Ewig geheim?
7. September 2020
Mit Taschenspielertricks versuchen gerade Bundesnachrichtendienst und Kanzleramt, ihre Akten dem Zugriff der Öffentlichkeit zu entziehen. Ohne die zeitliche Begrenzung von maximal 60 Jahren, wie es im Gesetz steht. Für alle Ewigkeit. Dokumente aus den fünfziger Jahren werden bis mindestens 2042 für streng geheim erklärt.
Bei denen geht es um die Rolle der gerade gegründeten Bundeswehr in der NATO und um Abrüstungsvorschläge aus der Sowjetunion. Die Akten des BND, die ich im Rahmen meiner Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht teilweise geschwärzt erhalten hatte, sollen weiter geheim bleiben. Kanzleramt und BND wollen jetzt Geheimhaltung bis auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zementieren, durch interne Anweisungen, im Hinterzimmer fabriziert.
hoch dynamisches Umfeld
7. September 2020
Der Verfassungsschutz in Niedersachsen soll künftig 14-Jährige beobachten und verstärkt auf bezahlte Informanten setzen. Niedersachsen reformiert dafür sein Verfassungsschutzgesetz – mal wieder. Das sei im Koalitionsvertrag so vereinbart, betont Innenminister Boris Pistorius (SPD), der im Übrigen versucht, die Änderungen als normale „gesetzliche Anpassungen in einem hoch dynamischen Umfeld“ klein zu reden.
Die wesentlichsten Änderungen: Der Einsatz von V-Leuten soll wieder leichter möglich sein. Und die Daten von Minderjährigen will Pistorius schon ab dem Alter von 14 Jahren speichern, statt bisher ab 16 Jahren.
Außerdem werden die Regelungen in zwei Punkten an die des Bundes angepasst: Dann könnten auch in Niedersachsen Kontostammdaten abgefragt werden – und Bürger, die selbst neugierig sind und wissen möchten, was der Verfassungsschutz über sie gespeichert hat, müssen ihr Interesse an dieser Auskunft begründen, beziehungsweise darlegen, weshalb sie glauben, ins Visier des Geheimdienstes geraten zu sein.
Die Opposition hat den Vorstoß des rot-schwarzen Kabinetts scharf kritisiert. Von einer „Rolle rückwärts“ sprach Innenexperte Helge Limburg (Grüne). „Erst vor wenigen Jahren wurde der Einsatz von V-Leuten, also von bezahlten Verfassungsfeinden, in Niedersachsen gesetzlich deutlich eingeschränkt. Das war auch eine Lehre aus dem Staatsversagen rund um den NSU.“
Und Minderjährige mit verfassungsfeindlichen Ansichten seien wohl eher ein Fall für die Jugendhilfe, sagt Limburg. Die Landesregierung verweist hier auf den Fall Safia S., die als 15-Jährige einen Polizisten im Hauptbahnhof niedergestochen hatte. Sie hatte allerdings vorher durchaus unter Beobachtung des Verfassungsschutzes gestanden.
Auch FDP-Fraktionschef Stefan Birkner meint: „Die Arbeit des Verfassungsschutzes leidet nicht unter mangelnden gesetzlichen Befugnissen, sondern unter organisatorischen und personellen Defiziten.“ Erst im Juni hatte die stellvertretende Chefin gehen müssen, weil die Behörde – nicht zum ersten Mal – einräumen musste, dass sie den Falschen abgehört hatte.