Am 27. Januar 2024 jährt sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee zum 79. Mal. Seit 1996 ist der 27. Januar Gedenktag für alle Opfer des Nationalsozialismus, seit 2005 auch internationaler Gedenktag der Vereinten Nationen. Viele Gruppen, Kommunen, Kirchengemeinden, Bildungseinrichtungen etc. halten mit ihren Veranstaltungen die Erinnerung an die Gräueltaten der Nazizeit wach, gedenken der Opfer und appellieren an Toleranz und Solidarität in unserer Gesellschaft und im internationalen Zusammenleben. 

In vielen Städten und Orten im deutschen Nordwesten finden Veranstaltungen zum 27. Januar statt;  die genauen Termine dafür sind der Tagespresse und lokalen Medien zu entnehmen. Hier finden sich die Gedenkveranstaltungen in und um das Emsland:

Lingen 
– Mahnwache am Hist. Rathaus Lingen (Ems) zum Gedenktag, Samstag, 27. Januar um 18 Uhr.

Theater an der Wilhelmshöhe, Willy-Brandt-Ring 44, Altonaer Theater: „Die Reise der Verlorenen“, Samstag, 27. Januar um 20 Uhr: 1939 hatten fast 1000 jüdische Menschen aus Nazideutschland ein Visum für Kuba. Sie reisten mit der „St. Louis“. Angekommen, verweigerte Kuba die Aufnahme. Das Schiff musste nach Hamburg zurückkehren. Schauspiel von Daniel Kehlmann. Auch Max Frank aus Lingen war auf der St. Louis. Näheres und Tickets unter: https://s.et4.de/d9lMd

Osnabrück 
Ökumenischer Gedenkgottesdienst für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft – mit der Heilpädagogischen Hilfe Osnabrück, Kirchengemeinde, Caritas, Diakonie & anderen. St. Marien (am Markt), Samstag, 27. Januar, 9.30 Uhr. 

Führung über den Heger Friedhof zum Holocaust-Gedenktag, Samstag, 27. Januar, Treffpunkt um 11 Uhr – Große Kapelle, Rheiner Landstraße 168 in Osnabrück. Dauer: ca. 90 Minuten, Veranstalter: #spurensuche_osnabrueck. 

Gottesdienstgestaltung zum 27. Januar, Kleine Kirche (neben d. Dom), am Samstag, 27. Januar um 18.15 Uhr. Die liturgische Leitung hat Domkapitular Theo Paul, vorbereitet vom Pax Christi Regionalverband Osnabrück-Hamburg. 

„Annelies“ – Oratorium von James Whitbourn über Anne Frank, Samstag, 27. Januar um 19.30 im Dom zu Osnabrück. Karten (online): www.dommusik-os.de 

Gedenkveranstaltung und Kranzniederlegung, Sonntag, 28. Januar um 11.30 Uhr, Gedenktafel unter den Arkaden der Stadtbibliothek am Markt, mit OBin Pötter u. Landrätin Kebschull. Totenklage/Gebet: Kantor Baruch Chauskin u. Mario Franz. 


Georgsmarienhütte
 
Gedenkgottesdienst für die Opfer des Holocaust, Mittwoch, 31. Januar um 18 Uhr in der Krypta der Heilig-Geist-Kirche, Overbergstraße 12, 49124 GM.-Hütte – Oesede. – Die Krypta mahnt aus der NS-Zeit zu lernen und sich für Frieden und Gerechtigkeit einzusetzen. 


Leer
 
Gottesdienst für die Opfer des Nationalsozialismus, Samstag, am 27. Januar um 19.30 Uhr in der kath. Kirche St. Michael, Kirchstraße 27, 26789 Leer, gestaltet von der ACK Leer. 


Bunde
(Ostfriesland)
Zentraler Rheiderländer Gottesdienst zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, Sonntag, 28. Januar um 10 Uhr, Ev.-ref. Kirche, Bahnhofstraße 3, 26831 Bunde. Vorbereitung: Arbeitskreis 27. Januar.

 

Esterwegen 
Eröffnung der Wanderausstellung „Unterwegs mit Felix Nussbaum“ am Sonntag, 28. Januar um 15 Uhr, in der Gedenkstätte Esterwegen, Hinterm Busch 1, 26897 Esterwegen. Die interessierte Öffentlichkeit ist herzlich eingeladen. Die Ausstellung ist voraussichtlich bis zum 31. März zu sehen. Der Eintritt ist frei. 


Papenburg
 
Die VHS Papenburg lädt ein, Sonntag, 21. Januar zum Vortrag: „Als Kolpingbruder im KZ Esterwegen 1935 – Heinrich Kroes aus Werne“. Zeit: 15 – 17.15 Uhr. Referenten: Michael Kroes u. Kurt Buck. Ort: Hauptkanal rechts 72, 26871 Papenburg. Einlass ab 14.30 Uhr. – Beitrag: € 10,-. U.A.w.g. 04961/922317


Freren

Ausstellungseröffnung „Der gelbe Stern“ am 27. Januar um 17 Uhr. Bilder und Texte zum Leben und zur Verfolgung jüdischer Menschen in Deutschland von 1900 bis 1945. Veranstalter: Kulturkreis Impulse, Bahnhofstr. 79, 49832 Freren.  


Nordhorn

Die Gedenkveranstaltung
am Samstag, 27. Januar um 17 Uhr, Luth. Gemeindehaus und Schwarzer Garten, gestaltet von SchülerInnen der Ludwig-Povel-Oberschule mit Theresa Sperling (Poetry-Slam-Meisterin 2023) und Bürgermeister Thomas Berling, anschließend Kranzniederlegung. 


