Streik!

8. Mai 2023

Streik! Lingens Stadtarchivar Dr. Mirko Crabus berichtet auf der Website des Stadtarchivs über die mühsamen Anfänge der Arbeitskämpfe in Lingen:

„Im Zuge der Industrialisierung nutzten die Arbeiter zunehmend Streiks als Mittel, ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Bald entstanden die ersten Gewerkschaften. Bekämpft wurden sie von den Unternehmern, aber auch vom Staat, der immer wieder versuchte, Streiks für illegal zu erklären.

1872 kam es auch in Lingen erstmals zu einem Streikversuch. Anlass könnte eine Streikwelle in Hannover gewesen sein, gegen die das Lingensche Wochenblatt mit beißendem Spott polemisierte. Jedenfalls kursierten nun auch in Lingen zahlreiche sozialdemokratische Zeitschriften, und die Arbeiter des Eisenbahnausbesserungswerkes versuchten, den Streik zu organisieren und auf die Eisengießerei auszudehnen. Erfolgreich war dieser Streikversuch jedoch nicht. Wer streikte, wurde schlicht entlassen. Und so konnte der Magistrat noch 1895 vermelden, dass „gewerbliche Arbeitseinstellungen seitens der Arbeiter hier bislang überall nicht vorgekommen sind“.

Bismarcks Sozialistengesetze verboten 1878 sämtliche sozialdemokratischen und sozialistischen Vereine. Erst nach Rücknahme der Sozialistengesetze 1890 gründeten Arbeiter des Ausbesserungswerkes 1894 einen Ortsverein der Deutschen Eisenbahn-Handwerker und -Arbeiter und schufen damit die erste Gewerkschaft des Emslandes. Zwei Jahre später schlossen sich die Maschinenbauer und Metallarbeiter zu einer Gewerkschaft zusammen. 1904 entstand außerdem eine sozialdemokratisch ausgerichtete Maurergewerkschaft. Unter diesen Voraussetzungen kam es 1909 zu einem Streik. Im Ausbesserungswerk und zwei weiteren Betrieben hatten die Unternehmer den Handwerkern mit hoher Arbeitsleistung 46 Pfennig Stundenlohn zugesagt, denen mit niedriger Arbeitsleistung aber nur 34 bis 42 Pfennig. Benachteiligt wurden dadurch vor allem die unerfahrenen und die alten Arbeiter. Gedeckt von…“

[weiter auf der Seite der Stadt Lingen (Ems)]

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Ein Beitrag des Leiters des Stadtarchivs Lingen (Ems) Dr. Mirko Crabus in der Reihe „Archivalie des Monats“
Foto: Demonstrierende am 2. April 1919 auf dem Lingener Marktplatz, aufgenommen von der Rathaustreppe in Richtung Marienstraße (Stadtarchiv)

EAW-Samstagsaktion

28. Juli 2022

SAMSTAGSAKTION
Zur EAW-Ausstellung in der Kunsthalle
Für Kinder und Jugendliche von 6 bis 14 Jahren.
Lingen (Ems) – Kunst-/Halle IV, Kaiserstraße 10a
Samstag, 30.07. 2022 – 14 bis 16 Uhr
Kosten 6 Euro incl. Material

An diesem Samstag in der Kunsthalle kannst du Kunst erleben, verstehen und entdecken. Eine kurze Führung durch die aktuelle Ausstellung mit Kunst zum Thema Eisenbahn und Eisenbahnausbesserungswerk Lingen bietet die Möglichkeit, dich den Kunstwerken zu nähern und auf deren Basis deine eigene Kreativität zu entfalten. Anschließend gestaltest du ein eigenes Werk ganz nach Deinen persönlichen Ideen und Vorstellungen.

Anmeldung in der Kunsthalle Lingen  unter Tel. 0591 – 5 99 95
Es sind noch Restplätze frei.

