmagazin Der Spiegel zwischen April und September 2018 fast 20 Druckseiten befüllt und wohl auch eine ausländerfeindliche Stimmung geschürt hatte. Polizei und Staatsanwaltschaft Bremen ermittelten, unterstützt von Leuten aus der Nürnberger Bamf-Zentrale, wegen des Verdachts auf insgesamt 16.000 Straftaten. Ulrike Bremermann seit deren Gründung Leiterin der Bamf-Außenstelle, hätte massenhaft falsche Asylbescheide erstellt, hieß es damals.

Spiegel-Leser wissen immer noch nix
Zusammen mit Irfan Çakar, Asylrechtsanwalt in Hildesheim und Angehöriger der jesidischen Gemeinde, hätte sie die Dienststelle, die als ihr Lebenswerk gelten kann, zu einem Schlupfloch gemacht. Bis heute hat das Magazin seine Print­le­se­r*in­nen nicht darüber informiert, dass sich von den damals erhobenen Vorwürfen nichts hat substanziieren lassen. Denn auch…“

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Na klar doch!

24. Januar 2021

(Quellen: taz; CDU Bremen/Facebook)

Fest im Blick

13. Dezember 2020

Der heutige Fahrplanwechsel der DB zeigt, was ein One-Summer-Wonder bleiben dürfte: Die direkte ICE-Verbindung von Bayern nach Ostfriesland und zurück. Die ohnehin nur an rund einem Dutzend Wochenenden im vergangenen Sommer angebotenen ICE der Deutschen Bahn München – Norddeich und Würzburg-Emden wird es wohl nicht wieder geben. Offiziell heißt es zwar, die Deutsche Bahn halte sich die Entscheidung offen. In Wahrheit nennt die Bahn aber nur Gründe, die das Ende der Verbindungen ankündigen.

Gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte eine Sprecherin der Deutschen Bahn etwas, das wir längst wussten: „Die Verbindung war sehr kurzfristig an einzelnen Wochentagen – ab München an Freitagen, Samstagen und Sonntagen, ab Norddeich an Samstagen, Sonntagen und Montagen – für die Zeit von Anfang Juli bis Ende September realisiert worden, um den während der Corona-Pandemie zunehmenden innerdeutschen Tourismus zu unterstützen“.

Das letzte ICE-Zugpaar München-Norddeich verkehrte am Wochenende 19./20. September. Für das Emsland brachte die Verbindung zwar etwas Prestige, war aber nicht wirklich attraktiv.  Denn in Lingen (Ems) hielt der ICE nur in nördlicher Richtung und rauschte auf seinem Weg nach Bayern ohne Stopp durch den Lingener Bahnhof.  Nach Norden nutzten ab Lingen natürlich nur wenige Fahrgäste den zuschlagpflichtigen ICE, weil selbst die Westfalenbahn in diese Richtung ähnlich schnell unterwegs war.

Insgesamt sei, ergänzte die DB-Sprecherin, diese zusätzliche Reiseverbindung von den Fahrgästen „im Vergleich zum Gesamtnetz auch eher unterdurchschnittlich“ genutzt worden. „Vor allem die neu angebotenen Direktverbindungen, beispielsweise München-Norddeich oder auch Würzburg-Emden, wurden nur in geringem Umfang nachgefragt. Die deutliche Mehrheit der Kunden von und nach Norddeich kam aus Nordrhein-Westfalen.“

Vor dem Hintergrund des derzeit nicht abschätzbaren Pandemiegeschehens und der damit verbundenen Entwicklung des Reise- und Urlaubsverhaltens sei eine mögliche Weiterführung der neuen Verbindung zur Urlaubssaison im kommenden Jahr noch offen. „Zum Buchungsstart des neuen Jahresfahrplanes 2021 seit Mitte Oktober ist die Direktverbindung aus Bayern deshalb nicht buchbar. Nach wie vor behält die DB Fernverkehr aber auch für die nächste Sommersaison den Ausbau der bestehenden, zahlreichen Verbindungen in die touristischen Regionen an Nord- und Ostsee beziehungsweise in die Berge fest im Blick“, so die Sprecherin in feinstem PR-Deutsch.

Trotz Corona-bedingt schwächerer Reisendenzahlen halte die Deutsche Bahn ihr Fernverkehrsangebot für die Region „aber weitestgehend aufrecht“ und weite es teilweise sogar aus, ergänzte die Sprecherin. So erfolgten auf der Intercity-Linie Köln–Münster–Emden/Norddeich Mole mehrere bislang nur in der Sommersaison angebotene IC-Fahrten am Wochenende neu ganzjährig, also auch in den Wintermonaten. Dies betreffe zum Beispiel die Fahrten samstags nach Emden (Ankunft Außenhafen um 12:16 Uhr sowie Ankunft Emden Hbf 21:25 Uhr) und zum Fähranleger Norddeich Mole (Ankunft 10:16 und 14:59 Uhr).