Bersenbrück
 
Die Gedenkveranstaltung der Samtgemeinde Bersenbrück zum 27. Januar findet statt am Freitag, 26. Januar um 12 Uhr in der Gemeinde Gehrde auf dem Gelände der Grundschule (Schulhof 6, 49496 Gehrde). Erinnert wird an den in Gehrde geborenen Hermann van Pels. Er gehörte zu den Untergetauchten im Versteck in Amsterdam, die in Anne Franks Tagebuch erwähnt werden. Vorbereitet vom Arbeitskreis Geschichte der Juden in der Samtgemeinde Bersenbrück.

 

Ankum 
Das Hermann-Ehlers-Bildungsforum Weser-Ems veranstaltet zum Holocaust-Gedenktag – Denktag 2024 – eine Klangkunstperformance mit der Schauspielerin, Autorin und Theatermacherin Anja Bilabel, musikalisch begleitet von Hanne Feldhaus. Zeit: 24. Januar, 19 – 21 Uhr, Ort: See- und Sporthotel Ankum, Tütinger Str. 28, 49477 Ankum.
Näheres: 0441- 2051 799-1. 

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Seitenblick nach
Berlin
 
Die Gedenkstunde zum 27. Januar im Deutschen Bundestag wird am Mittwoch, 31. Januar um 10 Uhr (Ende: 11 Uhr) im Plenarsaal stattfinden. Als Gastredner sprechen die Holocaust-Überlebende Eva Szepesi und der Sportjounalist Marcel Reif. Näheres: 

https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2024/kw05-gedenktag-985648 

-> Übertragung im Parlamentsfernsehen und in den Medien.

An der Jugendbegegnung nehmen wieder Jugendliche teil, die sich für eine lebendige Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus einsetzen. 

Am Mittwoch, 31. Januar, wird im Paul-Löbe-Haus des Deutschen Bundestages siw Ausstellung  „85 Jahre – Kindertransport nach Großbritannien“ eröffnet, die bis zum 23. Februar 2024 – nach Anmeldung – besucht werden kann. Näheres unter: 

https://www.bundestag.de/ausstellung-85-jahre-kindertransport 


Danke für die Zusammenstellung an Anne-Dore Jakob, Berlin
Foto: Stolperstein Max Frank Gmbo 2013, Creative-Commons-Lizenz „CC0 1.0 Verzicht auf das Copyright“

Transparenz abgeschafft

13. Januar 2024

In Berlin führt die Polizei täglich sog. Funkzellenabfragen durch und sammelt so alljährlich 100 Millionen Datensätze. Piraten und Grüne haben einst für Transparenz gesorgt. Linke und CDU haben diese Transparenz-Initiative wieder abgeschafft.

Die Berliner Landesregierung beendet diese beiden wichtigen Projekte, die Betroffene und Öffentlichkeit über Funkzellenabfragen informieren. In der letzten Legislaturperiode hat die Regierung dem Parlament detaillierte Statistiken geliefert und ein System zur Benachrichtigung Betroffener installiert. Die neuen Regierungen haben beide Projekte eingestampft.

Bei einer Funkzellenabfrage fragen Polizei und Justiz bei Mobilfunknetzbetreibern nach allen Handys, die sich in einem bestimmten Zeitraum in einem bestimmten Gebiet aufgehalten haben. Die Unternehmen übergeben Datensätze mit allen Verbindungsdaten bestimmter Funkzellen. Ermittlungsbehörden rastern und durchsuchen die Datenberge nach Verdächtigen. Statistisch gesehen landet jeder Einwohner alle paar Tage in einer Datenbank bei der Polizei.

Routinemaßnahme, die regelmäßig Gesetze verletzt

Anfang 2012 haben wir enthüllt, wie die Berliner Polizei Funkzellenabfragen einsetzt. Daraufhin hat der Berliner Datenschutzbeauftragte die Praxis geprüft und jede Menge Fehler und Rechtsbrüche festgestellt. Er bezeichnete die Überwachungs-Praxis als Routinemaßnahme, die regelmäßig Gesetze verletzt.

Eins der Probleme: Betroffene von Überwachung müssen laut Gesetz darüber informiert werden, doch das ist nie passiert. Die Ermittler behaupteten, sie haben keine Anschrift der Betroffenen, also können sie keinen Brief schicken. Dabei haben sie die Handynummer, könnten also anrufen oder eine SMS schicken.

Das Parlament hat diese Idee 2014 übernommen. Die Abgeordneten forderten die Regierung auf, ein Projekt zur Benachrichtigung per SMS umzusetzen und regelmäßige Statistiken zu Funkzellenabfragen zu liefern. Die Initiative kam von den Piraten, aber letztlich stimmten auch die Abgeordneten der damaligen Regierungskoalition aus SPD und CDU zu. Doch ihre Regierung hat wenig umgesetzt.

Transparenz-System entwickelt und umgesetzt

Nach der Wahl 2016 übernahmen SPD, Linke und Grüne die Landesregierung. Der Grüne Dirk Behrendt wurde Justizsenator. Diese Regierung lieferte ab 2017 jedes Jahr die angeforderte Statistik. So wurde bekannt, dass die Polizei in Berlin pro Jahr über 500 Funkzellenabfragen durchführt und dabei über 100 Millionen Datensätze erhält.

Ein Jahr später startete die Regierung das Funkzellenabfragen-Transparenz-System. Auf der Webseite fts.berlin.de konnte man mit Handynummer registrieren, um per SMS über Funkzellenabfragen informiert zu werden. Ende 2021 informierte das System die ersten Betroffenen.

