In dieser Nacht werden in Los Angeles die Oscars verliehen. Edward Bergers mit ich glaube gleich neun Nominierungen geradezu beworfene Remarque-Verfilmung „Im Westen nichts Neues“ (“All Quiet on the Western Front”)  lässt das deutsche Filmfeuilleton und ganz Osnabrück  (Wietmarschen-Lohne aber eher nicht...) mit besonderer Aufmerksamkeit die Verleihung beobachten.  Auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth wird bei der Gala dabei sein – obwohl in dem Film gar kein Geld aus ihren Filmfördertöpfen steckt, wie Daniel Kothenschulte in der FR schreibt. „Bezahlt haben alles die Amerikaner. Vermutlich ist dies der erste größere deutsche Kinofilm seit mehreren Jahrzehnten, der komplett ohne öffentliche Mittel produziert wurde.“ Soll sie mit dem Trip zeigen, wie wichtig der Ampel die Filmlandschaft ist.

Laut Wettbüros sind die Chancen auf das ganz große Abräumen für Bergers Film allerdings eher gering, meinte Tobias Kniebe in der SZ-Vorschau. Das sieht auch die New York Times so. Aber „der Preis für den ‚Best International Feature Film‘, früher Fremdsprachen- oder Auslands-Oscar genannt, sollte auf jeden Fall drin sein.“

Das werde ich heute früh nachtragen -nach der Oscar-Gala.

Nach der 95. Oscar-Nacht steht fest: Die Hoffnungen haben nicht getrogen. Der deutsche Film „Im Westen nichts Neues“ hat insgesamt vier Oscars gewonnen – mehr als jeder andere deutsche Film zuvor. Bei der Auszeichnung für den besten internationalen Film setzte sich die Netflix-Produktion von Regisseur Edward Berger bei der Gala in Los Angeles gegen „Argentinien, 1985″ aus Argentinien, „Close“ aus Belgien, „EO“ aus Polen und „Das stille Mädchen“ aus Irland durch.

Regisseur Berger bedankte sich anschließend bei seinem Team und seiner Familie. „Oh Gott, das bedeutet uns so viel“, sagte er auf der Bühne.
„Im Westen nichts Neues“ war insgesamt in neun Kategorien nominiert, darunter als erster deutscher Beitrag überhaupt in der Königskategorie bester Film. Außer als bester internationaler Film holte er zudem die Oscars für die beste Kamera (James Friend), die beste Filmmusik (Volker Bertelmann alias Hauschka) sowie das beste Produktionsdesign (Christian M. Goldbeck und Ernestine Hipper).

Mit der Verfilmung des gleichnamigen Antikriegsromans von Erich Maria Remarque erhielt überhaupt erst zum vierten Mal in der Oscar-Geschichte ein deutscher Film den Oscar für den besten internationalen Film. Zur Erinnerung: Bislang gewonnen hatten den Auslands-Oscar:
die Roman-Verfilmung „Die Blechtrommel“ von Volker Schlöndorff 1980,
das Emigranten-Drama „Nirgendwo in Afrika“ von Caroline Link 2003
sowie das Stasi-Drama „Das Leben der Anderen“ von Florian Henckel von Donnersmarck 2007.

Großer Gewinner bei der 95. Oscar-Verleihung war „Everything Everywhere All at Once“. Der Film der Regisseure Daniel Kwan und Daniel Scheinert gewann insgesamt sieben Oscars, darunter die Auszeichungen als bester Film, für die beste Regie, das beste adaptierte Drehbuch, die beste Hauptdarstellerin (Michelle Yeoh), den besten Nebendarsteller (Ke Huy Quan) und die beste Nebendarstellerin (Jamie Lee Curtis).

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Zusatzaufgabe

19. August 2022

Die Initiative Musik ist die zentrale Fördereinrichtung der Bundesregierung und der Musikbranche für die deutsche Musikwirtschaft. Man liest von ihr:  „Wir stärken die Präsentation und Verbreitung von Musik aus Deutschland im In- und Ausland. Schwerpunkte unserer Programme, Projekte und Awards sind die Unterstützung von professionellen Newcomer:innen, Musiker:innen, Livemusikclubs und Musikunternehmen sowie der Ausbau bundesweit nachhaltiger Strukturen für Rock, Pop und Jazz. Darüber hinaus realisiert die Initiative Musik für die Bundesregierung aktuell fünf Teilprogramme im Rahmen des Rettungs- und Zukunftspakets NEUSTART KULTUR.“

Ein wesentlicher Punkt ist die Künstler:innenförderung der Initiative Musik. Sie richtet sich an Solokünstler:innen und Bands und Autor:innen, die auf dem deutschen und internationalen Musikmarkt Fuß fassen wollen. Mögliche Fördergegenstände sind Komposition und Konzeption, Produktion und Aufnahme, Tonträgerherstellung, Videos und Contentproduktion, Promotion und Marketing, Tour sowie Proben für Studioproduktion und Konzerte. Dank NEUSTART KULTUR können wir für Künstler:innen und ihre professionellen Partnerunternehmen aktuell besondere Konditionen anbieten.

