Wahlkampfauftakt

25. April 2024

Am 9. Juni ist Europawahl.

Im Emsland nichts Neues

23. April 2024

Nach der Elsa-Studie gehört Niedersachsen zum Mittelfeld bei der Versorgung von Schwangerschaftsabbrüchen. Doch manche Regionen stehen schlechter da. Prägnant titelt die taz: Im Emsland nichts Neues. Sie berichtet:

„Als vor einer Woche die Ergebnisse der Elsa-Studie zu Schwangerschaftsabbrüchen in einem sechsstündigen Video-Meeting vorgestellt wurden, saß Dagmar Wölk-Eilers zu Hause im Emsland vor dem Monitor, als eine von Hunderten Zuschauenden. Sie hörte, was sie seit über 20 Jahren weiß, seitdem sie Frauen berät, die eine Schwangerschaft abbrechen wollen: dass es in ihrer Region weit und breit keine Praxis, keine Klinik gibt, die ihnen hilft.

Das hatte sie vor sieben Jahren bereits der taz erzählt, als diese als bundesweit erstes Medium über die Versorgungslücken beim Schwangerschaftsabbruch in Deutschland berichtet hatte. Die sind nicht nur in Südostbayern besonders groß, wie es jetzt oft in Medienberichten heißt, sondern auch im Westen Niedersachsens. Je nachdem, wo sie wohnen, müssen Frauen dort 100 Kilometer und mehr fahren bis zur nächsten Praxis oder Klinik, die Schwangerschaftsabbrüche durchführt.

Die Frage, wie es die Situation im Sinne der dort lebenden Frauen zu verbessern gedenke, beantwortete Niedersachsens Gesundheitsministerium bis 2021 mit der Formel: „Dem Ministerium liegen keine Informationen über Versorgungslücken im Land Niedersachsen vor.“

Das kann es nun nicht mehr tun. Niedersachsen gehört nach den Ergebnissen der Elsa-Wissenschaftler:innen, die im Auftrag der Bundesregierung erstmals den Versorgungsgrad untersucht haben, zwar zu den sechs Bundesländern im Mittelfeld. Schlechter versorgt sind danach Frauen in Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. In den anderen drei norddeutschen Bundesländern wird der Versorgungsgrad als hoch eingestuft.

Es gibt aber in Niedersachsen mehrere Regionen, in denen die Anfahrtswege mit dem Auto mehr als 40 Minuten betragen. Dieses Kriterium hatten die von der Hochschule Fulda koordinierten Wis­sen­schaft­le­r:in­nen entwickelt und sich dabei an den Vorgaben für die Erreichbarkeit gynäkologischer Praxen orientiert. Der Grund für dieses Vorgehen: Der Gesetzgeber hat die Länder nur verpflichtet, ein ausreichendes Angebot sicherzustellen, ohne „ausreichend“ zu definieren.

Ungleiche Verteilung in Niedersachsen

Mehr als 40 Minuten zur nächsten Praxis oder Klinik fahren ungewollt Schwangere mit Wohnsitz an der Elbemündung, im Wendland, im Harz, an den Küsten und in Westniedersachsen. Die Wis­sen­schaft­le­r:in­nen hatten zusätzlich ausgerechnet, wie viel Prozent der Bevölkerung eines Landkreises in einer solchen besonders schlecht versorgten Region leben. Diese Ergebnisse liegen der taz vor.

Im Emsland sind dies 45,7 Prozent, in der Grafschaft Bent­heim 30,1 Prozent, in Cloppenburg 26,1 Prozent, in Lüchow-Dannenberg 20 Prozent. In allen…“

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Austausch erhofft

1. März 2024

„Osnabrücks Kunstraum „Hase29“ organisiert die Reihe „Israelisch-Palästinensische-Perspektiven“. Die dazugehörige Kunstausstellung ist eher nebensächlich, schreibt Harff-Peter Schönherr in der taz-Nord über den dringend notwendigen Austausch.

„…Die Filme und Fotos sind zwar, für sich genommen, mager. Aber sie spielen hier auch nicht die Hauptrolle. Die fällt dem Veran­stal­tungsprogramm „Israelisch-Palästinensische-Perspektiven“ zu. Das sieht sich als „Zeichen der Solidarität und Verbundenheit“ sowohl mit den israelischen Opfern des Hamas-Terrors vom 7. Oktober 2023 als auch mit den palästinensischen Opfern des Kriegs in Gaza.