Die Senatsverwaltung für Justiz verantwortet und betreibt das Transparenz-System. Ulf Buermeyer, der auch für netzpolitik.org schreibt, hat die IT des Systems entwickelt. Sie besteht aus virtuellen Linux-Maschinen und zwei SIM-Karten mit SMS-Flatrate und kostete weniger als 50.000 Euro. Die Hardware steht in Räumlichkeiten der Justizverwaltung und wird von ihrer IT-Stelle bereitgestellt.

Benachrichtigung eingeführt und abgeschaltet

Nach der Wahl 2021 endete die Transparenz. Zwar blieben mit SPD, Grüne und Linke zunächst dieselben Parteien in der Regierung. Doch die Linke Lena Kreck wurde neue Justizsenatorin und ließ das Thema schleifen.

Ein halbes Jahr nach ihrem Amtsantritt hörte das System auf zu funktionieren, die Webseite war nicht mehr erreichbar und SMS wurden nicht mehr verschickt. Die Senatsverwaltung sagt auf Anfrage: „Hinweise auf Funktionsstörungen des FTS einschließlich der Nichterreichbarkeit des Registrierungsservices gingen ab Juni 2022 ein. Ein exaktes Datum, ab wann der Service grundsätzlich nicht mehr erreichbar war, ist nicht rekonstruierbar.“ Dieser Zustand hält bis heute an.

Nach Informationen aus dem Umfeld des Justizsenats wäre es relativ einfach, das existierende System zu reparieren. Doch die Regierung will nicht.

Infrastruktur kaputt und Geld gestrichen

Nach der Wiederholungswahl vor einem Jahr übernahmen CDU und SPD die Regierung. Die CDU machte die ehemalige Vizepräsidentin des Bundesverfassungsschutzes Felor Badenberg zur Justizsenatorin. Sie machte  Dirk Feuerberg zum Staatssekretär, er war vorher Leitender Oberstaatsanwalt und lehnt Transparenz über Funkzellenabfragen ab. Der neue Senat reparierte das Transparenz-System nicht, bis heute ist die Funktionalität des FTS [weiterhin] gestört“.

Die Justizverwaltung begründet die Probleme offiziell mit Zuständigkeit und Geld. Der Justizsenat hat zwei IT-Referate in unterschiedlichen Abteilungen. Die wollen das Transparenz-System nicht weiter betreiben, sondern an das öffentliche IT-Dienstleistungszentrum übergeben. Das ITDZ will das existierende System jedoch nicht. Wenn, dann würden sie es neu entwickeln. Dafür wollen sie aber eine halbe Million Euro – das Zehnfache.

Offiziell fühlt sich niemand für das Transparenz-System verantwortlich. Der Justizsenat will das existierende System nicht reparieren und weiterbetreiben, sondern abgeben. Das IT-Dienstleistungszentrum will das System nicht haben, weil sie kein Geld dafür haben. Inoffiziell will der Justizsenat keine Transparenz über Funkzellenabfragen.

Im Oktober hat das Abgeordnetenhaus mit den Stimmen von CDU und SPD das Geld für den Betrieb des Systems vollständig gestrichen. Damit werden Betroffene nicht mehr informiert, obwohl das gesetzlich vorgeschrieben ist.

Statistik für Parlament eingestellt

Darüber hinaus hat die Regierung auch aufgehört, Parlament und Öffentlichkeit über die Zahl der Funkzellenabfragen und übermittelten Datensätze zu informieren. Das hatte das Abgeordnetenhaus vor zwei Wahlperioden per Beschluss eingefordert. Umgesetzt hat das aber nur der Grüne Justizsenator Behrendt in der darauf folgenden Wahlperiode.

In der aktuellen Wahlperiode hat die Linke Justizsenatorin Kreck aufgehört, die jährlichen Statistiken zu erstellen. Die Wissenschaftlichen Dienste haben im Auftrag der Linksfraktion ein Gutachten erstellt. Demnach muss die Regierung Beschlüsse des Parlaments nach Ende der Wahlperiode nicht mehr umsetzen.

Die Regierung könnte die Statistiken weiterhin freiwillig liefern. Doch das wollte weder die Linke Kreck noch die ehemalige Geheimdienstlerin Badenberg der CDU. Obwohl sogar ein CDU-Abgeordneter danach fragte. Die Transparenz ist vorbei. Die Funkzellenabfragen gehen weiter.


Brandenburger Tor. Foto von Suesan via Pixabay
Text: Andre Meister, Netzpolitik.org, Creative Commons BY-NC-SA 4.0.

#WeStandWithIsrael/5

28. Oktober 2023

Anlässlich der Terror­akte der Hamas in Israel zeigt das Jüdi­sche Museum Berlin (JM) online und vor Ort in der Eric F. Ross-Galerie die 2014 entstandene Video­arbeit בחזרה על מחזה החזיונות (Rehear­sing the Spec­tacle of Spectres/Mit der Rück­kehr zum Drama seiner Visionen) der in Berlin leben­den israeli­schen Künst­ler Nir Evron und Omer Krieger. Im Zen­trum des 2014 ent­stan­denen Werks steht der Kibbuz Be’eri – eine der am schwer­sten von den Attacken des 7. Oktobers be­troffenen israeli­schen Ge­mein­schaften an der Grenze zu Gaza.

