Neu im Landtag

16. Oktober 2022

Zum ersten Mal sind im Niedersächsischen Landtag schwarze Frauen vertreten. Djenabou Diallo-Hartmann wird auch den Koalitionsvertrag mitverhandeln.

Die taz berichtet: „Es ist ein zweischneidiges Schwert: Einerseits weiß Djenabou Diallo-Hartmann (Grüne) ganz genau, wie wichtig sie als Repräsentantin für Schwarze, BIPoC, Menschen mit Migrationsgeschichte ist.

Allein, dass sie es geschafft hat, ist ein Triumph. Sie sei dankbar und sich ihrer Verantwortung bewusst, sagt die 37-Jährige freundlich – bei jeder der Dutzenden Medienanfragen, die sie nun erreichen.

Andrerseits braucht man ein dickes Fell: Mit der Sichtbarkeit steigen auch die Anfeindungen und das ständige Wiederkäuen der eigenen Rassismus-Erfahrungen in Interviews macht das Leben nicht schöner. Und natürlich ist ­Diallo-Hartmann mehr als nur Rassismus-Betroffene, auch wenn diese Erfahrungen ein Motor für ihr politisches Engagement sind.

2005 kam sie aus Guinea zum Studieren nach Deutschland – und landete im Osten. Das war keine gute Zeit, am Studienkolleg in Halle, sagt sie. Und natürlich hinterlässt das Spuren. Als sie an die Universität Hannover wechselte, wo sie Politikwissenschaft studiert hat, wurde manches besser, aber…“

[weiter in der taz]

anschwellender Populismus

10. Oktober 2022

Ein paar lokale Worte und mehr zur gestrigen Landtagswahl:

Die SPD Lingen hat sich gestern wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. Vor einer Woche, als Samstagmorgens nur drei Parteimitglieder zum geplanten Infostand erschienen, entschieden sich die drei, lieber einen Kaffee zu trinken und auf den Infostand zu verzichten. Ein Beispiel für einen insgesamt schlappen Auftritt. Ein Ergebnis des SPD-Verzichts auf einen kämpferischen Einsatz ist das Erstarken der AfD in Lingen. Sie schaffte in der einst so stolz bunten Emslandmetropole flotte 7,7% – also 4 Punkte (!) mehr als vor fünf Jahren, als sie mit 3,6 unter „ferner liefen“ ins Ziel trudelte. Wenn man wie die SPD auf Gespräche mit den Wählerinnen und Wählern verzichtet, lässt man eben den rechten Populismus anschwellen.

Dieser Vorwurf geht nicht nur an die SPD sondern auch an die CDU mit ihrem Versuch, den Politrechten in der Rosemeyer-Debatte den Rücken zu stärken oder zum KKE gar nichts zu sagen. Die Quittung christdemokratischen Wegduckens sind 40,1 % der Zweitstimmen und damit das schlechteste Wahlergebnis bei einer Landtagswahl seit 70 Jahren. Zum Vergleich: 2003, vor knapp 20 Jahren erreichte die Lingener CDU noch stolze 64,2 % an Zweitstimmen, 2008 dann 56,9%, 2013 noch 49,6% und jetzt noch einmal 9,5% weniger: 40,1%. Immerhin einige Prozent mehr als bei der 31,9%-desaströsen Bundestagswahl 2021, und auf den Direktkandidaten Christian Fühner kamen angesichts dessen persönlich sehr gute 48,1%, womit sie sich trösten mag, wenn sie es sich leicht macht.

Auf Bündnis 90/Die Grünen entfielen 13,3 % der Stimmen. Es hätten mehr sein können; denn  es waren rund 2% weniger als bei der Bundestagswahl vor einem Jahr. und sogar 8 % weniger als bei der Europawahl 2019. Die konservativen und rechten Kampagnen gegen Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock haben verfangen – eine Frage der (fehlenden) Bildung, wie ich meine.

7,7 %  der Wählerinnen und Wähler gaben der rechtsextremen AfD ihre Zweitstimme. Die FDP Niedersachsen erhielt mit 5.1%  etwas mehr als im Landesdurchschnitt,  die Linke nur 2,1%, die „Die Partei“ 1,4% der Stimmen.

Interessierte können alle Ergebnisse aus den einzelnen Wahlbezirken in Lingen (Karte lks) auch hier nachlesen. Sie werden dann auch im südlichen Reuschberge (Wahlbezirk 403, ohne Briefwahlstimmen) mit 18,7%  ein AfD-Resultat finden, das -wie andere zweistellige AfD-Ergebnisse um den Stadtkern herum-  erschauern lässt. Da muss etwas geschehen. Ein probates Mittel wäre eine stärkere und  bürgernähere Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an kommunalen Entscheidungen. Ortsräte in der Innenstadt bleiben also auf der Tagesordnung. Auf der Tagesordnung bleibt auch das Versagen der 4. Gewalt. In dem Maße, in dem sich die Lokalzeitung „Lingener Tagespost“ aus der Berichterstattung ausklinkt, werden die Schwurbelgruppen stärker.

