Schirmherr

12. August 2012

Es gibt Neues in der „Affäre Wulff“ und es lohnt ein wenig Suchen im Internet :

Bekanntlich verdächtigt die Staatsanwaltschaft Hannover seit Ende des 2011 den ehem. Wulff-Sprecher Olaf Glaeseker der Bestechung. Glaeseker soll nämlich den „Event-Manager“ Manfred Schmidt organisatorisch und finanziell bei dem privaten „Nord-Süd-Dialog“ geholfen haben, eine Party von Prominenten und Regierungsvertretern aus Niedersachsen und Baden-Württemberg, die  zwischen 2007 und 2009 stattfanden und bei denen Christian Wulff  (Foto lks.) als damaliger niedersächsischer Ministerpräsident „Schirmherr „war. Für diese Veranstaltungen habe der Mitarbeiter der Staatskanzlei Olaf Glaeseker mehr als eine halbe Million Sponsorengelder eingeworben und niedersächsische Staatsbetriebe eingesetzt.  Die Staatsanwaltschaft verdächtigt  Glaeseker, Schmidt auf diese Weise organisatorisch und finanziell unterstützt zu haben. Im Gegenzug soll er mehrere kostenlose Urlaube in Feriendomizilen von Schmidt verbracht haben, unter anderem 2008 mit Gattin Vera und anderen (s.u.) einen kostenlosen Urlaub in Schmidts spanischer Finca; die Süddeutsche berichtet, dass die mehrfach durchgeführte Veranstaltung vor allem für Schmidt ein großer wirtschaftlicher Erfolg war…

Manfred Schmidt? Er ist der „Partykönig für die politische und wirtschaftliche Elite“ des Landes. Einer seiner engsten Geschäftspartner: Michael Mronz, der Mann von Außenminister Guido Westerwelle. Er sei ein „Sozialarbeiter auf anderem Level“, hat er mal über sich selbst gesagt. So berichtete Anfang des Jahres die „Süddeutsche„. eines der Schmidt-Projekte während der schwarz-gelben Regierungszeit: Der Nord-Süd-Dialog.

Olaf Glaeseker? Kurz vor Weihnachten 2011 hatte der noch als Bundespräsident amtierende Christian Wulff seinen Sprecher Glaeseker ohne Angabe von Gründen und völlig überraschend entlassen. Es war nicht irgendein Sprecher. Der Mann aus Oldenburg war der engste Vertraute von Wulff.  Angenommen wird, dass Journalisten-Anfragen im Bundespräsidialamt zur Rolle Glaesekers bei der Organisation eben des „Nord-Süd-Dialogs“ den Pressesprecher so unter Druck gesetzt hatten, dass er für Wulff  nicht länger haltbar war.

Zu den staatsanwaltschaftlichen Vorwürfen gegen seinen ehemaligen Vertrauten ist nun Ex-Bundes- und Ministerpräsident Christian Wulff am 29. Juni von der Staatsanwaltschaft Hannover  vernommen worden. Jetzt sind Informationen aus der Vernehmung durchgesickert, zu der sich die Anklagebehörde nicht äußern werde, so gestern ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Das Magazin „Focus“ weiß aber offenbar dass die Vernehmung fast drei Stunden dauerte und Wulff vor allem zu den drei Partys („Nord-Süd-Dialoge“) befragt worden ist.  In seiner Aussage sei Wulff, so der focus, auf Distanz zum Beschuldigten Glaeseker gegangen. Wie  das? Der Zeuge Wulff soll den vernehmenden Beamten gesagt haben, er habe nichts gewusst – also weder von der Party-Sponsorensuche durch Glaeseker noch von den anschließenden Gratisreisen.

