Nur ganze acht
16. Juli 2022
Gestern am 15. Juli war es genau 80 Jahre her, dass der erste Zug mit jüdischen Holländern und Flüchtlingen vom Bahnhof Hooghalen bei Westerbork nach Auschwitz fuhr. Daran erinnerte am Freitag eine Gedenkfeier auf dem Gelände des Lagers Westerbork. Der Zug beförderte 1.137 jüdische Männer, Frauen und Kinder in das NS-Vernichtungslager im heutigen Polen. Die meisten der 1137 Deportierten waren erst in der Nacht zuvor aus Amsterdam im Lager Westerbork angekommen. Viele von ihnen waren jüdische Flüchtlinge aus Nazideutschland, aber es waren auch 51 Kinder aus dem Waisenhaus des Lagers im Zug. Nur ganze acht Personen des ersten Transports überlebten den Holocaust.
Tags darauf folgte ein zweiter Zug mit 893 Opfern. Der Transport von insgesamt 2.030 Juden am 15. und 16. Juli 1942 war der Beginn einer langen Reihe von Vernichtungstransporten. In der ersten Zeit fuhr der Zug zweimal pro Woche: montags und freitags. Im Jahr 1943 war in der Regel der Dienstag der Transporttag. Vor jedem Transport wurden die Häftlinge ausgewählt, die auf Transport gehen mussten. Die Auswahl war Sache des Lagerkommandanten, der diese Aufgabe gerne den jüdischen Mitarbeitern der Lagerverwaltung überließ.
Bei der Gedenkfeier sprachen Holocaust-Überlebende und Angehörige von Deportierten. Abgeschlossen wurde die Gedenkfeier mit einer Schweigeminute und dem Aushängen von Fotos der Opfer des ersten Transports am Denkmal Die 102.000 Steine.
Bertien Minco, Leiterin der Gedenkstätte Kamp Westerbork, sagte bei der Gedenkfeier: „In diesen Zeiten der Fake News ist es wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, was hier passiert ist. Jeder in den Niederlanden sollte von diesen schrecklichen Ereignissen erfahren.“
Das Lager Westerbork in der Provinz Drenthe und nahe Assen wurde 1939 im Auftrag der niederländischen Regierung als Hilfslager für jüdische Flüchtlinge aus Deutschland errichtet worden. 1942 übernahmen die Nazis Westerbork, und es wurde ein Durchgangslager. Juden aus den ganzen Niederlanden wurden nach Westerbork deportiert, um von dort in deutsche Vernichtungslager und Konzentrationslager verschleppt zu werden.
Nach dem ersten Transport im Juli 1942 folgten bis September 1944 mindestens hundert weitere Transporte, mit denen insgesamt 107.000 Juden, 245 Sinti und Roma und auch einige Widerstandskämpfer aus dem Lager in Straf- und Vernichtungslager im nationalsozialistischen Deutschland deportiert wurden. Den Deportierten wurde gesagt, dass sie in Arbeitslager gehen würden. Von allen Deportierten aus Westerbork kehrten nach dem Krieg nur 5.000 in die Niederlande zurück.