Rechtspopulisten gewinnen

17. März 2023

Bernhard Barkmann, bekannter regionaler Blogger und Landwirt aus Messingen, twitterte gestern früh, er habe Caroline van der Plas, Vorsitzende der BBB, vor sieben oder acht Jahren kennen gelernt. Sie sei für ihn „ein absolutes Vorbild! Sie und ihre Bewegung BBB in die rechte Ecke zu framen und Populismus vorzuwerfen, ist falsch.“ Tja, so geht es natürlich auch. Ein  Kennenlernabend und die politische Analyse aller anderen ist falsch. 

Warum ich das schreibe? In den benachbarten Niederlanden hat es bei den Provinz- und Kommunalwahlen am Mittwoch eine dramatische Niederlage der regierenden Mitte-rechts-Koalition von Ministerpräsident Mark Rutte gegeben. Ihre vier Parteien  verloren nicht nur in den 12 Provinzen des Landes deutlich, sondern auch in der Ersten Kammer des nationalen Parlaments, in etwa eine Länderkammer wie der deutsche Bundesrat. Dort haben sie wohl nur noch über knapp ein Drittel der Mandate. Das ist weit entfernt von der für Gesetzesbeschlüsse notwendigen Mehrheit. Zuletzt war Rutte bereits nach einer kritischen parlamentarischen Anfrage zu Erdbeben, die durch Gasförderungen in der nördlichen Provinz Groningen verursacht werden, unter Druck geraten. Überhaupt sind nach Umfragen nur noch 20 Prozent der Bürgerinnen und Bürger zufrieden mit der Arbeit seiner Regierung – der schlechteste Wert seit einem Jahrzehnt.

Gestern kommentierten die niederländischen Zeitungen das Wahlergebnis denn auch über eine „Abrechnung mit der Regierung Rutte“ und den „historischen Denkzettel“.

Überragender Sieger ist die gerade einmal drei Jahre alte, rechtspopulistische Bauer-Bürger-Bewegung mit eben der genannten Vorsitzenden Caroline van der Plas und der einprägsamen Abkürzung BBB. Als BBB vor zwei Jahren erstmals bei den Parlamentswahlen antrat,  erzielte sie gerade einmal ein Prozent der Stimmen  und einen Sitz im Parlament in Den Haag, den seither Frau van der Plas einnimmt. Nach den vorläufigen Endergebnissen der Provinzwahlen dieser Woche ist die BBB in vielen Provinzen mit Abstand und auf Anhieb stärkste politische Kraft. Die Partei profitierte von der Wut der Bauern und der Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger. BBB wurde nämlich nicht nur in ländlichen Gebieten wie die benachbarten Provinzen Overijssel und Drenthe sehr stark, sondern überraschend auch in vielen Städten.

Die BBB gilt in ihren Positionen als konservativ bis rechtspopulistisch. Programmatisch konzentriert sie sich vor allem auf landwirtschaftliche Themen und Umweltpolitik. So ist die BBB etwa für die Einschränkung von Naturschutzgebieten, gegen den Ausbau von Sonnen- und Windenergieanlagen und für Atomenergie. Die Protestpartei BBB vertritt nach den Worten der erwähnten Vorsitzenden Caroline van der Plas „die Bürger, die nicht gehört werden“. Der große Wahlsieg sei ein Signal an Den Haag: „Sie können uns nicht länger ignorieren. Wir werden mitregieren.“

BBB gewann in der Ersten Kammer 17 der 75 Mandate; unter den neuen Parlamentariern ist auf Platz zwei der Wahlliste  der 26jährige Luuk Buunk aus Enschede. BBB ist damit gleichstark wie die PvdA-Sozialdemokraten und GroenLinks, die erstmals mit einer gemeinsamen Liste antraten, aber keine Gewinne erzielten. Die mitregierenden CDA-Christdemokraten verloren dagegen fast die Hälfte ihrer Mandate.

Die Konflikte traten noch in der Wahlnacht deutlich zutage. D66, die einzigeie linksliberale Regierungspartei, sagte, dass sie an der „progressiven Agenda“ etwa beim Klimaschutz und in der Landwirtschaft festhalten werde. Wahlsieger BBB hingegen forderte, dass von der Regierung geplanten Eingriffe in die Intensivlandwirtschaft vom Tisch müssten.

Hauptthema bei diesen Wahlen waren die angekündigten einschneidenden Umweltauflagen für die Landwirtschaft. Die Koalition will -auch in der Folge höchstrichterlicher Urteile- den vil zu hohen Stickstoff-Eintrag bis 2030 drastisch reduzieren. Die Maßnahmen werden das Ende für ein knappes Drittel der Viehbetriebe bedeuten, schätzt die Regierung Rutte. Seit Monaten protestieren deshakb Bauern -auch mit Gewalt – gegen die Pläne. Ihre Wut wurde aber zum Ausdruck einer allgemeinen Unzufriedenheit.

Großer Verlierer ist das rechtsextreme Forum für Demokratie. Noch vor vier Jahren war das FvD, die Partei von Putin-Freund Thierry Baudet, überraschender Wahlsieger, doch schnell  brach sie nach internem Streit auseinander. Das Forum verlor quasi folgerichtig 13% von seinen 2019 errungenen 16%. Auch Rechtspopulist Geert Wilders mit seiner PVV verlor Wähler an die BBB. Viele rechte Wähler wechselten in Scharen zum BBB, dem nächsten Rechtspopulisten.

Rechtspopulistische Parteien beherrschen in den einst so liberalen Niederlanden seit über 20 Jahren die nationale Debatte, und sie werden immer größer. Auch das Wahlergebnis vom 15. März zeigt, dass Wut und Unzufiedenheit auf die etablierten Parteien nicht abnimmt. Der Block rechts von Ruttes rechtsliberaler VVD umfasst mittlerweile fünf Parteien, die gemeinsam etwa ein Drittel der Wähler repräsentieren. Das st sicherlich uch eine Folg der fehlenden 5%-Klausel im Nachbarland, wo 16 Parteien im 150 Sitze umfassenden Zweede Kamer vertreten sind (plus noch ein paar unabhängige Einzelkämpfer).

Mir hat Jan Bouman aus Zeist (Prov. Utrecht) aus dem Herzen gesprochen. In seiner Mail an den Volkskrant schreibt er: „Warum werden die Menschen nicht klüger? Jedes Mal, wenn ein Paradiesvogel mit seinem eigenen Klang kommt, ob Koekoek, Fortuyn, Thierry oder jetzt Van der Plas, fällt der Wähler darauf herein. Anstatt endlich eine Kehrtwende zu machen und progressiv zu wählen, wählen die Menschen mehr denn je rechts.“

 

Ostermärsche ’22

14. April 2022

Ja, man darf noch auf Ostermärsche gehen. Die traditionellen Ostermärsche der Friedensbewegung waren in den vergangenen zwei Jahren wegen der Corona-Pandemie nicht oder nur unter Einschränkungen und meist allein in alternativen Formaten möglich. 2022 soll es aber wieder in 90 deutschen Städten Ostermärsche geben. 