Auch retour führen, so die Sprecherin, mehr Züge, zum Beispiel ab Emden samstags 13:26 Uhr (Außenhafen) und sonntags 8:33 Uhr (Emden Hbf) nach Köln oder ab Norddeich Mole samstags um 17:58 Uhr nach Köln. Insgesamt sei die Region an Ems und Vechte durch die zweistündliche Linie Norddeich Mole/Emden-Münster-Düsseldorf-Köln/Koblenz gut angebunden .

Daneben verwies die Bahn-Sprecherin auf die ebenfalls zweistündliche Verbindung Norddeich Mole/Emden-Oldenburg-Bremen-Hannover-Leipzig. Die aber fährt für Emsländer*innen in  Richtung Osten nur ab Leer und hat alles andere als einen optimalen Anschluss aus dem Emsland; wer einmal 40 Minuten im zugigen Bahnhof Leer (oder gar 60 Minuten in der Gegenrichtung) warten musste, weiß das. Der Frühzug nach Bremen verlässt Leer außerdem um 4.41 Uhr und damit glatt 2 Stunden bevor der erste Zug (der täglich spät startenden Westfalenbahn) aus dem Emsland in Leer eintrifft. Emsländer erreichen Bremen daher auf dieser Strecke erst frühestens um 8.15 Uhr (und das in drei Stunden auf dem Weg über Rheine und Osnabrück).

Grund ist natürlich auch die unzureichende, weil einspurige Streckenführung nördlich Dörpen und die sich daraus häufig ergebenden Fahrzeitverzögerungen. Auch allen den Zug zum Flug nutzenden Emsländer*innen bleibt weiterhin das große Ärgernis, auf dem Weg zum Flughafen Düsseldorf in 26 Minuten vier mal wie ein Regionalexpress zu stoppen und dann sechs Minuten später stets in Duisburg umsteigen zu müssen.

Noch ein Hinweis aus Lingener Sicht: Weder die Direktverbindung Lingen-Osnabrück noch die Aufnahme des Bahnhofs Lingen in das im Werden befindliche Münsteraner S-Bahn-Netz findet statt, obwohl damit eine deutliche Verbesserung (Behördendeutsch „Attraktivierung“) der Zugverbindung nach (und von!) Münster und Osnabrück verbunden wäre.

Leider sind die im Emsland Verantwortlichen der CDU-Mehrheits nur zu 95% auf Auto geeicht und haben an einem besseren Zugverkehr kein Interesse.

Hinweis:
Über die kleinen, nicht nur unproblematischen Änderungen, die der heutige Fahrplanwechsel sonst noch mit sich gebracht hat, vermittelt die Website des Fahrgastverbandes proBahn einen freundliche Übersicht…

 

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Quellen: NOZ, pro Bahn, bahn.de

Macht Gesetze

17. Oktober 2020

Wir erleben ihn gerade in der Corona-Krise: Den Unterschied zwischen Gesetzen und Verordnungen und Erlassen: Gesetze werden vom Parlament, der Legislative, gemacht. Eine Verordnung aber wird durch die ausführende Gewalt, durch die Verwaltung erlassen. Ein Erlass wird vom Minister oder der Ministerin ausgegeben und regelt innerhalb seines/ihres Verwaltungsbereichs eine bestimmte Frage, ist nur für die Verwaltung verbindlich und hat daher keine direkte Wirkung nach außen; der Minister/die Ministerin schreibt den Bediensteten vor, wie sie bestimmte Probleme zu regeln haben.

Die Unterschied sind keine Haarspalterei. Der ehemalige Vorsitzende des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier erklärte im Frühjahr gegenüber tagesschau.de, dass es sich „bei Rechtsverordnungen um untergesetzliche Normen handelt, über die ein Parlament grundsätzlich nicht abstimmen muss“. Das gilt umso mehr für Erlasse.

Der Unterschied ist folglich bedeutsam. Gesetze legen fest, was passieren soll, Verordnungen legen fest wie Gesetze umgesetzt werden sollen, Erlasse sind nur interne Regeln.

Deshalb kontrolliert die sog. Dritte Gewalt, die Judikative, ob die Verordnung sich an Gesetz und Verfassung hält und ob Verfügungen von Behörden gelten, die sich auf interne Erlasse stützen. Das wiederum führt gerade zu zahlreichen Corona-Gerichtsentscheidungen, die unterschiedlich ausfallen, weil auch die Richter:innen unterschiedlich sind, die sie fassen. Bei Gesetzen übrigens ist die gerichtliche Kontrolle den Verfassungsgerichten vorbehalten.