Die Wahlbeteiligung in den 53 Lingener Wahlbezirken lag übrigens bei 61,7 % und damit höher als die landesweiten 60,3 %, allerdingst jeweils etwas niedriger als 2017.

Und sonst? Landesweit hat SPD-Ministerpräsident Stephan Weil einen Pflichtsieg für die SPD eingefahren. Er ist ein beliebter Landesvater, in der Krise vermittelt er Vertrauen. Sein Gegenkandidat Althusmann (CDU) blieb eher blass und vermittelte keine Kompetenz. An Weil wussten die Wählenden, was sie haben. Insgesamt kam die SPD mit 33,4 % auf ein Drittel der Stimmen, die CDU erreichte mit 28,1%  Platz 2.  Danach folgen die Grünen mit 14,5 % und die AfD mit 10,9 %. Sowohl die FDP mit 4,7 % als auch die Linke mit 2,7 % verpassten den Einzug ins Landesparlament in Hannover.

Die FDP hat gestern die niedersächsische Quittung für ihre opportunistische Opposition in der Ampel-Regierung bekommen. Sie hat das dritte Mal in Folge eine Landtagswahl verloren. Deshalb dürfte das Regieren in Berlinnicht einfacher werdenn. Die „verzweifelte Sinnsuche der Liberalen“ (taz) wird sich fortsetzen, ihre Antworten lauten derzeit: Kernkraft und Schuldenbremse, das unglaubwürdige Personalangebot Lindner und der unsägliche Kubicki. Der Stresstest für die Ampel geht also weiter. Aber das Atomkraftwerk Emsland in Lingen geht am 31. Dezember vom Netz und das ist gut und richtig so.

Wahlabend

7. Oktober 2022

Zum inzwischen traditionellen „Suppe auslöffeln“ laden die BürgerNahen (BN) herzlich zu Sonntagabend ein. Zwar ist die BN eine kommunale Wählergemeinschaft und tritt bei der Landtagswahl am Sonntag nicht an. „Aber“, so heißt es in einer BN-Pressemitteilung, „die Landtagswahlen betreffen alle Menschen in Niedersachsen. Deshalb fordern wir BürgerNahen die Lingenerinnen und Lingener zur Wahlteilnahme auf, gerade in den aktuell so schwierigen Zeiten von Klimakrise, Krieg in der Ukraine mit Energiepreissteigerungen und der erneut steigenden Corona-Inzidenz. Wir bitten Euch darum, Demokratinnen und Demokraten und keine Rechtsradikalen zu wählen, die die schwieriger Situation nur für sich ausnutzen, ohne selbst konstruktive und solidarische Vorschläge zu haben.“

Die BürgerNahen laden die Lingenerinnen und Lingener zu deftiger Suppe, kühlen Getränken und aktuellen Ergebnissen ab 17.45 Uhr in Heidis Litfass, Clubstraße 5 ein. Es gibt Live-TV, alle örtlichen und regionalen Wahlergebnisse, Gespräche und Meinungsaustausch.

Wer noch nicht sicher ist, wem er an diesem Sonntag seine Stimme geben soll, dem empfehlen die BürgerNahen den Wahl-O-Mat. Das Informationsangebot der Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung und der Bundeszentrale für politische Bildung informiert über die Programme aller 14 kandidierenden Parteien.


Crosspost von @bn_lingen

Emden vs Schledde & Co

4. Oktober 2022

Ermittelt wird hierzulande viel. Doch die Nachrichten, dass die Staatsanwaltschaft Hannover gegen einen AfD-Funktionär wegen des Verdachts der Untreue und schwarze Kassen ermittelt, sind schon sehr speziell. Die aktuellen Ermittlungen gehen nämlich auf eine Strafanzeige von Christopher Emden zurück. Den Juristen lernte ich vor einigen Jahren beim Amtsgericht Papenburg kennen, wo er als Proberichter tätig war. Dass der Mann 2017 dann Abgeordneter der neuen AfD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag wurde, hat mich überrascht; denn als rechten Hardliner hatte ich ihn bei seinen Urteilen nicht wahrgenommen.

