eingestellt

31. März 2021

Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat das Ermittlungsverfahren gegen den aus den USA nach Deutschland ausgewiesenen ehemaligen KZ-Wächter Friedrich Karl Berger wegen des Verdachts der Beihilfe zum Mord erneut eingestellt. Dem 95-Jährigen war zur Last gelegt worden, als Wachmann im Konzentrationslager Neuengamme, Nebenlager Meppen-Dalum (Foto) oder Meppen-Versen, zwischen dem 28. Januar 1945 und dem 4. April 1945 insbesondere durch die Bewachung eines Marsches zur Evakuierung der Nebenlager einen Beitrag zum Tod vieler Gefangener geleistet zu haben.

In Versen und Dalum hatte die SS seit November 1944 Außenlager des KZ Neuengamme eingerichtet. 4.000 Häftlinge aus Neuengamme mussten Panzergräben ausheben und gebunkerte Unterstände errichten, die das Vorrücken alliierter Truppen im Emsland stoppen sollten. Im Winter 1944/45 waren die Häftlinge in unzureichender Kleidung und undichten Baracken härtesten Witterungsbedingungen und Krankheiten ausgesetzt. Mehr als 600 Menschen starben.

Im März 1945 kamen dann auf dem Rückmarsch der KZ-Gefangenen nach Neuengamme „unter unmenschlichen Bedingungen“ rund 70 Häftlinge ums Leben. Berger, ein abkommandierter Marinesoldat, sei dabei als Wachmann eingesetzt gewesen. Generalstaatsanwaltschaft hatte das Ermittlungsverfahren bereits Ende November 2020 eingestellt, weil ein hinreichender Tatverdacht nicht zu begründen sei.

Nachdem der Berger am 20. Februar aus den USA nach Deutschland abgeschoben worden war und seine grundsätzliche Aussagebereitschaft signalisiert hatte, wurden die Ermittlungen wieder aufgenommen, um dem Beschuldigten rechtliches Gehör zu gewähren. Ein Verteidiger erklärte nach Rücksprache mit seinem Mandanten, dass dieser für eine verantwortliche Vernehmung als Beschuldigter nicht zur Verfügung stehe, hieß es in einer Mitteilung der Celler Staatsanwaltschaft am Mittwoch. Nach Ausschöpfen sämtlicher Beweismittel stellte die Generalstaatsanwaltschaft daher das Ermittlungsverfahren daraufhin erneut mangels hinreichenden Tatverdachts ein.

Der Deutsche war nach dem 2. Weltkrieg zunächst nach Kanada ausgewandert. Seit 1959 hatte er dann in den USA gewohnt – jahrzehntelang war seine Vergangenheit unbekannt. Erst die Auswertung der Personalkartei des KZ Neuengamme führte die Ermittler auf seine Spur: Am 3. Mai 1945, also unmittelbar vor dem Kriegsende, hatten im emsländischen Lünne gestartete Kampfbomber der Royal Air Force zwei, als schwimmende KZ in der Lübecker Bucht genutzte Schiffe angegriffen und versenkt. Auf dem ehem. Passagierschiff  „Cap Arcona“ starben dabei 4.600 KZ-Gefangene aus Neuengamme, auf dem ebenfalls versenkten Frachter „Thielbek“ weitere 2.800 Menschen. Später wurden in den untergegangenen Schiffen die Karteikarten der KZ-Wachmannschaften gefunden. Ihre Auswertung führte dann schließlich zu Berger. Nach Angaben der US-Behörden gestand Berger dann, als Wachmann in einem der beiden emsländischen Außenlager des Hamburger KZ Neuengamme Gefangene bewacht zu haben.

Eine US-Bundesrichterin in in Memphis (Bundesstaat Tennessee) ordnete daraufhin seine Abschiebung an. Die deutsche Justiz nahm die Ermittlungen gegen B. im Jahr 2020 auf, stellte sie mangels hinreichenden Tatverdachts aber Ende 2020 ein. Damals hieß es: „Die eingeräumte Bewachung von Gefangenen in einem Konzentrationslager, das nicht der systematischen Tötung der Gefangenen diente, reicht als solche für einen Tatnachweis nicht aus.“ Die Ermittlungen in den USA hätten den Beschuldigten nicht mit einer konkreten Tötungshandlung in Verbindung gebracht.

( Foto: Oben: ufnahme von CC Frank Vincentz CC BY-SA 3.0 via wikipedia; unten: lumbricus )

Jeremias

31. März 2021

Kennt Ihr Jeremias? Hört mal rein. Die Band aus Hannover ist der neue deutsche Pop-Knaller. (Ja ok, der Blogbetreiber ist schon etwas älter. Aber das ist schon etwas Besonderes)

Aus 70 Gründen.

Lutschpastillen

29. März 2021

Der Deutsche Presserat ist die Freiwillige Selbstkontrolle der Print- und Onlinemedien in Deutschland. Er tritt für die Einhaltung ethischer Standards und Verantwortung im Journalismus ein sowie für die Wahrung des Ansehens der Presse.Jetzt hat das Gremium hat auf seinen Sitzungen vom 23. bis 25. März insgesamt 15 Rügen ausgesprochen, fünf davon für Verletzungen des Opferschutzes sowie fünf wegen Schleichwerbung. Schleichwerbung gab es auch bei unserer Monopolzeitung:

Die Online-Ausgabe der NEUEN OSNABRÜCKER ZEITUNG wurde wegen gravierender Verstöße gegen die journalistische Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex und die besonderen Anforderungen an Medizin-Berichterstattung nach Ziffer 14 gerügt. Die Redaktion hatte unter der Überschrift „Fraunhofer-Institut: Extrakt aus Glandorf wirkt gegen Coronavirus“ lediglich auf Grundlage eines vorab veröffentlichten Manuskripts über eine Studie zur Wirksamkeit des „Cystus Pandalis-Extrakts“ gegen das Corona-Virus berichtet. Die Untersuchung habe die antivirale Wirksamkeit des Extrakts beweisen können, heiße es im Manuskript. Der Artikel ließ – insbesondere angesichts der dünnen Quellenlage – die notwendige journalistische Distanz vermissen. So fand beispielsweise eine Einordnung durch einen unabhängigen Experten nicht statt. Stattdessen formulierte die Redaktion insbesondere in der Überschrift ein Wirkversprechen für die frei verkäuflichen Lutschpastillen, das geeignet war, unbegründete Hoffnungen bei den Lesern zu erwecken.

Die Rüge ist das härteste Sanktionsmittel des Presserats: Das Medium wird aufgefordert, eine „Öffentliche Rüge“ abzudrucken.  Ich bin gespannt, ob und wie die NOZ das macht.

Diener vieler Herren

27. März 2021

Lesebefehl:

Der Leidensdruck ist in der korruptionsgeplante Union derzeit offenbar so groß, dass die Regierungskoalition eine echte Reform der Transparenzregeln für Abgeordnete beschlossen hat. Unter anderem sollen Direktspenden verboten sein. Gemeinsam mit den anderen Maßnahmen wäre das ein großer Schritt in Richtung einer saubereren Politik in Berlin.

Bei manch Bundestagsabgeordnetem muss man nur einen Blick auf die Klingelschilder an der Tür werfen, um zu sehen: Dieser Parlamentarier ist ein wandelnder Interessenkonflikt. Zum Beispiel Joachim Pfeiffer von der CDU. Im Namen der Union setzt er sich für Wasserstoff ein, gleichzeitig sitzt er im Beirat einer Firma im Wasserstoff-Geschäft. Auch nach Montenegro pflegt er gute Beziehungen, wie der Zeit bei einem Blick auf, genau, die Klingel von Herrn Pfeiffer aufgefallen ist.Der Bundestagsabgeordnete Joachim Pfeiffer ist einer der wichtigsten Energiepolitiker der CDU. Nun fallen seine Nebentätigkeiten auf. „Gibt es einen Zusammenhang zwischen Politik und Geschäft?“ fragt die ZEIT und setzt fort:

„Die Wortwahl ist eindeutig. „Ich bin entsetzt und enttäuscht. Das geht so gar nicht.“ Der CDU-Bundestagsabgeordnete Joachim Pfeiffer hat eine klare Haltung zu den Maskendeals einiger Kollegen. In der vergangenen Woche stellte er auf seiner Internetseite klar: „Finanzielle und sonstige Vorteile“ wegen seiner politischen Kontakte gab und gibt es für ihn nicht. Nicht in der Maskenaffäre.

Wenige Tage später, am Montagabend dieser Woche, muss sich Pfeiffer vor seinem Kreisverband rechtfertigen. Wegen anderer Nebengeschäfte. Vor der Tür stehen 50 Demonstranten. Sie fordern mehr Ehrlichkeit, Transparenz und ein Lobbyregister. Drinnen sind etwa 30 CDU-Mitglieder des Kreisverbands Rems-Murr und des Ortsverbands Waiblingen zusammengekommen, unter ihnen auch Rosely Schweizer, die…“

[weiter in der ZEIT]

10 Jahre

26. März 2021

Vor etwa 10 Jahren bekam der jüngst verstorbene Kaufmann Bernhard van Lengerich in seiner Wohnung an der Lindenstraße Besuch. Führende Leute der CDU und der damals noch nicht so lang im Amt befindliche Oberbürgermeister versuchten, ihren Gastgeber van Lengerich davon zu überzeugen, keine Einwände gegen die vor dem Neubau stehenden EmslandArena zu erheben. Schließlich versprachen sie ihm in die Hand, einen lukrativen Neubau bzw Anbau zu seinem BvL-Haus zu genehmigen, wenn er in Sachen EL-Arena still halte.

In der vergangenen Woche hat der Planungs- und Bauausschuss unserer Stadt zugestimmt, den damals versprochenen Anbau auf einem zu einem Großteil städtischen Grundstück zu ermöglichen. Zuvor hatte bereits der Grundstücksbewertungsausschuss des Katasteramts in einem unfassbar hanebüchenden Gutachten festgelegt, dass die notwendigen städtischen Grundflächen nur rund 90 Euro pro Quadratmeter wert seien. Eine grotesk falsche Bewertung, wie man zwanglos erkennt, wenn man weiß, dass das direkte Nachbargrundstück für das Vierfache dieses Preises dem Investor verbindlich angeboten wurde. Oder dass die Neubaugebiete der Stadt mehr als das Doppelte für Wohnbauflächen kosten. Dabei ist der Investor längst nicht mehr die Familie van Lengerich sondern eine niederländische Investmentgesellschaft. Kurzum: Es ist nur schlimm und wird der längst gebeutelten Lingener Innenstadt einen weiteren Stoß versetzen. So etwas ist übrigens die direkte Folge von geheimen, politisch motivierten Zusagen einerseits und unqualifizierter Führung im Rathaus; OB Krone hatte und hat nämlich von Stadtentwicklung keine Ahnung. Und in der CDU hatten und haben Ortsratsfürsten aus ländlichen Ortsteilen das Sagen, denen das Stadtzentrum gleichgültig ist.

„Wir müssen unsere Städte ein Stück weit neu erfinden und auch neu entdecken“, sagte in dieser Woche Raumplaner Frank Osterhage vom Dortmunder Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung in einer digitalen Konferenz des niedersächsischen Regionalministeriums am Donnerstag. Damit meinte er nicht Ortsteile von Mittelstädten. Schon vor Corona seien viele Innenstädte leerer geworden, so Osterhage. Eine bessere Aufenthaltsqualität, etwa mit mehr Grünflächen, ansprechenderen digitale Angebote sowie einer vielfältigeren Nutzung, zu der neben Geschäften auch Gastronomie, Ärzte und Wohnungen gehörten. Zudem gewinne die Anbindung an den Nahverkehr im Vergleich zur Erreichbarkeit mit dem Auto an Bedeutung. Viele Städte arbeiteten bisher nicht strategisch, sagte Axel Priebs von der Akademie für Raumentwicklung in Hannover. Die Abstimmung der Öffnungszeiten oder die Modernisierung des öffentlichen Raums beispielsweise seien vernachlässigt worden. Priebs sprach zudem von einer oftmals katastrophalen Online-Präsenz des stationären Handels.

Wie das Ende einer Innenstadt geht, kann man in Lingen (Ems) längst an jeder Ecke sehen. Die Spezialgeschäfte schließen, eine Moschee belastet die nördliche Innenstadt und in Lingen werden Spezialgeschäfte durch großflächige Handelsbetriebe außerhalb des Stadtzentrums ersetzt. Beispielsweise durch das über den Grundstückspreis mit rund 1 Million Euro subventionierte, von CDUSPD goutierte „Fachmarktzentrum“ bei BvL. Mit solchen Vorhaben presst man die Menschen aus ihrem Zentrum, und unsere Stadt bekommt Leerstände in einem entvölkerten Stadtzentrum ohne Perspektive. Es wird Jahrzehnte und viel (Steuer-)Geld kosten, die Fehler dieser Krone-Jahre wieder rückgängig zu machen. Wenn es überhaupt geht.

 

Freispruch

25. März 2021

Der um sich greifenden Blockwartmentalität bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie verpasst das Oberlandesgericht Koblenz einen Dämpfer. Nicht jedes Zusammentreffen von Personen ist laut dem Gericht eine „Ansammlung“, die ein Bußgeld nach sich zieht.

Der Betroffene war in Begleitung eines Freundes am Geldautomaten. Dort traf er wiederum zufällig einen Bekannten, der seinerseits in Begleitung eines Freundes war. Polizeibeamte beobachteten das ungefähr ein bis zwei Minuten währende Gespräch, bei dem die Personenpaare einen Abstand von 1,5 bis 2 Metern einhielten. Zu dem Gespräch kam es deswegen, weil sich die Beteiligten begrüßen wollten. Außerdem hat der Betroffene seinem Bekannten zum Tod von dessen Großmutter kondoliert.

100 Euro Bußgeld sollte der Betroffene zahlen, wogegen er vor Gericht zog. Während ihn das Amtsgericht noch verurteilte, sehen die Richter am Oberlandesgericht die Sache differenzierter. Sie stellen insbesondere klar, dass bei jedem coronoabedingten Verbot immer die Frage gestellt werden muss, ob es zur Verhinderung von Neuinfektionen erforderlich ist. Alles andere sei ein unverhältnismäßiger Eingriff in „unantastbare Rechte“ der Bürger.

Eine verbotene Ansammlung liege nicht vor, wenn das Zusammentreffen zufällig, also ohne konkrete Planung erfolgt und auf kaum ehr als einen „flüchtigen Moment“ ausgelegt ist. Ansonsten käme es ja auch schon beim Einkaufen oder Spazierengehen zu unzulässigen Ansammlungen. Überdies sei in Rechnung zu stellen, dass die Beteiligten die Mindestabstände einhielten.

Freispruch.

Aktenzeichen 3 OWi 6 SsRs 395/20

Segen für alle

24. März 2021

Eine bemerkenswerte Aktion des Pfarrgemeindert der Lingener St. Bonifatius Kirche. Der Vatikan bzw. seine Kongregation der Glaubenslehre hatte bekanntlich in der letzten Woche die Segnung von Schwulen und Lesben untersagt.

Buren-Skandal

23. März 2021

Das Emslandmuseum berichtet just in seinem Blog über den Buren-Skandal vor drei Jahren und hat herausgefunden, dass der Skandal kein Skandal war. Eine wunderbare Emslandgeschichte:

Mit großem Widerhall in Presse und Medien wurde 2018 das große Ortsjubliäum „1200 Jahre Emsbüren“ kurzerhand abgesagt, weil sich die entsprechende Urkunde zum Jahr 819 als Fälschung des 10. Jahrhunderts herausgestellt hatte. Das hatten die Historiker zwar schon Jahre vorher herausgefunden, aber nun hatte es sich auch bis Emsbüren herumgesprochen.

Noch bevor man die Hintergründe dieser Fälschung auf sachlicher Ebene erst einmal diskutiert hatte – eine gefälschte Urkunde enthält in der Regel auch viele zutreffende Informationen, sonst wäre sie ja nicht glaubwürdig – fürchtete die Emsbürener Geistlichkeit um ihre eigene Glaubwürdigkeit beim Jubiläum und wandte sich in ihren Gewissensnöten an die vorgesetzte Dienststelle der Diözese, die sich mit solcherlei Anfragen wohl auch nicht jede Woche beschäftigt.

