Niedersachsen: Zum Koalitionsvertrag
2. November 2022
In nur drei Wochen haben sich SPD und Bündnis’90/Grüne auf einen Koalitionsvertrag in Niedersachsen verständigt. Das ist ein rekordverdächtiges Tempo. Mir wäre etwas mehr Verhandeln, grüne Hartnäckigkeit und Sorgfalt lieber gewesen. So nämlich sind manche Verabredungen im Koalitionsvertrag doch arg vage. Ich denke da an die Autobahnklauseln, dass alles in der Verantwortung des Bundes liegt, oder daran, dass das Wort Strafvollzug im Koalitionsvertrag nicht vorkommt, aber das hohe Pistorius-Lied auf die Polizei, über deren Probleme -zB den latenten Rassismus- der Vertrag nichts sagt, aber über die bedarfsgerechte Anpassung des Bekleidungsgelds. Nichts lese ich zur Herstellung von AKW-Brennelementen im Land. Zugleich wird aber gaaaanz viel geprüft, hier und da und dort auch, ohne übrigens zu sagen, wer denn wen auf welche Weise prüft. Außerdem lese ich beeindruckend viel Unterstützung für den öffentlichen Dienst in allen Bereichen – vor allem finanziell.
Aber handeln statt prüfen und verbindliche Mindeststandards wären wichtiger. Mein Eindruck: Modernität und Fortschritt sind in sozialdemokratische Watte verpackt. In Wahrheit aber sind beide anders. Mir scheint, dass sich die Grünen über den Tisch haben ziehen lassen. Sie haben sich sehr schnell auf die SPD als einzigen Koalitionspartner festgelegt und hatten danach offenbar keine Chance, mehr herauszuholen. Schade – lest selbst:
Über das F-Wort
2. November 2022
Es geht um Faschismus und da ist jemand „kaum noch anders als mit dem F-Wort zu beschreiben“, titelt die Süddeutsche. Sie informiert über eine Entwicklung, die auch bei unseren Nachbarn Sorge macht. Die einst liberalen Niederlande müssen sich um Echsen und Hundepfeifen kümmern.
Thierry Baudet und sein Forum für Demokratie radikalisieren sich in der Niederlanden zusehends. „Experten halten die niederländische Partei inzwischen für eindeutig faschistisch. Doch das Land fragt sich, ob man ihr Einhalt gebieten sollte.
Während europaweit über die faschistischen oder neonazistischen Wurzeln von Parteien wie den Fratelli d’Italia oder den Schwedendemokraten debattiert wird, ist im niederländischen Parlament längst eine echte faschistische Partei vertreten: das Forum für Demokratie mit seinem Gründer Thierry Baudet an der Spitze. Was von Baudet und seinen Leuten besonders in jüngster Zeit zu hören war, lässt sich kaum noch anders als mit dem F-Wort beschreiben.
Das zumindest denkt ein in den Niederlanden großer Teil der linken bis liberalen politischen Öffentlichkeit. Aber stimmt der Befund überhaupt? Oder nur ein bisschen? Ist es sinnvoll, mit dem Faschismus-Begriff heute noch zu hantieren? Und soll man sich das Treiben des Forums gefallen lassen oder etwas tun dagegen? Darüber wird heftig diskutiert, und auch wenn die Partei derzeit nur fünf Abgeordnete stellt und giert nach solcher Aufmerksamkeit, sind das essenzielle Fragen, denn sie berühren grundsätzliche Aspekte der politischen Kultur und der wehrbaren Demokratie.
Baudet selbst bietet Anlässe en masse für eine entsprechende Charakterisierung. Erst seit 2016 in der Politik, hat der Ultranationalist sich über die Jahre radikalisiert und weit entfernt vom demokratischen Konsens. Wobei viel…