Vatertag

10. Mai 2018

Aus Gruenden und in Englisch. Doch auch hierzulande verständlich –  oder?

Selbstverständlich

10. Mai 2018

Am vergangenen Sonntag hat eine außerordentliche Mitgliederversammlung des Abifestivalvereins mit 95% Stimmen der Anwesenden beschlossen, das Abifestival 2018 ausfallen zu lassen. Es hätte am 15. und 16. Juni stattfinden sollen. In der offiziellen Sprachregelung ist zwar von „Pause“ die Rede. Doch angesichts der erheblichen Zahlungen, die jetzt ohne Einnahmen auf die beiden „AF“-Vereine zukommen, darf man nicht sicher sein, dass die Macher genügend Finanzen und Kraft haben, im kommenden Jahr tatsächlich wieder anzutreten – ganz abgesehen von dem Ansehensverlust in der Szene und dem unermesslichen Schaden an Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit als Veranstalter.

Es ist also ganz und gar nicht schön, was aktuell aus den Kreisen des Abifestivals nach außen dringt oder offiziell verlautbart, bisweilen gar in schrecklich-devotem DiplomateDiplomatendeutschndeutsch.

Im ersten offiziellen Statement wurde das „Fehlen von Helfern“ als Hauptgrund dafür ausgemacht, dass das Abifestival 2018 kurzfristig nicht stattfinden kann. Kurzfristig, weil sechs Wochen in Wahrheit nur einen Wimpernschlag in einem schnelllebigen Geschäft bedeuten, in dem die nächste Mario Barth- oder Seeed-Tournee bis zu 18 Monate und mehr im Voraus angekündigt werden.

In einem später in der „Lingener Tagespost“ erschienenen Gespräch der Vereinsverantwortlichen mit den LT-Redakteuren klingt das nun schon anders. Hier wird argumentiert, dass „[es] Sicherheitsauflagen, für die eine gewisse Personenzahl notwendig ist“ gebe. Wir sehen also zwanglos: Der Grund für die Absage kann auch an anderer Stelle liegen. Oder anders: Das Problem der fehlenden Helfer stellt sich auf einmal ganz anders dar.

Fakt ist, eine Veranstaltung mit der Größe des Abifestivals hat, spätestens seit den Ereignissen von Duisburg vor acht Jahren, andere Auflagen zu erfüllen, als ein Straßenfest in Lingen-Damaschke.

Allerdings ist auch hier ein merkwürdiges Ungleichgewicht zu beobachten. Oder haben Sie etwa beim Kivelingsfest Helfer des Kivelingsvereins gesehen, die Anwohnerstraßen vor dem Zuparken bewachen oder die Zufahrt über gesperrte Ausfallstraßen regeln? Oder gab es jemals beim Lingener Altstadtfest, einer von der städtischen „Lingen Wirtschaft & Tourismus GmbH“ in Einregie organisierten Veranstaltung, ausgeschilderte Notausgänge oder private Sicherheitsdienste, die Streite schlichten und ein Hausrecht ausüben? Werden die Organisatoren des Public Viewings im Emsland-Stadion auch später den Dreck auf den Wegen zum und vom Stadion wegräumen, die anschließend in die Stadt ziehen?

So etwas machen die Helfer vom Abifestival bei ihrer Umsonst-und-draußen-Veranstaltung und müssen es dank städtischer Auflagen machen. Für andere Veranstaltungen undenkbar und nun der wesentliche Grund für das Aus.

Gleichzeitig stellt sich die Frage, warum das alles beim SV Meppen-Profifußball keine Rolle spielt. Hundertschaft um Hunderschaft werden hier eingesetzt. Beim Abifestival, oder auch beim Karnevalsumzug in Bawinkel wird diese „Großzügigkeit“ aber an umfangreiche Bedingungen geknüpft. Oder genauer und ehrlich gesagt: Sie findet nicht statt.

Die von den Machern als Erklärung für ihre Absage ebenfalls erwähnten Sicherheitsauflagen belasten aber noch weiter. Oberbürgermeister Krone hatte noch vor wenigen Wochen – bei unserer Podiumsdiskussion mit Jugendlichen (Altersdurchschnitt: 55 Jahre) im Lingener Lookentor – geradezu stolz darüber berichtet, dass die Stadt das Abifestival großzügig unterstütze. Als Beispiel führte er an, dass die Stadt den Besucher-Zugang zum Festivalgelände nun „schottern“ werde. Die Information, dass das Schottern dieses Zugangs eine neue behördliche Auflage seiner Stadtverwaltung war, ließ er aus. Die Stadt schreibt also den Machern etwas zu tun vor, erledigt dies dann aber „großzügig“ selbst und bezeichnet dies als großartige Unterstützung…