Auch in Städten Niedersachsens, NRW und in Bremen sind in diesem Jahr wieder Ostermärsche geplant. Wie das Netzwerk Friedenskooperative mitteilte, soll es an Karsamstag  in Emden, Nordenham, Oldenburg und Osnabrück sowie am Ostermontag in Wilhelmshaven Protestmärsche geben. In Bremen ist -nach einer Mahnwache auf dem Marktplatz am heutigen Gründonnerstag- ein Ostermarsch ebenfalls für Karsamstag geplant.

Im benachbarten Westfalen gibt es traditionell den Schulterschluss von Anti-Atom- und Friedensbewegung. In Gronau startet am Karfreitag um 13 Uhr eine Fahrraddemonstration am Bahnhof, gegen 14 Uhr beginnt dann die zentrale Kundgebung an der Urananreicherungsanlage Gronau (Röntgenstraße 4). Auch aus Enschede und Ochtrup sind Raddemos nach Gronau angekündigt. In Münster findet die Ostermarschaktion 2022 unter dem Motto „Waffen nieder! Nein zum Krieg! Eskalationsspirale stoppen! statt; sie beginnt amKarfreitag um 13.30 Uhr auf dem Schlossplatz mit dem Rad.

Alle Antikriegsdemonstrationen stehen in diesem Jahr unter dem Eindruck des völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine. Aber auch die geplante Aufrüstung der Bundeswehr soll den Angaben der Veranstalter zufolge kritisch hinterfragt werden. Diese Hochrüstung helfe den Menschen in der Ukraine nicht, sagen die Organisatoren. Insbesondere lehne die Friedensbewegung die vorgesehene Anschaffung von Kampfflugzeugen vom Typ F35 ab.

 

Gold und Silber

16. März 2022

Bereits vor knapp drei Jahren, nämlich im Mai 2019 fanden Hobbyarchäologen mit ihrem Metalldetektor im Naturschutzgebiet Springendal bei Hezingen in der niederländischen Gemeinde Tubbergen (Twente) eine Ansammlung von Gold- und Silbermünzen sowie Schmuck aus dem frühen Mittelalter. Die  beachtliche Menge ließ sofort vermuten, dass es sich um einen (teilweise) gepflügten Gold- und Silberschatz handeln könnte. Die Münzen und der Schmuck stammen aus dem siebten Jahrhundert. Die Finder meldeten den Schatz der archäologischen Organisation PAN (Portable Antiquities of the Netherlands) gemeldet.

Nach umfangreicher Voruntersuchung und Verzögerungen aufgrund der Coronamaßnahmen fand vor Ort eine Ausgrabung statt, die die  Vrije Universiteit Amsterdam (VU) und die Agentur für Kulturerbe (RCE) durchführten. RCE-Archäologe Jan Willem de Kort: „Es wurde noch mehr Gold und Silber gefunden sowie Spuren eines Opferplatzes. Eine Reihe von Pfählen in einer Reihe, möglicherweise mit heiligen Zeichen oder einem Wotans-Kopf, bildeten wahrscheinlich eine Versammlungsstätte, an dem sich Menschen aus der Umgebung trafen und Edelmetall zurückließen.“

Verteilt auf 3 Fundorte fanden sich insgesamt 94 Münzen und Münzfragmente, mindestens 6 Gold- und 2 Silberschmuckstücke, ein Teil einer goldenen Schwertgriff-Verzierung und 95 Teile eines unbekannten Objekts (möglicherweise eine Trinkhornverzierung oder vielleicht auch ein Helm- oder Sargbeschlag). Die Opferstätte wurde wohl seit knapp 100 Jahre genutzt, vom frühen bis zum späten 7. Jahrhundert oder frühen 8. Jahrhundert n. Chr. Es scheint, dass die Christianisierung der Sachsen durch die karolingischen Könige dem „heidnischen“ Ort ein Ende bereitet hat.

Seit fünf Jahren kümmert sich Portable Antiquities of the Netherlands (PAN), eine von der Vrijen Universität gegründete Website und Organisation, um archäologische Funde, die von Hobbysuchern gefunden wurden. Archäologen des RCE und der VU führten die Ausgrabungen in Zusammenarbeit mit dem Staatsforst und der Provinz Overijssel durch. Die Funde der Detektorsucher erwarb das Rijksmuseum van Oudheden (RMO) in Leiden erworben, das die Funde jetzt an das Rijksmuseum Twente in Enschede ausgeliehen, wo die Funde morgen am Donnerstagnachmittag präsentiert werden. Dann sollen auch weitere Details zum Fund bekannt gegeben werden.

Die RMO hat den Ankauf für die nationale niederländische Sammlung getätigt, um den Fund für die Allgemeinheit zugänglich zu erhalten; denn es handelt sich, so die Experten,  um einen Schatzfund von nationaler Bedeutung.

VU-Archäologe Stijn Heeren: „Das Besondere an diesem Fund ist, dass aus dieser Zeit in dieser Region wenig bekannt war. Besonders reiche Funde aus dem frühen Mittelalter konnten wir aus Friesland oder der Region um Utrecht. Besonders ist auch, dass diese Grabungen  durch den Bericht von Hobbysuchenden initiiert wurde, was zu einer großartigen Zusammenarbeit zwischen den Suchenden und Fachleuten verschiedener Agenturen geführt hat.“

  Quellen: RMT, GN, Tubantia; Fotos: RMT

80. Geburtstag

3. Februar 2020

Heute, am 3. Februar 2020, wäre die Lingenerin Helga Hanauer 80 Jahre alt geworden. Helga Hanauer war Jüdin und die älteste Tochter des Lingener Textilkaufmanns Gustav Hanauer, der 1938 nach der Reichspogromnacht vor den NS-Verbrechen in seiner Heimatstadt in die niederländische Provinz Overijssel flüchtete. Dort heiratete er die aus der, westlich Hengelo gelegenen Stadt Delden stammende Theresa Groenhijm, Tochter eines Metzgers. Das jüdische Ehepaar bekam vier Kinder, den Sohn Hermann, die Töchter Mieke, Caroline. und die 1940 geborene Helga, die älteste. Während der Judenverfolgung in den besetzten  Niederlanden wurden Helga und Caroline im Krankenhaus in Delden versteckt. 1950 kehrte Hanauer mit ihnen nach Lingen zurück, baute sich eine neue Existenz auf, bis er hier 1972 im Alter von 67 Jahren starb. Seine Tochter Caroline wanderte in die USA aus, Helga blieb in Lingen. Sie war Mitte der 1970er Jahren die einzige Jüdin in der Stadt.