Über den inzwischen beim Angriff auf Israel verwüsteten Kibbuz Beeri will das JM Trauer und Verbundenheit mit den Opfern zeigen. »Wir wollten auf die Situation mit den Mitteln eines Museums reagieren«, sagte JM-Direktorin Hetty Berg. Die Videoarbeit biete einen Raum zum Innehalten und für Reflexion. »Gleichzeitig wollen wir dem Terror und den Morden etwas entgegensetzen: Wir zeigen das Leben in Kibbuz Beeri, bevor es zerstört worden ist, ein Kibbuz, in dem Kunst geschaffen wurde. Wir wollen die Erinnerung an das Leben dort vor dem Angriff bewahren.«

Das Video befasst sich mit dem Gedanken des Kollektiven des 1946 gegründeten Kibbuz – also einer jener ländlichen Siedlungen mit kollektiver Wirtschaft und Lebensweise in Israel. Kameraaufnahmen von Außen- und Innenräumen des Kibbuz zeigen öffentliche Versammlungsstätten, die dem Kollektiven einen Raum geben. Dazwischen sind Bewohnerinnen und Bewohner in Porträtaufnahmen zu sehen, die teilweise mehrfach überblendet das Gedicht rezitieren. Textzeilen und Video drehen sich um Wehmut über das angestrebte, aber nicht immer erreichte harmonische Miteinander.

Das Video beginnt und endet mit Luft­auf­nahmen der geo­grafi­schen Ein­bettung des Kibbuz, in dessen Nach­bar­schaft Gaza liegt. In dieser von poli­tischen Spannungen geprägten Region haben sich zahl­reiche Friedens­aktivist*innen aus Be’eri für ein Mit­einander aller ein­gesetzt. Auch sie sind unter den Opfern des aktuellen brutalen Terror­aktes. Medien sprechen von mehr als 100 Ermor­deten und einer unbe­stimmten Zahl an Ver­schleppten.

Hagay Avni ז״ל‎, einer der Mit­wirken­den des Films und Mitglied der Ver­teidi­gungs­ein­heit des Kibbuz, ist im Kampf gegen die Hamas ge­fallen. Das Ehe­paar Eldan hat den Angriff hoch­betagt über­lebt. Vor zehn Jahren schrieb Anadad Eldan ein Trauer­ge­dicht an­läss­lich des Todes seiner Tochter, an das seine Frau Sari in diesen Tagen öffent­lich erinnert:

עַל קִירוֹת בְּאֵרִי

עַל קִירוֹת בְּאֵרִי כָּתַבְתִּי קוֹרוֹתֶיהָ
מִמְּקוֹרוֹת וּמַעֲמַקִּים קְרוּעֵי קֹר
עֵת קָרְאוּ אֶת הַקּוֹרֶה בַּכְּאֵב וְאוֹרוֹתֶיהָ
נָפְלוּ לַעֲרָפֶל וַאֲפִלַּת לַיְלָה וִילָלָה כְּמָקוֹר
לַתְּפִלָּה כִּי נָפְלוּ יְלָדֶיהָ וְדֶלֶת נְעוּלָה
לְרַחֲמֵי שָׁמַיִם נוֹשְׁמִים שְׁמָמָה וּשְׁכוֹל
הוֹרִים לְלֹא רַחֲמִים מִי יְנַחֵם כִּי קְלָלָה
לוֹחֶשֶׁת אַל טַל וּמָטָר וּמֻתָּר לִבְכּוֹת לְמִי שֶׁיָּכוֹל
יֵשׁ שָׁעָה רוֹחֶשֶׁת חֹשֶׁךְ אַךְ יֵשׁ שַׁחַר וְהִלָּהּ

Auf Be’eris Mauern [Auf den Mauern meines Brunnens]

Auf Be’eris Mauern schrieb ich ihre Geschichte
Aus den von Kälte zerrissenen Ursprüngen und Tiefen
Nun lest das Geschehene im Schmerz und in ihrem Lichte
Fallt in den Nebel und in die Dunkelheit der Nacht und in den Urschrei
Zum Gebet denn ihre Kinder sind gefallen und die Tür ist verschlossen
Vor der Gnade des Himmels atmen sie Einöde und Trauer
Wer tröstet Eltern ohne Erbarmen denn es ist ein Fluch
Der flüstert weder Tau noch Regen soll auf Euch fallen und es darf weinen wer kann
Es gibt eine Stunde voller Finsternis, dennoch gibt es Morgen­dämmerung und einen hellen Schein


בחזרה על מחזה החזיונות
(Rehearsing the Spectacle of Spectres/Mit der Rück­kehr zum Drama seiner Visionen)
Nir Evron, Omer Krieger
2014, HD Video mit Stereosound, 10 Min., Hebräisch mit deutschen und eng­lischen Unter­titeln

In Auftrag gegeben von der Kibbuz Be’eri Galerie
Gedicht von Anadad Eldan, deutsche Übersetzung: Jan Kühne, englische Übersetzung: Robert Whitehill-Bashan
Mitwirkende: Hagay Avni ז״ל, Carmit Dvori, Anadad Eldan, Marcel Visel, Asaf Weiss, Ziva Yellin
Kinematographie: Yair Agmon
Tongestaltung: Binya Reches
Digitales Compositing: Ido Shor

Hamburg ist schon weiter…

17. September 2023

In zwei Jahren wollen in Niedersachsen die Evangelische und die Katholische Kirche  ihren Religionsunterricht zusammenlegen. Hamburg ist schon weiter. Die taz informiert:

„Evangelische Religion, katholische, islamische oder Werte und Normen? Vor dieser Entscheidung stehen Schüler*innen, nicht nur in Niedersachsen. Hier sollen soll ab dem Schuljahr 2025/26 jedoch nicht mehr evangelische und katholische Religion getrennt unterrichtet, sondern christlicher Religionsunterricht angeboten werden. Das wollen die beiden großen Kirchen.