Laut „Bild am Sonntag“  (BamS) soll Glaeseker  seinem Chef Wulff aber keineswegs verschwiegen haben, von Manfred Schmidt eingeladen worden zu sein. BamS-Schwester BILD, längst eine Intimfeindin Wulffs, legt nach:

„Augen- und Ohrenzeugen aus der Wulff-Zeit in der Staatskanzlei von Hannover erinnern sich, wie Wulff nach der Rückkehr von einem Spanien-Urlaub Glaeseker gefragt haben soll: „Na, wie war es bei Manfred?“ Glaeseker habe damals auch nicht verschwiegen, als langjähriger Freund von Schmidt eingeladen worden zu sein, also nichts bezahlt zu haben.

Als unwahrscheinlich gilt zudem, dass Wulff vom gemeinsamen (und kostenlosen) Urlaub des Ehepaars Glaeseker mit Wulffs Tochter Annalena und Ex-Frau Christiane auf der Schmidt-Finca im Jahr 2008 nichts gewusst haben soll.

Entgangen kann dem damaligen Ministerpräsidenten auch nicht sein, welche Rolle Glaeseker bei den Nord-Süd-Dialogen spielte. Wulff selbst trat als Schirmherr der Veranstaltungen auf und erschien mit Ehefrau Bettina bei einem Abendessen mit potenziellen Sponsoren am 14. Oktober 2009 in Hannover. In der Staatskanzlei war es auch kein Geheimnis, dass Glaeseker Wulffs Beauftragter für den Nord-Süd-Dialog war.“

Auch Olaf Glaeseker (mehr…) hat jetzt öffentlich empört reagieren lassen, obwohl er noch vor kurzem mit Wulff lecker essen gewesen sein soll (Quelle). In der BamS heute jedenfalls kommentiert sein Anwalt Guido Frings die Berichte über die Aussage von Wulff deutlich:

„Die Verteidigung ist verwundert, in hohem Maße irritiert und findet diese vermeintlichen Aussagen befremdlich, da sie nicht mit dem Kenntnisstand der Verteidigung auch nur ansatzweise in Einklang zu bringen sind.“

Olaf Glaeseker selbst schweigt bisher zu den Beschuldigungen. Der gebürtige Oldenburger hat noch nicht bei der Staatsanwaltschaft ausgesagt. Erst wenn ihre Ermittlungen abgeschlossen sind, wollen ihn die Staatsanwälte befragen. Und wenn sie Anklage gegen Olaf Glaeseker erhebt? Dann wohl „naht ein spannendes Duell zwischen Ex-Präsident Wulff und seinem Ex-Vertrauten“ (BILD) – vor dem Landgericht Hannover.

(Foto: Christian Wulff 2009.  von Martina Nolte, / Lizenz: Creative Commons BY-SA-3.0 de)

3 Antworten to “Schirmherr”

  1. Hilbers,H.G. said

    Wer solche Freunde hat (hatte) wie Olaf Glaeseker, der braucht
    keine Feinde mehr.

    • Ich glaube, dass diese Bemerkung, Hansi, etwas zu kurz greift. Hinter all dem, was wir da gerade wieder über die Niedersachsen-CDU und ihre Strippenzieher erfahren, steckt doch eine Geisteshaltung, die sich auch einer Sache wieder findet, die in diesem Cicero-Artikel aufgearbeitet ist, der über Wulff berichtet: Uns kann keiner, sagt man dazu wohl oder auch: „Der Staat gehört uns, wir bestimmen!“. Dann wird eben runter bis zum letzten Hausmeister nach Parteibuch besetzt und Regeln, die für alle gelten, gelten nicht mehr für einen selbst.

      Man erlebt so etwas übrigens auch in über Jahrzehnten von einer Partei „beherrschten“ Gebietskörperschaften. Doch jetzt fahr ich erst einmal in einen ununterbrochenen (!) 12tägigen (!) Urlaub, bevor ich über das letzte Jahr plaudere und all das, was in unserem Städtchen geschoben wurde, von dem in diesem Blog vielleicht 10% zu lesen war. Und da kalkuliere ich sehr optimistisch.

      Funktionieren kann so etwas immer nur, wenn die Medien nicht kontrollieren. In Niedersachsen war dies vor den „social-network-Zeiten“ so und es wird jetzt schwieriger.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..