Stresstest

27. Juli 2022

Atomkraftwerk Emsland: Niedersachsen bei der Weiternutzung von Kernenergie zwiegespalten

Brunnen

27. Juli 2022

Über unsere Innenstadt verteilte Wasserflächen und Brunnen würden helfen, an heißen Sommertagen die Temperaturen zu verringern. „Verdunstungskühle ist sehr effizient. Wenn warme Luft über Wasserflächen streicht, verdunstet Wasser. Dabei wird der Luft Wärme entzogen, es wird fühlbar kühler. Fontänen und Sprühnebel können das noch verstärken.“ erklärt Johannes Ringel, Professor für Stadtentwicklung an der Universität Leipzig. Lingen ist da weiß Gott kein Vorbild; denn fast alle der ohnehin wenigen Brunnen im Lingener Stadtzentrum sind ein Trauerspiel. Spitzenreiter ist dabei der Rieselwandbrunnen am Theo-Lingen-Platz, den es seit 15 Jahren gibt und der seit exakt 15 Jahren nicht funktioniert. Der Mühlsteinbrunnen am Amtsgericht ist nur etwa 25-30% des Jahres in Betrieb und wird all abendlich abgestellt, auch der Fabeltierbrunnen auf dem Marktplatz und der Kubus vor dem Lookentor in der Lookenstraße sind auch monatelang nicht in Betrieb. Der private Brunnen vor der Bonifatiuskirche war bis zum Frühjahr 2022 gefühlt 10 Jahre defekt; jetzt ist er Bestandteil des Skulpturenwegs und könnte vielleicht künftig funktionieren.

2019 wurden gleich alle Brunnen, wenn sie überhaupt funktionierten, ganz abgestellt, um „Wasser zu sparen“, wie OB Krone im Sommer 2019 meinte. So belastete das Stadtoberhaupt alle Menschen im heißen Stadtzentrum,, Bewohner, Beschäftigte und Besucher..

Angesichts der zunehmenden Hitzetage müsste es rund um den Markt auch weitere Trinkbrunnen geben. Ich erinnere mich nicht, ob es eigentlich überhaupt einmal mehr als einen einzigen Trinkbrunnen in unserer Stadt gab. Ich kenne nur den Trinkbrunnen (Foto), der bis zur Einrichtung der Sparkassen-Baustelle zwischen Lookenstraße und Bauerntanzstraße vor der Alten Marktapotheke stand. Dann wurde er wegen der Baustelle vor 16 Monaten entfernt. Ersatz gab es nicht.

Deutlich mehr Trinkbrunnen – genau das sieht übrigens auch die EU in ihrer Trinkwasserrichtlinie vor, die bis kommenden Januar in deutsches Recht umgesetzt werden muss. Ihr Ziel: Benachteiligte Gruppen und Menschen am Rand der Gesellschaft sollen besser mit Trinkwasser versorgt werden: „Zur Förderung der Verwendung von Leitungswasser für den menschlichen Gebrauch stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass an öffentlichen Orten, wo dies technisch machbar ist, Außen- und Innenanlagen installiert werden“, heißt es in der Richtlinie vom Dezember 2020.

Allerdings warten die Bundesländer noch die Umsetzung in Bundesrecht ab, die der Bundestag gerade auf den Weg gebracht hat. Die Hamburger Umweltbehörde erhofft sich beispielsweise davon „einen Schub“; allerdings sei noch nicht gänzlich geklärt, wie der Ausbau des öffentlichen Trinkwasserangebots finanziert werden solle, sagte gerade eine Behördensprecherin zum Redaktionsnetzwerk Deutschland RND. Künftig aber werden die Länder zum Handeln gezwungen sein.

Nichts spricht dagegen, dass die Kommunen allgemein und die Stadt Lingen (Ems) im Besonderen schon selbst handelt, den abgebauten Trinkbrunnen schnell wieder aufbaut und die weiteren Brunnen im Stadtzentrum instand setzt oder neu baut, die das Mikroklima im Zentrum so entscheidend verbessern können.

Lingen (Ems) könnte auch dem internationalen Netzwerk Blue Community beitreten. Deren erster Grundsatz ist die „Anerkennung des Zugangs zu sauberem Trinkwasser als Menschenrecht“. Das bedeutet, dass gerade auch Personen mit geringem oder fehlendem Einkommen die Möglichkeit eröffnet werden solle, „jederzeit kostenlos auf das lebensnotwendige Trinkwasser zugreifen zu können“.

Blue Communities verstehen jedenfalls Wasser als öffentliches Gut, unterstützen die Umsetzung der  Menschenrechte auf  Zugang zu sauberem Trinkwasser und Sanitärversorgung, gehen schonend mit den Wasserressourcen um und setzen sich für Wasserversorgung und  Abwasserentsorgung in öffentlicher Hand ein. Außerdem fördern sie die Nutzung von  Leitungswasser statt Flaschenwasser. Womit wir wieder beim Trinkbrunnen wären. Er kostet rund 6.000 Euro plus Installation.

Also: Man kann, wenn man will, handeln. Wenn Lingen nicht handelt, will man nicht. Trotz der Hitzetage.


Foto: Trinkbrunnen Lingen(Ems),  Am Markt
© Kalkmann Kontakt-Kunst PartG mbB Künstler & Planer Kirchstraße 25;
www.kalkmann-kontakt-kunst.de