Richter Emden trat dann am 31. Juli dieses Jahres aus der AfD aus. In seiner Austrittserklärung beklagte er, dass sich die AfD „beständig weiter nach rechts“ entwickelt habe. AfD-Landesvorsitzende Frank Rinck entgegnete, Emdens Austrittsschreiben sei „gespickt mit falschen Anschuldigungen, Verleumdungen und Beleidigungen“. Die AfD sei und bleibe eine „bürgerlich-konservative Partei“, allerdings eine, die der Verfassungsschutz als Verdachtsfall beobachtet.

Emden hatte Insiderwissen. Er war nämlich stellvertretender Landesvorsitzender des zerstrittenen AfD-Landesverbandes Niedersachsen. In seiner Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft Hannover zeigte er jetzt an: Um in seiner Partei einen sicheren Listenplatz für die erneute Kandidatur zu erhalten, hätte er Geld in eine schwarze Kasse bezahlen müssen. Schwarze Parteikassen sind unzulässig; sie zu führen, erfüllt den Straftatbestand der Untreue, wie es schon vor gut 20 Jahren die CDU erfahren durfte.

Im Mittelpunkt der in Hannover aufgenommenen Ermittlungen steht Ansgar Schledde. Der Bauunternehmer aus Schüttorf  ist stellvertretender AfD-Landesvorsitzender. Er kandidiert bei der anstehenden Landtagswahl am 9. Oktober im Wahlkreis 80, zu dem unsere  Stadt Lingen (Ems), die Gemeinden Emsbüren und Salzbergen sowie die Samtgemeinden Freren,  Spelle und Schüttorf gehören. Rechtsaußen Schledde stammt aus Schüttorf, ist im Grafschafter Kreistag sowie in den lokalen Schüttorfer Räten vertreten und dürfte auf Platz 2 der AfD-Landesliste in den kommenden Landtag einziehen, sofern die Partei die 5-Prozent-Hürde überspringt.

Emden über Schledde: „Hätte ich kandidieren wollen, dann hätte ich mir Stimmen kaufen müssen. Ein Betrag von 4000 Euro war im Gespräch. Angesprochen wurde ich von Herrn Schledde, der die Kriegskasse verwaltet und wohl auch der Einzige ist, nehme ich an, der Zugriff auf das Konto hat“, sagte Emden gegenüber dem ZDF.

Er wurde noch deutlicher: Die AfD sei nicht etwa eine Alternative für Deutschland, sondern der „Abgrund für Deutschland“, ein „Sammelbecken für Versager, Gangster und Minderbemittelte“. Nun legt Emden gegenüber dem ZDF nach und konkretisiert seine Vorwürfe. In der AfD würden Menschen versuchen, sich über Mandate und Posten wirtschaftlich zu sanieren: „Da wird mit allen Bandagen gekämpft. Deshalb spreche ich von Beutegemeinschaft.“

Angesprochen vom ZDF wies Ansgar Schledde die Vorwürfe in dem Bericht zurück: „Kann ich Ihnen überhaupt nichts zu sagen, ist völliger Mumpitz. Höre ich jetzt das erste Mal.“ Er bezeichnete Christopher Emden als „extrem lächerlich“ und „unglaubwürdig“.

Gestern wollte Schledde auf Anfragen der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) keine Stellung mehr nehmen. Telefonisch war er am Montag für die lokale GN erst gar nicht zu erreichen, wie diese meldete.  Gegenüber dem ZDF hatte er die Vorwürfe zurückgewiesen. „Das ist völliger Mumpitz.“ 

Emdens Vorwürfe reichen laut ZDF weiter. Auch Kandidaturen für den Bundestag hätten bezahlt werden müssen, zum Teil im Wege monatlicher Abgaben auf das Schledde-Konto der Niedersachsen-AfD. Und er sagte auch:

„Mir wurde unmittelbar nach meinem Austritt über einen Mittelsmann gesagt, dass wenn ich hier jemandem, der darin verstrickt ist, zu nah kommen würde – womit er gemeint hat mein Wissen kundtun würde – dann würde es einen körperlichen Angriff auf meine Person geben.


Quellen: ZDF, HAZ, GN

Wahl-O-Mat

10. September 2022

Vor der Landtagswahl in Niedersachsen am 9. Oktober stellen sich viele Wähler die Frage, welcher Partei sie ihre Stimme geben sollen. Um diese Entscheidung zu erleichtern, gibt es auch bei dieser Landtagswahl den Wahl-O-Mat.

SPD, CDU, Grüne, FDP, NoAfD oder Die Linke? Oder besser eine der kleineren Parteien? Wer sich über die Positionen der einzelnen Parteien informieren will, kann das mithilfe des Wahl-O-Mats machen. Das spezielle Wahlhilfe-Tool für die Landtagswahl in Niedersachsen ist ab heute online. Das Programm gibt es bereits seit 20 Jahren für Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen.