Über die eingereichten Projektanträge wird von einer vielseitigen Jury von zwölf Künstler:innen und Persönlichkeiten aus der Musikwirtschaft entschieden. Die Ernennung der Jurymitglieder erfolgt durch Staatsministerin Claudia Roth (Bündnis’90/Die Grünen), die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, sowie die Gesellschafter der Initiative Musik; das sind die Gesellschaft zur Verwertung Leistungsschutzrechten GVL und den altehrwürdigen Deutschen Musikrat DMR.

Bei all diesen bundesweiten Hochkarätern ist jetzt ein guter alter Bekannter in der Jury. Nicht wirklich überraschend hat Claudia Roth den EmslandArena-Macher Stefan Epping in das Gremium berufen. Der studierte Literaturwissenschaftler ist von Beginn an der kreative Kopf des Kulturprogramms der EL-Arena. Jetzt hat er eine Zusatzaufgabe. Mindestens drei Jahre lang wird „Stepping“ nun einer von 12 Juroren des Bundesprogramms sein. Die Jury prüft aktuell die Bewerber:innen der 58. Auflage des Förderprogramms und will im September die neuen Förderpreisträger:innen bekannt geben.


Foto: Stefan Epping  © privat

Lola, die 1.

26. Juni 2022

Am vergangenen Freitag hat Annette Focks den Deutschen Filmpreis Lola für die beste deutsche Filmmusik erhalten. Ausgezeichnet wurde die in Lingen aufgewachsene Komponistin für ihre Musik für den Karoline-Herfurth-Film „Wunderschön“. Die Laudatio hielt Maren Kroymann.

Zur Verleihung des Deutschen Filmpreises waren rund 1.700 Menschen eingeladen. Bei der Feier in Berlin waren unter anderen die Schauspielerinnen Heike Makatsch, Anna Loos und Schauspieler Matthias Schweighöfer dabei. Die beiden Präsidenten der deutschen Filmakademie  Alexandra Maria Lara und Florian Gallenberger betonten die Solidarität mit der Ukraine: “Wir feiern heute all das, was in der Ukraine unter Beschuss steht: Die Freiheit, die Vielfalt und den Respekt”. Seit diesem Jahr teilen sich die Schauspielerin und der Regisseur den Chefposten der Deutschen Filmakademie, zuvor war Ulrich Matthes drei Jahre lang Präsident.

Während des Abends wurde mehrfach an den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine erinnert. Wladimir Klitschko schickte eine Videobotschaft. Auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth erinnerte an den Krieg und  rief die Filmbranche auf, sich auf ihre Kraft zu besinnen. „Wir brauchen die Kraft der Kunst. Die Kraft der Literatur. Und die Kraft des Films. Nicht, um abzulenken vom Elend der Welt, sondern um ihm etwas entgegenzusetzen.“

„Den Preis für die Filmkomponistin Annette Focks, die für die Musik zur Episodenkomödie „Wunderschön“ ihre erste „Lola“ erhielt, muss man schon allein wegen seiner Überfälligkeit begrüßen.“ (filmdienst.de) Hört gern rein (leider mit Werbeeinblendungen von youtube…):

Spoiler zum Film Wunderschön:
Einem Idealbild nachzueifern kennt fast jeder von uns. Mütter, Töchter, Männer, Alt und Jung stecken im permanenten Optimierungswahn. WUNDERSCHÖN erzählt ihre Geschichten:

Da ist FRAUKE (Martina Gedeck), die sich „kurz vor der 60“ nicht mehr begehrenswert findet, während ihr pensionierter Mann WOLFI (Joachim Król) ohne Arbeit nicht weiß, wohin mit sich. Ihre Tochter JULIE (Emilia Schüle) will als Model endlich den Durchbruch schaffen und versucht verbissen, ihren Körper in das Schönheitsideal der Branche zu pressen. Das verfolgt wiederum Schülerin LEYLA (Dilara Aylin Ziem), die überzeugt ist, mit Julies Aussehen ein besseres Leben führen zu können, und selbst keinen Bezug zu sich findet. Auch Julies Schwägerin SONJA (Karoline Herfurth) hat mit ihrem Körper zu kämpfen, der nach zwei Schwangerschaften zum Ausdruck einer Lebenskrise wird. Ihr Mann MILAN (Friedrich Mücke) hat dabei nicht im Blick, welchen Druck sie sich als junge Mutter auferlegt. Das ist wiederum für Sonjas beste Freundin VICKY (Nora Tschirner) keine große Überraschung, ist sie doch überzeugt davon, dass Frauen und Männer nicht und niemals gleichberechtigt auf Augenhöhe zusammenfinden werden, zumindest nicht in der Liebe. Ihr neuer Kollege FRANZ (Maximilian Brückner) würde sie allerdings gern vom Gegenteil überzeugen.
Mit Nora Tschirner, Martina Gedeck, Emilia Schüle, Dilara Aylin Ziem, Karoline Herfurth, Joachim Król, Friedrich Mücke, Maximilian Brückner, Ben Litwinschuh, Melika Foroutan und Luna Arwen Krüger. WUNDERSCHÖN – ein Film nah am Leben, ehrlich und hoffnungsvoll.

