Arctic Sunrise

23. Oktober 2013

arctic_sunriseUm die Freilassung der seit mehr als einem Monat in Russland inhaftierten Crew des Greenpeace-Schiffes Arctic Sunrise in einem Eilverfahren zu erzwingen, hat der niederländische Staat sich nun an den Internationalen Seegerichtshof in Hamburg gewandt. Die Niederlande fordern neben der Freilassung der Besatzung auch die Freigabe der Arctic Sunrise, die unter niederländischer Flagge fährt. Russland ließ inzwischen allerdings wissen, dass es die Autorität des Seegerichtshofs nicht anerkenne.

Am 18. September hatte die Besatzung des Greenpeace-Schiffes Arctic Sunrise – laut Selbstauskunft friedlich – gegen Ölbohrungen des russischen Energiekonzerns Gazprom in der Arktis protestiert. Tags darauf wurde die Arctic Sunrise von der russischen Küstenwache in internationalen Gewässern geentert und nach Murmansk geschleppt. Die Crew, darunter zwei Niederländer, sind der Piraterie angeklagt. Bei einer Verurteilung drohen den Umweltschützern fünfzehn Jahre Haft.

Jeder Staat ist nach dem internationalen Seerechtsübereinkommen für die Schiffe unter seiner Flagge verantwortlich. Da die Arctic Sunrise unter niederländischer Flagge fährt, hatten die Niederlande bereits vor zwei Wochen ein so genanntes Schiedsverfahren eingeleitet und Russland darum ersucht, die Aktivisten freizulassen. Bereits damals stellte Außenminister Frans Timmermans (PvdA) in einem Schreiben an die Zweite Kammer klar, die Niederlande könne bei „unzureichendem Fortschritt der Dinge“ in zwei Wochen den Seegerichtshof bitten, in einem Eilverfahren dafür zu sorgen, dass Mannschaft und Schiff freigegeben werden müssen. Dass der niederländische Staat nun den Internationalen Seegerichtshof angerufen hat, ist also keine Überraschung.

Dennoch wirft dieser Schritt einen weiteren Schatten auf das Niederlande-Russland Jahr, das eigentlich die jahrhundertealten Beziehungen beider Länder feiern wollte. Mehrere unschöne Ereignisse haben bereits für eine Verdunklung der Feststimmung gesorgt. So trübte der Selbstmord des russischen Asylbewerbers Aleksandr Dolmatov, der sich das Leben nahm, weil er keine Aufenthaltsbewilligung für die Niederlande erhalten hatte, bereits im Januar die Vorbereitungen des Festjahres (NiederlandeNet berichtete). Der Besuch des russischen Präsidenten Putins anlässlich der Eröffnung des Jahres im April wurde von vielen Protesten gegen die russische Gesetzgebung im Hinblick auf Homosexuelle begleitet (NiederlandeNet berichtete). Im Juli dann wurde ein niederländisches Filmteam in Russland verhaftet, weil es „Homopropaganda“ betrieben haben sollte (NiederlandeNet berichtete). Und neben dem Fall der Arctic Sunrise gab es unlängst diplomatische Spannungen aufgrund verschiedener Angriffe auf diplomatische Abgesandte in Moskau und Den Haag (NiederlandeNet berichtete).

„Die unglücklichen Ereignisse stehen den guten Beziehungen nicht im Weg“, beeilte sich Premier Mark Rutte (VVD) deshalb gestern in einer Presseerklärung mitzuteilen. Rutte habe mit Putin telefoniert und beide Seiten hätten die Absicht, das bilaterale Niederlande-Russland Jahr erfolgreich abzuschließen. Wie geplant solle am 9. November ein Konzert in Moskau in Anwesenheit Königs Willem-Alexanders und seiner Frau Königin Máxima das Jahr abschließen.

Ob sich die Wogen bis dahin geglättet haben, bleibt fraglich. Denn Russland ließ inzwischen verlauten, dass es die Autorität des Seegerichtshof nicht anerkenne. Bei der Ratifizierung des Seerechtsvertrages habe Moskau damals eine Einschränkung aufnehmen lassen. „Die russische Seite hat einen Vorbehalt aufnehmen lassen, wonach sie die Autorität internationaler Instanzen in Konflikten, die die Souveränität und die Rechtsprechung betreffen, nicht anerkennt“, zitiert de Volkskrant Aleksandr Loekasjevitsj, Sprecher des russischen Außenministeriums.

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(Text: gefunden auf  Niederlande.net; Foto: Arctic Sunrise im Jahr 2007; Quelle: Capitan Giona/cc-by-sa)