Respekt

27. Mai 2024

Austausch erhofft

1. März 2024

„Osnabrücks Kunstraum „Hase29“ organisiert die Reihe „Israelisch-Palästinensische-Perspektiven“. Die dazugehörige Kunstausstellung ist eher nebensächlich, schreibt Harff-Peter Schönherr in der taz-Nord über den dringend notwendigen Austausch.

„…Die Filme und Fotos sind zwar, für sich genommen, mager. Aber sie spielen hier auch nicht die Hauptrolle. Die fällt dem Veran­stal­tungsprogramm „Israelisch-Palästinensische-Perspektiven“ zu. Das sieht sich als „Zeichen der Solidarität und Verbundenheit“ sowohl mit den israelischen Opfern des Hamas-Terrors vom 7. Oktober 2023 als auch mit den palästinensischen Opfern des Kriegs in Gaza.

Das ist hochpolitisch und ambitioniert. Die Israel/Gaza-Debatte ist voller Fallstricke, voller Verhärtungen, Engstirnigkeiten, Einseitigkeiten. Wer sie so offen führt wie die Hase29, setzt sich dem Risiko der Anfeindung aus. 2021 wurde die Ausstellung „Gender Piracy“ des Kunstraums zum Ziel einer transfeindlichen Spray-Attacke.

Das Programm, als dessen Bühne sich die Ausstellung versteht, reicht vom Konzert bis zur Podiumsdiskussion, vom Vortrag bis zur performativen BürgerInnen-Lesung, zur interreligiösen Führung. Viele Kooperationspartner hat der Kunstraum sich dazu ins Haus geholt, von der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft Osnabrück bis zum European Media Art Festival, von der Kunsthalle Osnabrück bis zum Literaturbüro Westniedersachsen. Auch geskatet wird hier, von Schulklassen, auf der Grundlage der 15 Fotos aus Gaza. Ihr Lernziel: Zu erkennen, dass polarisierte Diskussionen stets ins Leere stoßen.

Anrührend und wissenschaftlich fundiert

Das Programm reicht von jüdischer Musik bis zu palästinensischen Gedichten und ist teils sehr anrührend. So wird hier der Dokumentarfilm „Das Herz von Jenin“ gezeigt, die Geschichte des Palästinensers Ismail Khatib, der die Organe seines von israelischen Soldaten erschossenen Sohnes an israelische Kinder spendete, inklusive Gespräch mit Regisseur Marcus Vetter.

Andererseits ist sie stark wissenschaftlich hinterfangen. Politikwissenschaftler Rüdiger Robert ordnet in seinem Vortrag „Frei zu sein in unserem Land – Israel und Palästina“ die Entstehung des Konflikts zwischen Juden und Muslimen ein, Kunsthistoriker Andreas Mertin spricht zum Thema „Antisemitismus in Kunst und Karikatur“.

Die Schau will ihre Wirkung also nicht aus sich selbst heraus entwickeln, sondern einen Diskursraum öffnen. Wer nur für die Schau selber kommt, erlebt nicht viel. Vor allem keine Kunst. Diese Reizarmut, die fast leere Galerie, ist aber ein Problem. Sie sei kein Mangel, beteuern die Kuratorinnen Jasmina Janoschka und Elisabeth Lumme der taz, sie eröffne Möglichkeiten des Austauschs. Hoffen wir, dass es so ist.“

[mehr in der taz]

Spoiler:

Man erkennt bei solchen Meldungen, wie sehr unsere Stadt Lingen (Ems) längst ganz tiefe Provinz ist, weil -ganz im Gegensatz zu früher- eine derartige Veranstaltungsreihe in unserer Stadt heute undenkbar geworden ist. Weder das früher so engagierte Ludwig-Windthorst-Haus noch das einst gute Gewissen der Stadt, das Forum Juden Christen im Altkreis Lingen eV“, engagiert sich angesichts der schrecklichen Ereignisse im Nahen Osten für Dialog und Austausch.

Doch inzwischen rührt sich anderes: Der Ehrenvorsitzende des Forums Dr. Heribert Lange attestiert angesichts der Entwicklung seiner „Kontakte und des Austauschs mit dem geschäftsführenden(!) Vorstand des Forums Juden-Christen Altkreis Lingen e.V. seit der Jubiläumsfeier im April 2023 bis heute einen überwiegend kontraproduktiven, wenig sachgerechten, aber auch wenig freundlichen, also unerfreulichen Verlauf“. Deshalb hat er Anfang der Woche den ihm verliehenen Titel Ehrenvorsitzender zurückgegeben.