Außenemsvertiefung

2. April 2024

Die ohnehin schon stark geschädigte Ems soll für den Schiffsverkehr weiter ausgebaut werden. Klar ist: Das anstehende Planverfahren für die Vertiefung der Ems bringt keine Auferstehung für unseren Heimatfluss. Die Pläne für die Vertiefung der Außenems sind ab heute öffentlich einsehbar.

Folgt man ihnen, droht sich der Zustand der Ems erst einmal zu verschlechtern. Die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt des Bundes will die Pläne für eine Vertiefung der Außenems auslegen – mit einjähriger Verspätung. Bis zum 17. Juni haben Betroffene dann Gelegenheit, Einwände vorzubringen, so die Bonner Behörde. Parallel hierzu läuft ein Vorhaben den ökologischen Zustand der Ems zu verbessern. Die Pläne dazu sollen allerdings erst Anfang 2025 ausgelegt werden.

Die Vertiefung der Außenems soll die Zufahrt zum Emder Hafen erleichtern. Sie ist umstritten, weil sich in der Ems schon heute wenig Leben regt und eine Vertiefung der Fahrrinne die Lage weiter verschlechtern dürfte. Das Problem: Ein tieferes Flussbett verstärkt den Flutstrom, so dass mehr Sediment ins Flussbett hinein getragen als hinaus ins Meer geschwemmt wird. Die Folge: Der Fluss verschlickt. Das Sediment verstopft die Fahrrinne; Schwebstoffe im Wasser verringern den Sauerstoffgehalt; und das Salzwasser aus dem Meer dringt weiter in das Binnenland vor. Dieser Prozess ist weit fortgeschritten, weil die Ems oberhalb von Emden für die Papenburger Meyer-Werft mehrfach vertieft und begradigt wurde, damit diese ihre riesigen Kreuzfahrtschiffe ins Meer bugsieren kann.

In der Außenems, also der trichterförmigen Flussmündung zur Nordsee, soll die Fahrrinne auf einer Strecke von 13 Kilometern Länge um rund einen Meter vertieft werden. „Vor allem Autofrachter und Massengutschiffe werden zukünftig von der Vertiefung profitieren“, verspricht Eric Oehlman, Leiter der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt. „Mit dem Start der Öffentlichkeitsbeteiligung erreichen wir eine entscheidende Wegmarke“, sagte er . Die Außenems-Vertiefung sei ein wichtiges Signal für die Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland.

Tiefgehende…

[weiter in der taz]


Die Außenems

Seit 2019 sind Teile der Außenems niedersächsisches Naturschutzgebiet (NSG). Das NSG umfasst eine Fläche von ca. 12.000 Hektar. Damit sollen die charakteristischen und schutzbedürftigen Lebensräume und Arten der Mündung der Außenems in die Nordsee, das äußere Emsästuar, geschützt und entwickelt werden. Das NSG stellt einen bedeutenden Nahrungs- und Rastplatz für zahlreiche Wat-, Wasser- und Entenvogelarten dar und ist Bestandteil des Lebensraums von Seehund und Schweinswal.


Quelle NWZ, NDR, taz Foto: NDR

Heute ist der Internationale Tag gegen Rassismus. Bundesweit sind  mehr als 4000 Veranstaltungen gemeldet worden. In der Region an Ems und Vechte leider keine. Dabei darf man nicht annehmen, dass Rassismus bei uns nicht verbreitet ist, auch wenn in Lingen noch Ende Januar 10.000 gegen Rassismus und die AfD demonstrierten.

Ganz anders ist es übrigens in Osnabrück  wo 35 Vereine und Verbände in diesen Tagen mehr als 40 Veranstaltungen organisieren (mehr…).

Menschenrechte für alle: Die zentrale Veranstaltung wird eine Radtour in Dresden sein. Organisiert wird sie vom Ausländerrat Dresden e.V. in Kooperation mit der Stadt Dresden. Mit dem Fahrrad dabei sind die thüringische Justizministerin Doreen Denstädt, Schirmherrin des TgR, und Jürgen Micksch von der Stiftung gegen Rassismus. Die Radtour mit mehreren Stationen ist Mahnung und Gedenken zugleich an alle Opfer rassistischer Gewalt, wie Jorge Gomondai und Marwa El-Sherbini.

Das Massaker von Sharpeville: Der Internationale Tag gegen Rassismus wurde 1966 von den Vereinten Nationen ausgerufen. Anlass war das Massaker von Sharpeville 1960. Die Polizei in Südafrika schlug damals Proteste gegen die Apartheid-Regierung brutal nieder und erschoss 69 Menschen, viele von ihnen in den Rücken. Der Internationale Tag gegen Rassismus bildet den Höhepunkt der UN-Wochen gegen Rassismus vom 11. bis 24. März. Diese stehen in diesem Jahr unter dem Motto „Menschenrechte für alle“.