 

 

EAW

14. Juli 2022

25 Jahre Kunsthalle Lingen:
EAW

Larissa Fassler, Harry Kramer, Ulrike Kuschel, Christian Odzuck und Stefan Odzuck, Alexander Rischer, Bastian Wiels, Alexander Wolff

Eröffnung mit Performance am Freitag, 15. Juli 2022 um 19 Uhr, anschließend Jubiläumsfeier vor der Kunsthalle

Kaiserstraße 10a, 49809 Lingen (Ems),
www.kunsthallelingen.de

Die spannungsvolle Geschichte des Lingener Eisenbahnausbesserungswerks charakterisiert unterschiedliche historische, architektonische und sozialpolitische Aspekte, die im Rahmen der Gruppenausstellung „EAW“ direkt thematisiert werden oder auch als Hintergrund für künstlerische Arbeiten dienen, die sich mit dem Komplex Eisenbahn oder auch Bahnhof auseinandersetzen. Eingeladen wurden die national und international bekannten Künstler*innen Larissa Fassler, Harry Kramer, Ulrike Kuschel, Christian Odzuck und Stefan Odzuck, Alexander Rischer, Bastian Wiels und Alexander Wolff. Larissa Fassler setzt sich in ihren Werken mit der architektonischen Gestaltung von Städten und Bahnhöfen auseinander und zeigt eine Arbeit zum Pariser Bahnhof „Gare du Nord“.

Von dem 1997 verstorbenen Künstler Harry Kramer werden Drahtplastiken aus den 1960er Jahren präsentiert, die das Thema Mensch/ Maschine beleuchten. Ulrike Kuschel präsentiert eine neu entstandene Arbeit, bestehend aus einem Film und Texten, die sich auf Fotografien richtet, die im Zusammenhang mit dem Lager Telgenkamp entstanden sind, in dem während der NS Zeit Zwangsarbeiter untergebracht wurden, die im Eisenbahnausbesserungswerk unbezahlt arbeiten mussten. Christian Odzuck und Stefan Odzuck zeigen eine Videoinstallation, die sich auf Erinnerungen ihres Urgroßvaters bezieht, der Lokführer war. Alexander Rischers Fotografien lenken den Blick auf aktuelle Randerscheinungen des Geländes rund um das EAW, während Bastian Wiels‘ Arbeiten die Sanierung der Halle I/II des EAW in den Blick nehmen. Alexander Wolff realisiert ein mehrschichtiges Wandbild, auf dem wiederum Bilder hängen, die die beeindruckenden Fassaden des Eisenbahnausbesserungswerks in Szene setzen.

Die Ausstellung wird am Freitag, 15. Juli 2022 um 19 Uhr eröffnet. „Um die Ausbreitung der Corona-Pandemie einzudämmen, bitten wir Sie freundlich eine FFP2 KN95/N95-Maske zu tragen.“ Einen Höhepunkt des Abends bildet um 20 Uhr die Aufführung einer Performance in 3 Akten, konzipiert von den Brüdern Christian und Stefan Odzuck mit dem Titel „Zikkurat“. Anschließend feiert die Kunsthalle Lingen an dem Abend ihr 25-jähriges Jubiläum.

Öffnungszeiten der Ausstellung vom 16. Juli bis  04. Sept. 2022:
Di – Fr 10 – 17 Uhr
Sa – So 11 – 17 Uhr
Eintritt € 3,–
Ermäßigter Eintritt € 1,50

 

Donnerstagabend

2. Juni 2022

Pickepacke viel gibt es ist heute Abend im ehemaligen Eisenbahnausbesserungswerk an der Kaiserstraße.

Um 18 Uhr beginnt der gutgefüllte Abend  in der Kunsthalle, Kaiserstraße 10a, mit BARDO. Wie immer gibt es bei der BAR AM DONNERSTAG Häppchen, Drinks und gute Musik. Um 18.30 und 21.00 Uhr findet jeweils eine Führung durch die Ausstellung „Intralocutors: CLICK“ von Rochelle Goldberg statt. Der Eintritt ist frei.