Das ist hochpolitisch und ambitioniert. Die Israel/Gaza-Debatte ist voller Fallstricke, voller Verhärtungen, Engstirnigkeiten, Einseitigkeiten. Wer sie so offen führt wie die Hase29, setzt sich dem Risiko der Anfeindung aus. 2021 wurde die Ausstellung „Gender Piracy“ des Kunstraums zum Ziel einer transfeindlichen Spray-Attacke.

Das Programm, als dessen Bühne sich die Ausstellung versteht, reicht vom Konzert bis zur Podiumsdiskussion, vom Vortrag bis zur performativen BürgerInnen-Lesung, zur interreligiösen Führung. Viele Kooperationspartner hat der Kunstraum sich dazu ins Haus geholt, von der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft Osnabrück bis zum European Media Art Festival, von der Kunsthalle Osnabrück bis zum Literaturbüro Westniedersachsen. Auch geskatet wird hier, von Schulklassen, auf der Grundlage der 15 Fotos aus Gaza. Ihr Lernziel: Zu erkennen, dass polarisierte Diskussionen stets ins Leere stoßen.

Anrührend und wissenschaftlich fundiert

Das Programm reicht von jüdischer Musik bis zu palästinensischen Gedichten und ist teils sehr anrührend. So wird hier der Dokumentarfilm „Das Herz von Jenin“ gezeigt, die Geschichte des Palästinensers Ismail Khatib, der die Organe seines von israelischen Soldaten erschossenen Sohnes an israelische Kinder spendete, inklusive Gespräch mit Regisseur Marcus Vetter.

Andererseits ist sie stark wissenschaftlich hinterfangen. Politikwissenschaftler Rüdiger Robert ordnet in seinem Vortrag „Frei zu sein in unserem Land – Israel und Palästina“ die Entstehung des Konflikts zwischen Juden und Muslimen ein, Kunsthistoriker Andreas Mertin spricht zum Thema „Antisemitismus in Kunst und Karikatur“.

Die Schau will ihre Wirkung also nicht aus sich selbst heraus entwickeln, sondern einen Diskursraum öffnen. Wer nur für die Schau selber kommt, erlebt nicht viel. Vor allem keine Kunst. Diese Reizarmut, die fast leere Galerie, ist aber ein Problem. Sie sei kein Mangel, beteuern die Kuratorinnen Jasmina Janoschka und Elisabeth Lumme der taz, sie eröffne Möglichkeiten des Austauschs. Hoffen wir, dass es so ist.“

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Spoiler:

Man erkennt bei solchen Meldungen, wie sehr unsere Stadt Lingen (Ems) längst ganz tiefe Provinz ist, weil -ganz im Gegensatz zu früher- eine derartige Veranstaltungsreihe in unserer Stadt heute undenkbar geworden ist. Weder das früher so engagierte Ludwig-Windthorst-Haus noch das einst gute Gewissen der Stadt, das Forum Juden Christen im Altkreis Lingen eV“, engagiert sich angesichts der schrecklichen Ereignisse im Nahen Osten für Dialog und Austausch.

Doch inzwischen rührt sich anderes: Der Ehrenvorsitzende des Forums Dr. Heribert Lange attestiert angesichts der Entwicklung seiner „Kontakte und des Austauschs mit dem geschäftsführenden(!) Vorstand des Forums Juden-Christen Altkreis Lingen e.V. seit der Jubiläumsfeier im April 2023 bis heute einen überwiegend kontraproduktiven, wenig sachgerechten, aber auch wenig freundlichen, also unerfreulichen Verlauf“. Deshalb hat er Anfang der Woche den ihm verliehenen Titel Ehrenvorsitzender zurückgegeben.

Mein doppeltes Update zur Brennelementefabrik ANF:

Es hat sich angesichts wachsender öffentlicher Kritik an den ANF-Rosatom-Plänen bereits abgezeichnet: Der russische Atomkonzern Rosatom, so die taz, wird wohl nicht in Lingen einsteigen: Die zuständigen Behörden in Niedersachsen und im Bund müssen vielmehr die Genehmigung zum Ausbau der atomaren Brennelemente-Fabrik in der emsländischen Stadt nach Ansicht der Hamburger Rechtsanwältin Michéle John versagen. Bei einem Einstieg Russlands und der beantragten Lizenzproduktion russischer Brennelemente drohten „Spionage, Sabotage und Desinformation“, sagte die auf Verwaltungs- und Atomrecht spezialisierte Juristin am Montag [dieser Woche]. Die innere und äußere Sicherheit Deutschlands würden dadurch bedroht.