(Zum Start bitte auf die Grafik klicken…)

Forderungen

9. September 2022

Einen Monat vor der kommenden Landtagswahl veröffentlicht der Nieders. Flüchtlingsratdiese Forderungen an die kommende Landesregierung

Forderungen zur Landtagswahl

Der Angriffskrieg auf die Ukraine verdeutlicht uns allen erneut und auf eindringliche Weise, dass die Aufnahme von Geflüchteten eine Aufgabe und Herausforderung darstellt, der wir uns dauerhaft stellen wollen und auf die die Politik angemessene Antworten entwickeln muss. Wir stehen in Solidarität mit allen Menschen, die ihr Herkunftsland aufgrund von Krieg und Verfolgung verlassen müssen. Wir fordern einen grundlegenden Paradigmenwechsel in der niedersächsischen Asyl- und Migrationspolitik für alle Geflüchteten: Weg von einer Politik, die Schutzsuchende durch Lagerunterbringung, Fremdbestimmung und Barrieren etwa beim Zugang zu Gesundheitsversorgung diskriminiert, hin zu einer Politik der gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe, die Brücken baut, Chancen eröffnet und Bleibeperspektiven für alle Menschen schafft, die ihren Lebensmittelpunkt in Niedersachsen gefunden haben.

Geflüchtete Menschen aus der Ukraine werden auch in Niedersachsen mit offenen Armen empfangen und willkommen geheißen. Im Umgang mit den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine beweisen die deutsche und die niedersächsische Politik ihre Solidarität in beeindruckender Weise. In kürzester Zeit wurden gesetzliche und verwaltungstechnische Maßnahmen ergriffen, um tausenden Opfern von Krieg und Verfolgung unbürokratisch Aufenthaltssicherheit, eine Wohnung, Arbeitsangebote und volle soziale Leistungen zu verschaffen.

Wir begrüßen diese Politik. Allerdings fragen wir uns, warum die ergriffenen Maßnahmen nicht auch auf andere Schutzsuchende angewandt werden, die auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung in Deutschland ankommen. Daher fordert der Flüchtlingsrat Niedersachsen von der Bundes- und Landesregierung eine Neuorientierung der Flüchtlingspolitik.

Es wird Zeit, den Reformstau zu überwinden, der in den vergangenen fünf Jahren unter einer großen Koalition auch in Niedersachsen entstanden ist. Dazu gehört, dass Niedersachsen sich als vielfältiges Land definiert, in dem Diversität nicht als Manko, sondern als Stärke begriffen wird. Alle Geflüchteten sollen in Niedersachsen angenommen und wertgeschätzt werden. Unter Bezugnahme auf die konkreten Reformen, die gestartet wurden, um den geflüchteten Menschen aus der Ukraine einen Neustart in Niedersachsen zu erleichtern, und anknüpfend an die in der Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung ausgebreiteten Agenda wollen wir die Rechte von Geflüchteten stärken und Bleiberechtsperspektiven absichern.

An die neue Landesregierung haben wir hohe Erwartungen:

  • Wir wollen eine Aufnahmepolitik, die Geflüchtete Willkommen heißt und ihnen nach kurzer Registrierung schnellstmöglich eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe (Wohnen, Arbeiten, Partizipation) ermöglicht
  • Niedersachsen ist ein offenes Land. Viele Kommunen haben ihre Aufnahmebereitschaft erklärt. Es braucht ein niedersächsisches Aufnahmeprogramm für gefährdete Geflüchtete
  • Familien gehören zusammen! Der Familiennachzug muss durch die Ausländerbehörden unterstützt statt aufgehalten und behindert werden.
  • Familie ist mehr als die Ehe! So ist beispielsweise in vielen Ländern, aus denen Geflüchtete kommen, keine gleichgeschlechtliche Ehe möglich. Hier braucht es einen Übertrag in das deutsche Rechtssystem und eine Abkehr von der Fixierung auf den Ehebegriff als Grundlage der Familiendefinition, wenn es zum Beispiel um Familiennachzug geht.
  • Wir brauchen Mindeststandards zur Gewährleistung von Gewaltschutz – auch für Geflüchtete. Vulnerable Geflüchtete müssen zeitnah identifiziert werden und haben Anspruch auf besondere Hilfen.
  • Fragwürdige Beschränkungen der Freizügigkeit (durch Wohnverpflichtungen) und der Beschäftigung (durch Arbeitsverbote) für Geflüchtete lehnen wir ab.
  • Die Diskriminierung von Asylsuchenden im Bereich des Leistungsrechts muss ein Ende haben: Alle Geflüchteten – und nicht nur die Vertriebenen aus der Ukraine – müssen einen Anspruch auf Hartz 4 – Leistungen und gleichberechtigte medizinische Leistungen erhalten.
  • Die von der Bundesregierung angekündigte Bleiberechtsregelung muss unbürokratisch und vollständig in Niedersachsen umgesetzt werden. Die Ausländerbehörden sollen die Aufgabe erhalten, Langzeitgeduldete zu unterstützen statt zu behindern und Wege ins Bleiberecht zu eröffnen. Das Asylbewerberleistungsgesetz muss abgeschafft werden.
  • Es muss endlich Schluss sein mit überfallartigen Abschiebungen zur Nachtzeit. Familien dürfen durch Abschiebungen nicht getrennt werden. Humanität im Umgang mit Geflüchteten muss wiederhergestellt werden!
  • Wir fordern, die Abschiebungshaftanstalt in Langenhagen zu schließen. Solange es sie gibt, müssen Abschiebungsgefangene Anspruch auf eine soziale, medizinische und juristische Beratung und Unterstützung haben. Rechtswidrige Inhaftierungen soll es nicht mehr geben.