Weshalb ich darüber schreibe? Es gibt Neues aus Bremen zu berichten. Der für Inneres zuständige Senator in dem Bundesland hatte -bundesweit beachtet- vor einem Monat als erste Landesbehörde in Deutschland die Verwendung der sog. Reichskriegsflagge verboten. Aber nur durch Erlass. Dafür gab es gute Gründe: Die schwarz-weiß-rote Reichskriegsflaggen gelten überall als Erkennungszeichen von Rechtsextremen und anderen Nazis. Die, namentlich die verfassungsfeindliche NPD, fühlte sich ertappt und wollte daher in Bremerhaven mit einer Kundgebung gegen das Verbot protestieren. Für diese Kundgebung schrieb die Bremerhavener Verwaltung das per Erlass verfügte Verbot der Reichskriegsflagge in die Durchführungsvorgaben … und fiel damit bei der ersten Anwendung gleich auf die Nase:

Denn die NPD darf bei der für heute angemeldeten Kundgebung entgegen dem „verordneten“ allgemeinen Verbot der Bremer Innenbehörde Reichsflaggen und Reichskriegsflaggen zeigen. Das Bremer Verwaltungsgericht gab gestern am Freitag einem Eilantrag der Neonazis statt, die sich damit gegen eine Auflage für ihre angemeldete zweistündige Versammlung gewehrt hatten. Die Versammlungsbehörde hatte darin das Zeigen der verbotenen Flaggen auf der Versammlung untersagt.

Aus Sicht der Verwaltungsrichter wird die „öffentliche Ordnung“ (ein besonders schillernder, überflüssiger Rechtsbegriff, übrigens)  durch das Zeigen dieser,  strafrechtlich nicht verbotenen Flaggen während der Kundgebung nicht gefährdet, hieß es erläuternd in einer Pressemitteilung des Gerichts. Im konkreten Einzelfall rechtfertige die Art und Weise der Durchführung der Versammlung nicht, das vom Grundrecht  der Meinungsfreiheit erlaubte Zeigen dieser Flaggen zu verbieten.

Die Stadt Bremerhaven hatte am Freitag zwar noch gegen diese Entscheidung beim Oberverwaltungsgericht Bremen (OVG) Beschwerde eingelegt, die das OVG aber noch am Freitagabend mit Verweis auf die im Grundgesetz verankerte Meinungsfreiheit zurückwies. Es lägen zudem keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Versammlung mit einem aggressiven provokativen und die Bürger einschüchternden Verhalten einhergehen werde, so das OVG. Der Erlass des Innensenators habe zudem keine Gesetzesqualität.

Die Innenbehörde hatte in ihrem Verbotserlass vom September die Verwendung der Symbolflaggen in der Öffentlichkeit als „nachhaltige Beeinträchtigung der Voraussetzungen für ein geordnetes staatsbürgerliches Zusammenleben und damit eine „Gefahr für die öffentliche Ordnung“ (s.o.) gewertet. Dass dies viel Symbolpolitik und damit nur ein zahnloser Tiger sein würde, war absehbar. Mit einem Erlass kann nämlich ein allgemein gültiges, fundamentales Grundrecht nicht beendet werden. Wenn man also die Reichskriegsflagge dauerhaft wegen der damit einhergehenden Neonazi-Symbol verbieten will, braucht es dafür zumindest ein vom Parlament beschlossenes Strafgesetz, das der Bund erlassen muss, weil er für das Strafrecht zuständig ist. (VG Bremen: Aktz. 5 V 221/20)

Nachsatz:
Die Parlamente sehr viel stärker in die Corona-Regelungen einzubinden und Gesetze zu verabschieden, die dann bspw. Beherbergungsverbote oder Sperrstunden gesetzlich regeln könnten, ist nicht nur eine Frage der Durchsetzbarkeit sondern auch grundsätzlicher demokratischer Anforderungen und vor allem des Selbstverständnisses unserer Landesparlamente. Die lasse nach meinem Eindruck ihren Ministerialverwaltungen in diesen C-Zeiten viel zu viel, d.h. bisher eigentlich alles durchgehen.

Also: Macht Gesetze, werte Abgeordnete!

als Einziger

31. Mai 2020

Seit gut zwei Wochen dürfen Menschen in Bremer Pflegeheimen wieder Besuch empfangen. Die Bedingungen dafür sind allerdings eng umrissen: Ein Besuch ist nur einmal in der Woche möglich, für 45 Minuten. Dabei kann nicht mal die Tochter, mal der Sohn und dann ein Freund vorbeikommen: „Ein Wechsel der Bezugsperson ist nicht zulässig“, heißt es in der Coronaverordnung. Die Familie muss sich einigen, wer als Einziger Mutter oder Vater, Großmutter oder Onkel besuchen darf.

