Wir haben Platz!

16. Dezember 2019

Trotz der Initiative des niedersächsischen Innenministers Boris Pistorius, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge von den griechischen Inseln zu holen, harren weiterhin tausende Kinder und Jugendliche ohne ihre Eltern in den Hotspots aus. Zwar haben die Länder Niedersachsen, Thüringen und Berlin ihre Aufnahmebereitschaft erklärt. Doch die Innenministerkonferenz hat sich bei ihrer Tagung Anfang Dezember entschieden, die lebensbedrohlichen Menschenrechtsverletzungen an den europäischen Außengrenzen zu ignorieren.

Nach wie vor blockiert das Bundesinnenministerium unter Horst Seehofer und verweigert die notwendige Aufnahmezusage des Bundes. Es ist der Bundesregierung wichtiger, die Elendslager als Symbole der Abschreckung zu erhalten, als dafür zu sorgen, dass die Rechte von Schutzbedürftigen gewahrt werden. Dabei wäre das Verfahren zur Aufnahme dieser besonders schutzbedürftigen Gruppe sehr einfach: Laut Dublin-Regeln kann jeder Mitgliedsstaat Asylverfahren von Menschen übernehmen, die zunächst in anderen EU-Staaten aufgenommen wurden (so Artikel 17,2 Dublin-III-Verordnung). Dafür muss das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lediglich entsprechende Aufnahmezusagen erteilen.

Diese Blockadehaltung und fortgesetzte Abschottungspolitik der Bundesregierung ist unerträglich. Während tausende Menschen unter elenden Bedingungen in Camps wie Moria auf Lesbos leben müssen, sind die Aufnahmekapazitäten in Deutschland vorhanden. Für Niedersachsen wäre es zum Beispiel kein Problem, selbst 1.000 unbegleitete Kinder und Jugendliche aufzunehmen – die entsprechenden Plätze in den Jugendhilfeeinrichtungen sind vorhanden.

Nun gilt es, noch einmal Druck auf die Politik und insbesondere die Bundesregierung auszuüben und gemeinsam laut die Aufnahme von den griechischen Inseln zu fordern. Über 57.000 Menschen haben bereits die Petition „1.000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus Griechenland aufnehmen! an Bundesinnenminister Seehofer unterzeichnet. Die Caritas Niedersachsen hat sich ebenfalls zu Wort gemeldet und fordert, dass das Bundesinnenministerium die Aufnahmebereitschaft der Länder nicht länger blockieren dürfe:

„Es ist nicht nachvollziehbar, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ohne Verwandte auf Lesbos unter mangelhafter Versorgung leiden und Gewalt und Ausbeutung ausgesetzt sind. […] Dass man angesichts des nahenden Winters und dieser humanitär nicht erträglichen Lage solch einen Akt der Menschlichkeit verhindert, erschüttert uns sehr“, so Uhlen weiter, „Seehofer darf die Kinder von Lesbos jetzt nicht im Stich lassen.“
Caritas-Landessekretär Thomas Uhlen, Pressemitteilung der Caritas Niedersachsen „Seehofer darf Kinder von Lesbos nicht im Stich lassen“


Wie kann ich unterstützen?

1. Verbreitet die Kampagne :  #Wir haben Platz – geflüchtete Minderjährige aus Griechenland aufnehmen

Schreibt/Wendet euch an eure Landesinnenminister und schreibt an das Bundesinnenministerium und fordert die Aufnahme von UMF aus Griechenland ein (schriftlich und/oder öffentlich). Ihr könnt für die Erstellung des Schreibens einen Musterbrief verwenden.

2. Unterschreibt und verbreitet die Petition  1.000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus Griechenland aufnehmen!

Medienberichte

Mitsotakis fordert mehr Hilfe von Europa, in: Tagesschau vom 15. Dezember 2019

Vorstoß: Flüchtlinge von Lesbos sollen nach Niedersachsen, in: HNA vom 11. Dezember 2019

Flüchtlingskinder: Niedersachsen will helfen – steht aber fast alleine da, in: HAZ vom 10. Dezember 2019

Hintergrund

Flüchtlingsrat Niedersachsen, IMK: Kein Bundesaufnahmeprogramm, nur symbolisches Aufnahmekontingent für unbegleitete Flüchtlingskinder?, Meldung vom 6. Dezember 2019

Landesflüchtlingsräte und Pro Asyl, Flüchtlingsräte fordern Seehofer auf, die Aufnahme von unbegleiteten Minderjährigen nicht länger zu blockieren, Pressemitteilung vom 3. Dezember 2019

Flüchtlingsrat Niedersachsen, Seehofer weist Pistorius zurück – Flüchtlingsrat fordert die sofortige Aufnahme von geflüchteten Minderjährigen aus Griechenland, Meldung vom 28. November 2019