Als 1975 dann die Stadt Lingen (Ems) stolz ihre 1000jährige Geschichte feierte, wurde dabei das schreckliche Schicksal der jüdischen Lingener und Lingenerinnen in der NS-Zeit komplett verschwiegen. Helga Hanauer schrieb daraufhin einen Leserbrief, der am 22. Mai 1975 in der „Lingener Tagespost“ veröffentlicht wurde; schon diese Veröffentlichung war damals eine Besonderheit, weil LT-„Chefredakteur“ Alois Dickopp stets peinlichst darauf achtete, nicht zu viel Kritisches zu veröffentlichen. Helga Hanauer drückte in ihrer Zuschrift ihre Empörung darüber aus, dass die Stadt die Geschichte ihrer Juden totschwieg. Sie schrieb:

Alle Worte von nationaler Würde, von Selbsteinschätzung bleiben hohl, wenn wir nicht das ganze, oft genug drückende Gewicht unserer Geschichte auf uns nehmen. es geht um das Verhältnis zu uns selbst. Es genügt nicht, gute Beziehungen zum Staats Israel zu unterhalten. Das ist sicherlich sehr wichtig. Wichtig ist aber auch, dass wir ein richtiges Verhältnis zu unseren jüdischen Mitbürgern finden.“ (Bundespräsident Scheel anläßlich einer Gedenkstunde in der Schloßkirche der Bonner Universität im Mai 1975)
Wenn Lingen jetzt die Tausendjahrfeier zum Anlaß nimm, rückblickend die bewegte Geschichte der Stadt fü die heutigen Bürger lebendig werden zu lassen, so berührt es mich schmerzlich, daß ein Gesichtspunkt aus diesem Stadtleben überhaupt nicht gewürdigt wurde. Wenn gerade in diesem Monat die Bedeutung des 8. Mai gewürdigt und der Verführung und Unterjochung des deutschen Volkes durch Hitler und seine Getreuen gedacht wird, so werden sich besonders die Opfer und die Betroffenen erinnern. – Offenbar identifiziert sich in Lingen niemand als Opfer der Gewaltherrschaft.
Auch wenn es vom Jahrgang her nicht möglich war, „aktiv oder passuv gewesen zu sein“, enthebt dies keineswegs der Verantwortung. Geschichte ist ein Geschehen, welches sich nicht totschweigen läßt. Stockholm feiert dieser Tage das 200jährige Bestehen jüdischen Lebens in seiner Stadt.
Sollte es wirklich so sein, dass die Stadtväter Lingens nicht wissen, daß hier seit ca. 250 Jahren jüdische Menschen ansässig waren und mit zum Gepräge der Stadt beigetragen haben? Ist es nur Unkenntnis, daß in der Festschrift zur Tausendjahrfeier mit keinem Wort das Schicksal der einst so lebendigen jüdischen Gemeinschaft in Lingen erwähnt wir?
Sollte es keinem der Verantwortlichen eingefallen sein, daß zu Lingen auch eine Synagoge gehörte?
Es stimmt so schmerzlich, daß die Stadt Lingen in den dreißig Jahren nach dem Niedergang des Dritten Reiches auch keine Geste des Bedauerns über das auch in dieser Stadt Geschehene gefuden hat.
Wäre nicht jetzt Gelegenheit gewesen, wenigstens mit ein paar Worten der Opfer zu gdenken, die damals auch durch das große Schweigen ihr Leben lassen mußten?
Helga Hanauer, Lingen
Lengericher Str. 23

Knapp sechs Wochen und einige hilflose Antwortversuche aus den Reihen der Stadtoberen später präzisierte Helga Hanauer noch einmal:

„Zu einem richtigen Geschichtsverständnis kann man nur gelangen, wenn die Wahrheitsfindung der wesentlichen Punkt in dem Radius des Erlebten – Emotionellen wird. Objektivität verlangt meist ein wenig Abstand – zu viel Zeitvergehen birgt sber die Gefahr der Verflachung und Verfälschung in sich.
Es ist so wichtig, daß die Zeugnisse des unendlichen Leidens faßbar gemacht werden in dem Konkreten, welches sich in unmittelbarer Nähe zugetragen hat, damit einer Geschichstverfälschung und Verdrängung, die nur unser aller Schaden sein kann, vorgebeugt wird. Wäre hier ein Gedenkstein an der Stelle der ehem. Lingener Synagoge nicht angebracht?
In einem demokratischen Staat mit seinem freiheitlichen Ideal ist es von großer Bedeutung, Menschen am Schalthebel unserer Gesellschaft zu wissen, die die Ehrlichkeit und die politische Klugheit besitzen, unser Land nach den Maßstäben des Rechts und der Moral zu führen, und nicht nur mit Worten zu zahlen, wenn es um die immer noch unbewältigte Vergangenheit geht.
Herrn Stadtdirektor Vehring waren selbst die Worte zu viel zur Erwähnung des Schicksals der jüischen gemeinde. Auch meiner Bitte, wenigstens in der Festrede einen Satz darüber zu bringen, wurde nicht stattgegeben. Bei diesem Geschichtsverständnis ist es auch nicht verwunderlich, daß er als Stadtdirektor nicht wußte, wo einst die Lingener Synagoge stand.
Ich hoffe, daß es um das Geschichtsverständnis der anderen Herren besser bestellt ist. Geschichte ist nicht jedermanns Sache – eine Lebensnotwendigkeit aber für jeden Beamten in solch wichtiger Position.
Zur Fragestunde: Ich habe auf meinen Leserbrief vom 22.5.1975 von der Stadt Lingen keine Antwort erhalten und Stadtdirektor Vehring hat mich auch nicht angerufen.
Helga Hanauer, Lingen
Lengericher Str. 23

Helga Hanauer nahm sich 20. September 1976 das Leben und wurde auf dem Jüdischen Friedhof an der Weidestraße begraben.

In der Rückschau waren die beiden Leserbriefe von Helga Hanauer wohl der wichtigste Beitrag zur Lingener Stadtgeschichte aus Anlass der 1000-Jahrfeier überhaupt.

Sie sind aber nicht nur ein lokalgeschichtliches Ereignis, auch das heutige Gedenken an Helga Hanauer ist es nicht. Ich erinnere daran heute, an ihrem 80. Geburtstag  aus einem ganz anderen Grund: Die Ereignisse sind nämlich aktueller denn je. Seit Jahren nämlich bemüht sich das Forum Juden Christen vergeblich darum, die fehlende Aufarbeitung der jüdischen Geschichte Lingens und die der hier lebenden jüdischen Familien zu verwirklichen. Wie damals wird das aber auch heute von Ignoranten verhindert.

