Vereine, Verwaltung und Wirtschaft waren dagegen. Doch im niedersächsischen Göttingen stimmte eine Mehrheit der Wählerinnen und Wähler für Fahrradstraßen. Erstmals in einer deutschen Stadt haben die Einwohner so per Bürgerentscheid erfolgreich über erhebliche Verbesserungen im Radwegenetz abgestimmt. Rund 27.500 Göt­tin­ge­r:in­nen votierten am vergangenen Sonntag für den „Radentscheid 1“, das entspricht einer Zustimmung von rund 54 Prozent. Der „Radentscheid II“ wurde dagegen mit etwa 55 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt. Weil die Briefwahlstimmen später ausgezählt wurden, gab die Stadt Göttingen das Ergebnis erst am Dienstagabend dieser Woche bekannt.

Im „Radentscheid I“ geht es um eine Priorisierung des Radverkehrs vor dem motorisierten Individualverkehr und auch vor dem ÖPNV. So sollen Fahrradstraßen so gestaltet werden, dass auch Kinder und ältere Menschen dort sicher radeln können, der Durchgangsverkehr von Kraftfahrzeugen wird hier nach Möglichkeit unterbunden.

Auf wichtigen Abschnitten werden bis 2030 abgegrenzte, geschützte Radstreifen, sogenannte Protected Bike Lines ,eingerichtet. Kreuzungen werden fahrradsicher gestaltet, Ampel rad- und fußgängerfreundlicher geschaltet und Fahrradabstellanlagen überdacht. Die Stadt ist zur Umsetzung dieser Maßnahmen verpflichtet.

Der Radentscheid II sah eine Vielzahl von konkreten Einzelmaßnahmen vor. Darunter den Umbau einer großen Umgehungsstraße, den Abbau von Pkw-Parkplätzen und die Ausweisung von zwei viel befahrenen Nord-Süd-Achsen zu Einbahnstraßen. Die Klima-Initiative „Göttingen Zero“ hatte die Radentscheide mit einem Bürgerbegehren erzwungen, für das im Winter innerhalb weniger Monate mehr als die notwendigen 9.000 Unterschriften zusammengekommen waren.

Widerstand von vielen Seiten

Das Ergebnis der Abstimmung überrascht, da es gegen den Willen der Verwaltungsspitze, der Koalition aus SPD, CDU und FDP im Stadtrat sowie von Handwerk und Einzelhandel erreicht wurde. Überflüssig sei…

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