Namensschild

3. Dezember 2022

Polizisten können zum Tragen von Namensschildern verpflichtet werden. Das Bundesverfassungsgericht wies die Beschwerde einer Kommissarin aus Brandenburg zurück. Diese befürchtete, dass ihr Name nach dem Einsatz gegoogelt wird und ihr dadurch Nachteile entstehen.

Wie schon die Verwaltungsgerichte weisen die Verfassungsrichter darauf hin, dass jeden Tag auch eine Vielzahl anderer Beamte ihren Namen preisgeben, wenn sie mit Bürgern sprechen, Briefe rausschicken und Bescheide erlassen. Die Polizistin habe nicht nachvollziehbar dargelegt, wieso sie stärker gefährdet sei als viele andere Angehörige des öffentlichen Dienstes.

Die Polizistin wandte außerdem ein, eine Dienstnummer reiche im Zweifel aus. Allerdings, so das Bundesverfassungsgericht, gehe es den Polizeibehörden auch um Bürgernähe. Dieses Ziel werde mit einer Dienstnummer eher nicht erreicht. Letztlich weisen die Verfassungsrichter darauf hin, dass die Beamtin mit entsprechenden Privatsphäreeinstellungen in sozialen Netzwerken und einer Sperre ihrer Meldedaten selbst den von ihr befürchteten „Google“-Effekt mindern könne (BVerfG, Beschl. v.4.1.2022, Aktenzeichen 2 BvR 2202/19).


Text/Quelle: LawBlog/Udo Vetter

In nur drei Wochen haben sich SPD und Bündnis’90/Grüne auf einen Koalitionsvertrag in Niedersachsen verständigt. Das ist ein rekordverdächtiges Tempo. Mir wäre etwas mehr Verhandeln, grüne Hartnäckigkeit und Sorgfalt lieber gewesen. So nämlich sind manche Verabredungen im Koalitionsvertrag doch arg vage. Ich denke da an die Autobahnklauseln, dass alles in der Verantwortung des Bundes liegt, oder daran, dass das Wort Strafvollzug im Koalitionsvertrag nicht vorkommt, aber das hohe Pistorius-Lied auf die Polizei, über deren Probleme -zB den latenten Rassismus- der Vertrag nichts sagt, aber über die bedarfsgerechte Anpassung des Bekleidungsgelds. Nichts lese ich zur Herstellung von AKW-Brennelementen im Land. Zugleich wird aber gaaaanz viel geprüft, hier und da und dort auch, ohne übrigens zu sagen, wer denn wen auf welche Weise prüft. Außerdem lese ich beeindruckend viel Unterstützung für den öffentlichen Dienst in allen Bereichen – vor allem finanziell.

Aber handeln statt prüfen und verbindliche Mindeststandards wären wichtiger. Mein Eindruck: Modernität und Fortschritt sind in sozialdemokratische Watte verpackt. In Wahrheit aber sind beide anders. Mir scheint, dass sich die Grünen über den Tisch haben ziehen lassen. Sie haben sich sehr schnell auf die SPD als einzigen Koalitionspartner festgelegt und hatten danach offenbar keine Chance, mehr herauszuholen. Schade – lest selbst:

Täuschungsversuch

31. Oktober 2020

Nicht das Urteil, über das Udo Vetter in seinem LawBlog berichtet, ist das Problem, sondern die Verantwortlichen sind es, die das kleine Malheur nicht sofort als solches erkannt und behoben haben. Diese Handelnden würde ich übrigens grundsätzlich namentlich benennen, und dann gäbe es -allemal hier bei uns an Ems und Vechte- sofort wieder so besonders erhobene Zeigefinger, die wahlweise das hohe Lied des Datenschutzes oder des Das-kannst-du-doch-nicht-tun singen. Dabei geht es um „Fehlerkultur, um Kritik und wie man mit ihr umgeht. Denn wenn Fußballer sich daneben benehmen, ein Musiker einen falschen Ton spielt oder -nicht auszudenken- ein Anwalt sich vertut, stehen sie alle schließlich auch in der Öffentlichkeit.

Also, Freunde dieses kleinen Blogs, ist es nicht ein eigener, spezieller Täuschungsversuch, wenn sich öffentlich Bedienstete für ihre -wie hier unsäglichen- Fehler hinter der Anonymität ihrer Behörde verbergen?

Weil der Wecker seines Handys klingelte, sollte ein Student durch eine Klausur fallen. Das Klingeln wurde als Täuschungsversuch gewertet. Kurios wird diese Entscheidung durch den Umstand, dass die Tasche 40 Meter entfernt abgestellt war.

Die Universität verwies auf die Prüfungsordnung. Danach sei es verboten, Mobiltelefone eingeschaltet mit in den Prüfungsraum zu nehmen. Ob das im Flugmodus befindliche Handy überhaupt „eingeschaltet“ im Sinne der Vorschrift war, will das Verwaltungsgericht Koblenz gar nicht entscheiden. Denn der Student habe das Handy ja gar nicht an den Klausurarbeitsplatz mitgenommen, vielmehr habe der Wecker rund 40 Meter entfernt geklingelt. Wenn man das auch verbieten wolle, so das Gericht, müsse man es auch ausdrücklich in die Prüfungsordnung schreiben. Nur so könne ein Kandidat wissen, was erlaubt und was verboten ist.

Auch eine Störung des Prüfungsablaufs mit der Folge „Nicht bestanden“ sieht das Gericht nicht. So eine Sanktion sei schlicht unverhältnismäßig. Die Störung durch das Klingeln hätte problemlos mit einer kurzen Verlängerung der Schreibzeit ausgeglichen werden können. Außerdem habe der Student glaubhaft belegt, dass er nicht vorsätzlich handelte. Er habe vergessen, den Wecker zu deaktivieren. Außerdem habe er angenommen, dass sein Handy im Flugmodus gar keine Töne von sich gibt.
(VG Koblenz, Aktenzeichen 4 K 116/20.KO).

 

 

„kein Spielraum“

22. Februar 2018

Vor dem Anschlag am Breitscheidplatz sollen die für Anis Amri zuständigen Ermittler im Landeskriminalamt Berlin völlig überlastet gewesen sein, war vielfach zu hören und zu lesen. Ihr Chef Landeskriminaldirektor Axel Bédé aber konnte Seminare geben. Mit Nebentätigkeitserlaubnis.36 Tage in 2016.

Das Islamismus-Dezernat des Berliner Landeskriminalamts rief mehrfach um Hilfe: Immer mehr islamistische Gefährder mussten beobachtet werden und es gab viel zu wenig Personal dafür. Kommissariatsleiter des Dezernats formulierten „Überlastungsanzeigen„. Sogar Jutta Porczucek, als Leiterin der Staatsschutzabteilung dem Dezernat vorgesetzt, warnte die LKA-Spitze vor dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt vor 14 Monaten, ihre Beamten seien „extrem belastet“, man sei an einem Punkt angelangt, wo „kein Spielraum“ mehr übrig sei.

Einer jedoch hatte erstaunlicherweise Kapazitäten: Der Chef des Islamismus-Dezernats, Kriminaldirektor Axel Bédé, gab außer Haus diverse, auch mehrtägige Seminare zum Thema Krisenmanagement. An mindestens 36 Tagen im Jahr 2016 übte er seine Nebentätigkeit aus, bestätigte die Berliner Polizei „Zeit Online„. Dies sei genehmigt gewesen, er habe dafür Wochenenden und freie Tage genutzt. Der Mann habe „alle Dienstpflichten uneingeschränkt erfüllt“.

Doch eben das ist strittig. Die Berliner Dezernatsleitung sei oft nicht greifbar gewesen, um Absprachen im Fall Amri zu treffen, sagte ein hochrangiger Terrorermittler aus Nordrhein-Westfalen im Berliner Untersuchungsausschuss. Marcel Luthe, Berliner Innenpolitiker der FDP, sagt: „Wenn Teile eines Dezernats überlastet sind, muss sich der Leiter darauf konzentrieren, dass das Problem behoben wird, wenn er seine Dienstpflicht erfüllen will.“

(Quelle: ZEIT, tagesspiegel, Foto: Poggemann/flickr mCC BY 2.0).

umfahren

11. Oktober 2016

Seit gestern haben die Stadtwerke Lingen an der Kurt-Schumacher-Brücke „mit notwendigen Sanierungsarbeiten an den Erdgasleitungen“ begonnen. Bis voraussichtlich Freitag, 14. Oktober, ist die viel befahrene Linksabbiegespur Richtung Rheiner Straße gesperrt. Wir lesen: „Um den Verkehrsfluss möglichst wenig zu behindern, finden die Arbeiten in den Herbstferien statt. Umleitungen werden ausgeschildert. Ortskundige werden gebeten, die Sperrung weiträumig zu umfahren.“ Man darf sich bei so viel Herbstferien-Zynismus beiseite lachen.