Erste Gelder stehen zwar längst im Haushalt unserer Stadt, doch der Oberbürgermeister Dieter Krone scheint mir keinen Deut besser zu sein als vor 45 Jahren die Verantwortlichen unserer Stadt. Denn er blockt ab, und mit ihm blockt die von Ortsbürgermeistern früherer Umlandgemeinden und deren dörflichen Interessen geprägte CDU-Ratsmehrheit. Das Projekt kommt -trotz Unterstützung einzelner, aber in der Minderheit befindlicher CDU-Ratsmitglieder- nicht voran und überhaupt will die CDU auch viel lieber „die ganze Geschichte Lingens im 20. Jahrhundert“ wissenschaftlich aufbereiten lassen und nicht nur den Schrecken von 1933 bis 1945. So relativiert sie, was um der Ehrlichkeit (Helga Hanauer) willen nicht relativiert werden darf.

Übrigens, wie viele der genannten Ortsbürgermeister sind je bei einer der Gedenkstunden zur Erinnerung an die jüdische Gemeinde und ihrer Menschen in dieser Stadt oder der Reichspogromnacht gewesen oder der Verlegung eines Stolpersteins? Dabei muss unzweifelhaft die 1975 wie heute fehlende Aufarbeitung der jüdischen Geschichte Lingens und die der hier lebenden Jüdinnen und Juden – so der Vorsitzende des Forum Juden Christen Heribert Lange schon vor geraumer Zeit –  als „schwere gesellschaftliche, historische und moralische Unterlassungssünde angesehen werden“.

Warum also ist es trotzdem bis heute immer noch nicht gelungen, eine Aufarbeitung der jüdischen Geschichte Lingens vorzulegen oder jedenfalls in Auftrag zu geben?  Ich weiß es nicht, aber ich schäme mich dafür.

(Foto: Helga Hanauer, Stadtarchiv Lingen)

Feuerwerksfreie Zonen

19. November 2018

In den Niederlanden wurde im vergangenen Sommer erneut die Diskussion über Feuerwerksverbote eröffnet, als die Parteien D66 und ChristenUnie Zuspruch für ihren Antrag erhielten, der es Gemeinden ermöglichen soll, eigenmächtig über ein Feuerwerksverbot zu entscheiden. Vorerst müssen Gemeinden, die ein Verbot erwirken wollen, vor dem Gericht stichhaltige Argumente anführen. In den niederländischen Gemeinden herrscht Uneinigkeit über die Nutzung von Feuerwerkskörpern, einige Städte wünschen sich ein striktes Verbot, andere fordern die Bürger dazu auf, sich innerhalb der Nachbarschaften abzusprechen und aufeinander einzugehen.

Der Untersuchungsrat für Sicherheit hatte der Regierung im vergangenen Jahr empfohlen, Böller und Raketen für Konsumenten zu verbieten, doch das Kabinett entschied sich aufgrund „unzureichender Unterstützung“ gegen ein Verbot. Die Parteien D66 und ChristenUnie gehören jedoch zu den Gegnern der Feuerwerke, während die VVD und die CDA dem Feuerwerk gegenüber toleranter eingestellt sind. Im kommenden Jahr soll den Feuerwerksgegnern entgegengekommen werden: Die Gemeinden sollen dann selbst entscheiden dürfen, ob sie ein Feuerwerksverbot verhängen oder nicht. Viele Gemeinden betrachten diese Vorgehensweise skeptisch, denn wenn eine Gemeinde ein Verbot ausspreche, würde das nur zu einem Feuerwerkstourismus in anderen Gemeinden führen.

Zunächst verändert sich in Bezug auf Feuerwerksverbote nichts. Trotzdem werden Feuerwerksverbote in vielen Gemeinden thematisiert und verschiedenen Herangehensweisen getestet. Um feuerwerksfreie Zonen beantragen zu können, müssen die Gemeinden aufzeigen, dass es andernfalls zu Schäden oder Lärmbelästigung kommen könnte. In Deutschland ist das Zünden von Feuerwerkskörpern in der Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Alten- und Kinderheimen und Reet- und Fachwerkhäusern grundsätzlich verboten. In den Niederlanden wurde in einigen Gemeinden das Verbot für die Bereiche um Kirchen erwirkt, damit die Bürger ungestört dem Neujahrsgottesdienst beiwohnen können. Auch in der Nähe einiger Krankenhäuser wurde ein Feuerwerksverbot verhängt.

Auf kommunaler Ebene scheiden sich beim Thema Feuerwerksverbot offensichtlich die Geister. Oftmals setzen sich die Parteien GroenLinks und die Partij voor de Dieren für Verbote ein – auch auf nationaler Ebene. Die ChristenUnie und die SGP setzen sich meistens auf kommunaler Ebene für das Verbot ein, während die D66 sich vor allem im Gelderland für das Verbot ausspricht und die SP in Purmerend. Oft wird das Verbot von den Parteien also nur in bestimmten Gemeinden oder Provinzen unterstützt.

Eine Alternative für ein örtliches Verbot stellten in den vergangenen Jahren die freiwilligen feuerwerksfreien Zonen dar. Bürger können gemeinsam beschließen, ihre Straße oder ihr Viertel feuerwerksfrei zu halten. Von der Gemeinde erhalten sie dafür meist jedoch nur ein paar Schilder – das Verbot muss von den Bürgern selbst durchgesetzt werden. Feuerwerksfreie Zonen wurden in diesem Jahr für Tilburg, Almere, Delft, Borne, Zoetermeer und Oegstgeest angekündigt. Das Gelderländer Dorf Leur, das ca. 130 Einwohner zählt, hat sich selbst freiwillig zu einer vollständig feuerwerksfreien Zone erklärt.

Im grenznahen Enschede wurde im vergangenen Jahr ein sogenanntes G1000-Treffen organisiert, bei dem 1000 Einwohner über das Thema Feuerwerk diskutierten. Bei diesem Treffen wurde beschlossen, feuerwerksfreie Zonen einzurichten, was auch in diesem Jahr wiederholt werden soll. Enschede ist bei dem Thema sensibilisiert. Die Explosion der Feuerwerksfabrik S.E. Fireworks dort ist unvergessen. Sie kostete am 13. Mai 2000 ingesamt 23 Menschen das Leben, 947 Personen wurden verletzt und das nördlich des Stadtzentrums gelegene Stadtviertel Roombeek verwüstet.

Viele Gemeinden sind froh darüber, dass sie sich vorerst nicht entscheiden müssen, feuerwerksfrei zu werden oder nicht. Sie möchten sich zuerst ein Bild darüber machen, wie die Bürger zu dem Thema stehen. Bisher haben landesweite Umfragen ergeben, dass die Mehrheit der Niederländer ein Verkaufsverbot für Böller und Raketen befürworten würde.