Weitere Anstrengungen: Amnesty International hat die Bundesregierung zu weiteren Anstrengungen im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung aufgerufen: „Nicht nur heute, sondern jeden Tag muss die Bekämpfung von rassistischen Strukturen in unserer Gesellschaft im Mittelpunkt politischen Handelns stehen“, sagte Katharina Masoud von Amnesty International gestern in Berlin. Rassismus könne jederzeit im Alltag passieren: „in der Schule, auf dem Fußballplatz, bei der Job- und Wohnungssuche oder bei einer Polizeikontrolle.“

20 Jahre

5. Juli 2023

Am Montag hat die rot-grüne Landesregierung eine geänderte „Niedersächsische Verordnung über düngerechtliche Anforderungen zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigungen durch Nitrat oder Phosphat“ freigegeben, um die betroffenen Verbände zu beteiligen. Durch die geänderte Verordnung kommt es zu einer deutlichen Vergrößerung der Gebiete, die als mit Nitrat belastet gelten. Sie umfassen nun ca ein Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Niedersachsen (vormals ca ein Fünftel). Die mit Phosphat belasteten Gebiete umfassen weiterhin zirka 1,4 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Niedersachsen.

Die „Vergrößerung der Gebietskulisse“ (Behördensprech) war bereits Anfang des Jahres im Zusammenhang mit der derzeit gültigen NDüngGewNPVO (welch‘ eine Abkürzung!) angekündigt worden. Diese Ankündigung war ein wichtiges Signal in Richtung Europäische Kommission, ohne dass die nach Jahren des Zuwartens eingereichte Klage der EU-Kommission gegen Deutschland wegen Verletzung der 30 Jahre alten (!) EU-Nitratrichtlinie vielleicht nicht eingestellt worden wäre (mehr/ noch mehr)

Mit der neuen Verordnung will Niedersachsen einen weiteren Beitrag leisten, um die Nährstoffeinträge durch die Landwirtschaft vor allem in das belastete Grundwasser zu verringern. Damit sollen endlich die Umweltziele der EU-Nitratrichtlinie sowie der EG-Wasserrahmenrichtlinie erreicht werden. Die sog. „Verbandsbeteiligung“ wurde gestern durch das zuständige Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML) eingeleitet.

Der Schritt ist notwendig, um die Ausweisung der mit Nitrat belasteten Gebiete nun abzuschließen. Dazu wurden aus Vorsorgegründen auch die Prozesse des Nitratabbaus im Grundwasser berücksichtigt – so wie es „das geltende Düngerecht des Bundes“ vorsieht. Dies ist nun möglich, weil alle vorliegenden Messdaten auf Plausibilität und Verwendung geprüft und in das Verfahren einbezogen wurden. Die aktuellen Karten sind hier online abrufbar.

Sie belegen für die Stadt Lingen (Ems), dass sie jetzt fast vollständig im „roten Bereich“ der nitratbelasteten Flächen liegt (s. Grafik oben). Nur westlich der Ems und im Altenlingener Wald- und Gewerbebereich und im Industriepark Lingen-Süd sind Aussparungen vom Einheits-Warnrot zu sehen. Es wird zügig zu klären sein, was geschehen uss, damit die Trinkwasserversorgung keinen Schaden nimmt, die im Stadtgebiet durch die Stadtwerke Lingen und den öffentlichen Wasserverband Lingener Land erfolgt. Immerhin dauert es mindestens 20 Jahre bis auf den Boden aufgebrachte Nitrate das Grundwasser erreichen.

Das Landvolk Niedersachsen hat noch am Tag des Kabinettsbeschlusses reflexartig „mit scharfer Kritik“ erklärt, dass die Landwirte durch das Ausweiten der Roten Gebiete „massiv benachteiligt“ seien. Der Verband kritisierte unter anderem, dass das neue Verfahren nicht in der gesamten EU sondern nur in Deutschland angewendet wird. Wenn weniger gedüngt werden dürfe, würden in der Regel auch Ertrag und Qualität schlechter, so ein Sprecher. Er kündigte an, das Landvolk werde den Entwurf der Landesregierung sorgfältig durcharbeiten. Dabei werde auch geprüft, ob man gerichtlich dagegen vorgehen könne…

 


Quellen sind neben einer schwer lesbaren PM des ML, die weitere Materialien enthält, der NDR, die taz

Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften rufen zum 1. Mai 2023 wieder zu vielen bunten Aktionen und Kundgebungen auf der Straße auf. „Wir tragen die drängenden Forderungen für eine gerechte und soziale Zukunft in der (Arbeits-)Welt auf die Straße. Und wir zeigen: Auch in Krisenzeiten stehen wir solidarisch zusammen und lassen uns nicht spalten.

Mai-Aufruf 2023: „Ungebrochen solidarisch“

Die Welt ist im Krisen-Dauermodus: Energiekrise, Klimakrise, der Krieg in der Ukraine, hohe Inflation und die Auswirkungen der Corona-Pandemie erzeugen Unsicherheit und stürzen viele Menschen in existentielle Sorgen. Wir Gewerkschaften stehen an ihrer Seite. Gemeinsam setzen wir am Tag der Arbeit ein sichtbares Zeichen für eine gerechte und friedliche Zukunft, für einen starken Sozialstaat und eine leistungsfähige öffentliche Daseinsvorsorge. Gemeinsam sind wir ungebrochen solidarisch!

Ungebrochen solidarisch: Weil wir gemeinsam mehr erreichen können!

