Wer zahlt?

2. Februar 2019

Die Entschärfung einer amerikanischen 5-Zentner-Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg am Donnerstag in Lingen gelang nicht. Wegen einer Ausbausperre des Zünders musste die Bombe gesprengt werden. Bei der Detonation kam es zu zahlreichen Sachschäden. Thomas van Lengerich, Geschäftsführer der Fa BvL an der Lingener Lindenstraße, hat beispielsweise den Schaden an Schaufenstern und Waren seines Unternehmens am Freitag gegenüber dem NDR auf einen sechsstelligen Betrag geschätzt. 

OB Dieter Krone hat gestern auf die Geböudeversicherung verwiesen, wenn es um den Ausgleich der Schäden geht, die durch die Sprengung des Blindgängers an den benachbarten Gebäuden entstanden sind; diese seien zuständig. Doch stimmt das mit der Zuständigkeit? Sind Schä­den bei Bom­ben­ent­schär­fun­gen tatsächlich ver­si­chert? Zahlen Versicherer für die Schäden einer Bombenexplosion?

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, kurz GDV, gibt Auskunft. Er hat Musterbedingungen für die private Hausrat- und Wohngebäudeversicherung erarbeitet. Danach erstreckt sich der Versicherungsschutz allerdings  gerade nicht auf Schäden, die auf Kriegsereignisse zurückgehen. Die Detonation einer Weltkriegsbombe ist aber -da waren sich die Juristen bisher einig – die Folge eines Kriegsereignisses – selbst wenn der Zweite Weltkrieg schon vor fast 75 Jahren endete. So weit die schlechte Nachricht.

Die Gute: Die Versicherungsgesellschaften, die nicht an die Musterbedingungen gebunden sind, haben in der Vergangenheit solche Schäden immer übernommen, meist kulanzweise. Dem GDV ist, erfahre ich, kein Fall bekannt, bei dem Versicherer einen solchen Schaden wie in Lingen nicht reguliert hätten.

So zahlten die Versicherer 2010 in Göttingen und Aschaffenburg ebenso wie 2012, als der Kampfmittelräumdienst eine Fliegerbombe im Münchner Stadtteil Schwabing sprengte, als die Detonation Fensterscheiben zum Bersten brachte und sogar einige Dachstühle in Flammen standen. Ein damals entstandenes Video wurde jetzt übrigens fälschlich als Aufnahme der Lingener Sprengung im Netz verbreitet. Die Versicherer haben also in den letzten Jahren stets alle Schäden übernommen. Voraussetzung war natürlich, dass eine Versicherung bestand. Bei Gebäuden ist das regelmäßig so, aber eine Hausratversicherung hat längst nicht jeder Haushalt.

Wie unterscheidet man beide Versicherungen? Nun, sollten Teile des Gebäudes, also Mauern, Dächer oder Türen beschädigt werden, ersetzt die Gebäudeversicherung die Schäden. Daher sind auch Fenster, die bei einer Druckwelle kaputtgehen, ein Fall für die Gebäudeversicherung. Sollte eine Explosion aber -wie in Lingen beispielsweise im Haus Lindenstraße 17- auch innerhalb einer Wohnung Schäden am Inventar anrichten, übernimmt die Hausratversicherung diese Schäden.

Sind Autos gegen auch versichert? Wer sein Auto nicht außerhalb der Evakuierungszone geparkt hat, erhält bei Schäden am Kfz Leistungen über die Teilkaskoversicherung. Autobesitzer, die eine Teil- oder Vollkaskoversicherung abgeschlossen haben, erhalten also diese Schäden ersetzt, sofern eine solche Versicherung bestand.

Ladengeschäfte, die im Stadtzentrum Lingens aufgrund der behördlichen Anordnung  schließen mussten, gehen wohl leer aus. Ausfälle durch solche behördlichen Anordnungen könnte zwar eine sog. Betriebsunterbrechungsversicherung zahlen. Ein typisches Beispiel sind Ausfälle infolge von Überschwemmungen oder nach einem Maschinenausfall. Ausfälle durch behördliche Evakuierungsverfügungen sind aber eigentlich nie Bestandteil solcher Verträge.

Verletzt wurde in Lingen glücklicherweise niemand. Doch wäre infolge der Sprengung jemand in oder außerhalb der Evakuierungszone verletzt werden, würde eine private Unfallversicherung zahlen – vorausgesetzt, der Verletzte hat eine solche Versicherung abgeschlossen.