Eine weitere Möglichkeit bietet die Organisation von öffentlichen Feuerwerkshows, so könnten mehr Bürger vom privaten Feuerwerk absehen und einem professionellen Feuerwerk beiwohnen. Auch die bessere Aufklärung in Schulen spielt in den Debatten über das Feuerwerksverbot immer wieder eine wichtige Rolle.

Einige Gemeinden möchten jetzt Feuerwerkszonen errichten – dann wäre das Zünden von Feuerwerkskörpern ausschließlich an diesen Orten erlaubt. Amsterdam und Rotterdam haben diese Regelung bereits für das kommende Jahr angekündigt. In Leiden wurde in diesem Sommer ein Antrag mit einem Phasenplan von der Partij voor de Dieren angenommen, um möglichst bald ein feuerwerksfreies Leiden realisieren zu können.

(Text/Quelle: NiederlandeNet. Foto: Feuerwerk vom 31.12.17 auf den 1.1.18 im EuroParcs Susteren, NL Ein Foto via flickr von Sebastian Bartoschek, CC BY 2.0)

FahrRad

16. Juli 2018

Der inhaltliche Stilstand in der kommunalen Politik unserer Stadt ist atemberaubend. Jetzt will die CDU die Öffnungszeiten der städtischen Parkhäuser verlängern. Wieder einmal kein Wort über das Radfahren. Fortschrittliche, nachhaltige Politik geht anders.  Hier ein Bericht auf Niederlande.Net über die Anstrengungen im Nachbarland.“

Die Niederlande sind als Fahrradland bekannt. Nun will NL-Staatssekretärin Stientje van Veldhoven in dieser Legislaturperiode erreichen, dass rund 200.000 Pendler nicht länger mit dem Auto, sondern mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren. Dabei liegt die durchschnittliche Distanz, die gependelt wird, zwischen 15 und 35 Kilometer. Wie will Staatssekretärin Van Veldhoven diese Anzahl an Pendlern dazu bringen, zukünftig mit dem Fahrrad zu fahren?

Im Koalitionsvertrag der niederländischen Regierungskoalition werden Van Veldhoven 100 Millionen Euro zugeteilt, die sie zu diesem Zweck einsetzen kann. Mit diesem Betrag will die Regierung Projekte unterstützen, die dafür sorgen sollen, dass mehr Arbeitnehmer mit dem Fahrrad pendeln. Bis zu 40 Prozent der Projektkosten sollen dabei von der niederländischen Regierung übernommen werden.

Allerdings hat das Auto besonders bei längeren Arbeitswegen einen Vorteil: Es ist schneller. Darum will van Veldhoven die bestehenden Fahrradwege kritisch analysieren und Möglichkeiten entwickeln, verzögernde Effekte zu reduzieren. Zu diesen zählen unter anderem unübersichtliche Kreuzungen, schlecht geschaltete Ampeln oder unsinnige Wegeführung.  So berichteten regionale Medien im letzten Jahr beispielsweise über eine Ampel in Enschede, an der Radfahrer oft sinnlos lang warten müssen.

Auch soll die Verbindung zwischen Öffentlichen Verkehrsmitteln und Fahrradfahren verbessert werden. Oft werden sogenannte Fahrradstationen an Bahnhöfen durch alte Fahrräder blockiert, die kaum öfter als ein oder zweimal in der Woche gebraucht werden. Durch eine sichere Abstellmöglichkeit für Fahrräder soll erreicht werden, dann Pendler auch mit ihren „normalen“ Fahrrädern zum Bahnhof fahren und nicht nur mit alten, kaputten Rädern, bei denen ein Diebstahl nicht schlimm wäre.

Darüber hinaus sollen Pendler einen Stoß in die richtige Richtung bekommen, in dem Erkenntnisse aus der Verhaltenspsychologie angewandt werden. Falls jemand bereits seit Jahren jeden Morgen mit dem Auto dieselbe Route zur Arbeit fährt, dann ist ein solches Verhalten schwer zu durchbrechen. Hier wiegt die Gewöhnung des Pendlers schwerer als andere Faktoren. Vor allem Menschen, die ihre Arbeitsstelle wechseln und eine neue Stelle anfangen, sollen daher dazu bewegt werden, mehr mit dem Fahrrad zu fahren. Es fällt leichter, sein Verhalten zu ändern, wenn man sowieso gezwungen ist, Teile seiner alten Routine zu durchbrechen.

Eine weitere Taktik, mit der Pendler dazu bewegt werden könnten, ihr Verhalten zu ändern, ist das Aufzeigen von Vorteilen, die das Fahrradfahren mit sich bringt. So reduziert Bewegung Stress und führt zu einer Abnahme der Krankentage. Das Unternehmen Douwe Egberts, das für seinen Kaffee bekannt ist, hat sogar Arbeitnehmern, die näher als 7.5 km an ihrem Arbeitsplatz in Utrecht wohnen, verboten, ihr Auto auf dem Firmengelände zu parken. Dadurch sollen mehr Arbeitnehmer stimuliert werden, mit dem Fahrrad zu kommen.

Auch der zunehmende Gebrauch von sogenannten E-Bikes kann die Zahl der Autopendler reduzieren.  So bekommen Mitarbeiter der Uniklinik Groningen bis zu 25 Prozent Rabatt beim Kauf eines E-Bikes. Auch stehen auf den Fahrradparkplätzen Ladestationen für E-Bikes zur Verfügung. Rund die Hälfte des Krankenhauspersonals kommt bereits mit dem Rad zur Arbeit, obwohl sie rund 20 km pendeln müssen.

Gegen den häufigen Regen während des Fahrradfahrens schützt übrigens ein von einem südniederländischen Unternehmen hergestellter Regenschirm, der fest auf E-Bikes montiert werden kann und laut dem Fietsersbond (deutsch „Fahrradverband“), der den Schirm bereits 2013 testete, sehr gut gegen Regen schützt.“

Aber wir wissen gemeinsam, dass Lingen zwar mal Teil der Niederlande war, aber seit 1702 nicht mehr ist. Trotzdem wäre es doch schön, endlich zu handeln und nicht nur unter Absingen von eigenkomponirten Lobeshymnen Konzepte zu beschließen aber dann untätig zu bleiben. Geld gäbe es ohne Ende:

So bekommen die deutschen Kommunen erneut Geld für ihre Maßnahmen für den Klimaschutz, berichtet das Deutsche Institut für Urbanistik

Seit dem 1. Juli und noch bis zum 30. September 2018 können Kommmunen, gemeinnützige Sportvereine, kommunale Unternehmen und andere lokal Aktive Fördergelder beantragen, um Klimaschutzprojekte umzusetzen. Gefördert werden beispielsweise strategische und investive Maßnahmen, wie der Austausch von herkömmlichen in LED-Leuchten oder die Schaffung von Radwegen.