Unser Kampf für Entlastung war erfolgreich. Die Energiepreisbremse oder Einmalzahlungen an Beschäftigte, Rentner*innen und Studierende gäbe es ohne uns nicht. Mit der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro und dem Bürgergeld haben wir dafür gekämpft, dass Menschen mit geringem Einkommen besser dastehen. Vor allem aber haben die Gewerkschaften in vielen Tarifverhandlungen für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Geld im Portemonnaie von Millionen Beschäftigten gesorgt.

Ungebrochen solidarisch: Damit die Klima- und Energiewende zum Erfolg wird!

Um die Klimawende zum Erfolg zu machen und den Ausbau erneuerbarer Energien rasch voranzubringen, sind gewaltige öffentliche Investitionen erforderlich. Wenn Unternehmen davon profitieren wollen, müssen sie sich auf die Sicherung von Beschäftigung verpflichten. Keine Standortvorteile ohne Standorttreue. Das ist unsere Losung. Deutschland muss ein Paradebeispiel für eine nachhaltige, soziale und gerechte Transformation werden. Das bezieht mit ein, konsequent in die Qualifizierung und Weiterbildung der Beschäftigten zu investieren.

Ungebrochen solidarisch: Damit die Beschäftigten den Wandel mitgestalten können!

Gute, existenzsichernde Löhne und faire Arbeitsbedingungen gibt es nur mit Tarifverträgen. Sie sind der Schlüssel für einen fairen Wandel und bieten den besten Schutz vor Krisen. Deshalb fordern wir von der Bundesregierung einen Aktionsplan zur Steigerung der Tarifbindung auf mindestens 80 Prozent. Durch Tarifverträge und Mitbestimmung gestalten wir die Transformation demokratisch. Statt über unsere Köpfe hinweg muss auch am Arbeitsplatz mit uns gemeinsam entschieden werden. Nur so kann ein gerechter Wandel gelingen.

Ungebrochen solidarisch: Damit die Krise nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird!

Die steigenden Preise belasten die privaten Verbraucher*innen und viele Betriebe. Zugleich wachsen die Vermögen der Reichsten ungebremst weiter. Einige Konzerne fahren überhöhte Gewinne ein. Sie müssen abgeschöpft und zur Gegenfinanzierung der Entlastungen genutzt werden. Superreiche müssen endlich mehr Steuern zahlen; Menschen mit hohem Vermögen müssen eine Abgabe erbringen für die historischen Herausforderungen unserer Gesellschaft. Wir fordern die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Es darf nicht sein, dass die Hauptlasten der Krise den Beschäftigten aufgebürdet werden, während sich die Reichen aus der Verantwortung stehlen.

Ungebrochen solidarisch: Damit wir in eine friedliche und sichere Zukunft blicken können!

Mit seinem mörderischen Angriffskrieg auf die Ukraine hat Russland ein schweres Verbrechen gegen die Menschlichkeit und das Völkerrecht begangen. Die Waffen müssen endlich schweigen! Wir fordern die russische Regierung auf, ihre Truppen zurückzuziehen und die territoriale Integrität der Ukraine wiederherzustellen. Als Gewerkschaften treten wir für weltweite kontrollierte Abrüstung, für Rüstungskontrolle und für die Verwirklichung von Frieden und Freiheit im Geiste der Völkerverständigung ein.

Dafür kämpfen wir – am 1. Mai und an jedem anderen Tag im Jahr.“

In Niedersachsen finden insgesamt 60 DGB-Maikundgebungen statt. Im Bereich an Ems und Vechte sind die Aktionen des DGB in diesem Jahr jedoch sehr überschaubar.  Es gibt nur eine Veranstaltung: Zunächst findet ab 10.15 Uhr eine Kundgebung auf dem Lingener Marktplatz statt  und geht dann in einen Demonstrationszug über, der vom historischen Rathaus zu einer zweiten Kundgebung um 11 Uhr vor der Halle IV führt.

Peter Buddenberg (Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten) ist in diesem Jahr der Redner auf der Lingener DGB-Maikundgebung. Der stellv. Lingener Bürgermeister Stefan Wittler (SPD)  spricht ein Grußwort. Nach den Kundgebungen lädt der DGB anschließend zum Familienfest in die Halle IV ein. Hier können die Jüngsten toben und spielen, die Älteren ins Gespräch kommen. Die Gewerkschaftler halten das für einen „guten Anlass, bei Musik und leckerem Essen Erfolge zu feiern“ und heißt alle Besucher herzlich willkommen.

Lieber Jens Beeck,

30. August 2022

[heißt es auf der Seite der BürGerNahen Lingen] …am 6. Juli dieses Jahres hat der Rat unserer Stadt einstimmig eine Resolution verabschiedet, um die Verbindung über die Aa in Gleesen durch die sog. Pollmann-Brücke zu erhalten. Sie ist u.a. an den Bundesminister für Verkehr, Deinen Parteifreund Volker Wissing gerichtet und lautet:

Sehr geehrter Herr Bundesminister Dr. Wissing, sehr geehrte Damen und Herren,

der Rat der Stadt Lingen (Ems) lehnt den seitens der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung für 2026 beabsichtigten ersatzlosen Rückbau der Pollmann-Brücke Nr. 144 über die Große Aa ab. Dies hätte gravierende negative Auswirkungen auf den lokalen und überregionalen Fuß- und Radverkehr zwischen Lingen (Ems) und dem südwestlichen Emsland. Die Brückenverbindung besteht seit dem Bau des Dortmund-Ems-Kanals (DEK) und der damit einhergegangenen Verlegung der Aa-Mündung 1898 und ist seit mehr als 120 Jahren ein wichtiger Verkehrsweg und heimatlicher Bezugspunkt der Region. Dem Bau der Anlage lag ein Planfeststellungsbeschluss vom 31.05.1892 vor, in dem der Bau einer „Leinpfad- und Feldwegbrücke über die Ahe“ als Ersatzmaßnahme für eine geänderte Wegeführung festgesetzt wurde.

Die Brücke ist seit 2011 für den Kfz-Verkehr gesperrt und seitdem nur noch einge- schränkt für Fußgänger und Radfahrer in der Brückenmitte passierbar. Seit April 2022 ist sie im Rahmen der Arbeiten an der Schleuse Gleesen gesperrt und soll nunmehr lt. Mitteilung der WSV im Jahr 2026 ersatzlos abgerissen werden.
In der Vergangenheit wurden zwischen der Stadt Lingen (Ems), der Gemeinde Emsbüren und unter teilweiser Beteiligung des Landwirts Pollmann, der ein privates Interesse an der Nutzung der Brückenverbindung hat, diverse Gespräche mit der WSV geführt mit dem Ziel einen Ersatzbau der Pollmann-Brücke zu erreichen. Über diese Gespräche ist auch der Landrat des Landkreises Emsland unterrichtet. Sowohl die Stadt Lingen (Ems) als auch die Gemeinde Emsbüren haben sich darüber hinaus auch schriftlich gegenüber der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung Rheine bzw. Münster ausdrücklich gegen einen ersatzlosen Abbruch der Pollmann-Brücke ausgesprochen. In einem gemeinsamen Schreiben vom 26.02.2021 haben sich der Landkreis Emsland, die Gemeinde Emsbüren und die Stadt Lingen (Ems) an die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt in Bonn gewandt und einen Erhalt der Brückenverbindung gefordert.

Die Pollmann-Brücke als Verbindung über die Große Aa hat nicht nur für die Stadt Lingen (Ems), sondern auch für den Landkreis Emsland und die Gemeinde Emsbüren bezüglich des Tourismus einen hohen Stellenwert. Über diese Brückenverbindung verlaufen mehrere überregional bedeutsame und auch lokale Rad- und Wanderrouten. Hierbei handelt es sich namentlich um den EmsRadWeg, die Dortmund-Ems-Kanal- Route, die Emsland Route, die Hase-Ems-Tour sowie als regionale Routen der Energie Parcours, die Lingen Südroute, die Spinola-Route sowie die Route Rund um Emsbüren. Die Emsland Route hat bei der ADFC-Radreiseanalyse 2022 in der Kategorie „Top-Radregionen“ den ersten Platz erhalten.

Die sich in unmittelbarer Nähe zur Pollmann-Brücke befindliche Schleuse Gleesen ist bereits heute und sicherlich erst recht nach dem Ausbau nicht nur eine herausragende verkehrstechnische Infrastruktur, sondern auch ein überaus interessantes touristisches Ziel. Sie ist insbesondere ein Ziel für viele Radtouristen, die dann auch die Verbindung über die Pollmann-Brücke nutzen. Mit dem ersatzlosen Entfall der Brücke würde ein landschaftlich sehr attraktiver Teil der Radrouten entfallen. Eine Ersatzwegeführung wäre nur mit sehr großen (rund 7 Kilometer langen) und landschaftlich unattraktiveren Umwegen möglich. Darüber hinaus ist die Pollmann-Brücke Teil des erst im Sommer 2019 abschließend fertiggestellten Premium-Radweges entlang des DEK. Mit Fertigstellung dieses Streckenabschnitts konnte das Ziel erreicht werden, eine durchgängig von Spelle bis Papenburg durch das Emsland verlaufende attraktive Radroute von insgesamt 112 km entlang des DEK zu schaffen. Dieser Premium-Radweg optimiert das überregionale Radwegenetz und wird sowohl von den Bürgern als auch Touristen sehr intensiv genutzt. Der Premium-Radweg wurde als Teil des Fernwanderradweges u.a. im regionalen Raumordnungsprogramm 2010 für den Landkreis Emsland (RROP 2010) als regio- nal bedeutsam dargestellt.

Bereits jetzt enden diese Routen aufgrund der Sperrung der Pollmann-Brücke in einer Sackgasse und zwingen die Fuß- und Radwanderer zu einem sehr großen Umweg auf landschaftlich unattraktiveren Wegen. Ein ersatzloser Entfall der Brückenverbindung hätte daher unmittelbare negative Auswirkungen auf den Tourismus, aber auch für die Bürger des Landkreises Emsland, der Stadt Lingen (Ems) und der Gemeinde Emsbüren. Sämtliche Bemühungen der vergangenen Jahre zur Stärkung der touristischen Entwicklung durch Schaffung der Radrouten und Ausbau zum Premiumradweg werden durch die bestehende Situation unterlaufen und mit ersatzlosem Rückbau der Brücke sogar konterkariert. Ebenso ist herauszustellen, dass diese Brückenverbindung auch für Einsätze des Rettungsdienstes eine wichtige Rolle spielt. Bei Unfällen mit Personenschäden auf dem Teilstück östlich der Ems bis zum Industriegebiet Lingen-Süd ist der Weg über die Pollmann-Brücke für die Einsatzkräfte der deutlich schnellste Rettungsweg. In der Vergangenheit haben mehrere Rettungseinsätze von Polizei und Krankenwagen (sowohl aus Lingen als auch aus Emsbüren kommend) ihr vorläufiges Ende an der gesperrten Pollmann-Brücke gefunden und zu unvertretbaren Verzögerungen geführt.
Als Oberbürgermeister und im Namen des Rates der Stadt Lingen (Ems) bitten wir Sie eindringlich, die Brückenverbindung über die Große Aa in Gleesen durch den Neubau einer Fußgänger- und Radfahrerbrücke dauerhaft zu erhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Dieter Krone, Oberbürgermeister  – Annette Wintermann, Ratsvorsitzende“

Wir schreiben Dir, lieber Jens, heute, weil es fast zwei Monate nach der Resolution immer noch keine Reaktion gibt nicht einmal eine Eingangsbestätigung. Auch nicht von Dir, obwohl Du die Resolution erhalten hast und als Bundestagsabgeordneter aus unserer Stadt stets ein großes Interesse bekundest, etwas für Stadt und Umland zu tun. Außerdem hat inzwischen auch die Nachbargemeinde Emsbüren dieselbe Resolution verfasst.

Unsere Fraktion „Die BürgerNahen“ (& Friends) hat am Montag die gesperrte Brücke besichtigt, und wir haben uns vor Ort von Martin Barlage, Bernhard Pollmann und Lothar Schreinemacher alle Informationen geholt, die die drei Protagonisten zu dem Abbruchprojekt der Kanalbehörde geben konnten.  Dabei ist deutlich geworden, dass bürokratische Behinderungen gestoppt würden, wenn der Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) das Projekt Neue Pollmann-Brücke endlich zur Chefsache macht. Immerhin führen der Ems-Radweg und die Dortmund-Ems-Kanal-Route über diese Brücke und beide Wegeführungen sind für den Tourismus der ganzen Region wichtig. Deshalb solltest Du mit deinem Parteifreund Volker Wissing so schnell wie möglich sprechen und ihm deutlich machen, welche Bedeutung die Pollmann-Brücke für den Landwirt Bernhard Pollmann und die Rad- und Wandertouristen hat. Wüsste Wissing bescheid, würde der Schildbürgerstreich der Wasser-und-Schifffahrtsverwaltung in Rheine, Münster und Datteln bestimmt schnell  beendet. Dir sollte es doch kein Problem sein, den Verkehrsminister davon zu überzeugen, die Pollmann-Brücke dauerhaft so zu sichern, wie es die Königliche Kanalkommission vor 130 Jahren beschlossen hat.  Wir danken Dir für Deine Unterstützung.

Die BürgerNahen – Stadtratsfraktion
Robert Koop, Vors.

ps Wir erlauben uns, diesen Brief zu veröffentlichen.


Spoiler:

Jens Beeck ist seit 2017 Abgeordneter des Deutschen Bundestags. er wurde über die Landesliste Niedersachse der Freien Demokratischen Partei (FDP) in den Bundestag gewählt.   Er wohnt in Lingen (Ems) und ist  auch Mitglied des Lingener Stadtrates. Er ist Rechtsanwalt von Beruf.

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Fotos: @BN_Lingen, Ein Crosspost von https://bnlingen.wordpress.com

NLWKN

3. März 2022

Dass ich noch einmal eine niedersächsische Landesbehörde lobe, hätte ich mir vor einigen Wochen auch noch nicht vorstellen können. Doch es ist soweit. Kennen Sie den NLWKN? Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) ist eine niedersächsische Behörde mit Sitz im ostfriesischen Norden. Er kümmert sich in unserem Bundesland um mancherlei und auch um den Hochwasserschutz.

Jetzt hat er ein besonders undurchdachtes Projekt in Lingen gestoppt. Zwischen der Nordlohner Straße sollte nach dem Willen des Oberbürgermeisters Krone ein „Baugebiet“ entstehen. Denn im Stadtteil Schepsdorf gibt es kein weiteres Areal, auf dem  Einfamilienhäuser errichtet werden können. Kurz gesagt: „Das Boot ist voll!“

Krone kam dann auf die Idee,  im Überschwemmungsgebiet der Ems bauen zuzulassen, dafür einen Deich dafür zu verlegen, Millionen für das vermeintliche Bauland zu zahlen und dann in Darme zwischen Möddelhof und Ems eine 7 Hektar große Fläche am Landschaftsschutzgebiet Emstal 1,5m tief abzugraben, um den Verlust denenne ich Machbarkeitsfantasien, die mit Nachhaltigkeit, Umwelt- und Hochwasserschutz überhaupt nichts und mit dem Gegenteil alles zu tun haben. Übrigens wären Grundstückspreise von 400-500 Euro entstanden und damit viel zu viel für „die jungen Familien“, die von den Baugebiet-Fanatikern stets gern bemüht werden.

Besagtes NLWKN musste „noch“ den Änderungen des Hochwasserschutzes zustimmen. Angeblich habe die Behörde vor drei, vier Jahren vorsichtig „signalisiert“, dass das Krone-Projekt möglich sei. Ich kann dies nicht prüfen, aber jetzt ist davon überhaupt keine Rede mehr. Der Grund ist nach dem Oderhochwasser in 1997, dem Elbehochwasser in 2002 die Ahrtalkatastrophe im vergangenen Sommer, obwohl die Sache doch eigentlich völlig klar war: Bauen im Überschwemmungsbiet der Ems, der Ahr, der Weser, Elbe, Oder, Saale, Donau oder des Rheins – das geht nicht. Dies zu erkennen, braucht es eigentlich nur den berühmten gesunden Menschenverstand und, wo dieser fehlt, manchmal eben einer Landesbehörde.

Besagter NLWKN hat sein -erwartbares- Nein jetzt auch dem OB deutlich gemacht. Mit anderen Worten: Das Projekt ist gestorben, und das ist gut so. In einer städtischen  Ausschusssitzung wurde das Ende jetzt nicht-öffentlich bekannt gegeben, weil man die Kaufangebote der Flächeneigner nicht mehr annehmen will, und ich habe angeregt, mit den Eigentümern der Flächen zu sprechen, um diese als Retentionsflächen zu sichern. Die Verwaltung sah das sofort skeptisch, weil die Eigentümer jetzt kaum mehr als ein Drittel oder die Hälfte des Preises erhalten würden, als hätten sie es als „Baugebiet“ an die Stadt oder ihre Grundstücks- und Erschließungsgesellschaft veräußern können.

Übrigens hatten Macher Krone & Co. im Vorgriff dafür gesorgt, dass die  von ihnen begehrten wie die abzugrabenden Flächen gar nicht erst in das vor zwei Jahren beschlossene, von der EU über 20 Jahre hinweg geforderte FFH-Schutzgebiet „013 ‚Ems‘ als Landschaftsschutzgebiet „Natura 2000-Emsauen in Lingen (Ems)“ aufgenommen wurden. Das könnte und muss der Lingener Rat jetzt nachholen.

„lingering traditions“

8. Februar 2022

Travel + Leisure ist ein großes Reisemagazin mit Sitz in New York City, USA. Es erscheint zwölf Mal im Jahr und hat laut Corporate Media Kit 4,8 Millionen Leser. Eigentümer und Herausgeber ist Travel + Leisure Co. Und ausgerechnet dieses internationale Magazin hat am vergangenen Samstag unser Städtchen an der Ems entdeckt – neben elf anderen „Small Towns in Germany“ nämlich Flensburg, Stralsund, Görlitz, Passau, Heppenheim, Kehlheim, Bad Reichenhall, Gößweinstein, Tübingen, Lüneburg und Wolfenbüttel. Die Schlagzeile über all dem: „Kommen Sie wegen der Kneipen, bleiben Sie wegen der wunderschön erhaltenen Architektur.“

Es hilft nichts, jetzt Kopf schüttelnd darauf hinzuweisen, dass Lingen so viele historische Gebäude in der ganzen Stadt hat wie die anderen genannten Kommunen in einer einzigen Straße. Stattdessen soll sich bitte die Tourist-Information im Rathaus lernend der englischen Sprache zuwenden, die QR-Codes zweisprachig aufzupimpen und die Gastronomen tun gut daran, Speise- und Getränkekarten in selbiger zu entwerfen und vorzuhalten. Außerdem müssen auch die Händler des ausdrücklich erwähnten Lingener Wochenmarktes Fremdsprachenunterricht nehmen. Alle mögen sich auch auf Zahlungen per Kreditkarte vorbereiten. Denn spätestens Pfingsten beim Volksfest der Kivelinge 2022, das es als gemeinsames Fest mit den Bürgerschützen geben soll, sind die Amis da. Sie haben nämlich unter einem blitzsauberen Foto vom Hist. Rathaus nebst ungekürzter Marktplatz-Linde diese Zeilen von Summer Rylander gelesen, die über Essen, Reisen und Kultur schreibt:

„If rivers seem like a common theme among German cities, you won’t be surprised to learn that Lingen overlooks the Ems River. This little town’s long history (dating back to 975) is reflected in its collection of historic buildings, twice-weekly farmers markets, and „lingering traditions“. For a unique experience, time your visit to Lingen during the triennially hosted Kivelingsfest — a celebration of medieval crafts and culture.“

Na bitte:

Spoiler:
Auch die Schilder an den Stadteingängen Lingen – Hochschulstadt sollten jedenfalls wieder durch Lingen (Ems) – Stadt der Kivelinge ersetzt werden. Hochschulen gibt es „in Germany“ viele, Kivelinge sind einzig.

 

„Pack die Badehose ein“ – Noch Ende der 1960er-Jahre galt die Ems als „der sauberste Fluss Deutschlands“. Baden in der Ems war ein unbeschwertes Vergnügen und an vielen Stellen gab es wie in Schepsdorf (Foto unten) sogenannte Flussbadeanstalten, in denen man ganz offiziell und unter Aufsicht eines Bademeisters in das kühle Nass steigen konnte. Doch auch an vielen anderen Stellen nutzten Badelustige die Ems als Gelegenheit zu einer Erfrischung an heißen Tagen.

Besonders beliebt waren die aufgestauten Flussabschnitte vor den großen Wehren in Hanekenfähr und Listrup. Hier boten die großen Wasserflächen auch die Möglichkeit zum sportlichen Schwimmen und ganz mutige wagten einen Sprung von den Wehrpfeilern in die Fluten.

Ein ganz spezielles Thema war die Badekleidung – soweit sie denn gewünscht wurde. Ärmellange Badeanzüge bildeten im 19. Jahrhunderts noch das züchtiges Schwimmsuit für Damen und Herren. Nach der Jahrhundertwende wurde es sportlicher, aber für die Damen war der Badeanzug nach wie vor Pflicht und bauchfrei ein Unding. Bikinis sah man am Emsstrand erst in den 1950er-Jahren.

Selbst die Klosterschüler zog es an heißen Tagen in oder zumindest an das kühle Nass. Für die Pater und Seminaristen galten besondere Baderegeln – auch hinsichtlich der Badekleidung.

Die vielen Sandbänke in den Flussschleifen der Ems bildeten ideale Badestrände. Sie waren allerdings zu schwer zu erreichen und als Umkleidekabine musste hier das Ufergebüsch herhalten. Dabei galt es vorsichtig zu sein, denn in den Emswiesen weideten früher überall die Kühe und manchmal auch ausgewachsene Bullen. Sie wollten ihre Trinkstellen am Fluss nur ungern mit den unbekannten Besuchern teilen und vertrieben manchen Badegast. Auch die vielen kleinen Bootsstege bildeten eine beliebte Einstiegsmöglichkeit in den Fluss.

Eine besondere Attraktion zwischen Gleesen und Hanekenfähr, wo die Ems auf einem kurzen Abschnitt mit dem Dortmund-Ems-Kanal zusammenläuft, war das sogenannte „Schiffschwimmen“. Geübte Schwimmer kletterten vom Fluss aus unbemerkt auf einen der Lastkähne und fuhren dort ein Stück mit, um dann mit einem kühnen Sprung wieder über Bord zu gehen. Ein spektakuläres, aber auch gefährliches Badevergnügen.

Emsbadeanstalt in Schepsdorf in den 1950er Jahren

Die vielen Kölke und Untiefen in den engen Flussbiegungen waren für die Badenden nicht ungefährlich. Immer wieder wurden Ungeübte und vor allem Kinder von den Strudeln in die Tiefe gezogen und konnten sich aus eigener Kraft nicht wieder befreien.

Doch nicht diese Gefahr bereitete in den 1970er-Jahren dem Baden in der Ems ein Ende. Es war vor allem die sich stetig verschlechternde Wasserqualität, die einen sicheren Betrieb in den Flussbadeanstalten nicht mehr zuließ. An vielen inoffiziellen Badestellen besonders am Oberlauf der Ems wurde und wird natürlich weiter gebadet und wenn dort behördliche Aufsicht erscheint, dann sind es in der Regel die Naturschützer.

Heute gibt es im Emsland ein dichtes Netz von Freibädern, Schwimmhallen und Freizeitbädern. Dennoch hat ein spontaner Sprung in den Fluss seinen besonderen Reiz – einen Hauch von Naturnähe, Unbeschwertheit und Freiheit.


Ein Beitrag des Emslandmuseum-Blogs. Danke für die Erlaubnis zur Veröffentlichung.

Hinweis:
Seit dem Wochenende ist das Emslandmuseum in Lingen (Ems) wieder zu den üblichen Öffnungszeiten Dienstag bis Sonntag von 14.30 bis 17.30 Uhr geöffnet.

Coronabedingt ist eine Registrierung der Museumsbesucher erforderlich. Bei starkem Andrang können Wartezeiten entstehen. In den Ausstellungsräumen ist das Tragen einer Maske erforderlich.

Anfangsstadium

20. Februar 2021

Gestern konnte man in der Nordausgabe der taz dies über die Ems lesen:

„Die Ems erstickt an zu viel Schlick. Als quasi letzte Chance soll der „Masterplan Ems 2050“ den Fluss retten und ihr endlich wieder Sauerstoff einhauchen. Daran arbeitet eine ganze Reihe von Ak­teu­r*in­nen mit: Das Land Niedersachsen, die Kommunen und Gemeinden, die an den Fluss grenzen, die zuständigen Schifffahrtsbehörden, die Papenburger Meyer-Werft, aber auch die Umweltverbände WWF, BUND und Nabu. Und sie alle haben etwas gemeinsam: Obwohl erst ab 2025 einzelne Maßnahmen auch tatsächlich umgesetzt sein müssen, ziehen die Mas­ter­pla­ne­r*in­nen schon jetzt eine positive „Zwischenbilanz“. Doch daran kann man Zweifel haben. Denn über das Anfangsstadium ist der Masterplan noch gar nicht hinaus.