Um 19 Uhr startet dann direkt nebenan Campus in Concert . Für die Musik auf dem Campus in der heutigen Campushalle sorgen die Bands Kasimp, LEZA, Daring Heights (Foto), G‘emma und So in Stereo. Von RnB über Hip-Hop und Pop, bis Soul und Indie-Pop ist für jeden Musikgeschmack das Richtige dabei. Alle Bands
bestehen aus Studierenden des Instituts für Musik der Hochschule Osnabrück.
Neben der Musik darf sich das Publikum auch auf Foodtrucks freuen, an denen nicht nur  Falafel angeboten wird. Auf der Getränkekarte steht  wie in jedem Jahr das Campusbier der Hochschule Osnabrück. Organisiert wird die Verpflegung vom Fachschaftsrat der Fakultät.
Ein Team aus Studierenden und Mitarbeitenden der Hochschule Osnabrück erstellt Video- und Tonaufnahmen der Auftritte. Diese erhalten die Bands im Anschluss an das Konzert. Im Rahmen von Campus in Concert können sich die Nachwuchsmusiker*innen zudem in verschiedenen Social-Media-Formaten und über Medienkooperationen in der Öffentlichkeit präsentieren.

Der Eintritt zum CiC-Festival ist ebenfalls  frei.

Campus in Concert

9. März 2022

Campus in Concert wird am Donnerstag, 2. Juni 2022 wieder live auf dem Campus Lingen stattfinden – so Corona will. Nach zwei CiC in digitaler Form ist die Veranstaltung zurück und findet unter den dann geltenden Hygieneregeln wieder abends in den denkmalgeschützten Hallen des ehemaligen Lingener Eisenbahnausbesserungswerks statt -mit Publikum. 

Für einen Auftritt bei Campus in Concert können sich auch in diesem Jahr alle
Musiker und Musikerinnen bewerben, die an der Hochschule Osnabrück studieren. Die
Bewerbungsphase hat am vergangenen Sonntag begonnen. Sie endet am 31. März.
Yannik Döpke aus dem  Organisationsteam hofft wieder auf viele talentierte Bands vom Institut für Musik aus Osnabrück auf der Bühne: „Wir versprechen den Festival-Fans begeisternde Musik, ausgelassene Stimmung, frisches Campusbier und  gemeinsames Feiern.“
Natürlich: Der Eintritt ist wie jedes Jahr kostenlos.

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Foto: CiC 2019, Hochschule Osnabrück / Shawn Hellmann

Eisenbahnausbesserungswerk

14. November 2020

Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs war Deutschland eine Monarchie und die Eisenbahn war eine „königliche Eisenbahn“. Im November 1918 ging der deutsche Kaiser und König von Preußen, Wilhelm II., nach Holland ins Exil. Aus der „königlichen Hauptwerkstätte“ in Lingen wurde die „preußische Hauptwerkstätte“. 1920, vor genau einhundert Jahren, ging die Preußische Eisenbahn dann in der Deutschen Reichsbahn auf.

Eisenbahner im Ausbesserungswerk Lingen Anfang der 1920er-Jahre

Unmittelbar nach Kriegsende begann im Lingener eine kurze Blütezeit. Doch es war nur eine Scheinblüte. Der kriegsbedingte Reparaturrückstau an Dampfloks und Waggons musste dringend abgearbeitet werden. Als weitere Aufgabe kam bald die Aufarbeitung von Lokomotiven und Wagen für die Reparationsleistungen an Frankreich und Belgien hinzu. Die einstigen Kriegsgegner akzeptieren nur vollständig instandgesetzte und intakte Fahrzeuge. Möglich war dies nur durch die Einstellung von zusätzlichem Personal. 1919 erreichte die Beschäftigtenzahl mit 2287 Arbeitern einen Höchststand. Viele Eisenbahnarbeiter zogen mit ihren Familien nach Lingen – die Wohnungsnot stieg.

Die Lehrlingswerkstatt Anfang der 1920er-Jahre. Links die damals neue Halle I (heute Campus Lingen)

Lingen war ein wichtiger Standort, weil man hier während des Krieges die große Lokrichthalle gebaut hatte (Halle I, heute: Campus Lingen). 1919 wurde hier die sogenannte „Fließfertigung“ aufgenommen, die den Reparaturablauf wesentlich vereinfachte. Betrug die Reparaturzeit für eine Dampflok bei einer Hauptuntersuchung in der Zeit um 1900 je nach Aufwand noch drei bis sechs Monate, so war sie mit dem „Fließverfahren“ in der Regel nach vier Wochen wieder fahrbereit. Durch die Einführung des „Kesseltauschverfahrens“ verringerte sich die Standzeit noch einmal auf 16 bis 18 Tage. Hierfür war jedoch ein Ausbau der Kesselschmiede durch seitliche Anbauten notwendig.

Übergabe einer Dampflok Anfang der 1920er-Jahre

Parallel dazu erfolgte eine wichtige Neuorganisation im deutschen Eisenbahnwesen. Am 1. April 1920 wurde aus den bislang selbständigen Ländereisenbahnen der deutschen Bundesstaaten zunächst die „Reichseisenbahn“, die dann zur „Reichsbahn“ umfirmierte. Die Werkstätten wurden organisatorisch vom Eisenbahnbetriebsdienst getrennt und einer eigenen „Direktion für das Werkstättenwesen“ zugeordnet. Aus der „Preußischen Hauptwerkstätte“ wurde das „Reichsbahn-Ausbesserungswerk“ (RAW) im Rang eines eigenen „Werkstättenamtes Lingen-Ems“.

Die Arbeitsbedingungen für die Eisenbahner verbesserten sich in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg. Der 8-Stunden-Tag wurde eingeführt, neue Sozialeinrichtungen geschaffen: ein Speisesaal, Wasch- und Umkleideräume sowie eine neue Badeanstalt mit Brausebädern und Badewannen. Eisenbahn und Baugenossenschaften nahmen Wohnungsbauprogramme für Eisenbahnerfamilien in Angriff. Im Strootgebiet entstanden neue Arbeitersiedlungen.

Hungerdemonstration der Eisenbahnarbeiter auf dem Lingener Marktplatz am 2. April 1919
Demonstrierende Eisenbahnarbeiter auf dem Lingener Marktplatz am 2. April 1919

Die Eisenbahner vor Ort hatten nach dem Krieg in ihrem Alltag viele Sorgen. An der miserablen Versorgungslage änderte das Kriegsende zunächst wenig und im Frühjahr 1919 kam es in Lingen zu Hungerdemonstrationen der streikenden Eisenbahnarbeiter. In den folgenden Jahren hatten die Eisenbahner zwar Arbeit, aber die aufziehende Inflation vernichtete den Wert des Einkommens. Die Belegschaft in Lingen machte von ihrem Streikrecht Gebrauch, um auf die wachsende Not aufmerksam zu machen. Mit eigenem Notgeld in Milliardenwerten versuchte die Eisenbahn, die Auszahlung der Löhne sicherzustellen.

Die „Verreichlichung“ der Ländereisenbahnen zur „Reichseisenbahn“ von 1920 war nur der erste Schritt beim Umbau des Eisenbahnwesens. 1924 wurde die „Reichseisenbahn“ von einem staatlichen Betrieb zu einem selbständigen Unternehmen umgewandelt, der „Deutschen Reichsbahn“. Diese übernahm 1925 auch die Bahnstrecke von Salzbergen bis zur niederländischen Grenze, die bis dahin eine holländische Eisenbahngesellschaft betrieben hatte.

