Knopf drücken
5. Dezember 2022
Oldenburg testet just eine Ampelanlage, die Fahrradfahrende bei Regen bevorzugt behandelt. Eine Ampel, die automatisch grün wird, wenn ein Fahrrad kommt: Natürlich ist das eine gute Nachricht, diese deutsche Utopie. Selbst wenn es die erst einmal nur an einer einzigen Oldenburger Kreuzung gibt, und sie außerdem nur bei Regen funktioniert. Das war nämlich die Idee des kürzlich gestarteten Pilotprojekts: Radfahrer:innen bei Schietwetter nicht gleichberechtigt mit bedachten Autos durchregnen zu lassen, sondern sie fix durchzuwinken – weil sie eben nasser werden und der Straßenverkehr bei schlechter Sicht und Pfützen auch.
Technisch ist das Projekt recht aufwändig. Wärmesensoren im Boden registrieren biologische Verkehrsteilnehmer:innen bereits 50 Meter vor der Ampel, eine weitere Wärmebildkamera behält die Einmündung im Blick, während die Anlage in Echtzeit Wetterdaten ausliest, um auch pünktlich in den Regenmodus umzuschalten. [mehr in der taz…]
Soweit die Oldenburger Utopie vor wenigen Tagen in der taz. Da wird man als Lingener auf dem Rad neidisch, weil -ganz unabhängig vom Wetter- die lokalen Radwegfahrer*innen doch an den meisten Kreuzungen erst anhalten und, damit die Fahrradampel grün zeigt, auf den Fahrradampel-Knopf drücken müssen – selbst dann, wenn parallel die Autos flott bei Grün vorbeirauschen.
Mein kleiner Nachtrag zur Oldenburger Utopie:
Im Oktober 2012, also vor rund zehn Jahren (!) gab es diese Meldung:
„Das Fahrradparadies Holland will Radfahrer nicht im Regen stehen lassen: Die Stadt Groningen rüstet Ampeln an Radwegen sukzessive mit einem Regensensor aus, der Radfahrern bei Niederschlag und Schneefall schneller Grün gibt.
Wie die Stadt im Norden der Niederlande am Donnerstag mitteilte, sei ein Test an einer ersten Kreuzung positiv verlaufen. Nennenswerte Verzögerungen für den übrigen Verkehr habe es nicht gegeben. Neue Fahrradampeln sollen ab sofort serienmäßig mit dem Sensor ausgestattet werden, das Nachrüsten alter Ampeln kostet 10.000 Euro.
Die optischen Sensoren können Regen und Schneefall erfassen und die Intensität des Niederschlages messen. Bei Schlechtwetter sowie Temperaturen unter 10 Grad Celsius werden automatisch häufigere Grünphasen für Radfahrer geschaltet.“
(Quelle/Text: taz; Foto: sipa / via pixabay)
Wann kommen gleichwertige Ampeln auch für Fussgänger? Oder lässt man diese so lange warten , bis alle anderen Verkehrsteinehmer die Kreuzung geräumt haben? Hier sollte wie beim Fussgängerstreifen das schwächste Glied Vorfahrt haben und nicht im Regen stehen gelassen werden.
Jetzt überlege ich mal, wenn ich hypothetisch mit dem Rad zum Bahnhof fahren würde, an wie vielen Ampeln ich tatsächlich vorbei käme. Wie gesagt, hypothetisch, da wir keine gescheite Fahrradstation dort haben und ich es schon seit Jahren leid bin, regelmäßig für eine Reparatur am Fahrrad oder gleich für Ersatz sorgen zu müssen. Es wäre eine einzige Ampel, die auch noch Hauptverkehrsachse durch die Stadt ist. Der Rest des Weges von gut drei Kilometern ist Nebenstraße, einen Kreisverkehr und Fahrradstraße. Schaue ich mir die Strecken an, die man mit dem Fahrrad so nimmt, egal ob ich nun aus dem Zentrum nach Norden, Süden, Osten oder Westen will, trifft das bis auf wenige Ausnahmen fast überall zu, dass sehr wenig Ampeln gekreuzt würden. Wenn also Schlechtwetter ist, ist der Effekt solch einer Ampel recht begrenzt, nass wird man auf dem Rest des Weges eh. Das Geld für solche Ampeln sollte man lieber in sinnvollere Projekte stecken. Wie wäre es zum Beispiel mit dem ÖPNV. Ich könnte dann beispielhalber, wenn es denn mal ein Angebot gäbe, das Auto daheim stehen lassen. Aber unsere Verkehrsgesellschaft, bringt es ja nicht fertig, dass ein Bus zu 6 Uhr morgens am Bahnhof ist und der Bahnsteig ist da recht voll, potenzielle Fahrgäste könnten also vorhanden sein. Oder in eine bessere Fahrradstation. Die darf am Ende des Tages auch ruhig den einen oder anderen moderaten Taler im Jahr kosten, wie es in anderen Städten auch üblich ist. Vom Bahnhof bis zur Arbeit fahre ich auch 2 km mit dem Rad. Übrigens komme ich da an gar keiner Ampel vorbei, aber es reicht um deutlichst nass zu werden. Da hilft nur gescheite Oberbekleidung für diesen Einsatzzweck kaufen und immer mitführen.
Eben noch meine Frau gefragt, an wie vielen Ampeln sie vorbeikommt, wenn sie zur Arbeit fährt und sie fährt wirklich jeden Tag. Es sind genau zwei, einmal die gleiche Ampel wie ich es auch müsste und eine weitere, dabei fährt sie einmal quer durch die ganze Stadt.
Ich freue mich über die beiden Kommentare zu diesem Schwachsinn aus Oldenburg (Kommentare sind in diesem Blog ja leider aus der Mode gekommen, außer bei dem NS-Rennfahrer).
Danke Hans Brinck und Chris V.!
Regenschutz für Radfahrer an Ampeln!?
Das können sich nur eingefleischte Autofahrer ausgedacht haben, schön im Trockenen.
In den Niederlanden denkt man in sachen ÖPNV (siehe Kommentar von Chris V.) in ganz anderen Dimensionen. In der LT stand Mitte letzter Woche ein Artikel, der ein neues Bahnprojekt von Stadskanaal nach Enschede grob vorstellte: Bis 2030 sollen 1,3 Millionen Menschen aus 40/42 (?) Städten und Gemeinden an diese teilweise neue Schienenverbindung angeschlossen werden. Die Amtsträger aus der Grafschaft wollen sich einklinken! Top!
In Niedersachsen prüft man seit Jahren die Reaktivierung von Bahnstrecken für den ÖPNV, z.B. die Strecke von Meppen über Haselünne, Löningen nach Essen/Oldb.: nix rausgekommen bis dato:
Aber seit kurzem sind ja die ehemals GRÜNEN in der Landesregierung ….
Macht das Hoffnung?