Der Unterricht bleibe dabei ein konfessioneller, „aber auf einer gemeinsamen christlichen Grundlage“, erklärt Kerstin Gäfgen-Track. Sie ist Oberlandeskirchenrätin und Bevollmächtigte der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen. Ein Grund dafür sei die „ökumenische Einsicht, dass die christlichen Kirchen gerade im Schulbereich anstehende Herausforderungen und Aufgaben gemeinsam wahrnehmen sollten“. Der neue Unterricht lasse das „ökumenische Miteinander auch in der Schule erkennbar werden“, schreibt auch ein Sprecher des Katholischen Büros Niedersachsen.

Mit dem Vorschlag kann laut Gäfgen-Track Leh­re­r*in­nen „eine bessere Unterstützung angeboten werden, indem die Kerncurricula angepasst werden und bereits in der Ausbildung und bei der Bereitstellung von Lehrbüchern und Unterrichtsmaterial die ökumenische Perspektive einbezogen wird“.

Zudem werde der Unterricht für Schü­le­r*in­nen ohne Konfessionszugehörigkeit attraktiver sein als das Angebot getrennten Unterrichts. „Denn in diesem Fall wird den Schüler*in­nen eine Vorentscheidung für eine der Konfessionen abverlangt, bevor sie im Religionsunterricht Kriterien für ihre Entscheidung kennenlernen können“, sagt Gäfgen-Track.

Die Gespräche dazu, auch mit Ex­per­t*in­nen außerhalb der Kirchen, laufen bereits seit zehn Jahren. „Der…“

[weiter bei der taz]


Bild: Die Bibel,  Bild von Jörg Sabel auf Pixabay

Umweltverbände jubeln.

23. Juli 2023

Die egalitäre Kraft der Stadtnatur:
Freiheit, Gleichheit, Löwenzahn!


Ein neues EU-Gesetz könnte verbieten, dass mehr Flächen in Städten zubetoniert werden. Denn urbanes Grün ist kein Bullerbü-Projekt. Es rettet Leben.

Die Welt wird besser! Oder wenigstens darf sie stückchenweise nicht schlechter werden. Denn auf das „Erfordernis der Nichtverschlechterung“ hat sich das EU-Parlament mit dem Renaturierungsgesetz geeinigt. Mitgliedstaaten verpflichten sich, die Zerstörung der innereuropäischen Meeres- und Landflächen aufzuhalten und stattdessen hart an ihrer Wiederherstellung zu arbeiten. Flussläufe sollen befreit, Vogel- und Insektenbestände geschützt und Torfmoore wieder durchnässt werden. Umweltverbände jubeln.

Weniger Aufmerksamkeit bekam der Umstand, dass sogar Städte ihre eigenen Schutzvorgaben bekommen. Bis 2030 dürfen dort netto keine Grünflächen mehr abgebaut werden – wird also an einer Stelle ein Grasstreifen bebaut, muss an anderer Stelle ein Parkplatz zur Wiese werden.

Nach 2030 soll der Grünanteil dann nicht nur gleich bleiben, sondern sogar wachsen. Wenn die EU-Gremien die Details festzurren und die Verordnung damit in Kraft tritt, ist sie ein Durchbruch. Auch auf sozialer Ebene. Die Entscheidung, wie viel Grün es in einer Stadt gibt, ist nämlich keine ästhetische Frage für die Unser-Dorf-soll-schöner-werden-Fraktion. Stadtnatur hat eine egalitäre Kraft. Sie ist ein machtvoller Nachteilsausgleich, von der besonders arme Be­woh­ne­r*in­nen profitieren.

Grün macht gesünder

Dass Städte auf Dauer mehr statt weniger Natur brauchen, ist bislang kein Konsens in der deutschen Verkehrs- und Städteplanung. Dabei bestätigen ganze Studienberge die Vorteile: Mehr mentale Gesundheit, dafür weniger Asthma, Frühgeburten und Herzerkrankungen. Fast alles, was uns umbringt, wird durch städtische Grünanlagen weniger.

Trotzdem sind die verbliebenen Grünflächen in deutschen Städten hart umkämpft: Von Osnabrücks grünen Fingern bis zu Berlins einstigem Flughafen Tempelhof – immer wieder kursieren Bebauungspläne für Parks. In München wurde der Erhalt der letzten Grünflächen gerade mit einem Bürgerbegehren erstritten. In der Stadt sind allein die Verkehrsflächen seit den 1990ern um mehr als 20 Prozent gewachsen.

Wer versucht…

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Cash

4. Juni 2023

Morgen beginnt in Berlin die diesjährige re:publica-Konferenz. An drei Tagen wird eine Vielzahl netzpolitischer Themen unter dem Motto „CASH“ diskutiert -in der Arena Berlin, dem Festsaal Kreuzberg und vielen anderen Locations in Berlin. Netzpolitik.org hat jetzt einen kleinen Ausblick auf das Programm zusammengestellt.

Die re:publica ist weiterhin die größte Konferenz für die digitale Gesellschaft in Europa. Unter dem Motto „CASH“ geht es dieses Jahr darum, wie Geld die Gesellschaft und das Klima beeinflusst. Aber auch Themen wie Datenschutz, digitales Recht und KI sind wie gewohnt in vielen Veranstaltungen vertreten.

Wie in den letzten Jahren werden Aufzeichnungen der Bühnen-Vorträge im Anschluss hochgeladen. Nicht online zu bekommen sind hingegen die Expo, Kunstinstallationen, Workshops und das Networking mit Gleichgesinnten.

