Entwidmung bedeutet

19. November 2022

Die taz schreibt:
Auf einer entwidmeten Bahnstrecke Draisine zu fahren – das hört sich nach einem originellen Freizeitvergnügen an. Möglich ist das derzeit noch zwischen Fürstenau und Quakenbrück in Südniedersachsen. Jetzt soll die Strecke abgebaut und in einen Radweg verwandelt werden. Damit rückt eine zukünftige Wiederindienststellung der Strecke ein Stück weiter in die Ferne – und das in einer Situation, wo allenthalben die Engpässe im Eisenbahnverkehr beklagt werden.

Errichtet worden sei die Strecke „als Teil der kürzesten Fernverbindung zwischen dem Ruhrgebiet und den Seehäfen der Nordsee“, heißt es in der Zeitschrift Lok-Report. Heute könnte sie zur Umfahrung Osnabrücks dienen und helfen, den absehbar wachsenden Containerverkehr aus dem Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven abzuwickeln.

„Aus heutiger Sicht wäre die Strecke nie entwidmet worden“, sagt Malte Diehl, der niedersächsische Landesvorsitzende des Fahrgastsverbandes Pro Bahn. Denn die Strecke sei nicht nur als Umleitung für den Güterverkehr wichtig, sondern habe auch Potenzial für den unterentwickelten öffentlichen Personenverkehr in der Region.

1969 fuhren die letzten Passagiere auf der Strecke, 1997 wurden die letzten Güter transportiert. Einzelne Abschnitte der Strecke wurden abgebaut, andere für nostalgische Dampflokomotivenfahrten und Ausflüge mit Draisinen erhalten.

Dass die Eisenbahntrasse Stand 2020 im Landesraumordnungsprogramm als „Vorranggebiet sonstige Eisenbahnstrecke“ ausgewiesen ist [Screenshot unten], hat die Kommunen nicht daran gehindert, Teile davon für ihre Zwecke zu verplanen. Wie das funktioniert, hat eine Kleine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Detlev Schulz-Hendel und Volker Bajus vor zwei Jahren im niedersächsischen Landtag gezeigt.

Damals hatte die Stadt Fürstenau beantragt, bei vier Flurstücken der Bahnstrecke vom Landesraumordnungsprogramm abweichen zu dürfen. Die Bahn-tochter DB Immobilien Nord beantragte dafür beim Eisenbahnbundesamt eine Freistellung, sprich Entwidmung, vom Bahnbetrieb.

Eine Freistellung oder Entwidmung bedeutet…“

[weiter bei der taz]

Weiter südlich sind übrigens längst vollendete Tatsachen geschaffen worden und die Trasse ist abgeräumt. Nachdem die Bahn die Schaffung einer (schnurgeraden) Schnellfahrstrecke in den 1970er Jahren aufgab, existiert zwischen Rheine und Fürstenau die alte Bahnstrecke praktisch nicht mehr. Die Bahnhöfe in Spelle, Beesten/Schapen und Freren gibt es allenfalls noch auf dem Papier. Im südöstlichen Kreis Emsland finden deshalb die Emsländer:innen keinen Bahnanschluss mehr. Nur zwischen Spelle und Rheine findet Eisenbahnverkehr statt; auf diesen verbliebenen zehn Kilometern  wurde 2001 der Güterverkehr durch den Regionalverkehr Münsterland (RVM) übernommen. Transportiert werden vor allem Sand, Kies und Fertigbetonteile für das Betonwerk Rekers in Spelle (etwa 8000 Wagenladungen pro Jahr), während das Anschlussgleis der Maschinenfabrik Bernard Krone wurde mittlerweile wieder stillgelegt.

Im Dezember 2015 wurde in Spelle eine Abzweigstrecke zum Hafen Spelle-Venhaus am Dortmund-Ems-Kanal in Betrieb genommen. Die Gemeinde Spelle hatte 5,5 Millionen Euro in die 4,5 Kilometer lange Strecke investiert, um die Ladestelle am Kanal sowie diverse Betriebe wie ein Mischfutterwerk der Bröring Unternehmensgruppe, an das Schienennetz anzuschließen. Seit März 2015 werden in Spelle zudem Diesellokomotiven durch die Firma August Storm gewartet.

Screenshot Landesraumordnung-Programm  Niedersachsen 2020:

———-

Grafik: Wikipedia