Mehr als dreißig BesucherInnen nahmen am Mittwoch an der Führung des Forum Juden Christen über den Jüdischen Friedhof teil. In zwei Gruppen informierten Simon Göhler und Georg Wichmann über einzelne Grabsteine, jüdische Begräbnistraditionen und den Einfluss jüdischer Menschen auf die Entwicklung des südlichen Emslandes. Bis zur Eröffnung des Jüdischen Friedhofes in Freren fanden auch die Beisetzungen der Synagogengemeinde Freren (mit Lengerich und Fürstenau) in Lingen statt.

Göhler und Wichmann konnten bei der Vorbereitung ihrer Führungen auf das 2009 erschienene  Buch von Anne Scherger „Der Jüdische Friedhof in Lingen“  zurückgreifen.

Eine der Gruppen mit Georg Wichmann. Foto: fwp

Als besonderer Gast nahm Beverly Pinto (USA) teil. Sie ist die Tochter von Erna Pinto, die als Erna Heilbronn in Lengerich (Emsland) geboren wurde. Ihr Vater war Bendix Heilbronn, der 1944 in Auschwitz ermordet wurde. Erna Heilbronn wurde ins KZ Westerbork verschleppt. Sie überlebte die Shoa und heiratete Erich Pinto, den sie in Westerbork kennengelernt hatte.

v.l.: Simon Göhler, Beverly Pinto, Angela Prenger, Georg Wichmann, Friedhelm Wolski-Prenger. Foto: Elisa Eilermann

Beverly Pinto war zu Besuch bei der Familie Sels in Lengerich. Gerhard Sels, lange Zeit Stellvertretender Vorsitzender des Arbeitskreises Juden-Christen, hatte Überlebende der Schoa und deren Nachkommen nach Lengerich eingeladen. Ausführlich wird dies im Buch „Vom Leben und Sterben der Lengericher Juden“ dargestellt.

Beverly Pinto (l) mit Elisa Eilermann Foto: fwp

Beverly Pinto wurde von Elisa Eilermann, geb. Sels begleitet. Die Lehrerin am Lingener Franziskusgymnasium leitet einen Seminarkurs zum Judentum. Das Forum unterstützt die Seminararbeit. TeilnehmerInnen des Kurses nahmen an der Friedhofsführung teil. Als Begründung für die Teilnahme am Seminarfach nannte eine Schülerin ihre Sorge um den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland. Anschließend an die Friedhofsführung besuchten Beverly Pinto den Gedenkort Jüdische Schule. Sie zeigte sich beeindruckt von der Erinnerungsarbeit des Forums.


Das Buch von Anne Scherger ist für 10 Euro über info@juden-christen.de erhältlich. Es wird auch in diversen Antiquariaten angeboten, allerdings zu vielfach überhöhten Preisen.


Ein Crosspost aus dem Blog des Forum Juden Christen

Eine lesenswerte Dokumentation über die Lengericher Juden legt Gerhard Sels vor. Die Anfang letzter Woche erschienene Publikation bezieht auch namhafte Lingener jüdischen Glaubens ein, die sich 1842 mit ihren Glaubensbrüdern aus Lengerich, Thuine, Freren und Fürstenau zu einer Synagogengemeinde mit Sitz in Freren zusammen. 1869 beschloss man dann in Lingen (Ems),  eine eigene Synagogengemeinde zu gründen. Juden in Lengerich und Lingen (Ems) waren auch verwandschaftlich verbunden. Im Buch von Gerhard Sels findet man einen Stammbaum der Familie Heilbronn. Wiulhelm Heilbronn, der 1942 in Riga ermordete Vater der jüngst verstorbenen Ehrenbürgerin Ruth Foster, stammt aus Lengerich. Die Lengericher Juden wurden auf dem Lingener Friedhof beerdigt. Erst 1926 stiftete Berthold Schwarz aus Freren den Friedhof in Freren.

Sels‘ Buch beeindruckt nicht nur durch die Verschriftlichung der über Jahrzehnte währenden Erinnerungs- und Versöhnungskultur des engagierten Sozialdemokraten.

Der Verfasser ist auch Mitglied im Forum Juden Christen. Dort höre ich: „Wir sind dankbar für seine unermüdliche Arbeit, und stolz auf „unseren“ Gerhard Sels sind wir auch!“ Lob auch von anderer Seite: „Dies ist eine eindrucksvolle Darstellung, die nur aufgrund seiner umfassenden Kenntnisse und seiner Kontakte vor allem zur Familie Heilbronn so entstehen konnte“, betonte jüngst Lengerichs Gemeindedirektor Matthias Lühn und Bürgermeister Gerd Wübbe ergänzte: „Das ist eine wirklich wichtige und sinnvolle Arbeit. Wir sind Herrn Sels dafür sehr dankbar.“

Gerhard Sels, Vom Leben und Sterben der Lengericher Juden, 116 Seiten, A4, 15 €, erhältlich im lokalen Buchhandel und bei der Gemeinde Lengerich.

SelsJuden