Erntehelfer
9. August 2018
Ein weiterer schrecklicher Unfall hat am Montag in Süditalien das Leben von 12 Afrikanern gekostet, die offenbar als illegale Erntehelfer im Italien der Rechtspopulisten ausgebeutet wurden. Ihr Tod auf der Straße macht auf brutale Weise das unmenschliche System des italienischen Agrarkapitalismus sichtbar – die gestrigen Streiks und Proteste richten sich nicht nur gegen diese traurige Tragödie.
„Wahrscheinlich waren auch die zwölf Afrikaner, die am Montagnachmittag bei Foggia in Apulien gestorben sind, auf dem Weg zurück in »ihr« Lager. Sie waren zusammen mit drei weiteren Personen in einem Kleintransporter eingepfercht, der eigentlich nur für acht Personen zugelassen ist. Manchmal sitzen sie auf einfachen Holzdielen, manchmal müssen sie sogar stehen. Der Transporter ist auf der viel befahrenen Küstenstraße plötzlich von der Fahrbahn abgekommen, mit einem Laster zusammengeprallt und hat sich mehrmals überschlagen. Die meisten der Toten hatten keine Dokumente bei sich und es wird schwer werden, sie zu identifizieren – denn Stillschweigen ist das oberste Gesetz in diesem neuen Sklavenhandel.
Ein fast identischer Unfall hatte sich am vergangenen Samstag nur wenige Kilometer südlich ereignet. Dabei starben vier Landarbeiter, vier weitere wurden schwer verletzt. Einer der Überlebenden ist Bubacarr Djallo aus Sierra Leone. Er ist knapp 24 Jahre alt und dies war sein erster Arbeitstag auf den Feldern von Foggia. In einem Interview in der Tageszeitung »Repubblica« erklärt er, dass er für 23 Euro acht Stunden unter der sengenden Sonne gearbeitet hatte. Auch er musste für den Transport fünf Euro zahlen. Bei dem Unfall wurde er aus dem Transporter geschleudert…“ – aus dem Beitrag „Erntehelfer sterben bei Unfällen“ von Anna Maldini am 07. August 2018 in neues deutschland, in dem auch die gesamte wirtschaftliche Dimension der Sklavenarbeit in der regionalen italienischen Landwirtschaft deutlich gemacht wird: Grob geschätzt sind die Hälfte der rund 100.000 Beschäftigten der Branche in der süditalienischen Provinz ohne jegliche Absicherung. Siehe dazu auch zwei aktuelle Aufrufe zu Protestaktionen und Streiks am 8. August in der Landwirtschaft:
„Strage di braccianti, USB: dal governo tante promesse già un mese fa, ma nulla è accaduto. Mercoledì sciopero e marcia dei berretti rossi“ am 07. August 2018 beim Gewerkschaftsbund USB war ein Streikaufruf für de gestrigen Mittwoch, 08. August 2018: Die beiden (auch in dem obigen Beitrag berichteten) Ereignisse seien keine Unfälle, sondern Ergebnis hemmungsloser Ausbeutung, die trotz aller Versprechungen verschiedener Stellen immer weiter gingen – und gerade auch Bekundungen der neuen Regierung seien bisher ohne Ergebnisse geblieben.
- „Contro sfruttamento e morti, arm in arm!“ am 07. August bei der Gewerkschaft SI Cobas ist die Dokumentation eines Aufrufs der Selbstorganisation „Arm in Arm“ zum gleichzeitigen Protest in Caserta, der sich ebenfalls gegen die Ausbeutung insbesondere in der Landwirtschaft Italiens richtet, wie auch gegen die gesamte Arbeitssituation ohne Papiere unter der neuen Regierung.
(Foto: USB; Quelle: LabournetGermany)