Flüchtlingsrat Niedersachsen, Pistorius in Athen und Lesbos: Flüchtlingsrat Niedersachsen fordert nachhaltigen Einsatz des Ministers für die Rechte der Menschen auf der Flucht, Pressemitteilung vom 30. Oktober 2019

Offener Brief von 19 NGOs, Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus Griechenland aufnehmen! vom 3. Oktober 2019

BumF/Equal Rights Beyond Borders, Bericht Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Griechenland, Juli 2019

Freiheit Berlins

16. Dezember 2019

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) wandelt in Überwachungsfragen auf den Spuren ihres Kollegen im Innenressort, Horst Seehofer (CSU). Mit ihrem am vergangenen Freitag vorgelegten Referentenentwurf für ein Gesetz „zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität“ will die SPD-Politikerin nicht nur das an sich bereits heftig umstrittene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) deutlich verschärfen. Sie plant auch eine Pflicht für WhatsApp, Gmail, Facebook, Tinder & Co., schon jedem Dorfpolizisten und zahlreichen weiteren Sicherheitsbehörden auf Anfrage sensible Daten von Verdächtigen wie Passwörter oder IP-Adressen teils ohne Richterbeschluss herauszugeben.

„Wer geschäftsmäßig Telemediendienste erbringt, daran mitwirkt oder den Zugang zu Nutzung daran vermittelt“, soll einschlägige erhobene Bestands- und Nutzungsdaten „zur Erfüllung von Auskunftspflichten“ gegenüber den berechtigten Stellen verwenden dürfen, heißt es in dem heise online vorliegenden Entwurf, den mittlerweile der Journalist Hendrik Wieduwilt veröffentlicht hat. Die herauszugebenden Informationen seien „unverzüglich und vollständig zu übermitteln“, betont das Justizministerium….

[weiter bei Heise.de]

Felix von Leiter („fefe“) dreht da zurecht am Rad:

Die Bundesregierung will Behörden einen gesetzlichen Anspruch auf Herausgabe von Passwörtern zu Onlinediensten geben, laut eines Referentenentwurfs des Bundesjustizministeriums. Das ist im Moment unter Kontrolle der Verräterpartei.

Nun ist das bei Onlinediensten so, dass die keine Passwörter speichern, sondern Hashes von Passwörtern. Und zwar, oh Ironie des Schicksals, damit ein Angreifer (wie z.B. eine freidrehende Behörde oder ein von Faschisten unterwandertes Justizministerium oder eine Organisation, deren Hauptzweck das Brechen von Gesetzen ist, wie z.B. der Verfassungs“schutz“), der es schafft, in einen solchen Dienst einzubrechen, nicht alle Passwörter raustragen kann.

Das heißt nicht, dass das nicht technisch umsetzbar wäre. Es würde uns bloß IT-sicherheitstechnisch in die Steinzeit zurückbomben.

Die offensichtliche Gegenrede wäre, dass die Leute da draußen doof sind und überall dasselbe Passwort verwenden. Das stimmt zwar, das würde ich hier aber nicht als Gegenargument gelten lassen. Der Diensteanbieter könnte ja nicht das Passwort rausrücken, sondern ein Passwort, das den gewünschten Account auch aufmacht.

Dafür müsste man natürlich mal eben die gesamte Software da draußen umbauen. Realistisch ist das also nicht. Viele Diensteanbieter setzen Software ein, für die sie gar nicht den Quellcode haben, und wo sie das also auch nicht mal eben reinhacken könnten.

Auf der anderen Seite würde dieses Gesetz quasi übernacht für den flächendeckenden Einsatz von Zweifaktorauthentisierung sorgen. Und dann kommen die armen Faschisten wieder nicht in unsere Accounts rein und brauchen die nächste Generation Faschistengesetze.

Sorry, falls euch das nicht gefällt, wenn ich das so deutlich als Faschismus bezeichne. Ich bin auch kein Freund davon, solche Worte inflationär einzusetzen. Aber das Ausmaß, wie sich der Staat in letzter Zeit anmaßt, seine eigentlich schutzbefohlenen Bürger als Gefährder zu brandmarken und präventiv wegzusperren, ihnen Wanzen und Trojaner unterzujubeln und jetzt auch noch ihre Passwörter auszuspähen, … ich wüsste nicht, wie man das anders nennen kann. Das Ausmaß an Übergriffigkeit unserer Regierung und Behörden ist inzwischen so, wie wir es in früher in Filmen herablassend Bananenrepubliken und Diktaturen nachgesagt haben. Sowas hätte man früher Kuba oder China unterstellt. Wir hier waren die Bastion der Freiheit. Unser öffentlich-rechtlicher Sender in Westberlin hieß sogar „Sender Freies Berlin“, falls sich da noch jemand dran erinnert. Tja, ist nicht so viel übrig geblieben von der Freiheit Berlins….“

Die motwendige Reaktion ließ am Wochenende nicht lange auf sich warten: