Laubengänge
24. Juli 2018
Was machen eigentlich gerade die Emsland-Protagonisten Gerhard Kromschröder und Gerhard Henschel? „Laubengänge“, weiß die Bremer taz-Journalistin Simone Schnase. Sie rezensiert das neue Wandertagebuch der beiden. Es heißt Laubengänge und berichtet über eine Wanderung auf den Spuren von Wilhelm Busch durchs Weserbergland zum Harz:
„Wilhelm Busch war selbst kein Freund von Wanderungen, aber: „Ich freue mich, wenn andere sie machen“, schrieb er einst. Diese Freude wollten Gerhard Henschel und Gerhard Kromschröder ihm machen und machten sich auf den Weg.
Zwei Wochen waren der Schriftsteller und der Fotograf im vergangenen Jahr zu Fuß vom Schaumburger Land durch das Weserbergland bis zum Harz unterwegs, 300 Kilometer von Wiedensahl nach Mechtshausen, auf den Spuren Wilhelm Buschs. Resultat der Reise: Das just in der Edition Temmen erschienene Buch „Laubengänge“, das sich einerseits der Biografie des Dichters und Zeichners Wilhelm Busch widmet, andererseits aber auch wieder nicht.
Was damit gemeint ist, ahnt, wer Henschels und Kromschröders 2016 erschienenes – und mit dem Ben-Witter-Preis 2017 ausgezeichnetes – Buch „Landvermessung“ kennt: Das basiert ebenfalls auf einer „Recherche-Wanderschaft“ der beiden, durch die Lüneburger Heide auf den Spuren von Arno Schmidt und Walter Kempowski – aber herausgekommen ist auch eine scharfsichtige und teils urkomische Analyse eines Landstrichs, der durchaus exemplarisch steht für viele Gegenden in der norddeutschen Provinz. Und Gleiches gilt auch für ihr neues Werk.
Vorgemacht hatte das einst, allerdings „nur“ fotografisch, Gerhard Kromschröder mit seinem Bildband „Expeditionen ins Emsland“, ohne den sich die beiden Gerhards möglicherweise nie begegnet wären. Henschel, der im Emsland aufgewachsen ist, nachzulesen in seinem Buch „Jugendroman“, hat für den 2011 erschienenen Bildband das Vorwort geschrieben. „So haben wir uns kennengelernt – und seither sind wir befreundet“, sagt Kromschröder.
Dabei könnten die beiden auf den ersten Blick unterschiedlicher kaum sein: Der 77-jährige Fotograf, ehemals Reporter, auch….“
Gerhard Henscel / Gerhard Kromschröder
Laubengänge – Auf den Spuren von Wilhelm Busch durchs Weserbergland zum Harz,
224 Seiten, Edition Temmen,
ISBN 978-3837850352,
24,90 €
(Foto: Kromschröder/edition Temmen)
Dornröschen
2. Juli 2012
Gerhard Kromschröder hat im Emsland für manche Debatten gesorgt, seit mehr als 50 Jahren und zuletzt mit dem vor Jahresfrist erschienenen Bildband „Expeditionen ins Emsland – Ein deutscher Bilderbogen“. Den empfanden die Protagonisten des „Beiunsistallessogroßartig“-Politik um Hermann Bröring und Reinhard Winter als ungebührliche Kritik und Ex-Landrat Hermann Bröring tobte geradezu in der Mitgliederversammlung des Emsland Moormuseum eV, als Museumschef Michael Haverkamp mitteilte, über die Sommermonate eine Ausstellung mit Aufnahmen des Wahlhamburgers Kromschröder zu präsentieren; übrigens verdiente sich der seine ersten journalistischen Sporen in der damals hinten im Hause Bürobedarf Nottbeck residierenden Lingener LT-Redaktion. Anschließend, in den wilden, kritischen 60er Jahren rockte er gemeinsam mit den gleich legendären Hermann Vinke und Bernd Rosema die Papenburger Emszeitung, bevor er über das Frankfurter Satiremagazin Pardon zum STERN ging und heute längst einer der großen deutschen Dokumentarfotografen ist.
Hermann Bröring interessiert das nicht. Etwas geschönt berichtete die Meppener Tagespost anschließend über Brörings Ausbruch in der Vereinsversammlung (mehr Hintergrund…):
„Dass der Journalist Gerhard Kromschröder im Juli und August seine „Expeditionen ins Emsland“ zeigen sollte, hat vor allem den früheren Landrat Hermann Bröring verärgert, der dem Vorstand des Trägervereins für das Moormuseum neben Landrat Reinhard Winter und Geestes Bürgermeister Hans-Josef Leinweber angehört. In der Mitgliederversammlung des Vereins im Februar kritisierte Bröring die „einseitig negative Ausrichtung“ der Bilder Kromschröders, der in den 1960er-Jahren als Zeitungsredakteur in Papenburg gearbeitet hatte.
Streit um Kromschröder
In den vergangenen Jahren hatte er seine alte Wirkungsstätte fotografisch porträtiert (wir berichteten) – Bröring warf Kromschröder mit Blick auf dessen Fotos eine polemische und unfaire Darstellung des Emslandes vor, die er nicht unkommentiert im Museum präsentiert wissen wollte.“
Vor einer Machtdemonstration hatte Bröring aber letztlich wohl doch Angst. Also kann man seit gestern die Kromschröder-Sonderausstellung mit einer Auswahl seiner Bilder im Moormuseum sehen. Allerdings ist die Präsentation –gegenüber dem Plan– zeitlich um mehr als die Hälfte gekürzt und wird schon ab September durch eine Bröring genehmere des Meppener Fotografen Stefan Schöning („Industriekultur im Emsland“) ersetzt.
Gestern also wurde vor knapp 100 Gästen im Moormuseum Groß Hesepe die Kromschröder-Ausstellung eröffnet. Natürlich ohne Hermann Bröring und Reinhard Winter und ohne die Granden der politischen und gesellschaftlichen Regionalliga. Begrüßen durfte der Geester Bürgermeister Hans-Josef Leinweber als stellv. Vorsitzender des Trägervereins, der Verfasser des Vorworts in Kromschröders Emsland-Bildband Gerhard Henschel, in Meppen aufgewachsen, las Spöttisches aus seiner Emsland-Biografie „Jugendroman“ und dann sprach Theo Mönch-Tegeder, „der Verlagsleiter des Osnabrücker Kirchenboten“ (Zitat Leinweber) und auch mal bei der Emszeitung, wie er verriet. Erst hielt Mönch-Tegeder eine Eloge über die fotografische „Liebeserklärung“ Kromschröders an das Emsland, wurde dann zunehmend kritischer und sprach schließlich den Satz, wonach das Emsland vor 60 Jahren aus einem seit Jahrhunderten währenden Dornröschenschlaf erwacht sei. Und genau diese Aussage beschäftigt mich seither mehr als der Rest der zweigespaltenen Rede. Das Dornröschen-Zitat ist nämlich bestens bekannt. Der Osnabrücker Bischof Wilhelm Berning soll es 1936 anlässlich eines Besuchs der NS-Emslandlager gesprochen haben. Es sei ihm, sagt die offizielle Geschichtsschreibung, „in den Mund gelegt“ worden:
„Lange lag das Emsland im Dornröschenschlaf, bis der Prinz kam und es weckte; dieser Prinz ist unser Führer Adolf Hitler.“
Mönch-Tegeder lege ich nichts in den Mund, weil er vom Dornröschen ja gesprochen hat und Berning-Kenner ist, also genau weiß, wie die emsländische Dornröschen-Metapher einzuordnen ist. Eigentlich bleibt ihm nur, dass er das Dornröschen-Zitat genauso ironisch gemeint hat wie seine -sorry:- geradezu geile These, dass Schützenvereine im Emsland in Wahrheit eine Art regionale „Make love not war“-Hippiebewegung seien, schließlich seien Blumen in den Läufen getragener Holzgewehre, was man auf den Kromschröderschen Aufnahmen auch erkennen könne. Mit Dornröschen und den Schützenhippievereinen hätte Mönch-Tegeder das fotografische Augenzwinkern Kromschröders getoppt! Oder?
Tja, ich weiß nicht, ob ich richtig liege, aber meine Leserschar sollte sich allemal die feine Sonderausstellung im Emsland Moormuseum ansehen. Kromschröder lohnt und das Moormuseum selbst sowieso (Öffnungszeiten Moormuseum täglich außer Mo von 10 – 18 Uhr bis 31.10., Sonderausstellung Gerhard Kromschröder leider nur bis 19. August).
Liebeserklärung
25. November 2011
Heute gefunden auf ZEIT-online (und gedacht an diesen Beitrag hier im Blog) Gerhard „Kromschröders ganz eigene humorvolle Liebeserklärung an [unsere] Region“. Mein Emsland.
„In den Treckerfurchen liegt die Wahrheit
Der Journalist Gerhard Kromschröder begann sein Berufsleben im Emsland. Nun hat er die Region wieder besucht und einen ironischen Bildband veröffentlicht.Es ist trostlos und wunderschön. Öde Heidelandschaften, stinkende Torfmoore, Grau in allen Schattierungen bis zum Horizont und dazu störrisch-stoische Ureinwohner. Es gibt wohl kaum eine Gegend in Norddeutschland, die den Besucher melancholischer stimmt als das Emsland.
Wer nicht zwischen Papenburg, Meppen und Lingen geboren wurde, wird hier selten heimisch werden. Vielleicht hat das Emsland deshalb keine Karriere als Touristen-Gegend gemacht? Nur ganz selten verguckt sich jemand in diesen Landstrich. Einer von ihnen ist der Journalist Gerhard Kromschröder.
In den sechziger Jahren begann der ehemalige Stern-Reporter seine Laufbahn bei der Ems-Zeitung. Wirklich warm wurden die Emsländer aber nie mit ihm. Kromschröder eckte an, stellte unangenehme Fragen nach den Moorlagern der Nazizeit. Seine Recherchen waren ein Skandal. Und trotzdem liebte er die Gegend, zog mit der Kamera durchs Moor, über Wiesen und Heidefelder. Er hielt die spröde Schönheit in Schwarz-Weiß fest. Die Bilder kann man im Buch Emsland Schwarz-Weiß anschauen. Ende der Sechziger verließ er…“
Expeditionen ins Emsland. Ein deutscher Bilderbogen.
Edition Temmen (204 Seiten, 24,90 Euro)
ISBN 978-3-8378-5020-8
Kromschröders Expeditionen
27. Oktober 2011

Gerhard Kromschröder
Expeditionen ins Emsland. Ein deutscher Bilderbogen.
Edition Temmen (204 Seiten, 24,90 Euro)
ISBN 978-3-8378-5020-8