Ehre

4. Juni 2012

Ein in diesem Monat 100 Jahre altes Urteil des Reichsgerichts (Foto lks) beschäftigt mich. Während sich gerade die deutsche Strafjustiz an der Buchstabenfolge ACAB abarbeitet, gab es 1912 fundamentale Festlegungen der damaligen Strafjrichter, was denn wen wie zu beleidigen vermöge. Die Reichsrichter urteilten über eine Beleidigung und die SPD. Darüber schrieb jetzt Martin Rath zum Hundertjährigen  in der Legal Tribune Online eine nicht ganz ironiefreie Urteilsbesprechung:

„Im Juni 1912 stellte das Reichsgericht  fest, dass ein preußischer Polizist sich durch die Aufforderung, sich der SPD anzuschließen, in seiner Ehre verletzt fühlen dürfe. Das Urteil ist unglaublich reaktionär, mit sehr viel gutem Willen aber auch ein bisschen zukunftsweisend.

„August Bebel hat 1894 die deutsche Lehrerschaft aufgefordert, in die SPD einzutreten. Davon hat sich die Partei bis heute nicht erholt.“ – Die sarkastische Einschätzung, wie es einer Partei nach dem Zustrom von politisch engagierten Staatsdienern ergehen kann, wird Holger Börner zugeschrieben, der zwischen 1976 und 1987 SPD-Ministerpräsident von Hessen war.

Mit Urteil vom 28. Juni 1912 machte es das Reichsgericht in Leipzig für sozialdemokratische Funktionäre allerdings zu einer von Rechts wegen heiklen Angelegenheit, um Stimmen oder Engagement von „öffentlichen Beamten“ zu werben (Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen, RGSt 46, S. 151-154). Im oberschlesischen Beuthen hatte…“

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(Foto: Ehem. Reichsgericht in Lepzig, eine Aufnahme aus 2005 von Dirk Goldhahn CC)

Kronprinz

4. Juni 2012

Am Donnerstag kommt der niederländische Kronprinz Willem Alexander (Foto) ins benachbarte Almelo (Obverijssel). Er will eine weitere Halle der dortigen Urananreicherungsanlage einweihen. Niederländische und deutsche Anti-Atomkraft-Initiativen rufen zum Protest gegen den Betrieb und Ausbau der Anlage auf. Sie treffen sich daher am kommenden Donnerstag um 14.30 Uhr am Haupteingang der Anlage (Planthofsweg) und sie fordern Willem Alexander van Oranje Nassau  auf, nicht an der Einwehungsfeier teil zu nehmen.

Die Urananreicherungsanlage in Almelo ist übrigens ein Schwesterbetrieb der einzigen deutschen Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau. Beide Anlagen gehören zum Urenco-Konzern, an dem auch E.ON und RWE maßgeblich beteiligt sind. Nach einer umfangreichen Werksspionage in den 70er Jahren in Almelo basieren übrigens die heutigen Atomprogramme zur Urananreicherung in Pakistan wie im Iran auf der Urenco-Anreicherungstechnik mittels Gaszentrifugen.

Wenn es nach Urenco  geht, sollen bald von Almelo aus rund 50 Atomkraftwerke in aller Welt mit angereichertem Uran versorgt werden. „Um die Gefahren der weltweiten Atomenergienutzung zu reduzieren, müssen Urananreicherngsanlagen wie die in Almelo und Gronau, die den nuklearen Brennstoff für die Atomkraftwerke vorbereiten, sofort stillgelegt werden“, fordert Udo Buchholz (Gronau) vom Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU). Seit Jahren unterstützt der BBU grenzüberschreitend den Widerstand gegen die Urananreicherungsanlage in Almelo; er ruft auch zum Protest am kommenden Donnerstag auf (mehr…) .

Auch im Internet kann gegen die Teilnahme des Kronprinzen an der Anlagen-Einweihung protestiert werden. In einer Petition fordern die Gegner den Kronprinz auf, nicht an der Einweihungsfeier teilzunehmen. Zu finden ist diese Petition, die auch von Deutschen unterschrieben werden kann, hier.

(Foto: Willem Alexander, CC srslyguys (Flickr) )

Nachtrag vom 08.06.:
Es demonstrierten gestern nur drei Dutzend Aktivisten vor der Firma, als Kronprinz Willem Alexander mit einem Hubschrauber über ihre Köpfe hinweg einschwebte; zuvor hatte er in den Haag das erste Erdwärmekraftwerk der Niederlnde eröffnet. Als Finanzvorstand der Urenco arbeitete übrigens bis zu seinem Lawinenunfall Prinz Friso, der Bruder von Willem Alexander. Er liegt seit dem tragischen Unfall in Österreich im Wachkoma, inzwischen  in einer Londoner Spezialklinik. (mehr…)

Makaber: Während Willem Alexander die neue Produktionshalle in Almelo eröffnete, gab es im Schwesterbetrieb, der Urenco-Anlage im westfälischen Gronau Unruhe, ein Schwelbrand sorgte für Aufregung.