Die Eisenbahn galt als sicherer Arbeitsplatz – Lehrwerkstatt im Ausbesserungswerk Lingen Anfang der 1920er-Jahre

Die Zusammenlegung der Ländereisenbahnen zur Reichsbahn brachte für den Eisenbahnverkehr in Deutschland viele Vorteile. Die Organisationsstrukturen wurden vereinheitlich, technische Neuerungen konnten nun deutschlandweit eingeführt und umgesetzt werden. Allerdings überschattete die Wirtschaftskrise die vielen Verbesserungen, die Anfang der 20er-Jahre bei der Eisenbahn erfolgten. Auch im Lingener Eisenbahnwerk kam es zu Massenentlassungen. Viele, die geglaubt hatten, sie hätten einen sicheren Arbeitsplatz bei der Bahn, waren nun von Arbeitslosigkeit betroffen. Der Personalabbau war begleitet von Protesten der Arbeiter. Im Herbst 1924 wurde eine ganze Kompanie Reichswehr zum Schutz der Werkstatt nach Lingen verlegt. Vor den Haupteingängen brachten die Soldaten Maschinengewehre in Stellung, die ihre Mündungen auf die Werkshallen richteten. Die Lage blieb friedlich, aber das Vertrauen in die neue Republik wurde durch solche Maßnahmen nicht gerade gestärkt. Die Entlassungswellen liefen weiter. Ende der 20er-Jahre waren nur noch gut 1100 Eisenbahner im Werk beschäftigt, Anfang der 30-er-Jahre sank die Zahl weiter auf unter 1000 Mitarbeiter.


Gefunden im Blog des Emslandmuseum Lingen.

Campus in Concert 2019
Lingen (Ems) – Campus, Halle I/II
Do 23. Mai – ab 18 Uhr
Eintritt: frei

Line-Up:

The Six Leaves
Liebe 3000
Gabriel Zanetti
Miles King & the Foolish Knights
radiovegas
Al Ray

Aufstrebende Singer/Songwriter und Bands vom Institut für Musik der Hochschule Osnabrück treten bei diesem Newcomer-Festival auf dem Campus Lingen der Hochschule auf der großen Bühne im ehemaligen Lingener Eisenbahnausbesserungswerk auf und stehen dabei teilweise zum ersten Mal vor einem größeren Publikum.

Der Eintritt ist nach dem Motto „umsonst und drinnen“ für alle Besucher frei. Organisiert wird die Veranstaltungsreihe von Studierenden verschiedener Studiengänge an den Standorten Lingen und Osnabrück.

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keine Namen

24. Mai 2018

Heute entscheidet der Kulturausschuss der Stadt Lingen (Ems) über das Anbringen einer Gedenktafel zur Erinnerung an die gefallenen Mitarbeiter des ehem. Lingener Reichsbahnausbesserungswerks. Still, klamm und heimlich haben sich die Sozialdemokraten und Christdemokraten darauf verständigt, die erstmals 1935 zu NS-Zeiten aufgehängten „Heldentafeln“ an die Außenwand der Kunsthalle zu hängen. Da haben sie zwar nie gehangen, aber es sei eben Platz dort, meint beispielsweise Ratsmitglied Edeltraut Graeßner (SPD). Was damit für die Kunsthalle an Problemen entsteht und wie sehr dadurch die Aufgabe dieser kulturellen Einrichtung beschädigt wird, ist ihr ebenso egal wie den anderen Kommunalpolitikern, die das Thema jetzt abschließen wollen.

Nun hab ich ja bereits früher über das in Form und Funktion typische nationalsozialistische Propagandaprodukt berichtet, das Ausgangspunkt der Überlegungen ist,  und vor einem Vierteljahr sah es so aus, als gehe der NS-Spuk an der renommierten Kunsthalle vorüber: Die „Heldentafeln“ sollten nahe des Ehrenmals am Alten Friedhof aufgehängt werden. Die SPD will das aber nicht und erkennt die Fragestellung nur unvollkommen: „Dürfen Demokraten mittels propagandistischer Nazi-Kunst an tote Soldaten der beiden Weltkriege erinnern?“