Die Lingener Fabrik gehört Advanced Nuclear Fuels (ANF), einer Tochter des französischen Atomkonzerns Framatome. Sie ist, ebenso wie die Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau, vom deutschen Atomausstieg ausgeklammert. Framatome will dort in Lizenz und unter Mitwirkung des russischen Staatsunternehmens Rosatom künftig auch Brennelemente für Reaktoren russischer Bauart produzieren.

Framatome hat dazu mit der Rosatom-Tochter TVEL ein Joint Venture in Frankreich gegründet. Die seit Anfang Januar vom niedersächsischen Umweltministerium ausgelegten Antragsunterlagen für den Ausbau verschweigen nach Angaben von Kritikern allerdings die brisante Rolle des russischen Unternehmens bei dem Vorhaben. Deswegen, so Anwältin John, könne die Genehmigung schon aus formalen Gründen untersagt werden.

Rosatom werde in den Unterlagen „explizit nicht erwähnt“. Die vage Rede sei da nur vom „russischen Lizenzinhaber“ oder „russischem Lizenzgeber“. John zeigte…

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„Moskau im Emsland“ titelte in dieser Woche auch Jonas Waack in DIE ZEIT und hatte neben ordentlicher Skepsis zu den ANF-Plänen eine überraschende Nachricht (leider hinter der Bezahlschranke):

„Die Franzosen hoffen wohl noch aus einem anderen Grund auf die Risikoscheu der Kraftwerksbetreiber. Das will [Geschäftsführer Andreas] Hoff zwar nicht zugeben. Aber er deutet es im Ratssaal von Lingen an, als ein [Umwelt-]]Ausschussmitglied eine Frage stellt. Ob es Wettbewerber auf dem Brennelemente-Markt gebe, will jemand wissen. „Der zweite große Player ist Westinghouse“, antwortet Hoff. Was er verschweigt: Westinghouse, ein US-Unternehmen, stellt bereits Brennelemente für alte Sowjetreaktoren her. Ganz ohne Rosatom.

Wenn sich die europäischen Kraftwerksbetreiber von Russland lösen wollten, ginge das auch heute schon. „Wir haben die Kapazitäten, das Design, die Genehmigungen, die Fabriken, um zu liefern“, sagt Westinghouse-Vizepräsident Aziz Dag der ZEIT. Seine Brennelemente seien auch schon im Einsatz, etwa im ukrainischen Kernkraftwerk Saporischschja. Betrieben wird ausgerechnet das aber gerade von Rosatom: Am 4. März 2022 besetzten russische Truppen das Gelände.“

Wir erinnern uns an die jüngste Ratssitzung unserer Stadt, in der sich das gewählte Gremium am 6. Februar auf Antrag der Grünen mit den Rosatom-Plänen befasste. Wir erkennen gerade, dass die ANF-Befürworter in dieser Sitzung ganz offenbar die Unwahrheit gesagt haben. Sie behaupteten nämlich, nur das russische Rosatom wisse, wie es mit den sechseckigen Brennelementen geht, die Osteuropa für seine Kernkraftwerke russischer Bauart benötige. Das ist offenbar unwahr. Vorn dabei bei dieser schrägen Ablenkung war CDU-Ratsmitglied Günter Reppien, der ehedem im Kernkraftwerk Emsland der RWE beschäftigt war, Gesamtbetriebsratsvorsitzender wurde und bis in den Aufsichtsrat des Stromerzeugers RWE Power AG aufstieg…

#NoAfD

25. Februar 2024

„Im Osnabrücker Restaurant „Pontos Park“ traf sich die #NoAfD. Das führte zu Protesten einer antifaschistischen Kampagne „Kein Stammtisch für die AfD“, die nun die lokale Justiz beschäftigen. Aufmerksamkeit ist gut für ein Restaurant. Beim griechischen Restaurant „Pontos Park“ im niedersächsischen Osnabrück ist es derzeit zu viel: „Die AfD hat hier Stammtische, Info- und Vortragsabende abgehalten“, sagt Markus Löwekamp, Aktivist bei der Osnabrücker antifaschistischen Kampagne „Den Rechten die Räume nehmen“, der taz. „Dem treten wir entgegen.“