Zu eng finden manche diese Bedingungen. „Welch ein unlogischer Irrsinn angesichts der Öffnungen bezüglich Reisefreiheit ins europäische Ausland und privater Zusammenkünfte“, schreibt eine taz-Leserin, deren Mutter in einer Einrichtung lebt. Auch die Caritas und die Sozialbehörde berichten von Beschwerden der Angehörigen. „Jetzt, wo überall gelockert wird, sind die Regeln schwerer zu vermitteln“, so Martina kleine Bornhorst vom Vorstand der Caritas.

Tatsächlich hatte die Sozialbehörde Anfang Mai weitergehende Ideen: Ein bis zwei Stunden am Tag müsse Besuch möglich sein, von unterschiedlichen Personen. Diese Lockerungen waren bereits als Verhandlungsgrundlage für eine Senatssitzung angekündigt – doch nicht mit den Trägern der Heime abgesprochen. Die beschwerten sich: Mit derart vielen Besuchen seien die Einrichtungen überfordert. Schließlich einigten sich Behörde und Vertreter der Heime auf die nun geltenden Einschränkungen.

Für Reinhard Leopold von der Angehörigen-Vertretung „Heim-Mitwirkung“ richten die Regeln größeren Schaden an, als sie verhindern. „Die Lebenszeit der Menschen in den Heimen ist sehr begrenzt“, sagt er. „Wenn ich so wenige Besuche zulasse, geht der letzte Lebensmut verloren.“

Für Sterbende gelten…

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Es war 1977, als eine Gruppe junger Frauen aus Bremen in die Niederlande fuhr. Ihr Ziel: Eine Tagesklinik, in der Frauen Schwangerschaften abbrechen, ambulant, mit örtlicher Betäubung. „Wir wollten herausfinden, wie es die Holländer machten“, erzählt Hanna Staud-Hupke, eine der Frauen von damals. „In Deutschland wurden die Frauen ja diskriminiert. Sie mussten mehrere Tage ins Krankenhaus, es gab immer eine Vollnarkose und sie wurden nicht gut behandelt.“ Auch hätten die deutschen Ärzt*innen die Gebärmutter ausgeschabt, anstatt die schonendere Absaugmethode zu verwenden.

50.000 bis 60.000 Frauen sollen in den 70er Jahren nach Schätzungen jährlich zum Abbruch in die Niederlande gereist sein. Offizielle Zahlen des niederländischen Gesundheitsministeriums gibt es erst seit 1980, da waren es noch 26.200.

Vier Jahre zuvor hatte der Bundestag nach heftigen Auseinandersetzungen die Neufassung des Strafrechtsparagrafen 218 verabschiedet. Danach waren Abtreibungen verboten, wurden aber nicht bestraft, wenn die Frau sich hatte beraten lassen und ein Arzt oder eine Ärztin ihr eine Notlage bescheinigt hatte. Dies wurde Indikationslösung genannt. Zuvor hatte die SPD-FDP-Koalition im April 1974 eine Fristenregelung verabschiedet, nach der der Abbruch in den ersten drei Monaten ohne Angaben von Gründen straffrei blieb, eine Zwangsberatung sah das Gesetzt aber auch vor. Das Bundesverfassungsgericht kassierte das Gesetz im Februar 1975.

Die Bremer*innen veröffentlichten 1978 ein Buch über ihre Reise unter dem Titel „Wir wollen nicht mehr nach Holland fahren“ – und machten sich daran, in Bremen die erste Tagesklinik für Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland zu eröffnen, nach holländischem Vorbild. Am Mittwoch begeht das Medizinische Zentrum sein 40-jähriges Jubiläum.

Träger des Zentrums war damals wie heute der 1969 gegründete Landesverband von Pro Familia, Hanna Staud-Hupke leitete ihn von 1980 bis 2005. Pro Familia berät…

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⇒ Und im Emsland und der Grafschaft Bentheim? „Das Emsland war schon immer katholisch“, sagt Anne Coßmann-Wübbel. Die Diplom-Sozialpädagogin arbeitet in Lingen in der Schwangeren- und Schwangerenkonfliktberatung des Diakonischen Werks. Das Emsland ist katholisch, und die Krankenhäuser des Emslands sind es auch. Schwangerschaftsabbrüche werden hier nicht durchgeführt. Bis 2007 konnten Frauen, die ungewollt schwanger geworden waren, für eine Abtreibung noch in das kommunale Krankenhaus nach Nordhorn fahren, doch 2007 fusionierte es mit einer katholischen Klinik zur Euregio-Klinik Grafschaft Bentheim. „Die meisten Frauen fahren jetzt nach Osnabrück, Oldenburg oder Bremen“, sagt Anne Coßmann-Wübbel. Auch nach Leer oder in die Niederlanden weichen einige Betroffene aus. Je nach Wohnort müssen die Frauen Strecken von 80 bis 150 Kilometer auf sich nehmen.

(Quellen: taz/noz)