Demokratie-Abgabe

30. Dezember 2012

Der „Mediendienst“ Kress berichtet heute über das, was WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn auf intern.ARD.de den modischen Aufgeregtheiten entgegensetzt, die gerade wegen der neuen GEZ-Regeln für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch die Rpepublik toben. Kress fasst Schönenborns Beitrag so zusammen:

„Wenn man derzeit Medienseiten deutscher Zeitungen liest, möchte man als ARD-Mitarbeiter beinahe zu Anti-Depressiva greifen.“ Jörg Schönenborn, WDR-Chefredakteur Fernsehen, hat auf „intern.ARD.de“  zur Kritik am neuen Rundfunkbeitrag Stellung bezogen. Er schreibt von „Menschen, die Wut haben wie einst bei Sarrazin oder in Stuttgart“, die ARD und ZDF „am Bildschirmfoto 2012-12-30 um 17.35.15liebsten abschaffen möchten“. Viele Artikel funktionierten nach dem Motto: „Ich nehme mir meine These und mache die Welt einfach passend.“ In dieser Welt begehre ein Land auf gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Und wenn man es mit der Wirklichkeit ohnehin nicht so genau nehme, würden auch Geschmacksgrenzen keine Rolle mehr spielen, so Schönenborn. Eine Schlagzeile habe letzte Woche allen Ernstes vom „UnGEZiefer“ gesprochen – das wecke in ihm keine guten Erinnerungen.

Schönenborn weiter: Wer argumentiere, dass man aus der Kirche austreten können, dass man eine Wohnung kündigen können, nur eben nicht den Rundfunkbeitrag, kündige jede Form von gesellschaftlicher Solidarität auf. „Eigentlich ist es bei uns nämlich gesellschaftlicher Konsens, dass wichtige Strukturen für das Zusammenleben gemeinschaftlich finanziert werden, und zwar egal, ob sie jeder persönlich nutzt oder nicht. Das beginnt beim Wasseranschluss, für den jeder, der irgendwo „wohnt“, eine ‚Zählergebühr‘ bezahlt, ohne auch nur einen Liter verbraucht zu haben. Das gilt für Straßen, deren Bau und Pflege über die Steuern jeder mitbezahlt, der kein Auto hat. Und es hört mit dem Sessel im Konzertsaal noch lange nicht auf, der jeden Abend solidarisch bezuschusst wird, selbst wenn das Konzert ausverkauft ist“, zählt der ARD-Verantwortliche auf.

Der Rundfunkbeitrag passe gut in dieses Land. Er sei genau genommen eine „Demokratie-Abgabe“. Ein Beitrag für die Funktionsfähigkeit unseres Staatswesens und unserer Gesellschaft.  Und „weil man schwerlich ein kommerzielles Vollprogramm findet, das auch nur eine halbe Stunde pro Tag über Politik berichtet“, behauptet Schönenborn: „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sichert das Funktionieren unserer Demokratie.“ (mehr bei Kress)

Wissen Sie was? Recht hat er, der Schönenborn. Mit jedem Wort.

Manipulation

30. Juni 2012

Die beiden Tore des italienischen Stürmers Mario Barwuah Balotelli im EM-Halbfinale gegen Deutschland waren echt und vor allem auch (fast) in Echtzeit. Aber die nach den beiden B-Toren von der UEFA-Bildregie gezeigten Tränen eines weiblichen deutschen Fans waren ein Fake und von der UEFA in die Übertragung hineinmontiert wie die Bilder von Bundestrainer „Jogi“ Löw und dem Balljungen. Dies berichtet heute die „Süddeutsche Zeitung„.

Die Frau aus Düsseldorf erfuhr von Freunden nach dem Spiel, wie groß sie und ihre Träne im Bild waren und klärte auf: Sie habe schon vor dem Spiel die Träne verdrückt, sagte der nur mit dem Vornamen Andrea vorgestellte Fußballfan zur SZ, und  nicht über Rückstand des deutschen Teams geweint. In Wahrheit hätten sie ihre Gefühle vor dem Anpfiff bei der Präsentation der Mannschaft übermannt. So berichtet es die  „Süddeutsche“.

Den Millionen Fernsehzuschauern in Deutschland, der Welt und beim Public Viewing vermittelte die UEFA mit der in die Übertragung hineingeschnittenen Träne vom Niederrhein ein völlig anderes Bild: Schock und Enttäuschung statt tiefer Rührung.

Wie oft es sonst noch vorgekommen ist, kann man nur ahnen. Die optische Lüge geschah bei dieser EM  nämlich nicht zum ersten Mal: In die Übertragung des deutschen Spiels gegen die Niederlande fummelte die UEFA-Crew eine Szene, in der Joachim Löw einem Balljungen den Ball aus dem Arm schlägt. Die UEFA gab anschließend diese Fälschung zu und beteuerte auf Druck von ARD und ZDF, so etwas werde  nicht mehr vorkommen. Falls doch etwas ins Live-Bild gemixt werde, werde dies markiert. Genau das geschah im EM-Finale nicht und ARD-Verantwortlicher Jörg Schönenborn erklärte gegenüber der Süddeutschen: „Wir sind erstaunt und irritiert. Diese Bilder sind für uns so nicht akzeptabel – zumal wir mit der Uefa über diese Problematik vor wenigen Tagen gesprochen hatten. Wir werden jetzt erneut das Gespräch suchen. Bei der Debatte um die Löw-Bilder hatte Schönenborn erklärt, „dass das deutsche Publikum erwartet, dass live drin ist, wenn live drauf steht“.

Die UEFA wollte sich auf  Anfrage der „SZ“-Redakteure bislang nicht äußern. Sie will lieber, so die Medienagentur Kressreport, „der Fußball-Welt ihren eigenen Film verkaufen – ohne politische Plakate, Pyrotechnik, Flitzer und authentische Fangefühle.“ Eine feiste Manipulation.
(Quellen: SZ, Kressreport)