Eine Demonstration der Kampagne – ein Bündnis von den Jusos bis zur Grünen Jugend, von den „Omas gegen Rechts“ bis zur antirassistischen Initiative „No Lager“ – hatte Ende Januar auch das „Pontos Park“ zum Ziel. 1.700 Teilnehmer seien ein deutliches Zeichen, findet Löwekamp. „Wer Faschisten reinlässt, muss mit Protest rechnen.“ Ein Gespräch mit dem Wirt Ioannis Bompkof kam nicht zustande. „Erst wollte man sich nur unverbindlich auf einen Kaffee mit uns treffen, wohl um die Sache geräuschlos zu beerdigen“, sagt Löwekamp. „Dann hat man abgelehnt.“ Schon 2018 war bekannt geworden, das die AfD im „Pontos Park“ tagte. Es gab negative Onlinebewertungen, der Druck wurde zu groß: „Die AfD flog offenbar raus“, sagt Löwekamp.

Im Frühjahr 2023 kam sie wieder. „Unser bisheriger Protest“, sagt Löwekamp, „hatte offenbar nicht gereicht.“ Der Widerstand formiert sich erneut. Einen für den 9. August 2023 geplanten Stammtisch im „Pontos Park“ sagt die AfD daraufhin ab. Florian Meyer, Chef ihres Ortsverbands Osnabrück Stadt, schreibt in der Absage, das sei „keine Kapitulation vor vermummten Kleinterroristen, die aus Langeweile andere Menschen tyrannisieren“.

„Gegessen hat der Vorstand der AfD aber trotzdem hier“, sagt Löwekamp, man habe das Treffen beobachtet. Die Kampagne liest im E-Mail-Verteiler der Partei die Kommunikation der Rechten mit.

Der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ), die jüngst schrieb, das Restaurant sei „zu Unrecht unter Verdacht“, mit der AfD zu sympathisieren, die Demo der Kampagne sei „irregeleitet“ gewesen, wirft Löwekamp vor, „tendenziös“ zu sein. Das koste die Kampagne Glaubwürdigkeit.

Wirt Bompkof, von der taz schriftlich mit Fragen konfrontiert, schweigt. Am Telefon sagt er: „Wir haben kein Interesse!“ Gegenüber der NOZ hatte er geredet: Der Raum sei unter einem Privatnamen reserviert worden. Man habe nichts mit der AfD zu tun. Seine Mitarbeiter hätten die Parteisymbole im Tagungsraum nicht erkannt. Im Spätsommer 2023 habe sich dann ein AfD-Anhänger beim Bezahlen an der Theke „verplappert“. Dem habe er gesagt: „Bei uns nicht mehr!“…“

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Ein taz-Beitrag von Harff-Peter Schönherr

Leonce und Lena

18. Februar 2024

Zwischen Satire, Gesellschaftsdrama und Coming-of-Age Story oszilliert des 188 Jahre alten Klassikers Leonce und Lena von Georg Büchner, dessen Figuren in ihrer Melancholie und Rebellionslust auch in unserer Gegenwart einen Platz finden. Osnabrück sieht eine grandiose Inszenierung von Katharina Schmidt und Roman Konieczny.

Hier die taz-Kritik von Katrin Ullmann:  „Die Osnabrücker Inszenierung von Büchners Lustspiel vertauscht die Texte der beiden Hauptfiguren. Das eröffnet den Spielraum für eine grandiose Lena.

Leonce und Lena hinterm Steuer

Lena hält das Steuer, Leonce ist ängstlicher Beifahrer auf dem Trip nach Italien Foto: (c) Theater Osnabrück

Selten war Langeweile so schön: Ein Mix aus Kirsch-Lolli und Techno-Beats, Bubble-Tea-Bechern und Glitzerkonfetti. Georg Büchners Lena, im Theater Osnabrück eine überdrehte Rave-Luxusgöre von Prinzessin, hat schließlich alles, womit sie sich die Zeit vertreiben kann. Doch so richtig spaßig ist ihr Leben nicht: Ideen- und Antriebslosigkeit sind ihre Paten, Melancholie und Rebellionslust deren Schatten.