(Quellen: rbb24, Filmdienst.de, Warner Brothers)

D15/2

21. Juni 2022

Das Künstlerkollektiv Taring Padi stellt auf der documenta15 einen antisemitischen Beitrag aus. Kulturstaatsministerin Claudia Roth fordert Konsequenzen. Schon vor dem Start der Kasseler Kunstausstellung sah sich das Kuratorenkollektiv Ruangrupa mit Antisemitismusvorwürfen konfrontiert. Konkrete Kritik richtet sich nun aber gegen einen Beitrag des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi: Auf dem großflächigen Banner am Friedrichsplatz ist unter anderem ein Soldat mit Schweinsgesicht zu sehen. Er trägt ein Halstuch mit einem Davidstern und einen Helm mit der Aufschrift „Mossad“, der Bezeichnung des israelischen Auslandsgeheimdienstes.

Die Kulturstaatsministerin Claudia Roth fordert über den Twitter-Account des BKM Kultur & Medien die documenta auf, Konsequenzen zu ziehen. „Das ist aus meiner Sicht antisemitische Bildsprache.“

[weiter bei der taz]

Vorratsdaten

26. Dezember 2010

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat neue Pläne zur Speicherung von Telefon- und Internetdaten vorgelegt. Mit ihnen aber würde, warnt der Deutsche Journalisten Verband (DJV), die vom Bundesverfassungsgericht untersagte Vorratsspeicherung mit nur geringfügigen Änderungen wieder eingeführt.

Auch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat den Kompromissvorschlag von Bundesinnenminister Thomas de Maizière zurückgewiesen. Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann warf der Ministerin daraufhin  vor, ihre „Untätigkeit“ sei „verantwortungslos …  im Kampf gegen Kindesmissbrauch und islamistische Terroristen „.  Auch wer nicht handele, mache sich schuldig, schwadronierte der CDU-Politiker gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung„. Längst erkannte Sicherheitslücken müssten geschlossen werden, meinte der CDU-Mann mit ständigem Hang zu verfassungsfeindlichen Positionen.

Unverzüglich hielt Petra Pau (Die Linke, MdB)  Schünemann vor, ein „Verfassungsrisiko“ darzustellen. Was er wolle, sei „wider die Demokratie und den Rechtsstaat“.  Die Vorsitzende von Bündnis’90- Die Grünen Claudia Roth bezeichnete Schünemanns „Keulereien“ als „politische Entgleisung gegenüber dem eigenen Koalitionspartner“.

Der Staatssekretär im Justizministerium, Max Stadler (FDP), erläuterte derweil sachlich, das Justizministerium („BMJ“) verfolge „einen völlig anderen Ansatz. Wir fordern die Abkehr von einer anlasslosen flächendeckenden Speicherung“, sagte Stadler. „Statt einer umfassenden pauschalen Überwachung aller Telekommunikationsbewegungen wollen wir den Strafverfolgungsbehörden eine Nutzung von Verbindungsdaten nur bei konkreten Verdachtsmomenten in engen grundrechtsschonenden Grenzen ermöglichen.“

Quick Freeze, auf deutsch Schockfrosten, nennen Telekommunikationsfirmen dieses Verfahren, das in den USA und in Deutschland im Bereich des Wertpapierhandels praktiziert wird. Das BMJ will in Kürze konkrete Gesetzesformulierungen vorlegen. Inhaltliche Zugeständnisse in Richtung auf die CDU-Rechtsaußen sind dabei nicht zu erwarten.

Formaler Grund für die Vorratsdatenspeicherung ist nicht zuletzt die 2006 locker und flockig vom EU-Ministerrat beschlossene EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung. Auch hier gibt ers Aktuelles: Die Europaabgeordnete Rebecca Harms (Bündnis’90/Die Grünen) hat dazu nämlich im September eine Anfrage  zur Evaluierung der EU-Richtlinie an die EU-Kommission gerichtet – mit wichtigen und richtigen Fragen.
Die Antwort liegt jetzt vor. Wer allerdings auf eine ernsthafte und ergebnisoffene Überprüfung der EU-Richtlinie durch die Kommission gehofft hatte, muss sich enttäuscht sehen.  Denn die Antwort durch die seit Februar 2010 amtierenden EU-Kommissarin für Innenpolitik, Cecilia Malmström, lässt ein erschreckendes Maß an Ignoranz hinsichtlich grundrechtlicher Positionen der EU-Bürger erkennen…

Hier mehr von Andreas Gaschler im Blog von Nachdenkseiten

(Grafik: ak-vorrat.de, CC)