„Dann würden sie sie töten.“
2. August 2020
Gestern Nachmittag veröffentlichte die New York Times einen langen Beitrag ihrer Berliner Büroleiterin über Leichensäcke und Feindlisten: „Was rechtsextreme Polizisten und Ex-Soldaten für „Tag X“ geplant hatten. Deutschland ist jetzt angesichts des Rechtsextremismus-Problems in seiner Elite-Spezialeinheit KSK aufgewacht. Die Gefahr einer neonazistischen Infiltration staatlicher Institutionen ist jedoch viel größer, schreibt die führende US-Zeitung und fährt fort:.
„GÜSTROW, Deutschland – Der Plan klang erschreckend konkret. Die Gruppe würde politische Feinde und diejenigen, die Migranten und Flüchtlinge verteidigen, zusammenbringen, sie auf Lastwagen setzen und sie an einen geheimen Ort fahren.
Dann würden sie sie töten.
Ein Mitglied hatte bereits 30 Leichensäcke gekauft. Weitere Leichensäcke standen auf einer Bestellliste, sagen die Ermittler, zusammen mit Löschkalk, der bei Zersetzung von organischem Material verwendet wird.
An der Oberfläche schienen diejenigen, die den Plan diskutierten, seriös zu sein. Einer war Anwalt und Lokalpolitiker, wenn auch mit einem besonderen Hass auf Einwanderer. Zwei andere waren aktive Reservisten der Bundeswehr. Zwei weitere waren Polizeibeamte, darunter Marko Gross, ein Polizeischarfschütze und ehemaliger Fallschirmspringer, der als inoffizieller Anführer fungierte.
Die Gruppe entstand aus einem landesweiten Chat-Netzwerk für Soldaten und andere mit rechtsextremen Sympathien, das von einem Mitglied der deutschen Elite-Spezialeinheiten, der KSK, eingerichtet wurde. Im Laufe der Zeit bildeten sie unter der Aufsicht von Marko Gross eine eigene Parallelgruppe. Mitglieder waren ein Arzt, ein Ingenieur, ein Dekorateur, ein Fitnessstudio-Besitzer und sogar ein lokaler Fischer. Sie nannten sich Nordkreuz.
„Wir waren wie eine verschworene Gemeinschaft“, erinnert sich Marko Gross, eines von mehreren Nordkreuz-Mitgliedern, die mir in verschiedenen Interviews in diesem Jahr beschrieben haben, wie die Gruppe zusammenkam und ihre Pläne machte.
Sie bestritten, dass sie geplant hatten, jemanden zu töten. Aber Ermittler und Staatsanwälte sowie ein Bericht, den ein Mitglied der Polizei vorlegte – Transkripte davon konnte die New York Times einsehen – drängen aber zu der Annahme, dass ihre Planungen eine ganz andere, düsterere Zielrichtung hatte.
Deutschland hat verspätet damit begonnen, sich mit rechtsextremen Netzwerken zu befassen, von denen die Offiziellen jetzt sagen, dass sie weitaus umfangreicher sind, als sie jemals erkannt hatten. Die Reichweite von Rechtsextremisten in die Streitkräfte ist dabei besonders alarmierend in einem Land, das daran zu arbeiten hatte, sich von seiner NS-Vergangenheit und den Schrecken des Holocaust zu befreien. Im Juli löste die Regierung einen ganzen Zusammenschluss auf, das von Extremisten in den Spezialeinheiten des Landes infiltriert war.
Aber der Fall Nordkreuz der erst vor kurzem vor Gericht kam obwohl er schon vor mehr als drei Jahren aufgedeckt wurde, und der rechtsextremen Infiltration in Sicherheitsorganen ist weder neu noch auf die KSK oder das Militär beschränkt.
Rechtsextremismus…“
(hier bitte weiterlesen in der New York Times in englischer Sprache)
Marko Gross wurde übrigens am 12.12.2019 zu 21 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung Bewährung. Es ging in dem Verfahren vor dem Landgericht Schwerin übrigens nicht um Rechtsextremismus, nicht um Terror, sondern schlicht um Verstöße gegen das Waffengesetz und Verbrechen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz.