Beinbruch

15. November 2010

Während der Landkreis Emsland für die nicht marktfähige Transrapid-Technologie Hunderttausende an Subventionen in den Sand gesetzt hat und das Projekt jetzt -wie zu erwarten und hier angekündigt- trotz Brasilien und sonstwo und kräftigen lokalen Worten wohl alsbald beendet wird, fehlt Geld für den Ausbau der Bahnstrecke Leer-Oldenburg. Diese Bahnstrecke gehört nämlich zu den 9 jetzt im aktualisierten Bedarfsplan für Straße und Schiene durch Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) gestrichenen Bahnprojekten bundesweit -gleich zwei davon in Niedersachsen-, die vorerst nicht umgesetzt werden. Der zweispurige Ausbau „bringt derzeit keinen ausreichenden wirtschaftlichen Nutzen und soll deshalb vorerst nicht umgesetzt“ werden. So steht es im Bedarfsplan für Straße und Schiene bis zum Jahr 2025, den Bundesverkehrsminister Ramsauer  dem Verkehrsausschuss des Bundestags vorgestellt hat. Der Bund stellt also zunächst keine Mittel für Leer-Oldenburg zur Verfügung. Der Streckenausbau sei nicht wirtschaftlich, heißt es zur Begründung.  Als wirtschaftlich wird eine Strecke angesehen, wenn sie für jeden investierten Euro auch einen Euro Nutzen bringt oder in Stuttgart liegt… 😉

Zur Streichung des Ausbaus der Strecke Oldenburg-Leer kommentierte der niedersächsische Wirtschaftsminister Bode, dies sei „kein Beinbruch“. Der vorgesehene zweigleisige Ausbau sei kein Projekt des „vordringlichen Bedarfs“, deshalb gebe es kein Eile. Südemsländer erreichen Oldenburg und die Hansestädte Bremen und Hamburg also in zumutbarer zeit weiterhin nur über die Südroute Rheine-Osnabrück.

Übrigens hat Michael Ziesak, Bundesvorsitzender des Verkehrsclub Deutschland (VCD) Recht mit dieser Aussage:

“Der von Minister Ramsauer vorgelegte Bericht hat mit der Realität nicht viel zu tun. Zum einen werden Straßenbauprojekte grundsätzlich besser beurteilt als Schienenprojekte. In den Prognosen wird dabei mit einem Ölpreis für 2025 gerechnet, der fast ein Drittel unter dem heutigen Niveau liegt, obwohl selbst konservative Schätzungen von einem Preis von mehr als 100 Dollar pro Barrel für 2025 ausgehen.“

Die Verkehrsprognose 2025, die der Überprüfung zu Grunde liegt, geht von einem Rohölpreis von 60 Dollar pro Barrel im Jahr 2030 aus, obwohl er schon heute bei 85 Dollar liegt. Selbst die Internationale Energieagentur geht mittlerweile von einem Ölpreis von rund 120 Dollar (in Preisen von 2010) aus, andere Gutachten von 200 Dollar und mehr. Es ist einfach nur peinlich und soll die Menschen wohl verdummen, wenn CSU-Mann Ramsauer eine Planung präsentiert, der einen derartigen Berechnungshumbug enthält.

Was übrigens der Bedarfsplan für Straße und Schiene zu dem vom Landkreis Emsland forcierten, autobahnähnlichen Straßenausbau der B 402 und B 213 aussagt, habe ich bislang nicht herausfinden können. Angesichts der dramatischen Unterfinanzierung des ganzen Planes, wahrscheinlich nicht viel.

 

Nachtrag:
Grundsätzliches zur Verkehrspolitik a la CDUCSUFDP  formuliert der Kölner Stadtanzeiger hier

(Foto: Lingener Bahnhofsgleise; © dendroaspis2008)