Wir erkennen an, dass die Landesregierung durch Gewährleistung einer Migrationsberatung sowie die Bereitstellung von Sprachkursen für alle Asylsuchenden ohne Ansehen ihres Status wesentliche Bedingungen dafür geschaffen hat, dass ein Neustart in Niedersachsen gelingen kann. Das allein reicht aber nicht, wenn und solange Geflüchtete jahrelang in Unsicherheit über ihr Aufenthaltsrecht gehalten werden. Was jetzt gebraucht wird, ist ein Paradigmenwechsel weg von ordnungspolitisch motivierten Versuchen einer Reglementierung und Ausgrenzung, hin zu einer Politik der Ermöglichung und des Empowerments.

Hässlicher Wahlkampf

26. August 2022

„Am 9. Oktober wählen die Niedersachsen ihren neuen Landtag. Die CDU fischt für ihre Wahlkampagne ziemlich weit am rechten Ufer. Von Cuxhaven bis Hannoversch Münden liest man auf CDU Plakaten: „Null Toleranz für Clans“. Mit ihrem hellblauem Hintergrund unterscheiden sich die Plakate der CDU kaum von früheren Wahlkampagnen der AfD.

„Weltoffen. Aber nicht für Banden und Clans!“ ist ein Slogan, der 2020 noch auf den Wahlplakaten der Hamburger AfD im Kampf um Stimmen für die Hamburger Bürgerschaft stand. Heute sind die CDU-Plakate denen zum Verwechseln ähnlich.

Der Koalitionspartner SPD kritisiert die Kampagne der CDU: Kriminalitätsphänomene wie „Drogenhandel, Cybercrime, Sexualisierte Gewalt gegen Kinder oder der Rechtsextremismus“beeinflussten das Sicherheitsgefühl der Niedersachsen heute viel mehr, meint Ulrich Watermann, innenpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion.

Tatsächlich könne man nur 0,6 Prozent aller dokumentierten Straftaten in Niedersachsen auf „Clankriminalität“ zurückführen. Deshalb empfinde die SPD Niedersachsen die Fokussierung der CDU auf diese Thematik als „kritisch“. Und dann sei die CDU mit dieser Kampagne auch noch weit hinter der Zeit. „Die von der CDU plakatierte Forderung ist mindestens seit 2018 in Niedersachsen bereits Realität, sagt Ulrich Waterman von der SPD.

Die…“

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Wahlkampf

7. Juni 2022

Im Herbst wählt Niedersachsen seinen neuen Landtag. Aus Lingen tritt CDU-Mann Christian Fühner an. Das will unterstützt werden, jedenfalls nach dem Willen der CDU im Emsland. Also stellt sich „unser“ Landtagsabgeordneter Fühner schon mal mit Uwe Hilling, dem CDU-Fraktionsvorsitzenden im Lingener Stadtrat vor eine Fotolinse, um einen künftigen Wertstoffhof am Hessenweg anzukündigen (nachdem der alte abgewickelt worden war) – wie ja überhaupt vieles immer wieder unter dem üblichen Beifall der Lokalpresse nur angekündigt wird, aber nicht kommt. Oder man schickt ihn zu den Lingener Bürgerschützen, damit er dort beim Frühstück ihrer Majestäten redeweise die Grüße des Landrats und der Kreisverwaltung wie des Kreistags übermitteln und sich darstellen darf und übersieht dabei geflissentlich, dass jedenfalls Landrat Marc-André Burgdorf, Dr. Burkhard Remmers, Magdalena Wilmes (alle CDU), Ulrich Wilde (SPD) oder Dr. Hubert Kruse, Hartmut Moorkamp und Klaus Prekel (alle CDU) vor Fühner an der Reihe sind – würde es protokollarisch in der richtigen Reihenfolge zugehen. Tut’s aber nicht, weil eben Wahlkampf ist. Da wird Kandidat Fühner von seiner Seilschaft unterstützt.