Ermöglicht wird dies durch die Kommunalrichtlinie des Bundesumweltministeriums und die Nationale Klimaschutzinitiative.

Mit welchen Maßnamen hat sich da wohl die Stadt Lingen beworben?

Raten Sie mal!

Erstmals in Nordhorn findet heute und morgen der Tag der Niedersächsischen Denkmalpflege statt. Er wird gemeinsam vom Niedersächsischen  Landesamt für Denkmalpflege und der Stadt Nordhorn veranstaltet. Unter dem Motto „Gestern Textil – heute Profil. Nachnutzung textiler Industriekultur entlang der Baumwollstraße“ wird sich die Tagung dem Erhalt und der Weiternutzung von Industriedenkmalen ehemaliger Textilfabriken widmen. Zu dieser Veranstaltung sind alle Interessierten eingeladen.

Die Grafschaft Bentheim war im 19. und 20. Jahrhundert wie die angrenzenden Regionen entlang der sogenannten „Baumwollstraße“, das Westmünsterland und die Twente, stark von der Textilindustrie geprägt. Das Zentrum der Textilindustrie in der Grafschaft Bentheim bildete Nordhorn, das sich zur Zeit des „Wirtschaftswunders“ als „Textilstadt im Grünen“ darstellte und als einer der bedeutendsten Standorte der deutschen Textilindustrie galt. Hierzu trugen die in Nordhorn sesshaften international agierenden Textilkonzerne Povel, Rawe und Nino bei.

Der Niedergang der Textilindustrie am Ende des 20. Jahrhunderts verursachte nicht nur einen tiefgreifenden wirtschaftlichen Strukturwandel in den Textilregionen beiderseits der deutsch-niederländischen Grenze, sondern hinterließ auch zahlreiche Industriebrachen. Zu diesen gehörten auch viele bedeutende Industriedenkmale, deren Erhalt ohne eine weitere Nutzung stark gefährdet war.

Der 20. Tag der Niedersächsischen Denkmalpflege widmet sich der Nachnutzung textiler Industriekultur entlang der Baumwollstraße. Vor dem Hintergrund der jeweiligen gesellschaftlichen, rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen sowie der baugeschichtlichen Würdigung von Industriedenkmalen sollen unterschiedliche Strategien zur Revitalisierung von Industriebrachen in Nordhorn und anderen Standorten dieser Textilregionen dargestellt werden. Damit verbundene Potentiale und Einschränkungen, bedeutende Industriedenkmale ehemaliger Textilfabriken zu erhalten, sowie die Umnutzung solcher Kulturdenkmale stehen im Mittelpunkt des 20. Tages der Niedersächsischen Denkmalpflege in Nordhorn.

Zu diesen Themen werden heute, Freitag, den 1. Juni, im Kompetenzzentrum Wirtschaft,Nino-Allee 11, 48529 Nordhorn dem ehemaligen Nino-Spinnerei-Hochbau, ab 14.00 Uhr Vorträge und eine Podiumsdiskussion angeboten. In Gegenwart der Staatssekretärin im Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur Frau Dr. Sabine Johannsen wird in der Abendveranstaltung ab 18.00 Uhr am gleichen Ort der renommierte Industriedenkmalpfleger Axel Föhl ** einen Festvortrag halten, dem sich ein Empfang der Stadt Nordhorn anschließen wird.

Für Samstag, den 2. Juni, ist eine Exkursion vorgesehen: Sie beginnt um 10.00 Uhr mit einem Rundgang an der Alten Weberei durch die „Wasserstadt Povel“. Dann folgt eine Bootsfahrt zum Klukkert-Hafen. Anschließend besteht die Möglichkeit für eine Führung durch den Nino-Spinnerei-Hochbau oder durch das Stadtmuseum Nordhorn. Nach einem Mittagessen wird die letzte Station der Exkursion in Enschede angesteuert: Hier wird die prämierte Siedlung Roombeek besichtigt, welche nach einer verheerenden Explosion im Jahr 2000 inzwischen einschließlich ehemaliger Textilfabriken mustergültig wiederaufgebaut worden ist.

Für die Teilnahme am 20. Tag der Niedersächsischen Denkmalpflege in Nordhorn, insbesondere für die Teilnahme an der Exkursion, ist eine Anmeldung erforderlich. Anmeldungen waren zwar bis spätestens 28. Mai an das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege per E-Mail an marina.uphus(at)nld.niedersachsen.de erbeten. Der Fahrt- und Teilnahmepreis für die Exkursion am Samstag, den 2. Juni, beträgt jeweils 25,00 Euro pro Person. Im Preis sind die Kosten für die Führungen, für die Bootsfahrt, für den Bustransfer sowie für das Mittagessen enthalten. Vielleicht aber kann man auch versuchen, einfach auch ohne vorherige Anmeldung dabei zu sein?

Die Veranstalter empfehlen festes Schuhwerk und angemessene Kleidung.(Wer hätte das gedacht?)


** Axel Föhl ist seit 1974 im Rheinischen Denkmalamt Referent für Industriedenkmalpflege; seit 1990 leitet er die bundesweite Arbeitsgruppe Industriedenkmalpflege der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger. Mehr…

(Foto Niehues & Dütting, Spinnerei-Hochbau, Spinnsaal; Quelle: PM)

Der durchschnittliche Mietpreis steigt in den Niederlanden überall, aber vor allem in mittelgroßen Städten ‒ außerhalb des Ballungsgebietes der Randstad ‒ wird ein Rekordhoch erreicht. Das ergibt sich aus Zahlen von Pararius, der laut eigener Aussage größten Website für Mietwohnungen in den Niederlanden. Die Website veröffentlichte Zahlen über das erste Quartal des Jahres 2018, in dem im Schnitt ein Anstieg des Mietpreises um 5,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr  zu verzeichnen war.

Die Mietpreise stiegen vor allem in Apeldoorn, Almere, Amersfoort und Tilburg. Auch in Leiden, Nimwegen und Enschede war die Miete mindestens 8 Prozent teurer als zuvor. Pararius beruft sich dabei auf 10.671 Wohnungen, die im letzten Quartal über ihre Website vermietet wurden. Der höchste Anstieg wurde in Zoetermeer (Provinz Südholland) festgestellt, wo der Mietpreis um 20,8 Prozent auf 11,50 Euro pro Quadratmeter stieg. Laut Pararius sei die zentrale Lage der Gemeinde hierfür verantwortlich, da viele Pendler aus Leiden, Den Haag und Rotterdam hierhin ziehen.