Als Topping aller Genervtheit soll Lena – so will es ihr wunderbar schluffig regierender Vater (Ronald Funke) – mit Prinz Leonce (Raphael Akeel) verheiratet werden. Und so vergeht in der„Leonce und Lena“-Inszenierung von Katharina Schmidt und Roman Konieczny eine zwar hübsche, aber auch sehr bildhaft zerdehnte Stunde, bis die Protagonistin nach Italien abhauen darf. Denn eine arrangierte Ehe kommt bei aller Trägheit überhaupt nicht in Frage. Dann doch lieber mal raus aus dem gähnenden Räkel-Dasein auf einen Roadtrip, den sie mehr aus Versehen antritt – mit ihrem geduldigen Diener Valerio (großartig: Oliver Meskendahl) samt zerknitterter Landkarte auf dem Beifahrersitz. Moment, Lenas Diener Valerio? Gehört der in Georg Büchners Lustspiel von 1836 nicht eigentlich zu Leonce?

Ja, eigentlich. Doch in der Schmidt-Konieczny-Inszenierung spricht Lena die Leonce-Texte, und Leonce die von Lena. Ein kluger Move des Regieduos, der am Die-Liebe-findet-sich-eh-Verlauf des Stücks nichts ändert, aber der bei Büchner weitgehend stummen Frauenfigur deutlich mehr Textanteil und Spielräume gibt. Elegant dreht sich die Inszenierung so in eine gender-offene Gegenwart und zeigt mit Lua Mariell Barros Heckmanns zudem eine grandiose, herrlich coole, faule, launische und später hemmungslos verliebte Lena.

Eine, die allein und wild zu Techno tanzt, die die Scheinwerfer immer wieder auf sich richtet und…“

(Hier geht es zur Fortsetzung der Theater-Kritik in der taz)
———–

-> Georg Büchner
Leonce und Lena
Schauspiel · Theater am Domhof, Osnabrück
nächste Vorstellungen: 24.02., 01.03., 03.03., 12.03., 13.03. jew. 19.30 Uhr
Dauer ca. 1 Stunde 30 Minuten

„Kaum ein Klassikertext lädt zu so zum Freidrehen ein wie Georg Büchners faule Königskinder. Aber wenn, dann bitte so wie bei Katharina Schmidt und Roman Konieczny! […] Ein Triumph“
Tim Schomacker, Nachtkritik.

H2 aus dem Klärwerk?

11. Februar 2024

Offiziell zurückgezogen hat die SPD im Lingener Stadtrat einen Antrag zum Etat 2024/25. Nach ihrem Willen sollten immerhin gleich 100.000 € für ein Gutachten bereit gestellt werden für die  „Wasserstoffbereitstellung aus der Kläranlage als Rohstoff für die Wasserstoffherstellung“. Was da etwas quer formuliert daher kam, war auch sonst kein Renner. Skeptisch zeigtn sich die anderen Ratsfraktionen von CDU, Grünen und BürgerNahen (BN) vor allem deshalb, weil in mehreren Städten in Deutschland exakt zum selben Punkt geforscht wurde. Warum also sollte unsere Stadt zu diesen Forschungsvorhaben ihr eigenes hinzufügen? fragten sie de SPD.

Die Skepsis der anderen Fraktionen Rat führte jedenfalls Ende Januar zur Antragsrücknahme der SPD und zwar, wie sich aktuell herausstellte, völlig zu recht. Denn ein entsprechendes Elektrolyseprojekt in einem  Klärwerk in Hannover ist gerade gescheitert. „Doch kein Wasserstoff aus Hannover“, titelt dazu die taz-Nord und erinnert fast ein wenig wehmütig, dass die Produktion dieses sog. grünen Wasserstoff in einem Klärwerk in Hannover ein Leuchtturmprojekt werden sollte. Doch die Stadt Hannover musste es beenden. Die taz:

„Es klang so charmant und hatte schon eine Menge Vorschusslorbeeren eingeheimst: Am Klärwerk in Hannover-Herrenhausen sollte grüner Wasserstoff produziert werden. Doch nun musste die Stadt die Reißleine ziehen, die Kosten explodieren, das Leuchtturmprojekt zerbröselt, noch bevor es gebaut wurde.

Sektorenkopplung heißt das Zauberwort für das, was hier versucht werden sollte. Mit einem Elektrolyseur direkt am Klärwerk sollten gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Der Plan: Das Klärwerk hätte das Wasser geliefert – einfach geklärtes Betriebswasser statt kostbaren Trinkwassers – und den bei der Wasserstoffproduktion übrig bleibenden Sauerstoff direkt weiterverwertet.