Man darf den Kopf schütteln über so viel parteipolitische Selbstbedienung, sollte aber besser über Inhalte reden. Denn da hat sich das Bündnis „Niedersachsen zum Sicheren Hafen für alle“ gemeldet und hat ein Positionspapier zur Landtagswahl 2022 veröffentlicht. Der NGO-Zusammenschluss fordert von der künftigen Landesregierung einen Paradigmenwechsel in der Asyl- und Migrationspolitik.

Anlässlich der niedersächsischen Landtagswahl 2022 hat das Bündnis „Niedersachsen zum Sicheren Hafen für alle“, dem sich bislang über 60 Selbstorganisationen, Wohlfahrtsverbände, Menschenrechtsorganisationen und Initiativen angeschlossen haben, ein Positionspapier veröffentlicht.

Zu den Kernforderungen des Bündnisses an eine künftige Landesregierung gehören danach

  • ein entschlossenes Vorgehen gegen alle Formen von Rassismus,
  • die Durchsetzung eines Bleiberechts für alle, die in Niedersachsen ihren Lebensmittelpunkt gefunden haben,
  • die Gewährung eines Rechts auf selbstbestimmtes Wohnen,
  • die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Gesundheitsversorgung für Alle statt nur für Einige,
  • die Herstellung von Bildungsgerechtigkeit und Gewährleistung von Teilhabe,
  • das Herbeiführen von Geschlechtergerechtigkeit,
  • die Übernahme von Verantwortung auch an den Außengrenzen der EU durch ein Landesaufnahmeprogramm.

Die einzelnen Vertreter der Bündnisorganisationen haben Stellung genommen. Muzaffer Öztürkyilmaz, Referent der Geschäftsführung, Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. sagt:

Die künftige Landesregierung muss einen Paradigmenwechsel vollziehen: Weg von einer Asyl- und Migrationspolitik, die geprägt ist von Diskriminierung, Fremdbestimmung, Lagerunterbringung und Abschiebungen – hin zu einer Politik der gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe, die Chancen eröffnet und Bleibeperspektiven für alle Menschen schafft – und zwar unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem Aufenthaltsstatus. Die Aufnahme der Menschen aus der Ukraine zeigt, dass eine solche Politik möglich ist.“

Galina Ortmann, Niedersächsischer Integrationsrat e.V. erklärt;

Die nächste Landesregierung muss sicherstellen, dass Geflüchtete und Menschen mit Migrationsgeschichte gleichberechtigt auf allen Ebenen der Gesellschaft mitwirken können und vor rassistischer Diskriminierung wirkungsvoll geschützt werden. Damit ihr dies gelingt, muss sie unter anderem ein Landes-Partizipationsgesetz und ein Landes-Antidiskriminierungsgesetz erlassen.

Roma Center e.V.:

Wir fordern eine Bleiberechtsinitiative der neuen Landesregierung. Sie muss gewährleisten, dass insbesondere Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in Niedersachsen haben ein Bleiberecht bekommen und nicht abgeschoben werden. Kettenduldungen müssen beendet werden. Wer nicht in sein Herkunftsland zurückkehren kann, weil die Lebensverhältnisse dort menschenunwürdig sind, muss eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Wer die Bedingungen eines Bleiberechts noch nicht vollständig erfüllt, muss beraten und unterstützt werden.

Dr. Anwar Hadeed, Geschäftsführer, Arbeitsgemeinschaft Migrantinnen, Migranten und Flüchtlinge in Niedersachsen – amfn e.V. bringt zum Ausdruck:

Die künftige Landesregierung muss die Bildungspolitik neu gestalten, um die Zusammenhänge von Herkunft und fehlenden Bildungschancen aufzulösen. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, ist eine umfassende Reform der Lehrer:innen und Erzieher:innen-Aus- und Weiterbildung erforderlich. Zudem müssen lernfeindliche Bedingungen in Lagern und Sammelunterkünften beseitigt werden.