Wir haben eine Auswahl einiger netzpolitisch relevanter Veranstaltungen hier zusammengetragen. Bei manchen davon sind auch Autor:innen von netzpolitik.org als Sprecher:innen oder Moderation beteiligt. Dies ist natürlich nur ein Bruchteil der Vorträge und Diskussionen, die vollständige Liste findet ihr in der Programmübersicht.

Montag, 5. Juni 2023

11:15 – 12:15 Meredith Whittaker: AI, Privacy, and the Surveillance Business Model“

13:45 – 14:30 Markus Beckedahl: „Ein besseres Internet ist immer noch möglich“

13:45 – 14:45 Thuy Nga Trinh und Alvar Freude: „Informationeller Kapitalismus: Das Milliardengeschäft mit Daten und Datenschutz als Digitalisierungsschutz“

13:45 – 14:45 Workshop mit Julia Meisner und Linda Schwarz: „Ethische KI – aber wie?“

13:45 – 15:15 Tutorial mit Juliane Chakrabarti, Julia Bauer und Christina Hübers: „Weiblich gelesen und im Netz bedroht – Selbstschutz, digitale Zivilcourage und Moderation für ein Netz ohne Hass“

15:00 – 16:00 Björn Ommer: Generative KI – schöne neue Welt?“

16:15 – 17:15 Ulf Buermeyer und Marina Weisband: Zwischen DSA und Digitalem Gewaltschutzgesetz, oder: Was Betroffene von digitaler Gewalt (bislang nicht) bekommen“

17:30 – 18:30 Panel-Diskussion mit Julia Hildebrand, Philip Banse, Ingo Dachwitz und Linda Rath: „Am Tropf der Plattformen – Wie sieht ein werteorientiertes Tech-Stack aus?“

18:00 – 18:30 Helene Hahn und Bijan Moini: „Und täglich grüßt das Murmeltier: Wie der Deutsche Bundestag systematisch die Verfassung verletzt – am Beispiel des BND-Gesetzes“

18:00 – 18:30 Malte Engeler: „Was würde Karl Marx zur Datenschutz-Grundverordnung sagen?“

18:45 – 19:15 Jan Rau und Josefa Francke: „Rechtsextremismus im Internet. Was wissen wir und was können wir tun?“

 

Dienstag, 6. Juni 2023

10:00 – 10:30 Leonhard Dobusch: „Neues aus dem ZDF Verwaltungsrat“

10:00 – 11:00 Meetup mit Julia Kloiber und Geraldine de Bastion: „Forderungen für eine digital-souveräne Gesellschaft“

10:30 – 11:00 Sina Laubenstein und Benjamin Lück: „5 Schritte zur gerichtlich angeordneten Accountsperre für Betroffene digitaler Gewalt“

11:00 – 12:00 Panel-Diskussion mit Christiane Rohleder, Dirk Freytag, Lina Ehrig, Mario Martini und Ingo Dachwitz: „Einwilligung als „Cash“ Online-Design zwischen Dark Patterns und Verbraucherorientierung“

11:15 – 11:45 Constanze Kurz: „Ausmaß der Enthüllungen: 10 Jahre Snowden“

13:45 – 14:15 Konversation zwischen Markus Beckedahl und Volker Wissing: „Wie gehts der Digitalstrategie?“

13:45 – 14:45 Panel-Diskussion mit Lea Beckmann, Matthias Monroy, Milena Zajovic und Andreas Grünewald: „Tracked, read out, destroyed: smartphones of people on the move in the focus of state authorities“

16:45 – 17:15 Julian Jaursch: „Deutschland sucht den „Digital Services Coordinator“: Wie eine starke Plattformaufsicht aussehen sollte“

17:30 – 18:30 Elina “khaleesi” Eickstädt und Erik Tuchtfeld: „Wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten: Jahr 1 der politischen Diskussion um die Chatkontrolle“

18:45 – 19:15 Julia Kloiber und Daniel Motaung: „Content Moderation: Exploitation as a Service“

20:00 – 20:30 Sebastian Meineck: „Anonyme Pornos in Gefahr: Was Pornoseiten aus kleinen Nackt-Communitys lernen können“

 

Mittwoch, 7. Juni 2023

10:00 – 11:00 Panel-Diskussion mit Lea Frühwirth, Rita Jonušaitė, Heather Dannyelle Thompson und Cathleen Berger: „Going forward disinformation will have a price tag, or: What the EU’s Digital Services Act will bring“

11:15 – 11:45 Barbara Wimmer: „9,99 Euro für magische Wichs-Avatare“

11:15 – 12:15 Panel-Diskussion mit Theresa Züger, Aline Blankertz, Chris Piallat und Ingo Dachwitz: „Public interest on my mind. Gemeinwohl für die digitale Gesellschaft“

11:45 – 12:15 Christina Dinar und Fabian Wiedel: „Digital Streetwork – endlich eine Lösung für viele Social-Media-Probleme?“

13:45 – 14:45 Panel-Diskussion mit Misbah Khan, Anna Kassautzki, Bianca Herlo und Elisa Lindinger: Today is gonna be the day: Auf dem Weg zu einer feministischen Digitalpolitik“

15:00 – 15:30 Daniel Thilo Schroeder, Stefan Brenner: Die 5G-Apokalypse: Blick auf ein Digital Wildfire und seine Entstehung“

15:30 – 16:00 Kai Dittmann und Sylvia Hartmann: „Weltrettung 2.0: Was wir vom Klimaschutz für die Grundrechte in der digitalen Welt lernen können“

16:15 – 17:15 Miro Dittrich und Josef Holnburger: „Where’s the Money at? Über welche Wege sich Verschwörungsideolog:innen und Rechtsextreme finanzieren.“