Denn die Wandplatten spiegeln typische Nazi-Ästhetik, also die Kunstsprache der Nationalsozialisten, wider – ganz im Sinne Hitlers: „Blut und Rasse werden wieder zur Quelle der künstlerischen Intuition“. Ist die heroisierend-völkische Darstellung mit einem Soldaten auf der einen und einem, ihm  und den Namen  der „Gefallenen“ zugewandten Arbeiter auf der anderen also überhaupt eine akzeptable Form des Gedenkens? Und ist nicht der Ort, an dem 1935 die „Heldentafeln“ angeschlagen wurde, auch Teil der NS-Propaganda?

Daher haben inzwischen die Protagonisten aus SPD und CDU die Idee entwickelt, den Teil der Wandtafel zu entfernen, den sie als NS-Propaganda verstehen. Die Seitentafeln kommen weg, die einen Arbeiter und einen Soldaten in jeweils heroischer Pose zeigen. Doch mit diesem Zerlegen der Tafeln erweist man der Geschichte erst recht einen Bärendienst. Anstatt im Lingener Emslandmuseum die Tafel komplett aufzuhängen und daran vor allem jungen Menschen die Funktion derartiger „Kunst“ im NS-Staat zu erklären, beseitigt man tolpatschig diese Chance der Aufklärung.

Übrigens hilft das nicht einmal:
Denn auf der Wandtafel finden sich auch mindestens zwei SA- und SS-Angehörige wieder; (nicht nur) ich empfinde es als besonders perfide, solche Täter-Namen vor die Tür der Kunsthalle zu hängen, die doch der Weltoffenheit, der Völkerverständigung und der Toleranz in besonderer Weise verpflichtet ist. Hinzu kommt, dass sowohl die Opfer des NS-Terrors unter den Lingener RAW-Arbeitern als auch die in der Zwangsarbeit  im Lingener Reichsbahnausbesserungswerk Getöteten bis heute namenlos geblieben sind. Kommunalpolitiker, die daran nichts ändern, aber der Täter namentlich gedenken, entehren diese Opfer ein weiteres Mal. 

Die kleinen Fraktionen im Kulturausschuss (Die BürgerNahen, Bündnis 90/Die Grünen und die FDP) lehnen das Projekt ab; auch die fachkundigen Bürger im Ausschuss sind entsetzt. Sie und das Forum Juden-Christen haben in mehreren Briefen an den Oberbürgermeister gefordert, das Projekt aufzugeben. Der aber ist -wen überrascht es?– einmal mehr abgetaucht und bezieht keine inhaltliche Position.

Ich fürchte heute: Der Protest wird nicht helfen. Aber ich weiß auch: Das Thema wird damit nicht abgeschlossen. Ganz im Gegenteil.

Übrigens: Nicht dabei ist heute Irene Vehring (CDU). Die kluge Ausschussvorsitzende ist eine erklärte Gegnerin des Erinnerungsprojekts, konnte sich aber in ihrer Fraktion nicht durchsetzen. Also ist sie in Urlaub gefahren.

Zwei Frauen

8. Oktober 2012

Dieser Montag ist ein richtig guter Tag für unsere Stadt. Der Hochschul-Campus in der ehem. Lokrichthalle I/II des Eisenbahnausbesserungswerks wird offiziell eröffnet. Es werden sich viele feiern lassen, die nicht für diesen regionalpolitischen Erfolg verantwortlich waren.

Daher ist es Zeit an diese zwei Frauen zu erinnern: Elke Müller (Foto lks) und Helga Schuchardt. Denn „ohne den Einsatz von Frau Müller und der damaligen Wissenschaftsministerin Helga Schuchardt hätten wir 1995 die Fachhochschule in Lingen niemals eröffnen können.““ (Karl-Heinz Vehring, Lingens damaliger Oberstadtdirektor).

Danke, Ihr Zwei!

Pausenbild 2

14. August 2012

(EAW Lingen (Ems), © Milanpaul via flickr)