Armin Wühle, Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge Niedersachsen e.V. fordert:

Wir freuen uns, dass ukrainische Geflüchtete direkten Zugang zu allen Gesundheitsleistungen der Krankenkasse haben. Dies wollen wir für alle Geflüchteten erreichen – strukturelle Ungleichheit in der Gesundheitsversorgung ist in einer Solidargemeinschaft nicht hinnehmbar. Daher brauchen wir in Niedersachsen zumindest eine elektronische Gesundheitskarte für alle. Um Gesundheitsleistungen insbesondere bei der Versorgung psychischer Erkrankungen wirkungsvoll nutzen zu können, ist eine klare Regelung zur Kostenübernahme von Sprachmittlung erforderlich.

Hilke Brandy, Seebrücke Niedersachsen sagt:

Die zukünftige Landesregierung muss sämtliche Möglichkeiten ausschöpfen, um zur Schaffung sicherer Fluchtwege beizutragen und die Aufnahme von Geflüchteten – aus Drittstaaten wie Afghanistan oder EU-Staaten wie Griechenland – auch in Niedersachsen zu ermöglichen. Wir dürfen nicht ignorieren, dass Menschen auf der Flucht nach Europa ertrinken, in Lagern unter katastrophalen Umständen festgehalten werden oder ihnen ihre Rechte an den Grenzen verwehrt werden.

Adriana Pombo Abondano, Büroleitung, „Migrant*innenselbstorganisationen-Netzwerk Hannover e.V.“ erklärt:

Menschen werden zur Flucht gezwungen oder entscheiden sich zu migrieren. In beiden Fällen sind die Gründe vielfältig. In jedem Fall jedoch spielen insbesondere das Geschlecht einer Person oder Ihre Sexualität eine wichtige Rolle beim Prozess der MIgration oder der Flucht.  Vor allem Frauen stehen im Vergleich zu Männern vor besonderen und vor allem unterschiedlichen Herausforderungen. Diese spezifischen Unterschiede müssen berücksichtigt werden.

Ob Fühner sich dazu auch erklärt? Immerhin geht es um zutiefst Christliches. Obwohl etwa die EU erst vor wenigen Jahren für ihren Beitrag zur Förderung von Frieden und Versöhnung, Demokratie und Menschenrechten mit dem Friedensnobelpreis gewürdigt worden sei, umgibt sie sich heute mit neuen Mauern und Zäunen und richte Lager an ihren Außengrenzen ein. Das kritisierten wiederholt die christlichen Bischöfe.

„Die dortigen Zustände sind mit der Achtung der Menschenwürde nicht vereinbar“, heißt es in einer 2020 in Bonn veröffentlichten gemeinsamen Erklärung der katholischen, evangelischen und orthodoxen Kirchen. Geht das  MdL Fühner etwa  nicht nah genug? Sein ihm zugeschusterter Redeauftritt vor den Schützenbrüdern ist ihm wichtiger.

Wenn Sie ihn sehen, dürfen Sie ihn gern nach seiner Position zum Papier von „Niedersachsen zum Sicheren Hafen für alle“ fragen.

Présidentielle22

25. April 2022

Emmanuel Macron bleibt französischer Staatspräsident. Der 44-Jährige Europäer gewann die Stichwahl um das Amt des französischen Staatsoberhauptes nach den aktuellen Hochrechnungen mit knapp 58,5 Prozent der Stimmen. Seine Herausforderin, die Nationalistin Marine Le Pen, kam demnach auf rund 41,5 Prozent. Der Abstand zwischen beiden ist damit viel kleiner als 2017, als beide ebenfalls in der Stichwahl aufeinander trafen. Die Wahlbeteiligung betrug 73,5%.

Der Drittplatzierte der ersten Wahlrunde, der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon, erklärte, Frankreich habe es eindeutig abgelehnt, Le Pen seine Zukunft anzuvertrauen. Er ergänzte, Macron sei der Präsident mit dem schlechtesten Ergebnis der fünften Republik. Er überlebe in einem Meer von Enthaltungen, leeren und ungültigen Stimmzetteln. Allerdings ist Macron auch der erste Präsident Frankreichs, der bei seiner zweiten Wahl wiedergewählt wurde. Zuletzt war das 2002 dem konservativen Jacques Chirac gelungen.

Wahlen in Frankreich verlaufen übrigens ganz anders als bei uns. Wenn sich Wählende im Wahllokal ausgewiesen haben, bekommen sie keine lange Liste mit Kandidaten, sondern ihnen wird ein kleiner blauer Umschlag ausgehändigt. Dann gehen sie zu einem Tisch, auf dem Papierzettel mit den Namen der Kandidaten gestapelt sind.