Insgesamt  ist es aber immer noch teurer, in der Randstad zu wohnen, als außerhalb dieses Ballungsgebietes. Die Preise in Gemeinden außerhalb der Randstad steigen aber deutlich schneller. In Amsterdam stiegen die durchschnittlichen Mietpreise beispielsweise um 2,2 Prozent auf 22,48 Euro. In Utrecht, der zweitteuersten Stadt, bezahlen Mieter etwas mehr als 16 Euro pro Quadratmeter. Rotterdam und Den Haag haben vergleichbare Preise.

Der Geschäftsführer von Pararius, Jasper de Groot, glaubt aber nicht, dass in den mittelgroßen Städten dasselbe Preisniveau erreicht werden wird, wie in der Randstad, da die Nachfrage in den großen Städten höher ist. Die Mietpreise werden ihm zufolge in den kommenden Monaten aber weiter steigen, bis sie eine Höchstgrenze erreichen: „Es gibt einen begrenzten Betrag, den Mieter bezahlen können. Wenn die Preise in die Nähe dieser Grenze kommen, ebbt die Preissteigerung automatisch ab. In den mittelgroßen Städten ist eine solche Mietgrenze noch lange nicht erreicht.“

Mieter, die wegen der hohen Mieten aus der Randstad wegziehen, treiben somit die Mieten im Rest des Landes hoch, so De Groot. Das sei zum Beispiel der Grund für den hohen Mietpreisanstieg in Almere, da viele Niederländer aus Amsterdam hierhin ziehen.

Die steigenden Preise zeigen laut Pararius, dass der Wohnungsmarkt immer noch unter Druck steht. Schätzungen ergeben, dass bis zum Jahr 2020 die Wohnungsknappheit weiter zunimmt und circa 83.000 Wohnungen fehlen werden. In der Theorie ist der Bau neuer Wohnungen zwar die Lösung, in der Praxis gestaltet sich das allerdings komplizierter, so De Groot. So würden einerseits Baugenehmigungen noch deutlich zu langsam erteilt werden, andererseits würden Bauunternehmer mit hohen Personalkosten und einem Mangel an Baumaterial kämpfen. Die Wohnungsknappheit konzentriert sich darüber hinaus auf den Ballungsraum der großen Städte und der Randstadsregion, wo aufgrund von fehlendem Baugrund Neubauten schlichtweg nicht möglich sind.

(ein Bericht von Niederlandenet)

Die vorläufigen Ergebnisse der niederländischen Kommunalwahlen, die am ervergangeen Mittwoch 21.03.2018 stattfanden, sind jetzt veröffentlicht worden. Sie zeigen, dass die großen, traditionellen Parteien zugunsten der kleineren, lokalen Parteien  immer stärker in die Ecke gedrängt werden und unter Druck stehen. Ungefähr jede dritte Stimme ging an einen Politiker ohne Verbindung zu einer landesweiten Partei. Dabei schnitten die lokalen Parteien nicht nur in kleinen Gemeinden, sondern auch in den großen Städten der Niederlande sehr gut ab.

Die diesjährigen Kommunalwahlen zeigen also eine deutliche Trendwende: Obwohl die Regierungsparteien bislang immer stabile Ergebnisse bei Regionalwahlen erzielten, sind dieses Jahr die lokalen, kommunalen Parteien die deutlichen Gewinner. Damit fanden bei dieser Wahl mehr Parteien ihren Weg in die Gemeinderäte als jemals zuvor.

Positiv war der Wahlausgang für GroenLinks. Die Partei von Jesse Klaver legte im Vergleich zur  letzten Wahl um 3 Prozent zu und erhielt somit 8,4 Prozent der Wählerstimmen. Sie ist außerdem die größte Partei in Städten wie Amsterdam, Utrecht, Delft, Haarlem, Nimwegen, Arnheim, Wageningen und Culemborg geworden. Damit hat GroenLinks in vielen dieser Städte die D66 überholt, die von 12 auf 9 Prozent abstürzte. Eine mögliche Ursache hierfür könnte die momentan starke Kritik gegenüber der D66 als Regierungspartei sein.

Im Gegensatz zur D66 schnitten die anderen an der Regierung beteiligten Parteien allerdings weniger schlecht ab. Die VVD von Mark Rutte liegt mit 13,2 Prozent knapp hinter der CDA, die 13,5 Prozent der Stimmen erhielt. Damit ist die CDA, obwohl auch sie weniger Stimmen als bei der letzten Wahl erhielt, die stärkste landesweite Partei. Die ChristenUnie erzielte mit circa 4 Prozent der Stimmen ungefähr das gleiche Ergebnis wie vier Jahre zuvor.

Die PvdA und die SP mussten deutliche Verluste verzeichnen. Die PvdA bekam lediglich circa 7 Prozent der Stimmen und verlor somit seit der Kommunalwahl 2006 ganze 23 Prozent ihrer Stimmen. Die SP schaffte es nicht, erneut ihren Rekordwert von 6,6 Prozent der letzten Wahl zu erreichen und wird somit viele Gemeindevorstände, in denen sie die letzten Jahre mitregierte, verlassen müssen.

Die PVV von Geert Wilders stand das erste Mal in 28 Gemeinden zur Wahl und bekam 74 Sitze, vor allem in den zwei Gemeinden, in denen die PVV auch bei der letzten Wahl schon teilnahm: Den Haag und Almere. In Rotterdam und Utrecht wurde die PVV allerdings durch die multikulturelle Partei Denk überholt. Auch in anderen Gemeinden war das Wahlergebnis für die PVV enttäuschend. Vor allem durch die Konkurrenz der lokalen Parteien schnitt die PVV schlechter ab, als bei der Parlamentswahl letztes Jahr. Denk bekam 17 Ratssitze, davon drei in Rotterdam und Amsterdam und zwei in Zaanstad.

Auch die Partij voor de Dieren legte deutlich zu.  Sie stand in mehr Gemeinden als noch vier Jahre zuvor zur Wahl und konnte gute Resultate verbuchen: 15 Sitze bekam sie, darunter einen zusätzlichen Sitz in Amsterdam, Den Haag und Utrecht. In Almere, wo die Partei  noch keine Sitze hatte, erhielt sie gleich drei.

Landesweit gaben 55 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Das ist etwas mehr als noch bei der letzten Kommunalwahl vier Jahre zuvor.  Die Wahlbeteiligung auf Schiermonnikoog war am höchsten: Hier gingen 82,5 Prozent der Menschen zur Wahlurne. Dementsprechend stimmten hier  prozentual gesehen  fast doppelt so viele Wahlberechtigte wie in Helmond ab, der Gemeinde mit der niedrigsten Wahlbeteiligung. Dort hatten sich lediglich 42,1 Prozent an der Wahl beteiligt.

Die endgültigen Wahlergebnisse mancher Gemeinden  stand zunächst aber noch aus. So soll das Ergebnis der Gemeinde Amsterdam erst am Freitag veröffentlicht werden. Obwohl die Gemeinde mehr Wahlhelfer pro Wahlbüro einsetzte als bei den Wahlen zuvor, dauerte das Auszählen der Stimmen aufgrund des gleichzeitig stattfinden Referendums länger.

Aber nicht überall in den Niederlanden wurde am letzten Mittwoch abgestimmt. In dreizehn der zwanzig Gemeinden in der Provinz Groningen sowie einigen anderen Gemeinden im Land konnte aufgrund von kommunalen Reformen und Umstrukturierungen noch nicht gewählt werden. Die Wahlen werden hier Ende des Jahres nachgeholt.

Insgesamt haben die Kommunalwahlen 2018 gezeigt, dass die Gemeindevorstände in den nächsten vier Jahren ähnlich zersplittert sein werden wie das niederländische Parlament. Der Großteil der Vorstände wird zukünftig aus mindestens vier Parteien bestehen. Die Wähler haben der Politik somit eine stark heterogene Landschaft beschert, die eine ähnlich komplizierte Politik wie in Den Haag verspricht.

(Quelle: Niederlandenet)

Ergebnisse der Kommunalwahlen 2018 aus der Region Twente und Drente:

Coevorden
Dinkelland
Emmen
Enschede
Hengelo
Losser
Oldenzaal

Veendam
Westerwolde

Enschede, 17.9.17

21. September 2017

Im jenseits der Grenze liegenden, niederländischen Enschede fanden am vergangenen Sonntagmittag mehrere Demonstrationen statt. Auf der einen Seite hielt die rechtspopulistische und islamkritische Bewegung „Fortress Europe“, zu der auch Pegida gehört, eine Anti-Islamdemonstration im Stadtzentrum ab. Auf der anderen Seite veranstalteten linksaktivistische Gruppen wie „No-Hogesa“ und „AFA Fryslân“ (Antifascistische Actie, Antifaschistische Aktion, Foto oben) an anderen Stellen Gegendemonstrationen. Ihnen wurde ein zwei Kilometer entfernte Volkspark als Demonstrationsort zugewiesen. Extremistische Anhänger der AFA versuchten die Veranstaltung von Pegida zu stören. Es kam laut Berichten niederländischer Tageszeitungen zu 32 Verhaftungen (Foto s. unten). Im Laufe des Abends wurden jedoch alle Inhaftierten wieder freigelassen.

Pegida steht für „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“. Die Organisation gilt als  rassistisch, islam- und fremdenfeindlich. Sie wurde 2014 in Dresden von Lutz Bachmann gegründet. Während in Deutschland wöchentlich tausende Pegida-Anhänger zusammenkamen und in den Straßen demonstrierten, sind die Zahlen in den Niederlanden verhältnismäßig geringer. Zunächst schien es zwar auch in den Niederlanden einen fruchtbaren Grund zu geben, für Protestbewegungen, die sich gegen Immigration richten. Zu der ersten Pegida Nederland Versammlung im Oktober 2015 kamen mehr als hundert Menschen in Utrecht zusammen. Im Laufe ihres eineinhalb-jährigen Bestehens hat die Bewegung jedoch an Beliebtheit verloren. Ein Artikel der niederländischen Tageszeitung NRC Handelsblad vom März berichtet von Versammlungen und Demonstrationen mit gerade einmal 28 Teilnehmern. Zu diesem Zeitpunkt seien die Teilnehmerzahlen bereits schon länger derartig gering gewesen. Nur noch „der harte Kern“ nehme fast monatlich an den Aktionen von Pegida teil – die meisten von ihnen Männer und Frauen mittleren Alters aus allen Bildungsschichten.

Bei der „Fortress Europe“ Zusammenkunft in Enschede traten Sprecher aus unter anderem Deutschland und Finnland auf. Nach Einschätzungen der Medien nahmen statt der erwarteten 500-1000 nur 150 Pegida-Sympathisanten und wenige Dutzend AFA-Anhänger an der Aktion am Sonntag teil. Die Demonstration der rechtspopulistischen und islamkritischen Vertreter beinhaltete außerdem einen kurzen Marsch durch die Stadt. Trotz vieler Maßnahmen konnte eine Konfrontation der beiden Gruppen nicht verhindert werden, als einige linke Aktivisten versuchten die Demonstration durch Sitzblockaden auf dem Weg zu behindern. Bei der Versammlung trat auch die rechtsextreme deutsche Band Kategorie C auf, die laut der Gemeinde Enschede viele Fans unter Hooligans mit rechts-extremistischem Gedankengut habe, so die niederländische Tageszeitung de Volkskrant.

Neben den oben genannten 32 Festnahmen verhaftete die Polizei am Sonntagmittag während der Pegida Nederland Demonstration auch einen der Sprecher wegen mutmaßlich strafbarer Äußerungen. Schon im März hieß es in dem erwähnten Artikel des NRC Handelsblads, dass die Äußerungen radikaler wurden. „Wir müssen alle Mittel anwenden, um das Land vor dem Islam zu beschützen“, wurde dort zitiert. Der Auftritt der extrem-rechten deutschen Musikband wird ebenfalls gerichtlich untersucht. Gründe für die zahlreichen Festnahmen waren unter anderem Straftaten wie Waffenbesitz, Diskriminierung und Beleidigung, sowie das Übertreten der Notverordnung. Die Notverordnung war vom Bürgermeister ausgerufen worden und galt von Samstagabend bis zum Montagmorgen. Der Verordnung zufolge war es Demonstranten untersagt nach Enschede einzureisen.

Unter den Festgenommenen befand sich auch der Anführer der niederländischen Pegida-Gruppierung, Edwin Wagensveld. Er muss sich unter anderem für einen aufrührerischen Kurzfilm verantworten, den er letztes Jahr öffentlich gemacht hatte. Wagensveld machte darin sehr drastische Äußerungen über den Islam und über deren Propheten. Weiter rief er die Deutschen dazu auf bei der Bundestagswahl für die Alternative für Deutschland (AfD) zu stimmen und seine niederländische Anhängerschaft solle am anstehenden Prinsjesdag „Krach machen“ und Flugblätter verteilen. Wagensveld wurde in den vergangenen Jahren fünf Mal festgenommen, da er laut dem NRC Handelsbald regelmäßig an die Grenzen des Gesetzes stoße.

Enschede wurde für den Tag als Sicherheitsrisikogebiet erklärt. Die Polizei war in großer Zahl und mit zusätzlichen Einheiten unterwegs. Zu solch einer Sicherheitsrisiko-Bestimmung gehören außerdem Maßnahmen wie zum Beispiel, dass gesichtsvermummendeKleidung nicht getragen werden darf, auch kann die Polizei Menschen präventiv festnehmen und es gibt zusätzliche Kontrollen durch Kameras.

(Fotos: CC  via twitter; Text Niederlandenet)