Soweit die Hinweise zu privatrechtlichen Ansprüchen. Selbstverständlich hätten Verletzte auch Schutz aus der gesetzlichen Krankenversicherung, und wenn gar keine private Versicherung besteht, darf man bei Sachschäden auch an die öffentliche Staatshaftung denken. Und reiche Stadt Lingen könnte im Einzelfall auch einfach „unbürokratisch“ helfen. Also sollten die Schäden im Rathaus gemeldet werden.

als Rasenfläche

1. August 2018

Eine Gebäudeversicherung leistet Ersatz für das Gebäude in Höhe der vereinbarten Summe (Gebäudeversicherung Leistungen). Damit kann der Versicherte das Objekt neu aufbauen. Außerdem deckt die Versicherung sogenannte sekundäre Kosten ab. Dazu gehören:

  • die Kosten für den Einsatz der Feuerwehr zur Brandbekämpfung,
  • Kosten für die Beseitigung von Schäden, die durch Löschwasser entstehen,
  • Auslagen für die Unterbringung der Anwohner
  • und für alle Aufräumarbeiten.

Der Versicherte wird also finanziell so entschädigt, dass er das zerstörte Gebäude wieder aufbauen kann. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Höhe der vereinbarten Versicherungssumme. Sie wird für Neubauten üblicherweise für den Neuwert des Objekts abgeschlossen. Bei einem bestehenden Gebäude wählt man den sogenannten Vergleichswert von 1914. Er legt den Wert des Hauses nach heutigen Kosten fest und vermeidet so eine Unterversicherung.

Wenn ein Feuer mutwillig durch Brandstiftung verursacht wird, ist auch das ein Fall für die Feuerversicherung. Der Immobilienbesitzer muss bei Brandstiftung nicht fürchten, vor dem finanziellen Nichts zu stehen, denn der entstandene Schaden wird bis zur festgelegten Versicherungssumme reguliert.

Dass ich dies schreibe, hat einen konkreten Hintergrund. Denn Mitte November 2017 ist in Lingen (Ems) die Pestalozzischule an der Beckstraße abgebrannt. Die Brandursache kenne ich nicht. Eine Flüchtlingsfamilie, die damals in der an das Schulgebäude angrenzenden ehemaligen Hausmeisterwohnung untergebracht war, musste diese verlassen, obwohl die Wohnung vom Brand nicht direkt betroffen war. Die Turnhalle der Schule musste geschlossen werden, obwohl sie noch täglich kräftig genutzt worden war.

Wie gesagt, die Schule war feuerversichert und die Stadtverwaltung hat daraufhin mit der Feuerversicherung verhandelt. In der Ratsvorlage 153/2018 findet sich inzwischen Bemerkenswertes:

„Am 23. Januar 2018 fand im Rathaus ein Abstimmungsgespräch mit Vertretern der Schadensregulierung der VGH zur Abwicklung dieses Großschadens statt. Die VGH gab Hinweise zum bestehenden Versicherungsschutz und erläuterte die für leer ste- hende Gebäude geltenden Versicherungsbestimmungen. Es zeigte sich schnell, dass es in diesem Zusammenhang unterschiedliche Ansichten und Auslegungen gibt, die eine langwierige Abwicklung mit diversen Gutachten möglich machen könnte. Da die VGH sich grundsätzlich in der Verpflichtung zur Schadensabwicklung sieht und eine langwierige und für beide Parteien aufwändige und teure Verfahrensabwicklung ver- hindern möchte, schlug die VGH vor, dass Versicherer und Stadt eine Vereinbarung schließen und die VGH dann auf der Grundlage dieser Vereinbarung selbst den Abriss des Schulgebäudes samt Verwaltungstrakt beauftragt und bezahlt.

Die Verwaltung wird nunmehr mit der VGH eine Vereinbarung zum Abriss der ehemaligen Pestalozzischule schließen. Das Gelände wird nach dem Abriss provisorisch als Rasenfläche eingerichtet.“

Statt geschätzt 3-4 Millionen Euro für eine neue Schule gibt es von der VGH-Feuerversicherung geschätzt 15.000 für Moss‘ Bernd, der abreißt.

Denke an deine Steuern und finde den Fehler. 

(Quelle; Foto: pixabay)