„Die Naturschutzverbände wollten auf einem Online-Workshop mit allen Beteiligten kommunizieren, ob der Masterplan auf einem gutem Weg ist“, sagt Philip Foth, Sprecher des Nabu Niedersachsen. „Er fügt hinzu: „Viele Maßnahmen sind noch in der Planung.“ Olaf Lies, SPD Umweltminister in Niedersachsen, weiß aber schon jetzt: „Dieser Masterplan ist ein notwendiger und richtiger Schritt, und wir werden ihn auch gemeinsam zum Erfolg bringen.“

Der Masterplan enthält eine Menge lebensspendender Maßnahmen für die Ems: sogenannte Tidepolder, in die der Fluss bei Flut verschlicktes Wasser einschlemmen kann, die Renaturierung der Flussufer und eine Steuerung der schlickigen Wassermassen durch zusätzliche Stauungen des Emssperrwerkes bei Gandersum. Gerade diese Stauungen könnten erfolgreich sein, meinen die Naturschutzverbände nach aktuellen Tests.
Dem widerspricht die Bürgerinitiative „Rettet die Ems“: „Wenn…

[weiter bei der taz]

Gestern

12. Februar 2021

Gestern vor 75 Jahren stand die Lingener Innenstadt 1,5 m hoch unter Wasser. Am Wasserstraßenknotenpunkt Hanekenfähr südlich von Lingen hatte sich vor dem Emswehr und den Kanalschleusen eine riesige Flutwelle gestaut, die sich schließlich ihren

Weg in den Dortmund-Ems-Kanal bahnte. Dafür waren die Kanaldämme aber nicht ausgelegt. Der Wasserpegel im Kanal stieg rasch an. Und während sich bei Lingen die Rettungskräfte noch auf die Sicherung der Emsdeiche mit tausenden von Sandsäcken konzentrierten, geschah das Unerwartete im Rücken der Helfer: der hoch aufgeschüttete Kanaldamm brach in Richtung Lingen. Innerhalb kürzester Zeit stand die gesamte Innenstadt etwa 1,5 Meter unter Wasser. Weil keine Warnung erfolgt war, hatte niemand die Keller und Erdgeschosse geräumt. Die Schäden waren entsprechend hoch.

Auch in Meppen, wo die Flutwellen von Ems und Hase aufeinandertrafen, soff die gesamte Innenstadt ab. Nur der Hügel mit der Kirche ragte wie eine Hallig aus den Fluten. In Haren, damals Maczkow, überraschte das Hochwasser die polnische Besatzung der Stadt, die zunächst an einen Sabotageakt der Deutschen glaubte. Aber es war „nur“ eine Naturkatastrophe. Weiter nördlich ergossen sich die Fluten kilometerweit in die Flächen des nördlichen Emslandes und Ostfrieslands. Das Wasser stand hier nicht so hoch, wollte dafür aber wochenlang nicht ablaufen, während weiter südlich die Welle rasch abflachte und das Wasser sich wieder zurückzog. Schnell wurde das Ausmaß der Schäden sichtbar, denn es war ja kein sauberes Quellwasser, das sich dort in Keller und Wohnräume, Geschäfte und Betriebe ergoss, sondern eine stinkende Brühe mit viel Schlamm und Gefahrenstoffen.

Trotz aller Schrecken markierte das Februarhochwasser 1946 einen ersten Wendepunkt in der Nachkriegszeit. Die britischen Besatzungsbehörden traten zum ersten Mal in einer großen Aktion als Helfer auf, retteten Menschen aus den Fluten und versorgten die Eingeschlossenen in ihren Häusern. Der frühere Feind übernahm die Verantwortung für die Bevölkerung in seiner Besatzungszone. Britisches Militär und deutsche Hilfskräfte arbeiteten angesichts der Katastrophe Hand in Hand.

Im Rückblick der Zeitzeugen bildet das Hochwasser von 1946 daher eine wichtige Erinnerungsmarke. Schon fünf Jahre nach der Katastrophe erschienen in den Lokalzeitungen die ersten Rückblicke, jedes weitere „runde Jubiläum“ wurde von Zeitzeugenberichten und Zeitungsbeiträgen begleitet. 50 Jahre nach dem Hochwasser erinnerten 1996 eine große Wanderausstellung, zahlreiche Aufsätze und ein eigenes Erinnerungsbuch an das katastrophale Ereignis.

75 Jahre nach der großen Flut stehen heute nur noch wenige Zeitzeugen zur Verfügung, etwa Karl-Ludwig Galle aus Nordhorn, der als 18jähriger mit seinem Faltboot durch die überfluteten Straßen von Lingen paddelte. Am alten Rathaus findet sich eine Wandplatte mit der damaligen Hochwassermarke; die allerdings war höher. der Marktplatz ist in den letzten 75 Jahren reichlich aufgepflastert worden.

Was bleibt nach 75 Jahren von der großen Naturkatastrophe? Zum einen die Hochwassermarken an einigen Rathäusern und Brücken, die an einem friedlichen Sommertag an der Ems unglaublich erscheinen. Dann die Fotos und Berichte der Zeitzeugen. Und all diese Zeugnisse erinnern daran, dass ein Jahrhunderthochwasser an der Ems sich jederzeit wiederholen kann.

(Text: Andreas Eiynck; Foto oben Marktplatz, unten Große Straße)