In erstaunlicher Geschwindigkeit kamen dabei Historiker des Bistumsarchivs in Osnabrück, die bislang nicht unbedingt durch Forschungen zum Mittelalter in Erscheinung getreten waren, zu dem aus kirchlicher Sicht – wen wunderts – unanfechtbaren Urteil, dass man auf Grundlage einer gefälschten Urkunde keinen echten Geburtstag feiern dürfe. Kirche ist ja bekanntermaßen stets um Wahrheit und Transparenz bemüht. Etwas erstaunt ist man da schon, denn wenn der Grundsatz, dass Dinge aus der Vergangenheit, für die man keinen urkundlichen Nachweis besitzt, nicht gefeiert werden dürfen, dann dürfte ja gerade in der katholischen Kirche, wenn man’s zu Ende denkt, so manches nicht gefeiert werde. In Emsbüren hielt man sich jedenfalls an die Ansage aus Osnabrück zur Absage des Jubiläums.

Unrecht – wie der namhafte Mittelalter-Historiker Prof. Dr. Manfred Balzer jetzt in einem umfangreichen Beitrag in der wissenschaftlichen Zeitschrift „Nordmünsterland“ (Bd. 8, 2021) erläutert.

Balzer kommt nämlich zu dem Ergebnis, dass der im Mittelpunkt der gefälschten Urkunde von 819 stehende Abt Castus in Visbek identisch ist mit jenem Castus oder Gerbert, der als Schüler und Weggefährte des Heiligen Ludgerus schon lange bekannt ist. Auf breiter Quellenbasis stellt Balzer heraus, dass die in der Falschurkunde von 819 genannten Orte sehr wohl als Freren und Emsbüren identifiziert werden können und dass auch absolut wahrscheinlich ist, dass diese Orte um das Jahr 820 schon existierten und über eine Kirche verfügten.

Hat er oder hat er nicht ? – Ludgerus als Gründer der Kirche in Emsbüren am dortigen Kirchenportal

Im Verlauf seiner Darstellung kommt Balzer zu dem Ergebnis, dass der Diakon Castus zur Sippe des heidnischen Sachsenherzogs Widukind gehörte. Sein Familienzweig verfügte über erhebliche Besitzungen im heutigen Oldenburger Münsterland, im Osnabrücker Nordland sowie auch im Südlichen Emsland. Castus stiftete seinen Erbteil, das waren vor allem Bauernhöfe, zum einen für das Kloster Werden, das sein Lehrer Ludgerus gegründet hatte, und zum anderen für ein von ihm selber gegründetes kleines Kloster in Visbek, das später samt allem Zubehör in den Besitz des Klosters Corvey an der Weser gelangte.

Zu diesen Stiftungen des Castus gehörten auch zahlreiche Höfe und die Zehnteinnahmen in Freren, die später an Corvey fielen, sowie Höfe in Schale, die das Kloster Werden erhielt. In Schapen richtete dieses Kloster schon im 9. Jahrhundert einen Haupthof ein, der die zahlreichen Einnahmen der Mönche aus der Umgebung sammelte, und errichtete dort schon früh eine Kirche unter dem Patronat des Heiligen Ludgerus.

Emsbüren hat durch den vermeintlichen Skandal um die gefälschte Urkunde nicht nur sehr viel Staub aufgewirbelt, sondern sehenden Auges ein wichtiges Ortsjubiläum verstreichen lassen.

Die Herren vom Bistumsarchiv empfahlen seinerzeit ersatzweise ein Jubiläum zum Jahr 1181 – damals wurde die Pfarrei Emsbüren zum ersten Mal erwähnt. Das Jubiläum wäre dann 2081. Bis dahin ist ja noch Zeit und wer weiß denn, ob es in der Zwischenzeit bezüglich der Echtheit dieser Quelle nicht noch zu neuen Erkenntnissen kommt. Oder zu einem neuen Sturm im Wasserglas.


