Hühnerbrust

10. August 2012

Tja, Gutes aus der Region kommt bekanntlich weniger aus den ungezählten Mastställen als  … aus dem Weserstadion beispielsweise. Sportlich jedenfalls. Doch seit zwei Tagen herrscht in Bremen große Aufregung. Werder, das sportliche Aushängeschild im Nordwesten, liebäugelt mit einem neuen Trikotsponsor. Dieser Sponsor soll ausgerechnet der umstrittene Geflügelmäster Wiesenhof sein. Die Werder-Vereinsführung beschwichtigt, das noch nicht entschieden sei, ob das „Wiesenhof“-Logo künftig die Trikots des SV Werder Bremen zieren wird. Aber schon die Aussicht auf die grün-weiße Hühnerbrust bringt Tausende Werder-Fans auf die Palme: Gestern Abend unterstützten bereits 11.111 Fans  die Facebook-Seite „Werder-Fans gegen Wiesenhof“.  (Spaß am Rande: Ich war übrigens Nr 11.111 – ganz in echt).

Schon bisher hatte der Fußballverein aus der Hansestadt mit seinen Sponsoren durchaus seine Probleme Der Textildiscounter Kik, schreibt Simone Schnase in der Bremer taz, war beispielsweise von 2004 bis 2006 Werders Hauptsponsor. Der Konzern fiel durch die Behinderung von Betriebsratswahlen, schlechte Bezahlung und die Ausbeutung seiner Zulieferer in Bangladesh auf.

Die Schwergutreederei Beluga Shipping sponserte seit 2005.Werder kündigte 2011 den Vertrag, weil die Firma Insolvenz anmeldete. Die Bremer Staatsanwaltschaft ermittelt wegen falsch ausgewiesener Umsätze im dreistelligen Millionenbereich.

Der privaten Wettanbieter bwin kam 2006/2007. Bereits im Juli verbot die Stadt Bremen die Werbung. Bei Heimspielen trugen die Werderspieler deshalb die Aufschrift „we win“.

Die Citibank war Hauptsponsor von 2007 bis zum Ende der vergangenen Saison. Seit Februar 2010 heißt sie Targobank. Der internationale Finanzdienstleister verkaufte fast drei Viertel aller in Deutschland erstandenen Lehmann-Zertifikate, die die zweite, größere Welle der Finanzkrise ab 2008 mit auslösten. Über 40.000 deutsche Anleger verloren Ersparnisse.

Der Grund für die Probleme: Vor Jahren hat Werder Bremen Vermarktung an die Firma  Infront abgetreten. Das Marketingunternehmen sucht Sponsoren und bekommt dafür Provision. Der Clou: Wenn Infront keinen Sponsor findet, fließt trotzdem Geld. Angeblich sollen es mehrere Millionen Euro sein, die Details sind strikt vertraulich. Für Werder soll der Vertrag aber eine unbequeme Klausel enthalten: So dürfe der Verein zwar ein Veto gegen einen Sponsor einlegen. Doch dann müsse Infront auch nicht zahlen. Beim geplanten Wiesenhofdeal soll es um einen Betrag zwischen 5 und 8 Mio Euro jährlich gehen.

Und was jetzt? Werder-Fans, die auf Nummer sicher gehen wollen, kaufen zweckmäßigerweise noch schnell das aktuelle Werder-Trikot ohne jeden Sponsor. Sieht ganz gut aus, und man läuft ohne Werbeunterbrechung bzw. ohne  Reklame für zweifelhafte Unternehmen. Man muss es allerdings noch bekommen.

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(Quellen: Taz, Simone Schnase; Süddeutsche)