Lingens traurige Provinzposse vom vergangenen Mittwoch erreicht jetzt  die überregionalen Medien. Ein tollkühner Mann in einer völlig ideologiefreien Kiste, titelt die taz den heutigen Beitrag von Autorin Simone Schnase:

Seit der NS-Zeit ehrt in Lingen im Emsland eine Straße den Namen eines SS-Hauptsturmführers. Nun hat die Stadtrat-Mehrheit beschlossen: So soll‘s auch bleiben

Im emsländischen Lingen wird mit Bernd Rosemeyer eine höchst fragwürdige Figur verehrt. Denn der gebürtige Lingener war in der NS-Zeit nicht nur ein berühmter Rennfahrer, sondern auch Mitglied der SS. Das kann man seit Freitag auch auf dem Schild der Straße lesen, die seit 1939 nach Rosemeyer benannt ist.

Denn der Rechtsanwalt Robert Koop, Fraktionsvorsitzender der unabhängigen Wählergemeinschaft „Die BürgerNahen“ im Stadtrat, hat es gemeinsam mit weiteren Lin­ge­ne­r*in­nen kurzerhand modifiziert oder, wie er es selbst nennt, „nach rechts justiert“: Neben den Informationen „Bernd Rosemeyer (1909–1938) Motorrad- und Autorennfahrer. Weltrekordler“, die auf dem Schild zu lesen sind, steht dort nun auch: SS-Hauptsturmführer.

Der wird in Lingen fast schon wie ein Heiliger verehrt: Es gibt einen Motorsportclub Bernd Rosemeyer, ein aus dem Mittelalter stammender Lingener Junggesellenverein namens Kivelinge hat eine Sektion nach Rosemeyer benannt, der lokale Schützenverein ebenfalls. Der Bauunternehmer Heinrich Liesen gründete eine Bernd-Rosemeyer-„Stiftung“ und plant in Lingen ein Rosemeyer-Museum. Ginge es nach ihm, wäre dem SS-Mann schon längst posthum die Ehrenbürgerschaft der Stadt verliehen worden.

Letzteres wurde abgelehnt, aber eine Umbenennung der ehemaligen Lingener Bahnhofstraße ebenfalls: Am vergangenen Mittwoch stimmte der Stadtrat dagegen. Und so wird die Straße auch weiterhin den Namen Bernd Rosemeyer tragen.

Rosemeyer…

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