Quelle und Fotos: Emslandmuseum Lingen;  Literaturhinweis: Manfred Balzer: Abt Castus von Visbek. In: Nordmünsterland. Forschungen und Funde. Bd. 8, 2021.

Zwar liegt sie inzwischen schon drei Wochen und ein paar Tage zurück. Doch die Aktion vom 27. Februar, über die zu berichten ist, ist bemerkenswert. Ein Kollektiv von Studierenden der Hochschule hat sich des Themas angenommen, das die LingenerInnen seit Jahren umtreibt. Die Rosemeyer-Saga. Der aus Lingen stammende Bernd Rosemeyer trat 1933 (nach eigener Bekundung gar schon im Jahr zuvor)  als einziger der deutschen Spitzenrennfahrer und ohne Zwang der SS bei. Trotzdem plant der rennsportbegeisterte Kaufmann Heinrich Liesen trotzig in der Burgstraße ein Museum, das an diesen NS-Parteigänger (und an die Pilotin Elly Beinhorn, Rosemeyers Ehefrau) erinnern soll. Das stößt zu recht auf viel Empörung und Widerstand vieler Zeitgenossen vom Forum Juden-Christen bis zum aufgeklärten Flügel der lokalen CDU, weil Rosemeyer als SS-Offizier schamlos die braune NS-Propaganda beförderte

Heinrich Liesen hat übrigens seit dem vergangenen Sommer Profis angeheuert. Das Münsteraner Architekturbüro Schwertfeger & Vogt will das Museum für den SS-Offizier eventorientiert daherkommen lassen. Für Geld machen bestimmte Personen eben viel…

Eifrige wie gelegentliche LeserInnen dieses Blogs wissen von alldem. Am 27. Februar jedenfalls entstand Lingens erste Pop-Up-Galerie. Wegen Rosemeyer, oder besser, wegen des Rosemeyer-Museumsplan. Erst jetzt gab es dazu ein Statement der Initiatoren, das ich gern wiedergebe:

„Bernd Rosemeyer war ein gefeierter Held im NS-Deutschland! Das ist ein Fakt, der nicht zuletzt durch die Beileidsbekundung hinreichend verdeutlicht wurde, die Adolf Hitler für ihn verfasste. Wenn nun ein Museum für genau diesen Menschen geplant wird, sehen wir als Kunstschaffende es als unsere Pflicht an das Bild des Bernd Rosemeyers zu vervollständigen, die Legenden um „den jungen, naiven Menschen, der doch nur seiner Karriere nacheiferte“ zu brechen und damit einen Diskurs voranzubringen, den momentan viele Menschen auf der Welt bewegt.

Bewegungen wie „Black Live Matters“ zeigen auf, wie in unserer Zeit immer noch Menschen mit Denkmälern glorifiziert werden, die zu ihrer Zeit höchst verachtenswertende Ideologien unterstützt haben. Gleichzeitig zeigen Fälle wie die gescheiterte Umbenennung der „Hindenburgstraße“ in Northeim zu „Sophie-Scholl-Straße“, dass die Menschen, die diesen Umstand stoppen könnten, immer noch nicht dazu bereit sind.

Mit unserer Aktion vom 27.02.2021 wollten wir diesen Diskurs aufnehmen und die Art und Weise wie die Geschichte Rosemeyers im Rahmen des Museums aufgearbeitet werden soll zu kritisieren. Als „Pop-Up Galerie Tulpenmüller“ haben wir also unseren Vorschlag für die Aufarbeitung der Geschichte im Vorraum der Baustelle des Museums erschaffen. Die Reaktion der Museumsplaner zeigte erneut, wie mit den unliebsamen Details der Vergangenheit umgegangen wird. Nach nicht einmal sechs Stunden waren alle eindeutigen Symbole unserer Arbeit verschwunden.

Zurück blieben die Schrankvitrine, die weißen Spitzendeckchen und die Spielzeugautos. Vor Ort wurde noch beobachtet wie die Tulpen entfernt wurden, die „zu Schade zum Wegwerfen“ seien und daher „der Ehefrau zu Hause mitgebracht“ würden.“