Emden vs Schledde & Co

4. Oktober 2022

Ermittelt wird hierzulande viel. Doch die Nachrichten, dass die Staatsanwaltschaft Hannover gegen einen AfD-Funktionär wegen des Verdachts der Untreue und schwarze Kassen ermittelt, sind schon sehr speziell. Die aktuellen Ermittlungen gehen nämlich auf eine Strafanzeige von Christopher Emden zurück. Den Juristen lernte ich vor einigen Jahren beim Amtsgericht Papenburg kennen, wo er als Proberichter tätig war. Dass der Mann 2017 dann Abgeordneter der neuen AfD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag wurde, hat mich überrascht; denn als rechten Hardliner hatte ich ihn bei seinen Urteilen nicht wahrgenommen.

Richter Emden trat dann am 31. Juli dieses Jahres aus der AfD aus. In seiner Austrittserklärung beklagte er, dass sich die AfD „beständig weiter nach rechts“ entwickelt habe. AfD-Landesvorsitzende Frank Rinck entgegnete, Emdens Austrittsschreiben sei „gespickt mit falschen Anschuldigungen, Verleumdungen und Beleidigungen“. Die AfD sei und bleibe eine „bürgerlich-konservative Partei“, allerdings eine, die der Verfassungsschutz als Verdachtsfall beobachtet.

Emden hatte Insiderwissen. Er war nämlich stellvertretender Landesvorsitzender des zerstrittenen AfD-Landesverbandes Niedersachsen. In seiner Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft Hannover zeigte er jetzt an: Um in seiner Partei einen sicheren Listenplatz für die erneute Kandidatur zu erhalten, hätte er Geld in eine schwarze Kasse bezahlen müssen. Schwarze Parteikassen sind unzulässig; sie zu führen, erfüllt den Straftatbestand der Untreue, wie es schon vor gut 20 Jahren die CDU erfahren durfte.

Im Mittelpunkt der in Hannover aufgenommenen Ermittlungen steht Ansgar Schledde. Der Bauunternehmer aus Schüttorf  ist stellvertretender AfD-Landesvorsitzender. Er kandidiert bei der anstehenden Landtagswahl am 9. Oktober im Wahlkreis 80, zu dem unsere  Stadt Lingen (Ems), die Gemeinden Emsbüren und Salzbergen sowie die Samtgemeinden Freren,  Spelle und Schüttorf gehören. Rechtsaußen Schledde stammt aus Schüttorf, ist im Grafschafter Kreistag sowie in den lokalen Schüttorfer Räten vertreten und dürfte auf Platz 2 der AfD-Landesliste in den kommenden Landtag einziehen, sofern die Partei die 5-Prozent-Hürde überspringt.

Emden über Schledde: „Hätte ich kandidieren wollen, dann hätte ich mir Stimmen kaufen müssen. Ein Betrag von 4000 Euro war im Gespräch. Angesprochen wurde ich von Herrn Schledde, der die Kriegskasse verwaltet und wohl auch der Einzige ist, nehme ich an, der Zugriff auf das Konto hat“, sagte Emden gegenüber dem ZDF.

Er wurde noch deutlicher: Die AfD sei nicht etwa eine Alternative für Deutschland, sondern der „Abgrund für Deutschland“, ein „Sammelbecken für Versager, Gangster und Minderbemittelte“. Nun legt Emden gegenüber dem ZDF nach und konkretisiert seine Vorwürfe. In der AfD würden Menschen versuchen, sich über Mandate und Posten wirtschaftlich zu sanieren: „Da wird mit allen Bandagen gekämpft. Deshalb spreche ich von Beutegemeinschaft.“

Angesprochen vom ZDF wies Ansgar Schledde die Vorwürfe in dem Bericht zurück: „Kann ich Ihnen überhaupt nichts zu sagen, ist völliger Mumpitz. Höre ich jetzt das erste Mal.“ Er bezeichnete Christopher Emden als „extrem lächerlich“ und „unglaubwürdig“.

Gestern wollte Schledde auf Anfragen der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) keine Stellung mehr nehmen. Telefonisch war er am Montag für die lokale GN erst gar nicht zu erreichen, wie diese meldete.  Gegenüber dem ZDF hatte er die Vorwürfe zurückgewiesen. „Das ist völliger Mumpitz.“ 

Emdens Vorwürfe reichen laut ZDF weiter. Auch Kandidaturen für den Bundestag hätten bezahlt werden müssen, zum Teil im Wege monatlicher Abgaben auf das Schledde-Konto der Niedersachsen-AfD. Und er sagte auch:

„Mir wurde unmittelbar nach meinem Austritt über einen Mittelsmann gesagt, dass wenn ich hier jemandem, der darin verstrickt ist, zu nah kommen würde – womit er gemeint hat mein Wissen kundtun würde – dann würde es einen körperlichen Angriff auf meine Person geben.


Quellen: ZDF, HAZ, GN

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..