Vinke und Kromschröder: Ein Leuchtturm gerät in Gefahr

8. Juni 2023

Gerhard Kromschröder und Hermann Vinke sind die Protagonisten der Erinnerungsarbeit im Emsland und die Emslandlager. Ohne sie gäbe es die KZ-Gedenkstätte in Esterwegen nicht. Gestern haben sie sich in dem aktuellen Streit um den Ausschluss des DIZ aus der KZ-Gedenkstätte Esterwegen (mehr hier im Blog) zu Wort gemeldet und alle Beteiligten aufgefordert, sich an einen Tisch zu setzen, die Differenzen zu erörtern und auszuräumen und auf diese Weise sicherzustellen, dass die Gedenkstätte nicht insgesamt Schaden nimmt. 

Die öffentliche Aufforderung der beiden Journalisten hier im Wortlaut:

„Ein Leuchtturm gerät in Gefahr

Das Aktionskomitee DIZ Emslandlager nimmt die Kündigung eines Raumes in  der Gedenkstätte Esterwegen durch die Stiftung zum Anlass, eine seit Jahren geführte interne Auseinandersetzung an die Öffentlichkeit zu tragen. Damit gewinnt der Konflikt zwischen der vom Landkreis Emsland getragenen Gedenkstätte und dem zivilgesellschaftlichen Aktionsbündnis eine neue Stufe der Eskalation, bei der es am Ende nur Verlierer geben wird. Insbesondere besteht die Gefahr, dass die Erinnerungsarbeit im Emsland dauerhaft Schaden
nimmt. 
 
Die Stiftung der Gedenkstätte wehrt sich gegen die zum Teil massiven Vorwürfe des DIZ, die nicht zum ersten Mal erhoben werden. Absehbar ist nicht nur ein lang andauernder öffentlich ausgetragener Konflikt, sondern auch ein juristischer Streit um die Sammlung der Gedenkstätte, die überwiegend vom Aktionskomitee zusammengetragen wurde und seit 2011 Bestandteil der Gedenkstätte ist. Der Ausgang eines Rechtsstreites bleibt ungewiss. Sicher ist
nur, dass beide Seiten weitere Energie vergeuden, statt ihrer eigentlichen Aufgabe nachzugehen.
 
Solche Aussichten lassen nur einen Schluss zu: Stiftung und DIZ sollten schnell  an den Verhandlungstisch zurückkehren, um das Miteinander in der Gedenkstätte einvernehmlich zu regeln. Das Aktionskomitee muss sich von dem Gedanken verabschieden, in der Gedenkstätte Esterwegen autonom walten und schalten zu können. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass dieses Nebeneinander nur zu Zank und Streit führt. Und der Stiftung obliegt es, dem zivilgesellschaftlichen Engagement genügend Raum zu geben, um daraus
zusätzliche Energie für die eigenen Aufgaben zu schöpfen.
 
Dieser Konflikt dauert schon viel zu lange: Außenstehenden ist der Streit nicht zu vermitteln, geschweige denn verständlich zu machen. Denn beide Seiten verfolgen dieselben Ziele mit den gleichen Methoden, und zwar die Verbrechen in den Emslandlagern aufzuarbeiten, damit sie nicht in Vergessenheit geraten, sondern für Gegenwart und Zukunft produktiv gemacht werden.  Der Zulauf zur AfD und der Vormarsch von Neonazis und Rechtsextremisten in ganz Deutschland, insbesondere aber in den ost- und mitteldeutschen Bundesländern, erzwingen geradezu ein Zusammengehen.
 
Die Gedenkstätte Esterwegen ist das Ergebnis jahrzehntelanger Bemühungen, woran viele mitgewirkt haben,  vorrangig die Mitglieder und Akteure des DIZ. Ihr Engagement wurde vielfach gewürdigt und wird auch in Zukunft Anerkennung finden. Doch die Zeiten haben sich geändert. Dabei gilt es zur Kenntnis zu nehmen, dass der Landkreis Emsland 2011 den Grundstein für die Gedenkstätte gelegt hat und ihre Existenz seitdem mit einem hohen materiellen und organisatorischen Aufwand sicherstellt.
 
Eine nachhaltige Beschädigung der Gedenkstätte – durch welches Vorgehen auch immer – darf auf keinen Fall hingenommen werden. Für diese Einrichtung haben wir uns in den 1960er Jahren als Redakteure der „Ems-Zeitung“ in Papenburg gegen massiven Widerstand eingesetzt. Die Gedenkstätte in der heutigen Form ist ein Leuchtturm. Seinem Erhalt sollten sich alle Beteiligten verpflichtet fühlen, statt ihn zu beschädigen.“
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Foto: Gerhard Kromschröder (lks) und Hermann Vinke © Ems-Vechte-Welle, Justin Ullrich

 

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