16:15 – 17:15 Panel-Diskussion mit Roos Hopman, Franziska Peter, Nora Sagel, Judith Faßbender und Freia Kuper: Data Care – Who is cleaning, sorting and maintaining data?“

16:45 – 17:15 Panel-Diskussion mit Sandra Wachter, Philipp Hacker und Matthias Spielkamp: „ChatGPT & Co – gepimpte Auto-Vervollständigung oder Code Red für die Gesellschaft?“

17:30 – 18:00 Vanessa Beule und Arne Orgassa: „Polarisierung überwinden: Warum es öffentlich-rechtliche Algorithmen braucht – konkurrenzfähig und Open Source“

Tickets für die re:publica sind noch verfügbar. Ein Ticket ohne Ermäßigung für die drei Tage kostet 299 Euro. Außerdem ist Berlin ja ziemlich weit. Aber das Programm auf der Hauptbühne (Stage 1) wird darüber hinaus kostenlos auf der Website sowie auf YouTube live gestreamt.

 


ein netzpolitik.org-Beitrag Creative Commons BY-NC-SA 4.0.

Polizeigewalt

22. April 2023

Neues Video: „kein probates Mittel“…

Polizeigewalt in Berlin gegen Klima-Aktivisten der Last Generation

Peter Eisenman

12. August 2022

Zum 90. Geburtstag von
Peter Eisenman

„Das Holocaust-Mahnmal in Berlin gehört zu jenen Orten der Hauptstadt, die man gesehen haben muss – der Erinnerung wegen, aber sicherlich auch als Kunstwerk. Mit seinen 2.700 zwar streng gereihten, jedoch in der Höhe variierenden Quadern bleibt der Eindruck unvergesslich. Das Hauptwerk des amerikanischen Architekten Peter Eisenman kann bis heute wütende Debatten über den Sinn und Nicht-Sinn von Architektur und öffentlicher Kunst auslösen, über die Frage, was Würde bedeutet: Dürfen Kinder zwischen diesen Stelen Versteck spielen? Gar von einer zur anderen springen? Eisenman war da immer denkbar offen, sah und sieht wohl den Umgang mit dieser Riesenanlage als Teil des Kunstwerks, als Teil der Architektur. So wie er auch alle Assoziationen und Interpretationen zuließ: Jüdischer Friedhof in Prag, jungsteinzeitliches Megalithfeld, Soldatenfriedhof, abstraktes Spiel mit Licht und Schatten…

Gestern wurde Peter Eisenman 90 Jahre alt….“

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Text: von Nikolaus Bernau
Foto: Holocaust-Mahnmal Berlin, von K. Weisser CC BY-SA 2.0 de via wikipedia.org

Rathenau

24. Juni 2022

Heute vor 100 Jahren, am 24. Juni 1922, wurde Walther Rathenau, Reichsaußenminister der Weimarer Republik, auf offener Straße in Berlin-Grunewald ermordet. Kein anderes Ereignis hat die erste deutsche Republik stärker erschüttert als die Serie von Anschlägen von 1921/1922, die gegen Rathenau und den früheren Reichsfinanzminister Matthias Erzberger, gegen den ersten deutschen Ministerpräsidenten Philipp Scheidemann und schließlich auch gegen den Publizisten Maximilian Harden verübt wurden.

Am 21. August 1921 erschossen zwei  Rechtsextremisten den früheren Finanzminister Matthias Erzberger bei einem Spaziergang. Sein angebliches „Verbrechen“? Erzberger hatte am 11. November 1918 den Waffenstillstand mit den deutschen Kriegsgegnern unterzeichnet.

Im Juni dann wollten rechte Attentäter Philipp Scheidemann mittels Blausäure umbringen. Nur weil er sich mit einer Waffe wehrte, blieb der sozialdemokratische Politiker verschont. Der Grund für das Attentat: Scheidemann hatte am 9. November 1918 die deutsche Republik ausgerufen.

Erzberger, Scheidemann und schließlich Rathenau: Bei jeder dieser Taten zeichneten Mitglieder der Geheimorganisation „Consul“ verantwortlich. Die rechte Terrorgruppe war von Hermann Ehrhardt begründet worden, früher Offizier der Kaiserlichen Marine, der bereits 1920 die Demokratie im sogenannten Kapp-Putsch hatte beseitigen wollen. Vergeblich, anschließend verlegten sich Ehrhardt und Kumpanen auf Attentate. 

Das Mordopfer, der  1867 geborene Rathenau war ein Mann mit vielen Begabungen. Als Industrieller arbeitete er daran, die von seinem Vater begründete Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) zu einem Wirtschaftsgiganten zu formen. In philosophischen Schriften reflektierte er über Menschheit und Kultur. Daneben war er Liberaler und Nationalist zugleich. Letzteres bewegte ihn seit Kriegsbeginn 1914 dazu, sein Organisationstalent in den Dienst der deutschen Kriegswirtschaft zu stellen.
Walther Rathenau wurde nach der Niederlage Deutschlands im 1. Weltkrieg zum bemerkenswerten Streiter für die Weimarer Demokratie.  „Knallt ab den Walther Rathenau, die gottverfluchte Judensau“ – mit diesem Reim hatten vor dem Mordanschlag zuvor Rechtsextremisten und Demokratiefeinde in ganz Deutschland den Tod des Außenministers herbeigebrüllt. Warum? Weil Rathenau für das stand, was sie verachteten: die Weimarer Republik. Der schon von den Zeitgenossen verdächtigten rechten Täterorganisation „Consul“ konnte und wollte die auf dem rechten Auge blinde deutsche Justiz keine Schuld nachweisen. Tatsächlich hatte „O.C.“ aber alle Fäden in der Hand gehabt. Ihre Mitglieder Erwin Kern, 23, Student, und der 26jährige Maschinenbauingenieur Hermann Fischer führten den Mord an Walther Rathenau gemeinsam aus.
Als deutschem Juden war Rathenau der antisemitische Hass aller Rechten sicher.
Deutschlands Niederlage im Ersten Weltkrieg 1918, der als Demütigung empfundene Friedensvertrag von Versailles ein Jahr später – in der verqueren Weltsicht der Rechten waren Juden an allem schuld. Es ist tragisch, dass Rathenaus Mörder in ihrem verblendetem Hass ausgerechnet den Mann umbrachten, der Deutschlands größte Hoffnung hätte sein können.