Bisher wird bei der Abwasseraufbereitung Luft verwendet, die mit Turboverdichtern aus der Umgebung gewonnen und dann in die Klärbecken gepumpt wird – ein Vorgang, der für einen Großteil des hohen Stromverbrauchs der Anlage verantwortlich ist. Hier hatte man auf ein Einsparpotenzial und eine effizientere Nutzung gehofft.

Mit dem entstehenden Wasserstoff sollten dann unter anderem Wasserstoffbusse des kommunalen Verkehrsunternehmens Üstra betankt werden. Dazu hätte eine Wasserstofftankstelle errichtet werden sollen. Die entstehende Abwärme sollte außerdem in das Fernwärmenetz vom kommunalen Energieversorger Enercity eingespeist werden.

Eine Win-win-Situation in mehrfacher Hinsicht sozusagen. Das sah auch das Land Niedersachsen so, zumindest hat es dieses Investitions- und Forschungsprojekt mit 6,37 Mio. gefördert. Auf 25 Millionen Euro hatte man das Gesamtvolumen des Projekts ursprünglich geschätzt.

Wobei der Bau…“

[weiter bei der taz]


Grafik: Wasserstoff-Molekül – CC gemäß Blog-Beitrag vom 28.02.2021

Singende Krankenhäuser

3. Februar 2024

Wolfgang Baumgärtner hat lange als Hausarzt und Psychotherapeut in Melle bei Osnabrück gearbeitet. Längst ist er überzeugt, dass das Singen ohne Leistungsdruck und Notenkenntnissen für Menschen in gesundheitlichen Krisen hilfreich ist, hat sich daher zum zertifizierten Singleiter für Gesundheitseinrichtungen und Krankenhäuser weitergebildet und darf daher in sog.  Singenden Krankenhäusern Gruppen leiten. Singende Krankenhäuser sind solche, die sich verpflichten, für ihre Pa­tien­ten regelmäßig gemeinsames Singen unter Leitung einer Fachkraft anzubieten.

In Deutschland gehören 36 Klinikeinrichtungen -zwei davon in Niedersachsen- dem Netzwerk www.singende-krankenhaeuser.de an. Dort sind die Mediziner davon überzeugt, dass das Singen mit  Krebspatientinnen und Krebspatienten im Krankenhaus Menschen in gesundheitlichen Krisen stärkt und Mut macht. Joachim Görges berichtet in der taz:

„Sieben Frauen sitzen im Kreis im Garten der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und hören Jochen Bockholt zu. Der erfahrene Singleiter spielt eine eingängige Melodie auf seiner Gitarre und singt dazu ein Lied von Wolfgang Bossinger: „Wir sind verbunden / durch alle Zeiten / durch alle Räume / wir sind eins.“ Bockholt wiederholt den Text immer wieder, nach seiner Aufforderung stimmen die Frauen nach und nach ein. Manche kostet das Überwindung, denn die meisten halten sich für unmusikalisch. Bockholt begleitet die Gruppe weiter mit seiner Gitarre und wechselt vom Liedtext auf einzelne Laute wie O oder A. „Singt die Melodie einfach auf diesen Buchstaben weiter, macht den Mund weit auf und schließt die Augen“, lautet seine nächste Anweisung. Dabei…“

[weiter im Artikel von Joachim Görges in der taz-Nord]

Eine Wanderausstellung beschäftigt sich seit dem Wochende in Osnabrück mit frühem Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Heute ist die Ausgangslage eine andere, sagt der Kurator, der Politikwissenschaftler Thomas Altmeyer. Mit ihm sprach Petra Scheller (taz)

taz: Herr Altmeyer, wann beginnt „früher Widerstand gegen den Nationalsozialismus“, den Ihre Ausstellung behandelt? In den 1920ern, als Antisemitismus neu salonfähig wurde?

Thomas Altmeyer: Von politischem Widerstand im engeren Sinne kann man erst nach der „Machtübergabe“ 1933 sprechen. Aber es gibt natürlich Verbindungslinien zu demokratischen und sozialistischen Oppositionsbewegungen und einer kritischen Auseinandersetzung mit völkisch-nationalistischen Organisationen schon in den 1920er-Jahren.

Wer trug diesen öffentlichen Widerstand?

Er wurde zunächst vor allem getragen von Parteien und Organisationen der Arbeiterbewegung – KPD und SPD, die leider oft zerstritten waren und sich allenfalls auf kommunaler Ebene auf gemeinsames Handeln einigen konnten. Der Wunsch nach einer gemeinsamen „Einheitsfront gegen rechts“ wurde oft formuliert und selten in die Tat umgesetzt.