Das gleiche Erstaunen widerfährt den Betrachter bei den Zahlen, die der OB gerne nennt. Denn für das Jahr 2018 wurde der Zuschuss in der Tat um fünf auf 20 tausend Euro erhöht. Das große Dressurfestival erhielt aber zuletzt das Vierfache an städtischen Zuschüssen, rund 80 Tausend Euro. Man erinnert sich immer noch irritiert an die VIP-Freikarten, die es gleichzeitig für die Ratsmitglieder gab…

Der stödtische Zuschuss ist auch keine echte „Hilfe“, weil das Geld, das die Stadt den Abiturienten zur Verfügung stellt, nicht für Werbemaßnahmen oder Bands genutzt werden kann, sondern im Grunde nur dafür ausgegeben werden muss, den Sicherheitsdienst und damit weitere Sicherheitsauflagen der Stadtverwaltung zu bezahlen, die unter dem Eindruck von Duisburg 2010 auferlegt wurden. Noch einmal der Sei5enblick: Der SV Meppen würde bald wieder Bezirksliga spielen, müsste er die Sicherheit seiner Profispiele selbst zahlen.

Es ist auch keine „Hilfe“, sondern schlicht die notwendige Arbeit der Fachbereiche der Stadtverwaltung, den Machern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Dafür werden die Mitarbeiter*innen im Rathaus bezahlt und ausgebildet. Wir haben in unserer Stadt entschieden, dass wir als Kulturmetropole der Region glänzen wollen. Das geht aber nur, wenn die Verantwortlichen in der Verwaltung ihre Arbeit machen. Das muss man anerkennen, aber nicht gefühlt 20 Mal pro Woche loben. Zu abstrakt? Also ein Beispiel: Es ist so wie das Applaudieren bei der Landung eine Flugzeugs. Kann man machen, aber es ist nun mal der Job der Pilotin sicher zu fliegen und zu landen.

Kommen wir zum letzten Punkt, zum Geld. Auch wenn es aus den Reihen der Macher dazu keine offiziellen Aussagen gibt, so hörte man schon am Jahresanfang, dass es nicht wirklich rund lief. Große, gestandene Lingener Unternehmen mit zig Millionen-Umsätzen haben für 2018 gerade mal den monetären Gegenwert eines modernen E-Bikes zugesagt. Andere hielten sich, trotz wirtschaftlich hervorragender Lage und Fachkräftemangel, ausgerechnet beim Lingener Abifestival vornehm zurück.

Da hilft es nicht, wenn sich angeblich ein Brausehersteller einmalig für eine Werbeaktion am Lingener Bahnhof aufstellt. Es sind die lokalen Sponsoren und Firmen, die kneifen.

Natürlich verwundert nicht, dass auch das Land Niedersachsen und der Landkreis Emsland nichts tun, um das einzige große Traditionsfestival im Westen des Landes zu unterstützen – mir ist jedenfalls nichts dergleichen bekannt.

Fazit: Die vermeintliche Hilfe reicht nicht ansazuweise, um ein Festival dieser Größe zukunftssicher umzusetzen.

Was jetzt durch die Absage angerichtet ist und bleibt: Ein großer Vertrauensverlust bei Agenturen, bei Partnern, bei Sponsoren, bei den Bands aus der Region.

Ich kann nur hoffen, dass das Abifestival aus diesem Loch wieder herausfindet. Große Hilfe kann das Festival leider bei den Verantwortlichen der Stadt hierbei auch weiterhin nicht erwarten, es ist eben nicht wie bei den Handballprofis HSG Nordhorn/Lingen, die bspw. die kommunale EmslandArena für eine geringe, gerade einmal die Reinigungskosten deckende, sagen wir, Anerkennungssumme erhält.

Übrigens: Einer der größten Sponsoren und Förderer unserer lokalen Lingener Vereinslandschaft ist der vorbildliche „BP Matching Fund“, bei dem für jede ehrenamtlich geleistete Stunde eines BP-Mitarbeiters ein festgelegter Geldbetrag an die jeweilige Einrichtung überwiesen wird. Böse Zungen behaupten, dass sich einige Lingener Sportvereine nur durch diesen Fonds über Wasser halten. Warum überlegen wir nicht gemeinsam, ob so etwas sinnvoll wäre, statt immer neuer „10% Ehrenamtskarten“ oder „12,5% Ehrenamts-Rabatte“ in Lingen oder im Emsland und wohlfeiler Reden über „das Ehrenamt“?