„Auch heute ist es wichtig“, sagte am Abend der ehemalige und letzte Außenminister der DDR Markus Meckel, „Walther Rathenau in Erinnerung zu halten.“ Und er setzte hinzu: „Auch heute steht der Feind unserer Demokratie rechts.“
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Foto oben: Walter Rathenau 1921, Bundesarchiv, Bild 183-L40010 / CC-BY-SA 3.0
Foto unten: Gedenkstein für Walther Rathenau, Berlin Königsallee/Erdener Straße von Peter KuleyEigenes Werk BCC BY-SA 3.0
Text. SPON, t-online, FR,

re:publica 22

7. Juni 2022

Re:publica – das Festival für die digitale Gesellschaft ist zurück! Die re:publica ist die deutsche Konferenz rund um das Web 2.0, speziell Weblogs, soziale Medien und die digitale Gesellschaft. Die Konferenz beginnt am morgigen Mittwoch in Berlin.  Eine neue Location auf dem Gelände der Arena Berlin und dem Festsaal Kreuzberg verspricht nach drei Jahren Online-Konferenz den echten Neustart. Direkt an der Spree, im Herzen von Berlin, bietet das weitläufige Areal ganz viel Raum für In- und Outdoor-Bühnen, Flächen für Workshops, Makerspaces, Kunstaktionen, Musik, aber natürlich auch für Austausch und Begegnungen.

Wer schon einmal die re:publica besucht hat, weiß, dass sie stets mit dem munteren  gemeinsamen Singen von Queens „Bohemian Rhapsody “ endet. „Any Way the Wind Blows“ ist die letzte Zeile dieses Songs, und es waren also auch die letzten Worte, die im vorpandemischen Miteinander der re:publica 2019 fielen. Als Motto für die erste re:publica „in real life“ nach drei Jahren Trennung soll dieser Faden nun symbolisch wieder aufgegriffen werden. Das Motto der Konferenz mag dabei eher schräg sein, denn Winde aus wechselnden Richtungen mögen zwar am Ende des Queensongs angesagt sein, aber bei einem „Festival für die digitale Gesellschaft“ passt das nicht so wirklich.

Trotzdem darf man sich von der Veranstaltung einnehmen und überraschen lassen, die 2007 als Blogger-Lesung in einer Kalkscheune begann. Noch besteht auch das Prinzip Hoffnung, dass Bundeskanzler Olaf Scholz zum Neustart der re:publica im Gespräch mit RTL-Moderatorin Linda Zervakis nicht nur über das Großthema Digitalisierung sondern überhaupt klare Worte findet, was das Gewinnen betrifft. Obwohl, alles scheint da längst getaktet und präzise vorbereitet. „Nie wieder Krieg“ – der Auftritt von Tocotronic wird im Jahr des Krieges gegen die Ukraine den Schlusspunkt unter die re:publica 2022 setzen, wie Markus Beckedahl als Mitgründer der Berliner Veranstaltung vergangene Woche sagte. Bundeskanzler Olaf Scholz wird die re:publica übrigens am zweiten Tag besuchen.

Ein Schwerpunkt der Konferenz sind die Nachhaltigkeit und der Klimawandel. Darüber wird nicht nur geredet, das lebt die re:publica  auch vor. Pappe und Holz werden die bestimmenden Werkstoffe sein, auf Fleisch wird beim Catering komplett verzichtet und auch beim Merchandising setzt die Veranstaltung auf Nachhaltigkeit.

Ein weiterer Schwerpunkt beschäftigt sich mit den Medien. Von Desinformation und Hass im Netz über Begrenzung der Macht großer Tech-Konzerne bis hin zu einem „Media Parcours“ reicht die Bandbreite. Am Tag vor dem offiziellen Beginn läuft der ZDF-Thriller „Der Schwarm“ nach dem Roman von Frank Schätzing als Preview.

Die Eröffnungs-Keynote hält die Transformationsforscherin Maja Göpel, die Philosophin Carolin Emcke diskutiert mit Klimaökonom Ottmar Edenhofer. Weitere Sprecher sind unter anderem die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim, die Virologin und stellvertretende Vorsitzende des Corona-ExpertInnenrats der Bundesregierung Melanie Brinkmann, Klima-Aktivistin Luisa Neubauer, Social-Media-Star El Hotzo und der Physiker James Beachem, der sonst auf TikTok über Schwarze Löcher spricht.

Neu ist in diesem Jahr die Veranstaltung .txt am vierten Tag. Es geht wohl  darum, wieder mehr über das geschriebene Wort zu reden, erklärte Johnny Haeusler. Darin steckt ein „Zurück zu den Anfängen“ und damit zu den Jahren, als die re:publica noch als Familientreffen der Blogger-Szene galt,  wobei das geschriebene Wort im positiven Sinne ebenso als Vorbereitung für aktuelle Podcasts benötigt werde. Mehr…


Quellen: WWWW, Tagesspiegel