Um das Wahlgeheimnis zu wahren, nehmen sich die Wähler von allen oder zumindest mehreren Stapeln einen Zettel, gehen in die Wahlkabine und stecken den Zettel mit dem Namen ihres Kandidaten gefaltet in den Umschlag. Die übrigen Zettel werden weggeworfen. Der Umschlag kommt dann in eine Urne aus Plexiglas. Bei jeder abgegebenen Stimme ruft ein Wahlhelfer „Hat gewählt!“.

Eine Briefwahl gibt es nicht in Frankreich. Wähler können sich aber von einer Vertrauensperson vertreten lassen, die sie vorher auf einer Polizeiwache anmelden müssen. Seit acht Jahren werden in Frankreich auch „weiße Stimmen“ gesondert gezählt. Dabei handelt es sich um Enthaltungen in Form von leeren Umschlägen. Sie sind zu unterscheiden von ungültigen Stimmen, etwa bekritzelten Wahlzetteln, gelten aber nicht als abgegebene Stimmen.

Noch ein Blick in Lingens Partnerstadt Elbeuf (Departement Seine-Maritime). Dort wird traditionell links gewählt. Daher hatte schon das Wahlergebnis im ersten Wahlgang vor zwei Wochen für Aufsehen gesorgt. Damals hatte zwar der linke Jean-Luc Mélenchon mit 30,14 % auf Platz 1 gelegen, gefolgt von den Anhängern von Marine Le Pen (27,04 %). Emmanuel Macron war aber nur auf 22,32 % gekommen.

Auch in der zweiten  Runde der Präsidentschaftswahl gab es jetzt in der Region Elbeuf viele Stimmen für Marine Le Pen, die sich in fünf Nachbargemeinden der Partnerstadt durchsetzen konnte und teilweise bis zu 56% der Stimmen erhielt. Auch in der kommunistischen Bastion Tourville-la-Rivière belegte Marine Le Pen mit 50,36 % Platz Nr. 1. In Elbeuf selbst gewann Emmanuel Macron mit 53,87% die meisten Stimmen. Damit lag er allerdings drei Punkte unter dem Landesdurchschnitt. Le Pen erreichte 46,13% – ein entsprechend besseres Ergebnis als in ganz Frankreich. Gleichzeitig hatten 529 WählerInnen leere und ungültigen Stimmen abgegeben. Jeder zehnte Wähler brachte so zum Ausdruck, dass das politische Angebot dieser zweiten Runde nicht nach seinem Geschmack war. Hinzu kam eine relativ niedrige Wahlbeteiligung von 63,07 % ( 2017: 66,11 %).

Djoudé Merabet, der sozialistische Bürgermeister von Elbeuf, analysierte: .„Am 24. April 2022 haben wir alle die Wahl für die Republik getroffen, indem wir Emmanuel Macron zum zweiten Mal an die Spitze unseres Landes gewählt haben. Einen Emmanuel Macron-Stimmzettel in die Wahlurne zu legen, bedeutete für viele Wählerinnen und Wähler aber nicht, Macrons Ergebnisse und sein Programm zu unterstützen oder seine Politik zu billigen.“

Spoiler:


Foto: oben: Emmanuel Macron Arno Mikkor,  CC Attribution 2.0 Generic;
unten Rathaus von Elbeuf, N. Kasp. CC BY-SA 1.0

 

 

Die CDU-Politik ist reaktionär klar wie lange nicht mehr. Die Klimakrise spielt keine Rolle mehr und Ökologie wird nachrangig: Weil die Versorgungssicherheit bedroht sei, möchte die CDU Niedersachsen alle landwirtschaftlichen Flächen bewirtschaften. Der Artenschutz steht hintenan, berichtet die taz:

„Ginge es nach der CDU in Niedersachsen, dürften ab sofort alle landwirtschaftlichen Brachflächen beackert werden – egal ob für Tank, Teller oder Tiere. Auch jene, die als ökologische Vorrangflächen eigentlich gerade nicht intensiv bepflanzt werden sollen, damit sich die Böden erholen und sich Tiere wieder ausbreiten können. Ein Kniff, um der Umwelt dabei zu helfen, uns Menschen weiter auszuhalten.

Die CDU würde dort gern auch allerlei Pestizide erlauben. Der Grund: Der Krieg in der Ukraine bedrohe die Versorgungssicherheit. Das sagte Bernd Althusmann, CDU-Chef und Wirtschaftsminister in Niedersachsen, Anfang dieser Woche der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ).

Es stimmt, die Preise steigen, sowohl für Lebensmittel als auch für Tierfutter. Die Lösung der CDU ist naheliegend, aber alles andere als nachhaltig: Ein Anheizen des Artensterbens hilft niemandem auf diesem Planeten langfristig. Auch Kunstdünger, der mit russischem Gas produziert wird, ist teurer geworden. Den…“

[…weiter bei der taz]