Hafenbetriebsgesetz
15. Januar 2022
In dieser Woche hat das Bundesverfassungsgericht ein Bremer Gesetz für nichtig erklärt, mit dem der „Umschlag von Kernbrennstoffen“ in Bremerhaven ausgeschlossen wurde. Das Gesetz hatte vor allem politisch-symbolische Bedeutung. Zwar wurden auf seiner Grundlage eine Handvoll Transporte von Kernbrennstoffen verhindert – aber nur in Bremen. Sie kamen dann über andere Nordseehäfen ins Land.
Die Diskussion über den Hafenumschlag von Kernbrennstoffen hatte 2010 begonnen als die damalige schwarz-gelbe Koalition im Bund ohne Not die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängerte und aus dem 2002 zwischen der Schröder/Fischer-Bundesregierung und den Stromkonzernen ausgehandelten und vereinbarten Atomausstieg ihrerseits ausstieg. In der Bremer Bürgerschaft forderten damals die Regierungsfraktionen SPD und Grüne den Senat auf, gegen diese kurzsichtige Politik ein Zeichen zu setzen. Die bremischen Häfen sollten für den Transport von Kernbrennstoffen gesperrt werden.
Zwei Jahre später, 2012, wurde dann tatsächlich das „Bremische Hafenbetriebsgesetz“ ergänzt. „Im Interesse einer grundsätzlich auf Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien ausgerichteten Gesamtwirtschaft“ wurde die Verschiffung von Kernbrennstoffen ausgeschlossen.
Die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke war zu diesem Zeitpunkt wegen der Katastrophe von Fukushima allerdings längst vom Tisch, nun ging es um einen beschleunigten Atomausstieg – und doch blieb die Hafenklausel ein wichtiges Symbol.
Diese Symbolgesetzgebung hat das Bundesverfassungsgericht jetzt für verfassungswidrig erklärt. Das Bundesland Bremen habe damit seine Gesetzgebungskompetenz überschritten. Bremen habe keine Gesetzgebungskompetenz gehabt. Denn der Bundestag habe im Atomgesetz bereits die grundsätzliche Zulässigkeit von Atomtransporten beschlossen. Raum für abweichende Landesgesetze sahen das Verfassungsgericht nicht. Der Karlsruher Beschluss kam übrigens mit sechs zu zwei Richterstimmen zustande. Sondervoten wurden keine geschrieben. Rechtsmittel sind nicht mehr möglich.
So weit, so nachvollziehbar. Weshalb ich darüber schreibe?
Gegen das Verschiffungsverbot war die Atomwirtschaft vorgegangen. Sie hat(te) Angst, dass das Bremer Beispiel Schule machen könnte; immerhin gibt es längst auch in Hamburg eine Bürgerinitiative, die für das Hamburger Tor zur Welt dasselbe Ziel hat. Drei Unternehmen hatten zunächst vergeblich den Bremer Staatsgerichtshof, das Verfassungsgericht des Landes, angerufen, der sich aber vor acht Jahren für unzuständig erklärte (Urt. v. 12.04.2013, Az. St 1/12). Dann beantragten sie beim Bremer Senat Ausnahmegenehmigungen. As sie diese nicht bekamen, zogen sie vor Gericht. Das Bremer Verwaltungsgericht hatte das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob der betreffende § 2 Abs. 3 BremHafenbetrG mit Art. 71, Art. 73 Abs. 1 Nr. 14 GG und dem „Grundsatz der Bundestreue“ unvereinbar sei. Am Ende steht der jetzt bekannt gewordene Beschluss vom 07. Dezember 2021 (Az. 2 BvL 2/15; mehr)
Eines der drei klagenden Unternehmen war der Brennelementehersteller Acvanced Nuclear Fuels „aus Lingen im Emsland“ (taz). Ganz und gar nicht symbolisch rückt damit eine unverantwortbare Industrie unsere Stadt einmal mehr in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. So viel Wasserstoff kann gar nicht produziert werden, wie nötig ist, den so entstehenden Misskredit auszugleichen.
Quellen: LTO, NOZ, taz, PM,