Denn abgesehen davon, dass es in unserer Stadt große Experten im zügigen Straßenbau gibt und auch wenn viele Autofahrer über die Untätigkeit nur den Kopf schütteln: Seit gestern ist klar, weshalb man die Arbeiten nicht im Stück von Samstag 18 Uhr bis Montag 6 Uhr erledigt hat. Die Antwort: Gut Ding will eben öffentliche Dienstweile haben! Guckst Du hier:

 

schumacherbruecke1#
Gestern, Montag, 10.10.2016, 8.20 Uhr (vertrauliche Bitte: Der Leser/die Leserin beachte die zahlreichen Arbeitskräfte auf der Großbaustelle). Und erst am gestrigen Montag um 17.00 Uhr. Bei twitter würde es jetzt heißen: @wroglingen übernehmen Sie!

schumacherbruecke2

Ganz wichtig war übrigens, von der schönen Betonsäule unten den wilden Wein abzukratzen. Dessen herbstliches Rot störte nun wirklich…

Abgründe

6. Dezember 2015

Tun sich da Abgründe auf? Der öffentliche Dienst soll länger arbeiten? SPIEGEL online berichtete gestern über die Konferenz der Innenminister der Länder, dfie mit der Arbeit des kurz BAMF genannten Bundeaamtes für Migration und Flüchtlinge überhaupt nicht zufrieden waren und dessen neuen Präsidenten Weise heftig kritisierten. Da lese ich dann das:

„NRW-Minister Ralf Jäger (SPD) warnte: „Wir steuern dieses Jahr auf eine Million Asylanträge zu.“ Derzeit liegen nach Angaben von Lewentz 300.000 alte Fälle auf Halde, dazu würden noch einige hunderttausend weitere Fälle kommen. Wie viele Asylbescheide 2015 erstellt werden, habe der Behördenchef nicht sagen können, kritisierte Jäger. Er sagte über das Treffen: „Das war weitestgehend enttäuschend, in manchen Teilen sogar erschreckend.“

Die Bamf-Mitarbeiter sollen nach Ansicht der Landesinnenminister flexibler arbeiten – nach dem Vorbild von Ländern und Kommunen. „Flüchtlinge können sich nicht nur an Bürozeiten von 8 bis 16 Uhr halten“, sagte Jäger, der Sprecher der SPD-Minister ist. Caffier, der für die Unionsseite spricht, sagte: „Im Zweifelsfall sind sogar im öffentlichen Dienst mal Überstunden möglich.“ Lewentz verwies auf ein Zwei-Schichten-Modell im Saarland. Wenn Weise dies mit der Personalvertretung regele, könne dies zusätzlich Entlastung bringen.“

Wie? Nicht mehr freitags um 12 Uhr Ende der Schicht im (jedenfalls in unserem lokalen) Schacht? Sind Überstunden bei gesicherten Arbeitsplätzen und ordentlicher Bezahlung überhaupt den öffentlich Bediensteten zumutbar, wo wir uns „Kunden“ doch längst daran gewöhnen mussten, dass dort statt „öffentlich“ meistens geschlossen ist und  seit geraumer Zeit von „Dienst“ auch nicht mehr geredet wird… 😉

Ehrlicherweise werden wir erwarten dürfen, dass manche Herrschaften sich zurücklehnen und dabei zu dem alten Kernsatz öffentlicher Ministerialverwaltungen greifen: „Minister kommen und gehen, wir bleiben…“

 

weltfremd

28. Juli 2012

Radio FFN meldet:

A31 Meppen – Leer zwischen Dreieck Bunde und Jemgum ist in beiden Richtungen wegen einer Tagesbaustelle die linke Spur gesperrt. Dadurch Richtung Leer, zwischen Rhede und Weener 45 Minuten Zeitverlust, 10 km Stau

Kurz gefragt:

Wie weltfremd muss man eigentlich sein, so eine Tagesbaustelle an einem Hochsommer-Feriensamstag einzurichten, an dem Tausende von Feriengästen zu den Inseln und an die Küste wollen?

Gibt es jemand, der sich dafür rechtfertigen muss?

Werde ich von Teilen meiner Leser wieder beschimpft, wenn ich so eine Planung des öffentlichen Dienstes als bodenlose Gemeinheit bezeichne?

ps Nachtrag: Inzwischen sind es in der Gegenrichtung auch 6 km Stau.