An wem scheiterte das?

An beiden Seiten. Die KPD wollte, dass…

[weiter in der taz]


»Ich wusste, was ich tat« – Früher Widerstand gegen den Nationalsozialismus

Die neue Ausstellung des Studienkreis Deutscher Widerstand 1933-1945 feiert im Erich Maria Remarque-Friedenszentrum ihre Premiere. Sie blickt auf den frühen Widerstand, der sich bereits lange vor 1933 entwickelte. Zunächst richtete er sich gegen die aufkommende NS-Bewegung und nach der Machtübernahme durch die NSDAP gegen die Etablierung als Diktatur. In den Ausstellungskapiteln »Gemeinsam! Gegen Rechts«, »Öffentlich! Debatte und Propaganda«, »Geheim! Widerstand im Verborgenen« und »Exil! Flucht und Widerstand« zeigt die Ausstellung, wie Menschen sich in der kriselnden Weimarer Demokratie und dann unter den Bedingungen der NS-Diktatur den Nazis entgegenstellt haben. Gezeigt wird auch die Rolle der Gewerkschaften am Ende der Weimarer Republik bis zu ihrem Verbot im Mai 1933 sowie die gescheiterten Versuche eine Einheitsfront gegen die NS-Diktatur zu etablieren.

Die Ausstellung ist seit So, 28.  Januar und noch bis zum 17. März 2024
im Erich-Maria-Remarque-Friedenszentrum, Markt 6, 49074 Osnabrück zu sehen. Mehr

Dino-Technologie

16. Dezember 2023

Die CDU will die Atomkraft zurückhaben. Was ein Wiedereinstieg ökologisch und finanziell bedeuten würde, ist in Niedersachsen zu besichtigen. Ein -notwendiger- taz-Beitrag von Reimer Paul.

Die CDU will wieder in die Atomkraft einsteigen. In ihrem Entwurf für ein neues Grundsatzprogramm kommt die Partei zu dem Schluss, dass Deutschland „zurzeit nicht auf die Option Kernkraft verzichten“ könne. Zur „Gesamtenergieversorgung von morgen“ gehörten auch AKW. Zur Erinnerung: Nach dem Reaktorunfall in Fukushima 2011 waren es die Christdemokraten, die unter Kanzlerin Angela Merkel das Ende der Atomenergie einläuteten.

Wie sie den Wiedereinstieg genau bewerkstelligen will, bleibt die CDU wohlweislich schuldig. Fragt man nach, wird diffus auf den angeblichen deutschen Sonderweg verwiesen: Während rundum in Europa und der Welt wieder oder immer noch auf Kernkraft gesetzt werde, verweigerten „wir“ uns aus ideologischen Gründen dieser umweltfreundlichen und klimaneutralen Technologie.

Abgesehen davon, dass Atomkraft alles andere als ökologisch und – betrachtet man den gesamten nuklearen „Kreislauf“ vom Uranabbau bis zur Atommüllentsorgung – auch bei weitem nicht klimaneutral ist, führt der Hinweis auf das vermeintlich einsichtige Ausland in die Irre. Denn weltweit hat die Atomenergie ihren Zenit längst überschritten. Mitte 2023 waren in 32 Staaten 407 Reaktoren am Netz, vor 20 Jahren waren es noch 438. Nennenswerte Neubauten gibt es lediglich in den USA und China.

Im Atomland Frankreich, das die CDU so gern lobt, stand im Sommer mal wieder mehr als die Hälfte der rund 50 Meiler umfassenden AKW-Flotte wegen technischer Probleme still. Der staatliche Energieversorger EDF ist mit 65 Milliarden Euro verschuldet, auch weil er den teuren Atomstrom unter Marktpreis verkaufen muss. Bei den wenigen aktuellen AKW-Neubauprojekten in Frankreich, Großbritannien und Finnland explodieren die Preise. Auch in Deutschland haben die Energiekonzerne längst abgewunken: Atomkraftwerke ohne massive staatliche Subventionen zu bauen, lohnt sich nicht. Die Erneuerbaren sind viel günstiger.

Die Atomkraft ist international auf dem Rückzug. In Wahrheit ist es die CDU, die aus ideologischen Gründen an der Dino-Technologie festhält. Wohin das…

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Foto: Porzellanteller 90er Jahre AKW in Lingen